BierTalk 127 – Interview III mit Claus-Christian Carbon, Professor für allgemeine Psychologie an der Universität Bamberg

Im zweiten Teil unseres Interviews mit Prof. Claus-Christian Carbon geht es um ein wichtiges Thema, bei dem er auf europäischer Bühne Maßstäbe gesetzt hat. Denn ihm gelang es, mit dem Begriff „Wellbeing“, die Bierkultur aus einer anderen Perspektive zu sehen. Mithilfe dieses neuen Framings können wir unsere Bierkultur und ihre Ausprägungen jenseits des allgegenwärtigen Themas „Alkohol und Gesundheit“ betrachten. Schließlich haben unsere Brauereien viel mehr zu bieten als ein Rauschgetränk: Gemütlichkeit, Heimat, Genuss, Glück usw. Dabei ist es gar nicht wichtig, ob sich im Glas oder Krug überhaupt ein Getränk mit Alkohol befindet. Hinter diesem Konzept verbirgt sich nichts anderes als die vielleicht einzige Chance für unsere Brauereien, sich wieder einmal zu wandeln und sich gut für die Zukunft aufzustellen…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Falls ihr noch nicht die Folge gehört habt, die wir zuvor ausgestrahlt haben, dann solltet ihr das vielleicht nachholen, denn wir sind jetzt beim Teil 2 unserer Doppelfolge mit unserem allerersten BierTalk-Gast CCC, der sich dort auch ausführlich vorstellt, also das könnt ihr dann auch dort hören. Und wir haben gesprochen über ihn natürlich und über die EBCU, über die GBCU, also über die europäischen Bierkonsument:innenvereinigungen und sind natürlich auch ein bisschen ins Bierphilosophieren gekommen, wie das so ist und all die Aspekte, die eben auch damit zu tun haben. Und in dieser Folge soll es jetzt ganz explizit eben um ein Herzensanliegen, Herzensprojekt gehen, da uns beide eigentlich vereint, denn es geht eigentlich um nichts weniger als den Fortbestand unserer Bierkultur, also mal ganz knallhart gesagt. Denn wir haben momentan das Thema, klar, dass wir immer eigentlich den Kontext von Alkohol haben und das Alkohol, wie alle anderen Genussmittel und Drogen, natürlich Restriktionen unterliegen und man versucht grade von öffentlicher, staatlicher Seite, das auch immer mehr einzuschränken und eben auch in eine Ecke zu drängen, das es eben aus dem Alltag mehr und mehr verschwindet. Und nichts ist mehr im Alltag, als eben die gastronomische Kultur und das heißt, wenn wir jetzt so einfach weiterschauen würden und sagen, wir wollen weiter Gastronomie haben, aber wir dürfen keinen Alkohol mehr haben, dann würden wir langfristig uns von dem Thema Bierkultur verabschieden. Und das ist eben eine ganz entscheidende Frage, wie gehen wir damit um? Und es gibt, das ist ja das Schöne, eine gute Möglichkeit, wie man als Brauerei, als bierliebhabender Mensch trotzdem sein Kulturgut Bier haben kann und eben mit weniger oder sogar ohne Alkohol und trotzdem das Ganze eben noch mit der Brauerei, mit den Menschen, mit der Geschichte, mit den Orten, mit all dem, was dazugehört, verbunden ist. Und du hast diesen wunderbaren Begriff wellbeing dafür gefunden und deswegen übergebe ich jetzt auch gerne gleich das Mikrofon. Und erzähl uns doch ein bisschen vielleicht, wie kommst du überhaupt oder wie kamst du überhaupt zu diesem Begriff, was bedeutet er für dich und wie waren so die ersten Erfahrungen, als du anderen von dieser Idee erzählt hast?

