BierTalk 31 – Interview mit Simon Rossmann, Betriebsleiter bei Giesinger in München

Simon Rossmann fand sich als frisch gelernter Braumeister auf einmal bei einer kleinen Garagenbrauerei in München wieder – und zeichnet mit verantwortlich für die rasante Entwicklung, die als „Bierlaboratorium“ begann und sich nun anschickt, das neue Highlight auf dem Oktoberfest zu werden. Sympathisch, bodenständig und natürlich ungemein kompetent, so könnte man den Betriebsleiter charakterisieren, bei seinen Bieren ist er zudem auch experimentierfreudig und kreativ, aber eben dennoch am Boden geblieben und der klassischen Münchner Bierkehle sehr zugetan, was diese auch sehr freut und für eine große Fangemeinde in der Landeshauptstadt sorgt. Im BierTalk mit Holger und Markus erzählt Simon nicht nur seine Geschichte und die der Brauerei mit ihrem neuen Brunnen, sondern verkostet auch fünf echte Schmankerl, das sollte man sich nicht entgehen lassen…

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Holger: Herzlich willkommen zu unserem 31. BierTalk, wie immer mit dem …

Markus: Markus …

Holger: … und mir, dem Holger. Heute sind wir sozusagen voll in München und haben ein unglaubliches Gesprächsthema, nämlich die Giesinger Brauerei. Zu Gast ist der Simon Rossmann, das ist der technische Betriebsleiter dieser grandiosen Brauerei. Simon, grüß dich!

Simon Rossmann: Markus, Holger, ich grüße euch! Schön, dass ich dabei sein kann.

Holger: Es ist uns eine absolute Ehre. Also habe die Ehre!

Markus: Große Ehre. Ja.

Holger: Simon, magst du mal was zu dir sagen? Wer bist du, was macht dich aus, wieso Brauer und dann auch noch beim Giesinger? Also erzähl doch mal.

Simon Rossmann: Im Prinzip, wie kommt man zu sowas wie Brauwesen oder Bier brauen oder Bier trinken? Ich bin tatsächlich seit 2008 mit dabei und wir haben, da werden wir noch drauf kommen, in der Garage angefangen. Also ich habe schon zwei Erweiterungsstufen mitgemacht. Und ich selber habe in Weihenstephan Brauwesen studiert und fand immer schon faszinierend, ich wollte ursprünglich mal Lebensmittelchemiker werden, da ist es nicht dazu gekommen, dann Brauwesen studieren hat auch viel, viel Naturwissenschaften mit dabei. Und dann hat sich das so ergeben. Ich komme ursprünglich aus dem Allgäu, bin dann aber aufgrund des Studiums nach Freising beziehungsweise München. Und da schließt sich der Kreis wieder, kleine Brauerei quasi kennengelernt und hängengeblieben sozusagen.

Holger: Ja, sehr interessant. Wenn man so ein Leben eines Brauingenieurs Revue passieren lässt, was ja bei dir noch lange nicht der Fall ist, weil du ja noch so ein junger Mann bist, aber wenn man das jetzt täte, ich kenne da wenige, die in ihrem Brauingenieurleben zwei komplette Brauereien haben aufbauen dürfen. Das ist doch was ganz Besonderes, oder?

Simon Rossmann: Ja, also das macht man schon öfter, aber dann ist man im Anlagenbau beschäftigt, dann macht man das ständig. Aber selber quasi als technischer Leiter in der Brauerei ist es definitiv selten bis seltenst, vor allem in München. Also es kommt halt mal was dazu, da mal ein neues Teil nach Jahren, klar. Wir haben noch nicht so lange Brautradition, aber es ist dann doch schon bemerkenswert, was dahintersteht. Und da können wir gerne noch drüber reden.

Holger: Markus, du da, also mit deinen tollen Brauereien in Bamberg und Umgebung, also jetzt haben wir hier auch was, wo ich mal richtig mit angeben kann. Und du warst ja auch schon da, erzähl du doch mal.

Markus: Absolut!

Holger: Wie erlebst du Giesinger?

Markus: Naja, wie erlebe ich Giesinger? Ich erlebe das ganz toll. Also am Anfang, muss ich sagen, habe ich das etwas zwiegespalten erlebt, weil mein erster Kontakt war, dass ich die Giesinger Brauerei in unserem Brauereiführer aufnehmen wollte und angerufen habe und gesagt habe, schön, es gibt jetzt in München eine neue Brauerei. Und dann war die Antwort: Nein! Weil wir sind nicht München, wir sind Giesing. Und dann musste ich das erst mal lernen und verstehen, habe das aber mittlerweile auch verstanden und durchaus verinnerlicht. Und ich muss einfach sagen, ich fand das bisher jedes Mal toll. Also schon, wie es dort gelebt wird, wie es zelebriert wird, wie offen die Leute sind. Wie auch jeder, der da arbeitet im Service oder auch in der Brauerei, einfach liebe Menschen sind, mit denen man total schnell in Kontakt kommt. Die auch über all die Biere gut Bescheid wissen und die einfach wirklich das Gefühl vermitteln, man ist da ein bisschen zu Hause, und das vielleicht sogar besser machen als so manch 100 Jahre alter Familienbetrieb, den man auch so kennt. Also insofern, das hat mir schon immer gut gefallen. Und ich meine, noch zu dem letzten, wo du gerade drüber gesprochen hast, Holger, ich finde es halt auch spannend, wenn man dann eben auch selber dafür verantwortlich ist, dass man die Brauerei neu bauen muss, weil man eben so gut gebraut hat, weil man so viel Bier verkauft hat, dass man sagt, okay, jetzt brauche ich halt eine neue größere Anlage, um diesen neuen Bedarf auch decken zu können. Und das ist natürlich was, da kann man sich jeden Tag mal auf die Schulter klopfen und das darf man auch. Finde ich gut.

Holger: Unbedingt! Und apropos Schulterklopfen, und damit wir nicht verdursten und total in die Unterhopfung gehen, Simon, wir haben ja Biere vor uns stehen und leg doch mal eins fest, womit wir jetzt hier starten.

Simon Rossmann: Na ja, du hast von Unterhopfung gesprochen, dann würde ich doch sagen, machen wir als schönen Aperitif erst mal ein Pils, oder?

Holger: Unbedingt! Also da bin ich ja immer für zu haben.

Simon Rossmann: Beziehungsweise ein Kellerpils.

Holger: Ein Kellerpils. Genau, ein naturtrübes Pils.

Markus: Hat ja auch so die Aperitif-Größe. Also insofern machen wir …

Holger: Also schön, dass ihr da seid. Prost!

Markus: Prost!

Simon Rossmann: Sehr zum Wohle! Und man muss dazu sagen, selbst als Münchner wirst du ja Pils-technisch nicht gerade verwöhnt von den hiesigen Brauereien, weil es fast keiner mehr hat. Und ein Kellerpils kriegst du ja erst recht nicht. Wir sehen tatsächlich, dass das Pils immer mehr Nachfrage hat bei den Leuten. Und da kommst du auch ganz interessanterweise in die Gastro gut rein, weil ein Pilstrinker ist immer irgendwo mal dabei, aber bevor man jetzt nur diese industriellen Riesenbrauer schon aus Norddeutschland hat, hat man halt ein Münchner Produkt und das kommt relativ gut an.