Claus-Christian: Ja, also das ist tatsächlich eine interessante Reise gewesen. Also ich wurde eben angefragt, ich habe das in der anderen Folge auch erklärt, von der EBCU, kannst du was zu beer and health machen, also Bier und Gesundheit? Und ich habe gesagt: „Das ist ein super wichtiges Thema, ganz, ganz spannend, Gesundheit ist natürlich, ja, das ist einer der ultimativen Werte, aber, ich würde gerne das Thema ein bisschen anders framen. Und wenn ihr gestattet, das ich das ein ganz bisschen anders angehe, weil ich bin eben vom Fach her, bin ich Psychologe und Psychologen haben sehr, sehr wirkmächtige Theorien. Also das ist wirklich eine ganz, ganz tolle Wissenschaftsdisziplin und wir sprechen ganz viel natürlich von Gesundheit, aber darüber hinaus gibt es natürlich noch was anderes, nämlich wellbeing.“ Und ich habe gesagt: „Wenn ihr mir erlaubt, dass ich das ein bisschen anders gestalte, dann würde ich das sehr, sehr gerne übernehmen.“ Und sie haben erst zögerlich, haben sie gesagt: „Ja, aber da ist hoffentlich auch irgendwie Gesundheit in der Box drinnen, die du da bearbeiten wirst?“ Und da habe ich gesagt: „Ja, ja, ich werde über Gesundheit sprechen, aber ich werde dann zu einem anderen Thema überwechseln.“ Und ich will das ganz kurz erklären, bei Gesundheit ist es so, ich glaube, Gesundheit ist ganz zentral und das sehen wir auch an solchen  Grußforen, das wir zum Beispiel sagen, ich wünsche dir viel Gesundheit oder viel Gesundheit und viel Glück, ist dann schon spannender also. Aber es gibt eigentlich kaum sowas wie, ich wünsche dir viel wellbeing oder Wohlbefinden, weil man meist naiver Weise denkt, dass der Zustand der Gesundheit einen zu Glück und einem erfüllten Leben führt. Ich glaube, es ist schon wichtig, dass wir die Gesundheit sehr, sehr stark immer im Auge haben, weil natürlich, wenn du sehr, sehr ungesund lebst, dann wirst du eigentlich manche Sachen gar nicht mehr genießen können, du kannst frühzeitig sterben, du kannst frühzeitig krank werden. Du kannst vielleicht manche Dinge, sind dann unverträglich und die darfst du nicht mehr essen, trinken, machen, ja. Das ist alles ärgerlich, aber es gibt erstmal so ein paar, ja, interessante Fälle. Es gibt Menschen, die sind gar nicht so richtig gesund und denen geht es trotzdem besser als Menschen, die gesund sind. Das ist so eine Erstindikation, dass es nicht vollständig das Gleiche ist, health and wellbeing, Gesundheit und Wohlbefinden. Die zweite Sache ist, es gibt Leute, die sehr, sehr gesund leben, aber kaum Wohlbefinden haben, die sich also über alles Mögliche beschweren, wo das Leben schwer ist, wo immer Probleme auftauchen. Weil das ist tatsächlich so, nur deswegen, weil du nicht krank bist, was jetzt eine Definition von Gesundheit wäre, heißt eben noch nicht, dass andere Werte dazukommen. Und das müssen wir erst teilweise erlernen, manches ist uns auch zugefallen. Und man kann da vielleicht eine Metapher finden, also ich nutze gerne die Folgende, die ich mal entwickelt habe. Nämlich, also nehmen wir mal an, es ist eine Epidemie oder vielleicht sogar eine Pandemie, sowas wie Covid 19 und du sagst, mein oberstes Ziel ist, durch diese Pandemie zu kommen. Wir wissen nicht, wie lang die dauert, weil das weiß man im Vorhinein nicht. Man hat so ein paar statistische Anhaltspunkte aus der Geschichte, meist dauert sowas zwei, drei Jahre, kann man nachlesen, da gibt es Datenbanken dazu. Jetzt musst du mindestens zwei, drei Jahre irgendwie gesund bleiben, wie machst du das? Du könntest dir zum Beispiel einen atombombensicheren Keller, kannst du dir mieten, wenn du die entsprechenden Mittel hast. Oder du kannst dich irgendwohin begeben in eine Gegend, wo eben der Virus nicht angekommen ist und du wirst eben eine Maske tragen, du wirst alles tun, dass du hermetisch abgeriegelt bist, du triffst keine Menschen natürlich, keine Tiere und so weiter. Und jetzt überlegen wir mal, okay, nehmen wir mal an, diese Person wird wirklich nicht erkranken. Das ist erstmal toll, also Ziel erfüllt. Aber was ist denn eigentlich jetzt in diesen zwei, drei Jahren passiert mit der Person? Die Person ist isoliert gewesen, hat niemanden gesprochen. Die Person hat ganz, ganz vieles nicht erleben können, was weiß ich, sowas wie essen und trinken, bestimmte Sportarten vielleicht trotzdem weiterhin gemacht, aber immer alleine und vielleicht alles nur virtuell, was weiß ich, besprochen, irgendwelche Probleme und so weiter. Aber nie einen Menschen in die Arme genommen, einen Menschen vielleicht geküsst, mit dem Menschen irgendwelche anderen Sachen gemacht haben, die dieser Person eigentlich Spaß machen und man hat immer nur alles dem Diktat der Gesundheit unterworfen. Wie schon gesagt, ich negiere nicht, das Gesundheit sehr, sehr wichtig ist, ist eine Basis, die uns, ja, eben gesund in die Zukunft bringt, aber es bringt uns noch nicht das Wohlbefinden, da fehlt noch was. Und kulturelle Einbettung, soziale Einbettung, sowas wie geschätzt werden, geliebt werden, das ist alles ganz, ganz wichtig. Und warum spreche ich jetzt bei Bier mit wellbeing da? Wir sehen halt sehr, sehr viele Leute, die tatsächlich gerne Bier trinken, gerne davon erzählen, was sie beispielsweise für tolle Brauereien Daheim haben, also mit funkelnden Augen von ihrer Region sprechen. Vielleicht auch sowas, Leute, die ein bisschen eine Ausbildung haben, mal was gelesen haben, von einem Biersommelier oder einer Biersommeliere gelernt haben, das man Hopfennoten auseinanderhalten kann. Und plötzlich ist das ein spannendes Getränk, plötzlich sagt man, mein Gott, das ist eine andere Karbonisierung als das oder eine Dose schmeckt vielleicht anders und vielleicht sogar besser als die Flasche und ein Keg oder ein anderes Fass ist leckerer, weil da wiederum andere Bedingungen sind oder heute schmeckt es mir anders als gestern. All diese Sachen, die meist in einem sozialen Diskurs geführt werden, ja, die kann ich eigentlich kaum erleben, wenn ich immer nur auf die Kalorien achte, wenn ich auf den Alkohol-Level achte, wenn ich auf all das achte, was da eben drin ist und was es angeblich mit mir macht. Das heißt aber nicht, dass man es ignorieren darf. Also zum Beispiel jetzt einfach zu sagen, nee, es geht nur um wellbeing und nicht, ich fühle mich wohl, wenn ich einfach viel zu viel immer trinke und überhaupt auf nichts anderes achte. Nein, da würde ich dann auch wiederum sagen, das funktioniert auch nicht, wenigstens nicht auf Dauer. Das kann auch mal gut sein, zum Beispiel auf einem Fest ausgelassen mal zu feiern, ich denke, das gehört zur Kulturgeschichte des Menschen dazu. Wenn es aber ein tägliches Feiern ist, dann muss man das auch wieder reflektieren und ich denke auch, es führt meist dazu, dass die Leute auf Dauer kein wellbeing mehr haben. Aber wellbeing ist tatsächlich für mich das zentrale Konstrukt.

Markus: Ja, das ist eigentlich ja so ein Zusatz oder auch Ersatz für das Wort Gesundheit, was ja bei uns oft ein bisschen eng gefasst wird.

Claus-Christian: Richtig.