Holger: Ja. Also mir schmeckt‘s auch hervorragend. Wie geht’s dir, Markus?

Markus: Ja, sehr fein. Also ich finde, das hat tatsächlich auch viel von einem Kellerbier, also so vom Mundgefühl her, von der Weichheit eben, wie das schön eingebunden ist. Auch nicht zu viel Kohlensäure. Das ist sehr angenehm. Und hinten raus kommt dann eben schon kernige Bittere und das sagt mir dann auch ordentlich was. Das finde ich auch schön. Das ist relativ schlank, obwohl es ja doch viel Alkohol hat. Also finde ich echt ein tolles, spannendes Bier und auch eins, was eben deutlich anders ist als das, was man in München vielleicht sonst so als Pils bekommt.

Holger: Und ich als Exil-Münchner kann nur sagen, endlich, endlich, endlich. Also Simon, jetzt starten wir doch mal. Also vor 14 Jahren hat die Erfolgsgeschichte angefangen in Giesing in einer Garage?

Simon Rossmann: Naja, Doppelgarage war es dann schon. Aber ja, es war eine in Untergiesing, muss man auch noch mal dazu sagen, so einfach ist es ja auch nicht. Und zwar in einem Hinterhof, muss man tatsächlich sagen. Und das war mehr oder weniger Zufall, es war jetzt erst gar nicht mal so der Hintergrund, es muss Giesing sein. Weil der Geschäftsführer, der Steffen, was er heute noch ist, der kommt ja ursprünglich gar nicht aus München, und der damalige Braumeister, der es mit ihm gegründet hat, auch nicht, der kommt aus Franken. Drum war das denen, in Anführungszeichen, erst mal „wurscht“, Hauptsache irgendwo was finden. Aber es hat natürlich wirkliche Fügung sein müssen und Giesing sich dann irgendwie angeboten. Wobei es halt natürlich in einem Hinterhof war, also sprich, Nachbarn und so weiter waren vor Ort. Und so wild konnte man dann natürlich auch nicht machen, wie man es ja sonst von Brauereien kennt. Also unabhängig von der Wirkung des Produktes, sondern einfach die Flaschen klappern, die Schrotmühle läuft und so weiter und so fort. Also es war nicht immer ganz einfach, aber wir haben das ganz gut hinbekommen auf jeden Fall.

Holger: Und du bist von Anfang an dabei oder bist du erst später dazugekommen?

Simon Rossmann: Ich bin 2008 dann dazugestoßen. Also ich bin keiner von den Gründern sozusagen, aber ich bin 2008 im Rahmen eines Praktikums dazugestoßen und natürlich für immer geblieben. Weil ich habe mir gedacht, die Chance musst du nutzen, in eine kleine Brauerei kommst du eigentlich so gesehen nicht, vor allem nicht in München. Und sowas aufstrebendes, da muss man quasi ja mehr oder weniger den Hopfen und das Malz nehmen und Bier draus machen, habe ich mir gedacht, und bin dann dabeigeblieben.

Markus: Damals schon die Vision gehabt, dass das so schnell so wird, wie es jetzt ist?

Simon Rossmann: Ich selber muss sagen, für mich war immer klar, da geht noch mehr, auch von den Sorten. Man muss ja auch dazu sagen, wir haben ja mit Nicht-Reinheitsgebotsbieren angefangen, also mit Gewürzbieren und Fruchtbieren. Das war eigentlich die Idee, auch mit dem Hang nach belgischem Vorbild, damals nur in einer anderen Version. Das heißt, von Reinheitsgebot war noch nie die Rede am Anfang, darum hieß es am Anfang auch Bierlaboratorium. Man hat aber natürlich sehr, sehr schnell gemerkt, dass die Leute auch mal nach Hell-, Weißbier, Dunkel fragen. Darum hat man angefangen parallel zu arbeiten. Aber für mich war immer klar, ich bin natürlich immer am Produkt und habe für mich auch gewusst, es geht immer noch mehr mit den Sorten. Da geht noch viel, viel mehr. Unabhängig davon, dass die Nachfrage natürlich gestiegen ist und München groß genug ist auch, um Bier zu verkaufen, in meinen Augen, vor allem Nischenprodukte, hat sich das definitiv fast von selber ergeben. Aber wir haben natürlich viel dafür tun müssen, keine Frage.

Holger: Ich weiß, ich hatte das erste Mal Kontakt, da war in der Birkenau ein Straßenfest, und da gab‘s dann Bier. Und ich denke, wow, also das ist ja richtig gut. Und dann ging die Erfolgsgeschichte weiter. Aber bevor wir weiter die Erfolgsgeschichte erzählen, würde ich doch vorschlagen, wir gehen auch ein Bier weiter. Was nehmen wir?

Simon Rossmann: Sehr gerne. Der Markus kann auch, wenn er will, vorschlagen.

Markus: Wenn ihr mich fragt, ich habe zwei Biere, die mich wirklich interessieren. Also die anderen bestimmt auch, aber wo ich sagen würde, das wäre so ein Schwerpunkt. Einmal natürlich ein Dunkles, weil ein Münchner Dunkel ist ja eigentlich so ein Urbierstil. Und das würde mich total interessieren, wie ihr den interpretiert. Also da, fände ich interessant. Und das andere wäre dieses Munique, weil allein das Etikett schon ganz viele Fragen in mir aufwirft. Und natürlich auch so diese Idee, einen untergärigen Bock entsprechend zu stopfen und spannend zu machen, das mich auch interessiert. Also das wären so die beiden, wo ich sage, die will ich auf jeden Fall getrunken haben.

Holger: Aber Markus, das war doch wieder nicht die Frage. Pass doch mal auf, verdammt. Also die Frage war doch, welches Bier wir als nächstes gerne trinken. Und da ist doch jetzt quasi nach dem Pils ein heller Bock, also das geht doch gar nicht, Markus.

Markus: Naja, also als Bierprofis muss das grundsätzlich natürlich immer gehen, weil (unv. #00:09:38.9#) …

Simon Rossmann: Ich wollte es grad sagen. Also …

Markus: … weißt du ja nie, was kommt. Auf der anderen Seite gebe ich dir natürlich Recht, wir wollen ja das auch ein bisschen nachvollziehbar machen. Also dann klettern wir die Leiter halt langsam hoch und dann müssen wir jetzt eigentlich von dem Pils zum naturtrüben Kellerbier und dann zum Märzen und können dann halt zum Munique.

Simon Rossmann: Um die Reihe in meinen Augen weiterzuspinnen, würde ich jetzt aufgrund des Anlasses natürlich das Festbier nehmen, dann das Dunkle und dann tatsächlich den hellen Bock zum Schluss.

Holger: Ich mach’s auf.

Markus: Also hinein.