Markus: Also die Meisten sagen ja, Gesundheit heißt, mein Körper ist in einem guten Zustand. Das heißt aber noch lange nicht, dass mein Leben in einem guten Zustand ist, denn vielleicht sowas wie eine geistige Gesundheit oder wie Lebensqualität an für sich, gehört ja vielleicht auch dazu, dass man eben sagt, okay, ich möchte halt auch was erleben. Also Beispiel, wenn wir Bierverkostungen machen, ist es ja immer so, dass grade bei Einsteigerseminaren wir am Anfang erstmal sensorisch so ein Bier erfassen. Und das heißt, wir bringen den Leuten bei, wie man seine fünf Sinne nutzt, um etwas, was man zu sich nimmt, zu erleben, zu erfahren, dann auch zu genießen, zu reflektieren, da drüber zu sprechen, Worte zu finden und sich auszutauschen. Und für ganz viele ist das tatsächlich zum ersten Mal, dass die das machen. Und das ist dann auch etwas, wo ich dann im Nachgang schon sehr oft die Rückmeldung bekommen hab, dass das fast so eine Initialzündung war, sich überhaupt mit dem ganzen Thema Nahrung, Getränke, Genuss, Ernährung anders auseinanderzusetzen. Und viele Leute dann angefangen haben, im Nachgang von so einem Seminar eben auch, was weiß ich, den Wein oder die Limonade oder den Orangensaft oder auch die Schokolade, den Käse, was sie normalerweise täglich in sich reingestopft haben, ja, ganz anders zu erfassen und es ihnen Spaß macht und sie dann zum Beispiel zu einem Käseseminar gehen und dann eben da ganz andere Welten und Genüsse für sich erleben und dann auch anders reisen. Und da gibt es tatsächlich auch Lebensläufe, die sich verändert haben von Menschen. Also, wie gesagt, ich bin da nur ein ganz kleiner Faktor, aber es gibt eben Leute, wo ich sagen kann, okay, die haben aufgrund dessen, das wir hier zusammengekommen sind, das wir uns damit beschäftigt haben, ihr Leben verändert. Also fällt mir zum Beispiel unser Erik Berkenkamp ein, unser Stadtführer hier. Den habe ich vor 15 Jahren oder sowas gefragt, ob er bei uns den Stadtführungsteil übernehmen kann bei den Biertouren? Und damals hatte der mit Bier nahezu nichts am Hut und hat halt ein bisschen was, wie er es immer macht, sehr schön zur Stadt erzählt, aber war halt auch bei den teilen dabei, die ich dann zwischendurch gemacht hab rund ums Bier. Und dann, ein paar Jahre später hat er mich dann gefragt, Mensch, findet er interessant und würde gern den Biersommelier machen, dann hat er das eben bei uns in der Akademie gemacht. Und dann hat er da ein neues Netzwerk aufgetan, hat dann angefangen zu reisen. War mittlerweile mit dem Fahrrad wohlgemerkt an der ganzen amerikanischen Westküste, in Australien, in Neuseeland, auf Taiwan, überall, in Bezug auf das Thema Bier und macht jetzt fast nur noch eben Bierseminare und ist da ganz viel aktiv. Und für ihn war das echt eine entscheidende Erweiterung, Bereicherung seines Lebens. Er hatte zwischendurch auch mal eine schwere Erkrankung, wo man auch gemerkt hat, wie sowas dann auch da trägt und einen vielleicht ein bisschen hält, erhält in gewisser Weise, dass man da noch Ziele hat und Wünsche hat. Und insofern, also ich finde wirklich, das ist schon ein Punkt, das man vielleicht also Gesundheit oft ein bisschen sehr eng sieht. Also ich finde, da muss auch jeder seine eigenen Prioritäten setzen, wo ist meine Lebensqualität und wo setze ich im Rahmen meiner Lebensqualität Schwerpunkte. Und wie immer, glaube ich, muss man halt, wenn man den Schwerpunkt irgendwo setzt, irgendwo was abziehen, weil man halt nicht alles gleichzeitig machen kann. Also ich kann zum Beispiel nicht, keine Ahnung, jedes Wochenende irgendwohin reisen und gleichzeitig Zuhause irgendwie das Leben mit meiner Familie genießen, das wird nicht funktionieren. Also muss ich irgendeinen Kompromiss dabei eingehen und dann halt mit meiner Entscheidung am Ende auch leben. Also auch das gehört dann irgendwie dazu, mit sich selber da im Reinen zu sein. Also insofern, ja, ist Gesundheit vielleicht überhaupt ein Begriff, der im Deutschen viel Kontext verloren hat. Oder noch nie hatte, das weiß ich gar nicht, wie ist das?

Claus-Christian: Ja, ja, also ich meine, es ist ja schon mal auf jeden Fall gut, wie man über Gesundheit spricht und nicht über Krankheit. Also ich meine, das ist ja zum Beispiel , man geht, um gesund zu werden oder um ein Kind zu bekommen, ins Krankenhaus, das ist ja eine völlig absurde Sache, ja, du hast eine Krankenkasse, obwohl du eigentlich ja gesund werden willst. Aber du willst vor allem ein gutes Leben führen, also das ist tatsächlich, das ist nicht nur ein ethisch hochwertiges Leben, sondern eben auch ein Leben, was erfüllt ist, wo du anderen Menschen auch diese Erfüllung weitergeben kannst. Also es ist eben praktisch unvorstellbar, dass man eben als Mensch, der die ganze Zeit sich nur beschwert, diese negative Energie in irgendwie positive Energie bei anderen umattribuieren kann, das geht kaum, ja. Also wir brauchen mehr von diesen Menschen, die sich einfach wohlfühlen. Aber natürlich nicht auf Kosten von anderen, das ist natürlich auch eine wichtige Sache, weil das ist kein wirklich nachhaltiges Wohlfühlen. Und ich finde das so spannend, was du grade gesagt hast, jeder muss da auch für sich selbst so ein bisschen merken, wie er räsoniert, also welche Resonanz er mit bestimmten Sachen erlebt. Manche lesen halt gerne abgeschieden und trinken vielleicht wahnsinnig gern einen grünen Tee und die anderen lieben es einfach zusammen zu sein in einem eher lauteren Biergarten. Und vielleicht gehören wir ein bisschen mehr zu dieser Fraktion, aber das ist trotzdem auch nicht so, dass es einfach nur ums Bierdümpeln geht, sondern es geht eben um eine ganze Kultur, es geht um die soziale Einbettung und dieses Ankommen, dort mal einfach sein zu können, wie man vielleicht ist, ja. Und das man eben auch mit ganz unterschiedlichen Leuten zusammenkommt, ja, das ist ja das Magische am Bier, das verbindet wirklich Christen, das verbindet Ethnien, Kulturen und so weiter. Und das man eben diesen gesamtheitlichen Blick eben auf wellbeing oder Wohlbefinden hat und nicht so eine Erbsenzählerei wie ganz oft mit Gesundheit. Also ich gebe mal ein Beispiel, für mich ist es so relativ unzweifelhaft, dass die mediterranen Ländern bei bestimmten Problemen, die sie vielleicht haben, einen ganz, ganz großen positive Faktor hat und der wird fast von niemanden bestritten, nämlich die haben eine unfassbare Ess- und Trinkkultur, ja, also wenigstens traditionell. Nehmen wir einfach mal Italien, was bestimmt einer der hervorragendsten Vertreter dieser mediterranen Küche ist. Und es ist eine Küche, wenn du die rein von den Werten her anschaust, also zum Beispiel  einfach Salz, Zucker, Fett, das ist eigentlich das, was maßgeblich in der EU gemessen wird, um Gesundheit zu attestieren, beispielsweise über den Nutri Score, der macht sowas. Also da kann man eben anschauen, wie die nutrishen, also die Ernährung, wie gut die ist, wie hochwertig die ist. Und dann wird einfach gesagt, okay, wenn das zu salzig ist oder wenn es zu süß ist oder zu fett, dann wirst du einen Malus kriegen, da wirst du negative Punkte kriegen und dann fällt du halt von A, was hervorragend ist, auf ein E zurück oder du bist irgendwo zwischendrin. Und wenn du jetzt mal anschaust, was die verwenden im mediterranen Bereich, dann ist es natürlich vor allem Olivenöl, ja. Rein messtechnisch ist das Fett, ja und da wird auch nicht unterschieden zwischen gesättigten und ungesättigten Fettsäuren. Also ob das ein Bio-Olivenöl ist, ob es ein hochwertiges extra virgine ist oder irgendwas, das spielt keine Rolle, es ist Fett. Aber es ist eben nicht einfach Fett. Natürlich kannst du es so deklarieren und du kannst das so bashen, negativ sehen, Fakt ist, Olivenöl gehört nicht nur in die Küche, sondern es ist wahnsinnig lecker, es macht den Leuten Spaß und es ist auch noch gesund. Ja, es ist so, es ist eine verrückte Sache. Und wenn du aber die einzelnen Sachen rausnimmst, dann ist das immer irgendwo negativ. Genauso salzig, also wenn du natürlich Pasta isst und dort die gescheit salzt, also die sind normalerweise in sehr salzigen Wasser, eigentlich wie Salzwasser ist, sehr salzig, ja, dann schmecken die sehr, sehr lecker, aber es ist natürlich ein bisschen problematisch. Nur in dem Moment, wo du das Ganze wegnimmst, bist du zwar gesünder unterwegs, aber du verlierst halt auch eine Lebenskultur oder eine Lebensfreude und so weiter, also musst du irgendwie aufpassen. Auf keinen Fall es verharmlosen, wenn du jetzt die ganze Zeit zu viel Salz, zu viel Zucker, zu viel von diesen Sachen, zu viel Fett nimmst, du würdest jetzt gesättigte Fettsäuren die ganze Zeit essen, dann ist das problematisch. Aber wenn man eben beispielsweise, ich nehme mal ein Beispiel, du nimmst die Vorweihnachtszeit, in unserem Kulturkreis sowas wie Österreich, Bayern, da machen wir traditionell Daheim Vanillekipferl. Vanillekipferl ist eine Sache, die ist analytisch gesehen, ist das eine Katastrophe, da ist total viel Fett drin, da ist ganz, ganz viel Zucker drin, ein bisschen Salz ist sogar drin. Und jetzt könntest du sagen, nee, das sollte eigentlich nicht auf den Speiseplan eines heranwachsendes Kindes. Jetzt ist es aber so, vielleicht hat das Kind erstmal diese wunderbaren Vanillekipferl, also eine tolle Plätzchenart,  mit der Oma, mit dem Opa, mit einem Onkel oder einer Tante, mit Mama, Papa, irgendjemand, Geschwistern hergestellt. Das heißt, das ist nicht einfach so gekauft üblicherweise, sondern das ist ein Prozess. Da hat Spaß gemacht, da musstest du Kompetenz erwerben, da bist du stolz drauf, ob es geklappt hat oder nicht. Der Zucker hat natürlich wieder nicht richtig gebappt, aber bei den Ersten schon und so weiter. Das ist also wirklich ein ewiger Kampf und das ist eine ganz, ganz tolle Sache, zum Schluss hat man diese mehr oder weniger gut hergestellten Vanillekipferln. Und, das ist jetzt das Entscheidende, man isst die Vanillekipferl ja nicht jeden Tag. Es ist nicht ein Consumer-Produkt á la longue, das du immer wieder isst, sondern du freust dich das ganze Jahr, wenn wieder die Küche, die Backstube einfach nach Vanille riecht. Und das sind die Vanillekipferln und das ist was Wunderbares und was Magisches. Und wenn du das jetzt einfach siehst als wellbeing und die Analyse, dass das eben alles eigentlich ungute Sachen sind, die da drin sind, dann merkst du schnell, da gibt es tatsächlich einen Unterschied. Und ich plädiere eben sehr stark für ein maßvolles wellbeing, wo Gesundheitsaspekte auf keinen Fall ignoriert werden, nicht dass das falschverstanden wird, aber das vor allem mal das große Ganze, was einen beglückt und Freude macht, tatsächlich ins Auge genommen wird.

Markus: Ich finde, wenn wir jetzt sagen, wir waren ja jetzt bei den ganz normalen menschlichen Grundernährungsstoffen sozusagen, also Fett, Zucker, Salz, was man da eben so normalerweise hat und wenn wir jetzt unser Bier betrachten, dann haben wir natürlich noch einen Stoff, bei dem es grundsätzlich mal einfach per se problematisch ist, weil wir natürlich sagen, eine körperliche Gesundheit und der Genuss eines Zellgiftes wie Alkohol, schließt sich eigentlich aus. Also das heißt, in dem Moment, wo ich sage, ich habe ein alkoholisches Getränk, sei es jetzt ein Bier, sei es ein Brand, sei es ein Wein, was auch immer, kann ich einfach nicht mehr von Gesundheit sprechen. Also da begebe ich mich dann ja sogar in justiziable Ecken, wenn ich das als Werbung mache für mein Unternehmen.

Claus-Christian: Richtig.