Holger: Bitte schaut auf diese Farbe, schaut auf diese Farbe. Ist das nicht großartig? So ein schönes Festbier.

Simon Rossmann: Ja, man beachte auch den Schaum, diesen beigefarbenen cremigen. Also ich sag immer, da will man reinbeißen.

Markus: Ist das das Wiener Malz, was das macht?

Simon Rossmann: Genau. Unser Märzen ist tatsächlich kein, sage ich jetzt mal, 60er-Jahre-Stil Münchner Märzen, sondern ich habe tatsächlich ausschließlich Wiener Malz drin und zwei spezielle Karamell-Malze. Und von der Hopfung Spalter Select, sowohl in der Bittere als auch im Aroma deutlich. Und ja, wenn man sich auch mal so die Geschichte des Märzens anschaut, dann war Märzen nie ein Stil, der wenig Hopfen vertragen hat, sondern der war schon immer ordentlich hopfig. Und das passt ja auch ganz gut zu dieser Restsüße. Also ich bin gespannt, was ihr sagt, ist für mich selber auch ein schönes Bier, was ich sonst immer gerne trinke. Zum Wohle!

Markus: Ja, es trinkt sich wunderschön. Zum Wohle! Also ich finde, was ich ganz toll wiederfinde, ist das Mundgefühl, finde ich ganz schön, schön cremig. Dann hat man in der Nase ja schon diese leichten Röstaromen, malzigen Aromen, die sich dann eben mischen mit den Hopfen, ein bisschen grün, grasig, kräutrig. Und dann, wenn man es im Mund hat, dann kommt das Wiener Malz so schön rüber, das mag ich auch gern, und Karamell-Noten, und dann verbindet sich das am Ende schön zu so einer kleinen Geschmackssymphonie, die dann am Ende auch wieder sagt, ein bisschen Bittere ist doch da und jetzt trockne ich den Mund aus und dann hast du wieder Lust weiterzumachen. Und das ist wirklich ein sehr, sehr schönes, angenehmes Bier, wo man wirklich einfach sagt, schön, da sitze ich, da trinke ich zwei, drei, vier, habe einen schönen Nachmittag. Gefällt mir echt gut. Holger, was sagst denn du?

Holger: Ich kann euch nur zustimmen. Ich finde auch, einfach die Karamellnote, die da ist und dann aber trotzdem kommt dann im Nachtrunk eben auch diese schöne Hopfenbittere. Und das ist so wunderbar in der Balance. Ich habe das ja gerade schon erwähnt, und das sage ich nicht, um hier Punkte zu sammeln im BierTalk, sondern das ist wirklich so. Also das Giesinger Märzen ist eines meiner absoluten normalen Trinkbiere geworden, wenn ich jetzt nicht professionell trinke, sondern einfach nur für mich. Und alleine das schon ist, glaube ich, eines der größten Komplimente, die ich überhaupt einem Bier machen kann.

Markus: Da könnte ich ja jetzt so ein bisschen neckisch auch sagen, ist jetzt schon das zweite Bier, was fast so ein bisschen fränkisch inspiriert ist, also so von der Idee her, von der Drinkability, vom Gesamten, von der Komposition her sind wir hier ja relativ weit weg bei beiden Bieren vom klassischen Münchner Ideal. Finde ich ja gut.

Simon Rossmann: Genau. Es kommt ja auch noch dazu, dass du ja, in Anführungszeichen, kein Märzen mehr findest. Und auch das Oktoberfest, was ja eine andere Brauart ist, wir haben ja definitiv die Bernsteinfarbe hier, ich wollte auch kein helles Märzen machen in diesem Sinne. Wir haben aber hier auch dieses, was ich immer schön finde bei diesem Bier auch, diese nussige Seite vom Malz, die nicht immer so oft durchkommt bei Bieren. Das ist tatsächlich auch so, wir haben ja auch schon Rauchbiere gebraut, so ist es auch nicht, da kann man viel machen mit dem Malz. Und für mich war die Idee, ein Märzen technisch einfach mal den Leuten zu zeigen, auch im klassischen Stil, gut, wir haben 5,7 %, es geht noch mehr. Da kannst du Malz perfekt in Szene setzen, ohne gleich wieder wie bei einem Dunklen vielleicht zu kräftig zu werden, was viele schon von vornherein ausschließen. Aber Märzen ist so, in meinen Augen, unsere Verknüpfung für jemanden, der sonst nur Helles trinkt, auch mal übers Märzen vielleicht zum Dunklen zu kommen. Das werden wir ja gleich noch mal erleben. Aber es ist definitiv eine schöne Geschichte, vollmundig, geht in viele Richtungen, man kann mit dem Bier, wie es der Holger richtig sagt, einfach nur trinken, einen schönen Tag haben. Man kann aber tatsächlich auch darüber reden und das macht‘s Märzen eigentlich so spannend, und das ist auch tatsächlich so ein kleiner Geheimtipp bei unseren Kunden, Gästen: Märzen ist immer gern gesehen. Eine schöne Anekdote ist auch, um kurz auszuholen, das habe ich das erst Mal eingebraut in diesem Stil, wie es jetzt ist, 2014 ja eben, und war dann im Stüberl oben und da war ein Rentnerstammtisch oben, alle Märzen getrunken. Und dann kam ich damals mit meinen 31 und sage: Wieso trinkt ihr denn alle Märzen? Dann kam sofort die Antwort: Ja, das kennen wir doch noch aus der Jugend aus den 70er Jahren, da gab‘s noch in München Märzen. Aber sie sind so begeistert, und wenn man das schafft, dann denke ich, dann ist es eine wunderschöne Geschichte, dass man jemand nach Jahren, wo sie doch ihr Jugendbier, weil es die Großbrauereien nicht mehr machen, wiederfinden, ironischerweise wieder von einem jungen Brauer gebraut genießen können, dann muss ich schon sagen, dann freut man sich und kann wunderbar auch heimgehen und sagen: Okay! Da können wir weiter anknüpfen. Geheimtipp, wie gesagt.

Holger: Jetzt würde ich fast vorschlagen, wenn ihr beide einverstanden seid, jetzt haben wir ganz lange übers Märzen gesprochen, wir gehen jetzt noch mal ein Bier weiter, dann aber noch mal in die Geschichte zurück. Wir sind ja immer noch in der Doppelgarage, aber irgendwann …

Simon Rossmann: Genau.

Holger: … wurde daraus ja mehr. Und jetzt haben wir gesagt, wir machen das Dunkle auf, oder?

Markus: Da gefällt mir ja der Deckel schon mal super. Blau ist ja meine Lieblingsfarbe und mit diesem Gelb zusammen, sehr schön.

Simon Rossmann: Man beachte auch den Mond im Vergleich zu, die Erhellung habt’s ihr jetzt nicht, aber auch beim Pils, also es sind auch viele Details in unseren Etiketten immer, aber sind wir mal gespannt.

Markus: Da werden sogar die Bäume blau beim Dunklen.