Markus: Und das ist ja einfach auch ein wichtiger Punkt, das man, glaube ich, in einem allerersten Schritt sagt, wir müssen das trennen, das man sagt, okay, wir reden nicht mehr über Bier und Gesundheit, weil dieses und einfach nicht funktioniert. Aber wir reden davon, dass wir ja aufgrund dieser Tradition mit diesen Getränken, eine ganze Kultur geschaffen haben, die natürlich zum Teil auch daraus besteht, diese Getränke herzustellen, auszuschenken und zu genießen, aber die man eben auch erleben kann, ohne jetzt direkt Alkohol zu haben. Also sprich, ich kann dieses wunderbare Gefühl, in einem Brauereigasthof zu sitzen, dort was Gutes zu essen, mit Menschen mich zu unterhalten, die Atmosphäre zu genießen, dieses jahrhundertealte Gebäude, die wunderschönen Braukessel, was auch immer da alles ist, die Storys, kann ich alles erleben, auch wenn ich in meinem Glas, sage ich jetzt mal, im Extremfall ein Mineralwasser hab. Deswegen bin ich da trotzdem nicht fehl am Platze und bin trotzdem Teil dieser Kultur, der gastronomischen Kultur und gewisser Weise auch Teil der Bierkultur. Und ich glaube, das finde ich ganz, ganz wichtig, dass wir im ersten Schritt einfach mal sagen, wir können diese Kultur nur retten, wenn wir das eben von dem Alkohol per se trennen. Und das heißt, im nächsten Schritt muss ich dann sagen, okay und trotzdem habe ich ja, wie wir grade besprochen haben, Menschen, die eben sagen, für mein persönliches wellbeing, für meine Lebensqualität gehört es zum Beispiel  dazu, ab und zu mal ein oder zwei Gläser Bier oder einen Brand oder einen Wein oder irgendwas zu trinken und vielleicht auch irgendwann mal einen Abend mit meinen besten Freunden mit vier, fünf Bieren in so einem Gasthaus zu haben. Das habe ich für mich in meinem persönlichen Setting so festgelegt und lebe für mich auch mit den Konsequenzen, die das hat. Aber trotzdem ist das dann ja eine persönliche Entscheidung, die nix mit der Basis zu tun hat, dass man diese Kultur hat. Und das bedeutet auf der anderen Seite, dass die Brauereien natürlich, wenn sie per se als Hersteller von alkoholischen Getränken dann schauen wollen, wie kann ich in die Zukunft gehen, für sich ein Produkt oder Produkte erfinden müssen oder finden müssen, wo sie dann eben sagen, ich habe auch für diese Menschen da ein Angebot, die eben sagen, ich will weniger oder bei manchen Anlässen vielleicht gar keinen Alkohol trinken. Und da gab es ja früher auch schon Antworten, das darf man nicht vergessen. Also viele Brauereien stellen ganz normale alkoholfreie Getränke wie Mineralwasser, Limonaden, Saftschorlen oder sowas her. Also es ist nicht so, dass das jetzt was völlig Neues ist, Brauereien schenken Biermischgetränke aus. Also das klassische Radler war ja nicht nur ein Getränk, das irgendwie süßer war, sondern eben auch eins, was weniger Alkohol hat. Und seit einiger Zeit gibt es eben auch verschiedenste alkoholfreie Biere oder alkoholarme Biere, auch das gehört mittlerweile zum Sortiment. Und ich glaube, das ist einfach ein Teil dieses Dienstleistungsspektrums, was so eine Brauerei einfach entwickeln muss und auch ein Selbstverständnis. Und das vielleicht als letzten Punkt von meiner Seite aus, was auch ganz wichtig ist, wir haben ja einen zunehmenden Anteil in der Bevölkerung, grade in den jüngeren Generationen, die, sagen wir mal, so jetzt zwischen 15 und 30 sind, die eben sagen bewusst, ich will keinen Alkohol trinken und ich hab überhaupt gar kein Verständnis dafür, wenn irgendjemand Alkohol trinkt.

Claus-Christian: Richtig, aus religiösen Gründen, kulturellen Gründen und so weiter.

Markus: Genau, es gibt ja 1.000 Gründe.

Claus-Christian: Finde ich in Ordnung.

Markus: Und klar, das ist vielleicht auch eine Minderheit, wobei es gar nicht mehr so wenige sind, aber es ist eben auch so, wie grad gesagt, es sind ja soziale Wesen. Das heißt, wenn ich jetzt, sagen wir mal, eine Familie habe oder einen Freundeskreis, sagen wir mal, das sind zehn Leute und davon habe ich zum Beispiel  zwei, die einfach sagen, nee, ich möchte was genießen, aber ich möchte jetzt keinen Alkohol. Und dann gehe ich eben oder habe ich die Möglichkeit, irgendwo hinzugehen und habe dann die Wahl eben zwischen, sagen wir mal, einer traditionellen Brauereigaststätte, wo ich halt die Wahl habe zwischen einem hellen, einem dunklen Bier, einem Weizen und einem stillen Wasser. Oder ich habe eben eine andere Gaststätte, wo ich eben sage, ich habe auch zwei, drei verschiedenen normale Biere, dann gibt es vielleicht ein leichtes Bier, ein alkoholfreies Bier, vielleicht zwei, vielleicht auch eine Fassbrause oder irgend sowas und halt einfach ein gewisses Spektrum, wo dann auch diese Leute glücklich werden. Dann ist es ja logisch, wo diese ganze Gruppe hingeht. Also es entscheiden sich ja nicht nur die zwei, woanders hinzugehen, sondern alle zahn gehen woanders hin. Und das ist, glaube ich, was, was viele Brauereien noch nicht so ganz verstanden haben, dass es nicht darum geht, dass sie diese wenigen glücklich machen, sondern das es drum geht, die Kultur besteht aus vielen, die aber alle glücklich sein wollen und dann muss ich die beiden eben auch mit einschließen. Und das ist ein Lernprozess. Also den hatten wir ja grade erst bei vegan und vegetarisch.

Claus-Christian: Richtig.

Markus: Also auch da haben wir ja erst vor kurzer Zeit die Schwelle überschritten, dass es maximal Käsespätzle gibt, auch da gibt es mittlerweile ein größeres Angebot. Wie ist das von der psychologischen Seite, habt ihr das auch, seht ihr diese Entwicklungen?

Claus-Christian: Ja, ja, die Entwicklung gibt es ganz, ganz klar. Und ich meine, das Wichtige ist eben dieser Inklusionsaspekt. Also die Problematik ist ja, dass man bis vor Kurzem sich tatsächlich moralisch über die Leute gestellt hat, die eben etwas gemacht haben, das jetzt erstmal von der Norm abgewichen ist. Aber von der Norm abweichen, das ist immer eine spannende Sache, sich dem zu stellen, ist eine spannende Sache, weil man sich natürlich neu reflektieren muss. So hat das ja auch zum Beispiel dazu geführt, weil es eben einen Wertewandel gab, dass man zum Beispiel das Rauchen und das starke Trinken tatsächlich heute anders bewertet. Wenn meine Studierenden heute eine Person sehen, wie Humphrey Bogart, der eben locker leicht, für uns vielleicht noch locker leicht und cool, in der Ecke steht und einen Whisky nach dem anderen trinkt, dann sehen das heute meine Studierenden eher als einen Suchtkranken, wo wir das noch als eine coole Socke gesehen haben, ja. Also dieser Wertewandel hat begonnen oder wir sind immer sozusagen, wir sind immer im Wandel. Und das müssen wir auch als Chance begreifen. Also das wir einfach nicht mehr sagen, früher gab es diese Regel zum Beispiel, mit jemanden, der keinen Alkohol hat, stoße ich nicht an. Was ist denn das für ein Quatsch? Ja, also das ist traurig, das ist ein trauriges Ende eigentlich, weil das schließt wirklich Menschen aus. Und es kann ja auch schlichtweg damit zu tun haben, dass der das sogar gerne trinken würde, aber er hat ein Auto und er ist eben jemand, der mittlerweile eben, das ist wiederum typisch für heute und das finde ich positiv, dass die Leute halt nicht mehr trinken und fahren, ja, sondern das es eigentlich sich ausschließt. Und das man eben nicht mehr cool angesehen wird, sondern das eben auch die Freunde und Freundinnen sagen, du, hör mal zu, du hast doch jetzt hier drei Bier getrunken, ja, das ist alles schön und gut, das ist deine Sache, aber warum willst denn du jetzt zum Auto, das geht so nicht. Ja, also das ist eine positive Entwicklung. Was eine negative Entwicklung ist, ist, dass es eben Leute gibt, die weiterhin beharren darauf zum Beispiel, Bier muss Alkohol haben. Ich glaube, das ist ein ganz, ganz toller Geschmacksträger, Alkohol, das muss man so sehen. Ich bin selber Biersommelier, wie du weißt und ich hab große Freude auch an solchen Bieren, aber das sollte nicht das Standardbier immer sein und es sollte eben unbedingt die Möglichkeit erwogen werden, auch ein alkoholfreies zu nehmen, grade wenn man noch leistungsfähig sein will tagsüber, wenn man noch fahren will und so weiter. Weil, dafür ist es ja auch ein großartiges Getränk. Weil, was gibt es denn Besseres als so ein isotonisches Getränk wie ein Bier? Ich denke nur vor allem an ein Weißbier, ein alkoholfreies, was du nach dem Sport trinken kannst, das ist noch besser als Mineralwasser. Normalerweise ist eigentlich, das beste Getränk ist natürlich irgendwo Mineralwasser. Dafür, nein, ist es tatsächlich eher ein isotonisches Bier, was eben keinen Alkohol hat. Aber du hast ja auch hier was mitgebracht.