Simon Rossmann: Genau. Das passt auch recht gut, wenn wir das Dunkle und das Märzen jetzt gerade angehen, Holger, wenn du sagst, Geschichte. Weil das sind ja trotzdem noch Biersorten, die ich nach wie vor in der, in Anführungszeichen, „alten“ Brauerei in der Martin-Luther-Straße braue, aber natürlich in einer neuen Abfüllung. Unser Dunkles ist eigentlich auch natürlich naturtrüb und hat aber auch eine Power an Malzen mit dabei. Wir haben eine kräftigere Stammwürze mit 13,5, wir haben Münchner Malz mit drin, wir haben dunkles Karamellmalz, Röstmalz, zwei verschiedene, haben Hallertauer Tradition und Tettnanger mit drin. Ich bin gespannt, wie es euch mundet. Also zum Wohle!

Holger: Zum Wohle!

Markus: Prost!

Simon Rossmann: Auch nicht zu gefärbt, also es ist kein Röstmalz-Bier drin. Es kommt tatsächlich über das Maisch-Verfahren und über die Malzsorten rein diese Farbe. Es ist auch kein Gramm helles Malz oder Wiener Malz drin, ausschließlich Münchner Malz und diese Spezialmalze.

Holger: Markus, da lacht doch schon wieder das Frankenherz, oder?

Markus: Auf jeden Fall. Es strahlt über beide Ohren sozusagen. Ich sag mal so, es geht ja schon los, wenn man sich das Bier anschaut. Man hat diese wunderschöne Kastanienfarbe, wie auch immer man es genau bezeichnen will, es ist so ein schöner rötlicher Schimmer in diesem Dunkelbraun, Rostbraun. Oben drüber steht der Schaum schön dicht, so mittelgrobe Poren, würde ich sagen. Dann eben auch leicht getönt, also passt sehr schön dazu. Es ist so leicht trüb, würde ich mal sagen, so ein kleines geheimnisvolles Leuchten hat man hier. Und wenn man dann reinriecht und reinschmeckt, dominieren diese Röstaromen. Heißt dann auch, schon so ein bisschen schokoladig und vor allem kaffeeiges Aroma mit dabei. Also wo man wirklich auch merkt, dass da die Röstmalze entsprechend eine Rolle spielen. Im Mund, finde ich, kommt dann aber auch die Süße schön, also wo man fast so ein bisschen Honigtöne schon hat. Und insgesamt es wirklich eine sehr angenehme runde Geschichte ist. Für mich eine etwas höhere Kohlensäure jetzt, sehr gut, passt auch schön zu dem Bier, und sorgt vielleicht auch ein bisschen dazu, dass man hinten raus dann wieder ein bisschen frischer wird und sagt, okay, jetzt kann es wieder weitergehen und man nimmt den nächsten Schluck. Also sehr angenehm und mich hat es wirklich schon gefangen sozusagen. Also bin ich gerne dabei.

Holger: Sehr schön. So, Simon, jetzt machen wir weiter. Also ihr habt dann irgendwann mal mehr vorgehabt und dann habt ihr nach einer Lokalität gesucht. Da war ja eigentlich schon klar, es muss in Giesing sein, oder? Und dann kam die Martin-Luther-Straße, oder ging das nicht so nahtlos?

Simon Rossmann: Tatsächlich war es ein Zufall. Wir haben ja immer schon überlegt: Wo könnten wir hin? Da gab‘s ja die Kraemer Mühle, ich weiß nicht, ob euch das was sagt, auch in Giesing. Das war eine ehemalige Malzmühle, da ist jetzt eine Rösterei drin und Büros. Also das war schon immer irgendwie im Gespräch, irgendwo könnten wir noch mal was machen. Tatsächlich ist man, ja, wie man halt immer am Anfang so ist, nie dazu gekommen. Es hat auch sämtliche finanzielle und hintergründige Geschichten gehabt, das nicht zu machen, weil man musste ja erst mal schauen, wollen die Leute das überhaupt? Tatsächlich hat sich das durch einen mehr oder weniger Zufall ergeben, weil wir sind ja auch eine GmbH, also eine private Brauerei. Und im Zuge dieses Suchens beziehungsweise Findens einer neuen Lokalität haben wir auch einen jetzigen Gesellschafter kennengelernt, der Veranstaltungen in München macht und für sich gesagt hat, ja, er würde seine Veranstaltungsräume freigeben beziehungsweise seine Lagerflächen auslagern, weil er vergrößert. Und dann war die Option, dass wir quasi uns das mal anschauen können. Ihm gefällt das Bier und ob das nicht was für uns wäre. Und ihr wart ja schon beide vor Ort, es ist natürlich genau die richtige Lage am Giesinger Berg. Ja, es war halt dann mittlerweile Obergiesing, aber wie auch immer, Giesing trotzdem noch. Und da mussten wir einfach sagen, das muss gehen, diese Chance haben wir nur noch einmal, und dann ging’s halt wieder los. Und so ist es dann auch gekommen.

Holger: Und dann habt ihr ja auch noch mal eine Gastronomie noch zusätzlich dazu genommen, das Giesinger Bräustüberl.

Simon Rossmann: Genau.

Holger: Und das ist ja auch noch mal eine Challenge, quasi eine Brauerei aufzubauen, eine Brauanlage da reinzubauen, diesen ganzen Standort in Betrieb zu nehmen und dann gleichzeitig auch noch eine Gastro da rein zu machen mit Küche und mit allem. Also das ist schon was.

Simon Rossmann: Der Punkt ist ja, die Idee war nie, Gastro zu machen erst mal. Die Idee war immer, wir machen einen Verköstigungsraum, wo es dann Brotzeiten gibt. Das hat sich natürlich sehr schnell erledigt, weil dementsprechend sind die Anfragen gestiegen und so weiter und so fort. Und dann, ja, man weiß ja, wie es in München mit Gastro ist, das ist auch nicht immer ganz einfach, geschweige denn spätestens welche Kassensysteme nimmt man, wie schaut es da aus? Also da kommt man dann richtig ins Strudeln. Und da war ich zum ersten Mal froh, dass ich tatsächlich beim Bier bleiben darf und nicht wie der Steffen sich dann total in diese Gastro reinschmeißen musste. Weil irgendwie, wenn mal das Rad läuft, dann läuft’s. Es ist aber nach wie vor ganz wichtig für uns gewesen, weil natürlich das ein extremer Werbeeffekt auch fürs Bier war, einfach vor Ort das Bier zu trinken. Und davor konnten wir in der Garage maximal fünf, sechs Leute drin haben, beziehungsweise wir haben samstags immer Braukurse gemacht, und da waren dann mal 15, 16 Leute da, aber dann war die Hütte voll. Und da konnte man halt mit 100 Leuten am Anfang plus Gastro plus Essen, was natürlich immer zum Bier auch gehört, punkten, und das hat uns ganz weit nach vorne gebracht, muss man trotzdem dazu sagen. Also es war in jeglicher Hinsicht vogelwild das zu machen. Aber wie wir halt immer sind, einfach wäre uns zu langweilig, habe ich manchmal das Gefühl. Es muss immer eine Extrem-Herausforderung sein. Aber wie gesagt, das hat funktioniert. Ja.