Markus: Genau, also wir haben ja auch ein spannendes alkoholfreies Bier, was in dieser Tradition eben ist, das man versucht, sich da neue Gedanken zu machen. Und vielleicht einen Satz noch dazu, ich glaube, das ist auch ein wichtiger Punkt, Leute, die sich mit dem Thema Reinheitsgebot beschäftigen, die denken ja immer, das ist etwas, da ging es immer drum, dass der Verbraucher ein reines gutes Produkt hat. Wenn man dann aber die Geschichte des Reinheitsgebots sieht, die jetzt über 500 Jahre alt ist, dann können wir maximal vielleicht 120 Jahre mit dem Thema Verbraucheridee assoziieren und der Rest ist schlicht und einfach eine wirtschaftliche Regelung, die auch Sinn hatte und die ich auch gar nicht kritisieren will. Aber so ähnlich ist es beim Bier auch. Also wir haben heute, sagen wir, Bier ist etwa, das trinke ich in Gesellschaft, um mich zu berauschen vielleicht, um Spaß zu haben, aber die längste Zeit der Existenz von Bier, war Bier einfach ein Getränk also und zwar das Getränk. Weil, als Alternativen gab es Milch, wenn verfügbar und Wein, wenn verfügbar, der aber in der Regel recht teuer und das waren die drei Getränke, die es gab. Und das heißt, Bier haben auch, was weiß ich, Schwangere, Kinder, Alte, Kranke getrunken, manche Kranke sogar bewusst, um den Nährwert zu haben. Und das heißt, da ging es nie drum, diese Biere möglichst alkoholisch zu haben, sondern ganz im Gegenteil, da ging es her drum, ein Getränk zu haben, was eben easy drinking ist. Und so haben eigentlich traditionell, wenn wir die Geschichte so rückschauen, normale Biere lagen bis in die Moderne hinein bei 2, 3% Alkohol. Also dies, was wir heute so kennen, das ist etwas des späten 19. Jahrhunderts, dass sich da 5% und mehr entwickelt hat für ganz normale Biere. Und dementsprechend, glaube ich, ist das auch nochmal ein Punkt, dass man einfach sehen muss, es ging weniger immer um sich alkoholisieren, sondern einfach, um zusammen etwas zu trinken und dieses Gemeinschaftsgefühl zu erleben. Naja und hier haben wir also ein alkoholfreies Bier. Es nennt sich Botanic oder Botanic oder Botani, weil es nämlich auch Italien kommt von Teo Musso, einer der schillerndsten Gestalten eigentlich, die noch existieren auf jeden Fall der ganzen Craftbeer-Bewegung und einer von den beiden großen italienischen Bierpäpsten, würde ich sagen. Er hat eine wunderbare Brauerei, die du ja auch schon besucht hast, ganz spannend. Ich selber war leider noch nie da, habe ihn schon öfters getroffen, aber immer auf irgendwelchen Messen oder Events. Und er ist eben wirklich, im positiven Sinne, also leider Gottes ist es jetzt nicht mehr so positiv belegt, aber früher hätte man gesagt, ein Querdenker, der einfach versucht hat, wirklich auch Bier anders zu denken und zwar in allerlei Hinsicht. Also er hat ein Birra Nazionale entwickelt, wo man also wirklich den Italienern ein italienisches Bier gibt mit den Zutaten, mit den ganzen Ideen. Er hat aber auch einen Eisbock zum Beispiel entwickelt mit einem unaussprechbaren Namen Xyauyú, den er aufgrund einer Formulierung eines seiner Kinder gemacht hat, also ganz spannende Geschichten. Er ist nach Japan gefahren und hat sich dort Sake-Fässer geholt, um dieses Bier zu reifen. Und er hat sich während der Pandemie dann Gedanken um Biercocktails gemacht, auch ganz spannend. Und das neuste Kind aus dieser Schmiede ist jetzt eben hier dieses Botanic. Und die Idee war, er wollte halt natürlich auch eine Antwort haben für die, die wenig oder keinen Alkohol haben wollen und hat sich dann überlegt, na gut, aber ich kann jetzt nicht einfach ein alkoholfreies Weizen macht. Also will er nicht und passt auch nicht zu ihm, erwartet auch keiner. Und hat eben dann aus einer Erfahrung als jemand, der sich mit ganz vielen Rohstoffen auseinandersetzt, gesagt, okay, dann mache ich da jetzt was ganz, ganz wirklich Neues und hat gesagt, ich nehme lokale Ingredienzien, aber auch ein bisschen exotische. Also da ist Passionsblume drin, Enzian zum Beispiel, Cannabis Sativa, also CBD könnte man auch sagen, also verschiedenste Ingredienzien, Koriander, um diesem Getränk da wirklich auch Aromen zu geben. Hat auch eine spannende Dose genommen. Ich sage ja normalerweise, man darf nie aus der Dose trinken. Das ist mal eine, die man oben komplett aufmacht, wenn man sie öffnet.

Claus-Christian: Genau, ist total anders gebaut.

Markus: Das ist wirklich ganz anders gebaut.

Claus-Christian: Habe ich gar nicht gesehen.