Markus: Ich finde, das hat man auch ganz gut erlebt oder erlebt es auch ganz gut, wenn man sich dann bei euch mal die Speisekarte anschaut. Also das heißt, man hat ja wirklich so ganz traditionelle Urmünchner Gerichte, also wo man teilweise Teile von Tieren isst, die ich noch nie im Leben gegessen habe. Man hat mir erzählt, das sind wirklich klassische, typische Münchner Dinge, die auch gut schmecken, habe ich ja vor Ort dann auch schon probiert. Und auf der anderen Seite gibt’s dann zum Beispiel auch einen Eisbock, den man eigentlich kaum in einer Brauerei bekommt, live serviert aus der Tiefkühltruhe, der dann am Tisch zelebriert wird. Und das sind dann eigentlich so die beiden Enden der Fahnenstange. Also einmal bodenständig, klassisch, dass auch der Urmünchner sagt, Mensch, da gehe ich hin, hat einen vernünftigen Preis, gute Qualität, spannendes Essen, fühle mich einfach zu Hause. Und auf der anderen Seite eben, wenn ich wirklich mal was Besonderes will, eine besondere Spielerei rund um das Thema Bier, dann bekomme ich das auch nur bei euch. Und das fand ich wirklich eine tolle Kombination.

Holger: Wenn man das alles so haargenau plant, und ich glaube, wenn man das bei euch so gemacht hätte, dann wären da ja viele schlaue Köpfe gewesen, die wahrscheinlich auch gesagt hätten: Oh! Zu schnelles Wachstum ist auch nicht gut. Und schaffen wir das? Und jetzt müssen wir erst mal einen entsprechenden Personalplan machen und so weiter. Es ist einfach erst mal passiert.

Simon Rossmann: Genau.

Holger: Es war eben eine Herausforderung und dann hat es einfach geklappt. Wir nehmen jetzt das Kellerbier, ich mach es jetzt mal auf. Wunderbar!

Markus: Da bin ich ja jetzt mal sehr gespannt.

Holger: Jetzt haben wir ja mit dem Oberfranken so einen Kellerbier-Experten in unserer Runde. Also was mir auf jeden Fall auffällt, es ist natürlich auch wieder naturtrüb, wie so ein Kellerbier halt auch zu sein hat. Und dann aber auch so eine ganz tolle schöne goldgelbe Farbe und ein schöner weißer Schaum. Wenn man jetzt also reinriecht, hat man eben so schöne Malznoten. Naja, und es ist eben ganz weich, es hat kaum Kohlensäure, wie sich‘s eben für ein Kellerbier auch geziemt. Und es ist rund und ausbalanciert und die Hopfennote lässt sich erahnen. Aber die Malz-Aromatik steht total im Vordergrund und macht auf jeden Fall auch hier wieder Lust auf einen zweiten Schluck. In der Sommelier-Sprache darf man es ja eigentlich nicht sagen, aber das ist eben süffig. Das ist eben einfach süffig. Und es hören ja auch normale Leute zu, und was soll ich hier da …

Simon Rossmann: Du meinst Nicht-Sommeliers?

Holger: Genau. Also was soll ich mich da lumpen lassen?

Markus: Was ich tollfinde, ist da, dass diese Zitrusnote auch schön rüberkommt.

Simon Rossmann: Genau. Auf das wollte ich gerade raus. Die Idee ist ja immer, wir sind ja in München und es trinkt ja, und man merkt es auch an den Jüngeren, es wird nur noch Hell getrunken. Und dadurch, dass wir ja quasi schon zwangsweise naturtrüb sind, ist es ja gar kein klassisches Helles. Wenn man’s einordnen würde, hat es eher Export-Charakter. Dafür ist aber die Hopfenaromatik zu deutlich. Und ich wollte bewusst damals ein Bier erschaffen als Hauptbier, ich meine, das ist 75 % von unserem Anteil, ein Bier, was einzigartig ist, im Prinzip wie so eine eigene Marke, also weder Helles noch Export, aber für sich steht deswegen ja auch Erhellung. Wir haben naturtrübes Kellerbier, da muss man halt auch aufpassen, es ist jetzt nicht im Prinzip unser Hauptbier, wenn es in Franken wäre. Weil da gebe ich dir recht, Markus, dann wäre das Märzen eher ein klassisches fränkisches Kellerbier, auch von der Farbe schon, aber es ist, wenn man so will, dann ein Münchner Kellerbier, aber halt nicht einfach nur ein Standard naturtrübes Helles, sondern da steckt schon mehr dahinter. Wir arbeiten auch mit Karamellmalz mit drei verschiedenen Hopfensorten. Ja, das ist unser Aushängeschild und ich freue mich nach wie vor jedes Mal, wenn jemand sagt, ich trinke noch eins und noch eins, dann passt das ja super.

Markus: Und so schön weich vom Mundgefühl. Also das finde ich wieder schön. Macht ihr denn grundsätzlich alles im Dekoktionsverfahren oder gibt’s da ein Geheimnis dahinter, dass es so weich ist?

Simon Rossmann: Tatsächlich ist das, diese Erhellung ist Infusion genauso wie das Pils. Jede Biersorte hat bei mir ein anderes Maischverfahren tatsächlich. Und die Erhellung und das Pils, was wir gerade getrunken haben, wurde schon auch hier in der neuen Brauerei hergestellt, wo wir vielleicht jetzt auch den Switch machen können, schon mit diesem neuen weichen Brunnenwasser. Davor habe ich natürlich in der alten Brauerei mit Sauermalz gearbeitet, um diese harsche Härte vom Münchner Wasser abzufedern. Aber ich gebe dir recht, tatsächlich haben wir ein bisschen mehr Weichheit noch, und die lässt den Hopfen noch ein bisschen spannender rauskommen als tatsächlich davor. Es ist eleganter geworden noch, muss ich tatsächlich sagen.

Holger: Das ist doch eine wunderbare Überleitung jetzt zum neuen Standort. Du hast jetzt gerade davon gesprochen, naja, das ist halt schon das Brunnenwasser, was ja eine deutsche härte von null hat, also gar keine Härte.

Simon Rossmann: 0,6.

Holger: Ja okay, okay. Jetzt erzähl doch mal, also da gab‘s eben diese Crowdfunding-Aktionen und dann seid ihr so richtig durchgestartet. Das ist doch jetzt eine super Überleitung.

Simon Rossmann: Ja, wir haben ja schon einige von diesen Crowdfunding-Geschichten ausprobiert und immer auch am Anfang erst mal mit dem Hintergrund, natürlich Stammkunden zu akquirieren und Leute zu begeistern und mal was anderes auszuprobieren an Finanzierungsmöglichkeiten, nicht immer nur klassisch Bank und wie auch immer. Aber wir haben uns überlegt, okay, wir wollten einen Brunnen bauen und da werden sämtliche Analysen davor gemacht und Horizonte angeschaut, also total spannend auch im Geografischen. Über 100 Meter, wenn du runter willst, schaltet sich auch das Bergbauamt ein, also hochspannend, was da passiert. Ja, man geht ins Erdreich rein. Und kurzum, wir hatten eigentlich geplant, dass der Brunnen so für 300.000, 400.000 Euro erschwinglich war bei dieser Tiefe. Wir mussten aber noch mal gefühlt 30 Meter weiter. Und das hat dazu geführt, dass wir auch ein bisschen höhere Kosten hatten. Und da haben wir doch gesagt, komm, da machen wir doch noch mal eine Crowdfunding-Kampagne. Ich hätte ja persönlich als Brauer, als Produktionsleiter nicht gedacht, dass das Thema Brunnen für, ich sage jetzt mal, Bierfans oder Unterstützer so spannend sein kann, dass man wirklich sagt, hey, komm, da investieren wir. Also gigantisch, was da an Feedback kam. Und jetzt steht er da, Holger, du hast ihn gesehen, er läuft, und ist jetzt auch verantwortlich dafür, dass wir tatsächlich auch offiziell Münchner Bier haben. Weil das war die letzte Station, die man noch benötigt, um, wenn es um geografisch geschützte Sachen geht, natürlich kommt‘s auch auf die Sorte an, aber Wasser ist ein wichtiger Punkt, um wirklich Münchner Brauerei zu sein.

Markus: Das ist ja, glaube ich, auch das, was das Ganze eben so sexy gemacht hat für die Fans und für eure Freunde einfach, weil sie gesagt haben: Okay! Wenn ihr eine vollwertige Münchner Brauerei seid, dann habt ihr ganz andere Möglichkeiten. Werden wir auch noch drüber sprechen. Und eben dieser letzte Schritt ist der Brunnen. Und ich glaube, das war dann auch das, weswegen da alle dann gesagt haben: Okay! Das muss jetzt noch sein. Und war das dann ein bisschen so wie man das aus diesen amerikanischen Filmen vom Erdölbohren kennt, dass ihr dann so alle zusammengesessen seid und es ging noch einen Meter tiefer und noch einen Meter, und man hat überlegt, wann kommt jetzt endlich das Wasser? Und irgendwann war der Durchbruch und es spritzt, und dann habt ihr gesagt: Super! Oder wie können wir uns das vorstellen?

Holger: Du guckst eindeutig zu viel Fernsehen.

Simon Rossmann: Wir haben ja alle inoffiziell tatsächlich auf Erdöl gehofft. Nein, tatsächlich ist es ja so, wir haben weder einen artesischen Brunnen, also der selber Druck hat, noch ist es eine Blase. Tatsächlich ist der Sand, also das Wasser im Sand gespeichert und das sickert nach und nach durch quasi. Rohre, die perforiert sind, beziehungsweise Schlitze haben und dann wird es nach oben gepumpt. Tatsächlich werden am Anfang oder es wird erst mal eine Probebohrung genommen, wir wussten tatsächlich erst kurz vor knapp, haben wir überhaupt Wasser? Und allein die Genehmigung hat ja schon zwei Jahre gedauert und wir hatten keinen Plan B. Wieder mal, das ist diese Nummer Richtung zweites Werk, Gastro, ja oder nein? Ja, machen wir halt, wird schon gehen. Wie den Brunnen auch, wir hätten keinen Plan B gehabt. Es liegt hier kein Wasseranschluss da, der diese Brauerei so extrem fördern könnte oder versorgen könnte. Den hätten wir erst erschließen müssen über riesengroße Sachen. Das heißt, am Ende des Tages war das so der erste Punkt, wo ich dann wieder ruhig schlafen konnte, als es dann hieß vom Brunnenbauer, Wasser ist da. Dann wussten wir zwar noch nicht, wie viel oder wie viel gefördert werden kann, aber wir waren schon immer Giesinger Bräu, am Ende funktioniert‘s dann tatsächlich wieder immer. Und dementsprechend haben wir jetzt auch das nächste Kapitel für uns abgeschlossen.

Holger: Also so klassische Unternehmensberater, die hättet ihr nicht engagieren dürfen, weil sonst wäre es nie was geworden. Jetzt wollen wir nicht gehässig sein.

Simon Rossmann: Ich sage immer, das war die teuerste Marketingausgabe ever. Aber ich bin ja nur Brauer, also deswegen. Nein, es ist tatsächlich spannend, wenn man auch tatsächlich eine andere Wertschätzung zum letzten Rohstoff, was man sonst eigentlich nie so, selbst in Sommelier-Kreisen nicht groß, in Anführungszeichen, im Mund nimmt, ist das Wasser tatsächlich, und jetzt aber verantwortlich zu sein über Jahrtausende altes Wasser und daraus einfach Bier zu machen. Wenn man sich vorstellt, irgendjemand vor 5000, 6000, 7000 Jahren hätte gewusst, dass aus diesem Regenwasser mal Giesinger Bier wird, und wir reden jetzt über die Weichheit, das ist dann schon irgendwas, was ja noch so ein bisschen eiskalt den Rücken runterläuft und irgendwie dann doch spannend ist die ganze Geschichte.

Holger: Mir ist das auf jeden Fall eiskalt den Rücken runtergelaufen, wo ich jetzt diese riesengroße, ja, eigentlich Produktionsanlage, Brauerei da gesehen habe. Also dann auch die Tanks, wo dann eben diejenigen, die sich auch engagiert haben, da durften dann Leute ihre Hobbys sagen und da hat dann einer gesagt, ich angle gerne und trinke gern Bier. Und da ist einer der Tanks eben dann so graffiti-mäßig lackiert worden. Das gibt’s ja alles nur bei euch, also das gibt’s ja sonst nirgendwo. Wenn man auf eure Homepage geht, dann kann man sich über die Menschen, die Giesinger ausmachen, im Inneren sozusagen informieren. Und ich glaube, das ist es. Wir sagen alle, Bier ist Heimat und so, Bier ist local, also sing global drink local und so, da gibt’s ja T-Shirts dazu, aber ihr macht‘s einfach. Und das ist so großartig. Weil es so großartig ist, gehen wir jetzt ins Finale und holen uns …

Simon Rossmann: Gerne.

Holger: … hier noch so einen schönen, hellen, untergärigen Bock in die Runde.