Markus: Und auch ganz spannend, weil die Herstellerfirma, soweit ich weiß, zwischenzeitlich in Konkurs gegangen ist und er alles aufgekauft hat, was es noch gibt, also auch viel, viel Geschichte dahinter. Und jetzt haben wir dieses Bier. Ich mache es mal auf, es wird ordentlich knallen, schauen wir mal.

Claus-Christian: Woah!

Markus: Da ist Druck dahinter.

Claus-Christian: Das ist ja super!

Markus: Ein lebendiges Produkt. Und ich schenke mal ein.

Claus-Christian: Woah! Das ist ja echt ein Erlebnis.

Markus: Jetzt habe ich ein bisschen mehr Schaum produziert als ich wirklich wollte, tut mir leid, aber das ist hier eben …

Claus-Christian: Das riecht auch gut.

Markus: Also Hintergrund, ich habe es schon ein bisschen bei mir, also es ist nicht über dem MHD, aber es ist eben ein Bier, was lebt und lebendig ist und weiter sich entwickelt und deswegen mehr Druck aufbaut, deswegen haben wir den jetzt hier so in der Flasche auch gehabt. Und was wir auf jeden Fall sehen, ist ein richtig schöner weißer Schaum. Wir haben, ja, eine hellgelbe Farbe.

Claus-Christian: Ist ruhig, ne, ja.

Markus: Ruhig, genau. So leicht trübe und wir sehen auch die Kohlensäure. Und, ja, reicht auch interessant.

Claus-Christian: Ja, viele, viele Gewürze.

Markus: Ja, so Wein und Citrus und dann eben diese Gewürznoten, genau.

Claus-Christian: Sehr lecker!

Markus: Ja, sehr interessant, sehr vielfältig auch, ne.

Claus-Christian: Ja.

Markus: Und grade, also ein Bier mit Enzian habe ich vorher noch nie getrunken.

Claus-Christian: Habe ich auch noch nie. Da ist wirklich, sind so Blumenaromen, ganz toll. Wir haben es natürlich jetzt im eigentlich falschen Glas in gewisser Weise, weil der hat ja selber ein Glas entwickelt, hast du ja auch mal erzählt, das Teku Glas. Das ist jetzt dagegen ein Bierglas, was wirklich unglaublich hochwertig auch ist, aber so ein bisschen bauchig, was von der EBCU auch tatsächlich ausgegeben worden ist.

Markus: Ja, aber je länger man reinriecht, umso mehr hat man wirklich diese blumigen, fruchtigen, gewürzigen Noten, also sehr intensiv als Bier. Am Gaumen eher etwas leichter.

Claus-Christian: Ja.

Markus: Aber wenn man sich jetzt überlegt, wo sind wir? Wir sind ja in Italien, viel Sonne, schöner Nachmittag da in seinem Biergarten und hat die wunderschöne Landschaft drum rum und da sitzt man gerne, trinkt sowas. Und das ist dann eben eine tolle Alternative, sage ich jetzt mal, auch zu einer Cola oder so.

Claus-Christian: Ja, ja.

Markus: Und das ist, glaube ich, auch was, was Leute immer nicht so ganz verstehen, aber sehen wollen, wenn ich den Alkohol wegnehme, dann ist Bier eigentlich das gesündeste Getränk überhaupt, also zumindest, wenn man jetzt mal von Wasser absieht. Wobei das auch relativ ist, weil ein Wasser halt einfach Wasser ist. Aber beim Bier habe ich halt all diese Inhaltstoffe, die durch einfach die Gärung … also wir reden ja heutzutage davon bei all den super Foods, ganz viele davon sind fermentiert, weil Gärung einfach an sich viele positive Aspekte i Nahrungsmittel bringt. Wir haben die ganzen Mineralien, die Vitamine, die Spurenelemente, all das, was eben das ausmacht und wir haben am Ende sehr viel weniger Kalorien als in jedem Softdrink, in jeder Saftschorle.

Claus-Christian: Genau.

Markus: Und damit ist eben ein alkoholfreies Bier eigentlich das Beste, was man so trinken kann. Und vielleicht muss man es auch ein bisschen in eine andere Ecke stellen, also nicht neben das Bier als Ersatzprodukt, sondern vielleicht zu den Softdrinks als Alternative dazu. Weil da gehört es auf jeden Fall auch hin und wird auch von vielen so gesehen.

Claus-Christian: Ja, ja. Und die Leute, die tatsächlich noch so Vorurteile haben, die sagen, oh, das hat doch immer so eine süßliche Note und so weiter, das sind halt einfach so die frühen Anfänge gewesen des alkoholfreien Bieres, gibt es natürlich immer noch, solche Vertreter, aber es hat sich unglaublich weiterentwickelt. Ich musste mich da auch wirklich umorientieren und ich finde das heute faszinierend und trinke unglaublich gerne auch antialkoholische Getränke wie eben so ein Bier. Und ich sehe das tatsächlich so, es ist einerseits doch schon auch eine Alternative zum Bier, weil die eben manchmal so gut. Zum Beispiel das hier ist wirklich super, ein super Sommergetränk, was anstatt eines Biers tatsächlich verkonsumiert werden könnte. Aber, wie du es auch sagst, also es ist allemal besser als so ein Softdrink, was vielleicht dann auch noch irgendwelche komischen Flavours hat, wo man nicht mehr weiß, was genau mit den Dingern gemacht worden ist. Hier wissen wir es wenigstens einigermaßen gut, es ist einigermaßen dokumentiert und es ist tatsächlich hier mit Leidenschaft gemacht und das gefällt mir sehr gut.

Markus: Ja. Und da kann man vielleicht sogar nochmal eine Brücke schlagen zum Reinheitsgebot, weil ich natürlich dann in Deutschland sagen kann, ein alkoholfreies Bier, war reinheitsgebotskonform gebraut ist, da bin ich natürlich 100 Prozent safe. Also da habe ich keine künstlichen Farbstoffe, keine künstlichen Aromen, keine Zusätze irgendeiner Art und Weise, sondern wirklich nur das Ergebnis einer Gärung aus Getreide irgendeiner Art, ich habe Hopfen, ich habe Malz und hab halt Hefearomen und damit entwickelt sich, entfaltet sich das und der Brauer macht für mich dann eben sein persönliches Kunstwerk sozusagen. Und ich kann da eigentlich, was eben Gesundheit, in Anführungsstrichen, Inhaltstoffe angeht, sehr, sehr sicher sein. Wobei ich jetzt hier beim Teo auch sagen muss, der hat jetzt hier keine künstlichen Enzianaromen genommen, sondern das ist eben so einer, der läuft auf den Berg und gräbt eine Wurzel aus.