Markus: Da muss man vielleicht noch ein bisschen dazu denken, wenn du grad so von Gänsehaut und Vorstellungen sprichst, ich glaube, das ist vielleicht auch das, was eben jetzt einerseits euren Fans, aber sicherlich auch euch selber und vielleicht auch der Konkurrenz so ein bisschen Gänsehaut verursacht, wenn man sich überlegt: Okay! Ihr seid jetzt dann eine vollwertige Münchner Brauerei. Wir haben dann nächstes Jahr im September den Einzug, den Festeinzug der Brauer zum Oktoberfest, und dann rollt vorne dran ein Giesinger Pferdefuhrwerk mit Bier. Und es gibt dann ein riesengroßes Zelt und dann ist man Bestandteil dieser Veranstaltung. Also nächstes Jahr ist vielleicht ein bisschen bald gesagt, aber grundsätzlich ist das doch sicherlich auch Gänsehaut, dass man sagt: Okay! Es wurden so viele Hürden in den Weg gelegt und so viele Dinge gemacht, wo man eigentlich gedacht hat, das ist sowas, das ist niemals möglich. Und dann hat man es in relativ kurzer Zeit geschafft, aus einem relativ kleinen Ding raus so sich zu entwickeln, dass man das tun kann. Ich glaube, das ist schon was, wo man dann auch irgendwann später seinen Enkeln und Urenkeln erzählen kann, Mensch, wir haben wirklich Biergeschichte geschrieben. Und da finde ich, passt dann auch dieses Bockbier ganz gut dazu, weil sowas ähnliches gibt’s ja dann vielleicht auch in eurem Zelt, oder? Denkt ihr schon an solche Sachen?

Simon Rossmann: Weiß ich nicht, aber ich weiß auf jeden Fall, dass wir 2020 haben und ich würde doch nicht mit irgendwelchen Pferden, ich weiß schon, das ist immer spannend, also auch wieder aus meiner Sicht, wir werden sehen, was dann passiert, ich würde dann natürlich mit dem neuesten MAN, was weiß ich, TGX vorfahren, weil ich meine, was bringen mir die Pferde? Ich meine, so wird ja kein Bier mehr ausgeliefert. Das heißt, man muss ja dann auch am aktuellen Stand bleiben und das kann man ja auch kombinieren. Vielleicht sind dann die Pferde im Lkw drin bei ein paar Paletten Bier, ich weiß es nicht. Oder ein paar, nicht Holzfässern, sondern Edelstahlfässern oder vielleicht sogar Edelstahltanks, wie es ja auf der Wiesn der Fall ist. Nein, man muss natürlich die Tradition noch ein bisschen für die Touristen ausweiten.

Markus: Jetzt hast du, glaube ich, einigen Leuten einen halben Herzinfarkt beschert.

Simon Rossmann: Nein, tatsächlich denke ich, aufgrund der Größe ist es schwierig, da jetzt eine Aussage zu treffen, weil das steht noch alles in den Sternen und wir müssen ja erst mal schauen hier, was weitergeht. Aber wer weiß, was passiert? Wir haben tatsächlich damals unser Zehnjähriges gefeiert, am Hohenzollernplatz war das, und haben da so zwei kleine Ponys mit einer Bierkutsche geholt. Mit Absicht, da haben nur zwei Leute draufgepasst. Wer weiß, was demnächst passiert?

Markus: Eben. Es geht ja auch eher ums Träumen, es geht ja nicht unbedingt darum, dass man das jetzt schon irgendwie festmacht oder so, sondern einfach diesen schönen Traum, den ihr nach und nach verwirklicht habt, einfach vielleicht ein bisschen weiter zu träumen.

Simon Rossmann: Wir haben ja schon zum Aprilscherz mal ein Wiesn-Zelt zeichnen lassen und Fotos auf der Wiesn gemacht. Und ich habe heute noch Leute, die zur Rampe oder die zu mir in die Brauerei kommen und sagen: Ja, aber nächstes Jahr gibt’s euer Oktoberfest-Bier wieder. Also, wenn ich es nicht weiß, dann weiß es keiner. Ja doch, ich war doch bei euch im Zelt. Und dann sage ich, auch wenn ich das wüsste, dann wäre ich dabei gewesen. Also was bedeutet das? Offensichtlich hat das so gefruchtet, dass wir theoretisch schon präsent sind, ohne präsent zu sein. Das ist ja auch schon mal ein Schritt weiter für die nächste Richtung, oder?

Markus: Cool! Das ist ja fast schon metaphysisch.

Simon Rossmann: Schauen wir mal.

Markus: Wahnsinn! Also gut.

Simon Rossmann: Es ist verrückt.

Markus: Lasst uns mal an dieses wunderschöne Bierchen gehen, wo schön auch Munique draufsteht.

Holger: Das ist ja ein Collab, ne?

Simon Rossmann: Ja, damals habe ich mit dem Frank Pfeifer und dem Michael Geißler von Hopsteiner quasi diese Kollaboration gemacht, einfach aufgrund des Hopfens, was damals ja auf diesen Zuchtfeldern steht, wird meistens sonst irgendwo reinverschnitten oder in die Biogasanlage gefahren. Da haben wir tatsächlich mal gesagt, oder der Alex Feilner, besser gesagt, von der Züchtung hat gesagt, ich ernte mal alles ab und pelletiere das im Labor und dann nennen wir den Unique sozusagen. Und wie das eine zum anderen kommt, haben wir natürlich gesagt, da müssen wir Munique draus machen. Und so ist der helle Bock entstanden, weil ich ja auch sehr großer Freund von hellen Bockbieren bin, aber die findest du ja in München, abgesehen vom Andechser Bergbock und einmal im Jahr vom Augustiner Maibock, auch nicht mehr. Dementsprechend haben wir das eigentlich übers Jahr. Und es ist unglaublich, das zieht jedes Jahr noch mehr an. Ich hätte es nicht gedacht. Auch wo es immer heißt, es wird immer weniger getrunken und weniger Alkohol, können wir nicht in dem Sinne unterschreiben, weil offensichtlich hat dieses Bier was, so habe ich es dann auch eingebraut mit den anderen, was ein heller Bock haben muss. Wobei, wir sind hier jetzt, wie gesagt, in Maibock-Richtung, auch von der Farbe, auch wieder ein bisschen bernsteinartig. Wir haben ein unglaubliches Hopfenaroma und natürlich auch eine Bittere da. Wir sind da bei 40, 45 Bittereinheiten, die man aber so gar nicht merkt, weil wir eine hohe Restsüße haben trotzdem. Also ein gefährlich süffiges Bier auch wieder, was auch immer mehr Freunde mit sich bringt. Unglaublich!

Markus: Dann lassen wir den Dschinn mal aus der Flasche, oder? Moment! Flaschengeist sozusagen.

Simon Rossmann: Ich habe es schon eingeschenkt. Aber das macht ja nichts.

Markus: Wir haben noch geträumt.

Simon Rossmann: Genau.

Holger: Aber Simon, wenn ich dir jetzt so zugehört habe, das ist schon klasse. Weil ich meine, hundertprozentig ist es so, dass alle das ja auch beobachten, also auch von den angestammten Brauereien, alle werden das beobachten. Und was du da auch dann als Braumeister auf die Füße stellst und so wie du es auch erklärst, welche Gedanken dahinter sind und wie du an die Rezepte dann letzten Endes dich gedanklich herantastest und sie dann umsetzt und so, also ich weiß auch nicht, wieso, aber ich musste jetzt an Walter Röhrl, den ja jeder kennt, der Rallye-Weltmeister. Und wisst ihr eigentlich, wie der damals dann zu Audi kam? Wisst ihr das eigentlich?

Markus: Nein.

Simon Rossmann: Wenn du es nicht weißt, dann weiß es keiner mehr.

Holger: Ihr wisst es wieder nicht. Deshalb erzähle ich es euch. Und zwar war das so, der Walter Röhrl, der ist ja auch für Opel gefahren und der war ja wahnsinnig erfolgreich, weil er einfach ein Genie ist. Und dann hat der Ferdinand Piëch, Gott hab ihn selig, der hat dann irgendwann entschieden, pass auf, hol den Kerl zu uns, weil es ist billiger mit ihm zu fahren als gegen ihn. Da musste ich grad einfach dran denken.

Simon Rossmann: Das kennt man.

Markus: Das heißt aber, würde ja dann logischerweise bedeuten, dass bei dir alle zwei Tage ein Übernahmeangebot im Briefkasten liegt, oder?

Simon Rossmann: Na ja, sagen wir es mal so, die Branche ist vielleicht nicht so geldträchtig wie die Formel 1 oder irgendwelche anderen Sachen, aber tatsächlich ist es nicht so. Weil das Schöne ist tatsächlich an meinem Beruf ja nicht nur die eine Seite, das Bier erst mal herzustellen, wie man es immer ganz schön auch darstellen kann, sondern das, was dahintersteht. Und man muss sich auch vorstellen, wenn ich die ganzen Brauer und auch selbst die Azubis, die wir haben, die hier auch wirklich jeden Tag reinkommen, und wie gesagt, in der Produktion bin ich der älteste mit 35. Es produzieren hier Brauer von 20 bis 29. Und das muss man sich mal vorstellen: Wo hast du das in einer Brauerei? Das sind natürlich, ist von 0 bis 100 alles vertreten, aber die Leute sind so mit dabei und haben auch so Spaß an den Produkten, dass man einfach auch sagt, dann kann man das quasi in die Flasche packen. Das ist für mich immer die fünfte Zutat, auch bei uns in der Logistik, wie da jeder versucht, in diesem Inbetriebnahme-Wahn einfach klar zu kommen, weil einfach der Gedanke ist, klar, Giesinger Bräu, wir machen was Neues. Und das ist schon sowas, wo ich dann sage, ja, Übernahme hin oder her, woanders, da müsstest du dann wieder bei null anfangen. Ganz abgesehen davon, dass die Biere ja auch schon vorgegeben sind. Und da weiß ich nicht, ob das dann das tatsächlich meine Zukunft sein könnte. Aber wer weiß, was passiert.

Markus: Wer weiß. Also auf jeden Fall …

Simon Rossmann: Vielleicht machen wir ja noch ein paar Sidekicks auf, wer weiß.

Markus: Wer weiß. Also auf jeden Fall muss ich dem Bier wieder, oder dir, wieder ein Kompliment machen für dieses Bier. Weil es ja ganz schön weich, angenehm toll zu trinken ist und seinen Bock-Charakter eigentlich schön versteckt. Also man merkt schon, dass da ein bisschen Dampf dahinter ist, aber in einer sehr angenehmen Art und Weise. Die Hopfen kommen richtig schön grün rüber, finde ich. Also man hat ganz, ganz tolle intensive Hopfenaromen, die eben so in diese klassischen, kräutrig, herben, grasigen, ein bisschen Citrus natürlich auch rübergehen, aber da wirklich sehr, auch so nah am ursprünglichen Hanf fast schon sind. Das finde ich echt eine ganz tolle Kombi. Und dann noch eben mit dem Wiener Malz, mit dem Karamellmalz das dann wieder schön abgefangen wird im Mund, schön weich ist. Also ja, tolles Bier auch, also wirklich, gefällt mir richtig gut.

Holger: Ich bin auch total froh, dass wir uns so entschieden haben, mal einfach so die Hauptbiere in den Vordergrund gestellt haben und haben dann jetzt mit dem Munique einfach noch mal ein Spezialbier. Und dass wir nicht nur jetzt bewusst auf diese ganz besonderen Biere gegangen sind oder gar auf die Craftbiere, die ja auch erwähnenswert sind mit dem Lemondrop Triple zum Beispiel, eines meiner absoluten Highlights. Aber ich finde das gut, dass wir heute uns total auf die Hauptbiere konzentriert haben. Und bei einem nächsten Mal können wir uns ja auch noch mal nur auf die Spezialbiere und Craftbiere konzentrieren. Wer weiß es, mit was weiß ich für einer neuen Brauanlage irgendwo in München. Für mich ist es ja auch so, die Heilig-Kreuz-Kirche, die ist ja gegenüber des Bräustüberls, und vielleicht ist ja auch Gott im Spiel. Also das kann ja auch noch sein irgendwie.

Simon Rossmann: Weißt du, was ich dir tatsächlich sagen muss? Wir haben ja damals, gegenüber ist ja die Lutherkirche, die protestantische, und dann die Heilig-Kreuz-Kirche, die katholische, wir haben sie parallel von beiden Priestern / Priesterinnen segnen lassen. Vielleicht liegt‘s auch daran, ich weiß es nicht.

Holger: Also wahrscheinlich.

Simon Rossmann: Nicht der gläubigste Mensch, aber manchmal brauchen Sachen eine Basis, die keiner hinterfragt, und dann ist irgendein Grundrauschen drin, was passt. Wir schauen mal, was passiert. Man darf ja jetzt auch nicht vergessen bei den ganzen Bieren, wir hatten jetzt fünf Biere, wir waren, wie du schon sagst, alle untergärig. Wir hatten schon so eine untergärige Biervielfalt auch. Das ist ja auch immer, meistens wird es dann erst spannend, bei den meisten, wenn es obergärig wird. Also von dem her lasst uns gern noch mal den Teil 2 irgendwo in der Kirche machen, wo auch immer. Schauen wir mal.

Holger: Unbedingt! Wir haben ja immer schon gesagt, wir machen irgendwann auch mal BierTalk live. Und das werden wir auch sicher irgendwann tun.

Markus: Sehr schön! Also ein gesegnetes Bier von einem gesegneten Braumeister in einer gesegneten Brauerei, das sicherlich auch für sehr selige Biertrinker sorgt, die dann auch genüsslich und gemütlich entschlummern. Das ist doch wirklich ganz, ganz toll. Also entschlummern in den Schlaf, nicht ansonsten natürlich.

Simon Rossmann: Nein, Schlaf. Genau.

Markus: Sehr, sehr schön! Toller BierTalk, tolle Range heute.

Holger: Absolut! Ich bedanke mich bei euch beiden für diesen kurzweiligen und doch überzogenen BierTalk. Mir hat es wahnsinnig viel Spaß gemacht. Und Simon, vielen, vielen Dank für deine Zeit.

Simon Rossmann: Immer gern.

Holger: Und Markus, wie immer, dich an meiner Seite zu haben, ist einfach unschlagbar. Danke!

Markus: Das kann ich nur zurückgeben. Vielen Dank an euch beide. Toll! Danke!

Holger: Tschüss!

Simon Rossmann: Ich sage auch danke. Ciao! Servus!

Markus: Tschüss!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

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