Claus-Christian: Das ist ja echt beeindruckend.

Markus: Ja.

Claus-Christian: Nein, also und dieses ganze wellbeing, also das, was wir jetzt eben auch grade zelebrieren, wir sitzen jetzt hier gemeinsam an einem Tisch, wir trinken zwar nicht gemeinsam aus der Dose, aber wir haben es eben in Sommeliergläser hier tatsächlich umgeschüttet. Und wir stoßen an, das müssen wir jetzt wirklich erstmal machen.

Markus: Ah ja, stimmt.

Claus-Christian: Und versuchen gemeinsam hier Geschmacksnuancen rauszufinden. Und diese Sache, ich kann es einfach nur empfehlen, weil das bringt dir wirklich wellbeing, weil das einfach, das bringt dich so zusammen. Du merkst auch, dass der andere ein bisschen anders tickt, aber du kannst profitieren davon. Du hast auf einmal eine Geschichte. Die Geschichte von Markus, ich kannte diese ganze Geschichte von dem Botanic noch nicht. Das werde ich jetzt wahrscheinlich auch jemand anderen weiter erzählen. Ich habe auf einmal eine Geschichte, die mir einfach so dargeboten worden ist und wo ich jetzt demnächst einfach jemand anderen auch wiederum Freude machen kann. All das ist tatsächlich Bierkultur und all das ist wellbeing also. Und das ist sowas von viel, viel mehr als Gesundheit, dass ich wirklich dafür plädiere, dass jeder neue Facetten von sowas Hochwertigen wie einem Bier tatsächlich, ja, erfährt und tatsächlich immer auf dieser Reise bleibt, dieses spannende Ökosystem um das Bier herum zu verstehen, ja. Da geht es um Länder, da geht es um Macher, da geht es um Menschen und Konsumenten, da geht es um Geschichte, es ist Wahnsinn, ja, Ingredienzen, Menschen, die einfach als Freaks auftreten und sagen, ich will hier einfach was machen. Und das finde ich so irre bei diesem Brauer, das ist eben ein Mensch, der einfach vor gut 20 Jahren, ich glaube, es ist so um 1999, irgendwie so um die Zeit, hat der einfach angefangen und hat gesagt, warum verdammt nochmal machen wir in Italien den super Wein und warum machen wir das super Essen und wir machen die super Nachspeisen und alles machen wir super, und es ist auch so, in Italien macht man so unglaublich gute Sachen. Aber bei dem Bier war das eben noch nicht so ganz sichtbar, weil es große Brauereien nur gab, die das einfach relativ sorglos behandelt haben. Und dann hat er gesagt, nee, wir machen das jetzt auch mal super. Und heute, wenn du da vorbeikommst in dieser Brauerei, ich stehe da wirklich, also ich muss sagen, das ist fast schon so heilige Hallen, weil ich alles, was ich dort draus trinke, merke ich, dass es mit unfassbarem Sachverstand und einer Liebe und einer Detailtreue gemacht worden ist und, ja, das begeistert mich.

Markus: Ja und da muss man noch einen Satz dazu sagen, was das Ganze auch noch ein bisschen weiter aufmacht, die italienische Bierkultur, in Anführungsstrichen, das ist was relativ Neues. Also weil, wir alle kennen das Römische Reich, das war nie eine Gesellschaft, die Bier als ihr Getränk gesehen hat, für die war immer Wein das Thema. Die haben dann zwar Bier gemacht oder gehandelt, aber immer nur für ihre Kolonialvölker und so. Und die Bierkultur, die Italien dann so nach dem Ersten Weltkrieg hatte, das war eine österreichisch, ungarische Bierkultur. Also da kamen diese großen Brauereien eigentlich alle her, also aus Triest zum Beispiel  oder Südtirol und in diesen Ecken und eine eigentliche Bierkultur Italiens in der Form gab es überhaupt nicht. Und die ist mit dem Teo Musso und seinen Mitstreitern dann so entstanden. Und das ist auch was, was, glaube ich, viele gar nicht so sehen, dass das wirklich eben, unter diesem Anspruch, wir kommen aus einem Geniesserland, aus einem Genussland, wo es uns um Rohstoffe geht, um Herstellung geht, um die Menschen geht und wir wollen jetzt dieses für uns eigentlich neue Feld der Bierkultur selber entdecken, entwickeln. Und dadurch sind die ja auch so kreativ und sehr offen. Also sehr, sehr spannend. Also insofern, wie du schon gesagt hast, dieses wellbeing kann man auf jeden Fall auf all diese Dinge ausdehnen. Und am besten für alle, denen das Spaß macht, ist es wirklich zu reisen, sich die Brauereien anzuschauen, die Menschen anzuschauen, die Orte anzuschauen. Das Flair einzuatmen, das ist auch etwas. Manche Dinge kann man nur erfahren, wenn man auch da ist. Und dann, glaube ich, wird jeder Horizont weiter und das ist was, was jeden Menschen, glaube ich, immer bereichert. Also auch an dieser Stelle nochmal danke schön, dass du meinen Horizont so viel bereichert hast. Und in dem Fall durch diesen Input auch den Horizont der EBCU erweitert hast, um einen ganz entscheidenden Punkt, glaube ich, der ihr hoffentlich, wenn sie das auch selber versteht als Organisation, helfen wird, in der Zukunft weiter existieren zu können. Und für euch natürlich da draußen alle, wie schon im letzten Teil gesagt, wenn ihr Lust habt, wenn ihr da Spaß dran habt, euch zu beteiligen, dann macht das, geht in die jeweiligen Mitgliedsorganisationen, engagiert euch. Lernt das ganze Thema kennen und merkt einfach, dass die Bierkultur schon immer Teil der menschlichen Kultur war, deswegen so reich und so vielfältig ist und deswegen eben auch nicht wegzudenken. Und genau deswegen sollten wir dafür auch ein bisschen stehen.

Claus-Christian: Ja, genau das machen wir jetzt. Gut, danke schön.

Markus: Ja, auch vielen Dank.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 126 – Interview II mit Claus-Christian Carbon, Professor für allgemeine Psychologie an der Universität Bamberg

Claus-Christian Carbon, auch „CCC“ genannt, war unser allererster Gast im BierTalk. Seitdem ist viel passiert. Der Psychologe hat bei der Deutschen BierAkademie die Weiterbildung zum International Beer Sommelier absolviert, wurde Mitglied der Vereinigung der Deutschen Bierkonsumenten GBCU e.V. und deren Vertreter auf Europäischer Ebene. Dort zeichnet er verantwortlich zum Wechsel der Perspektive auf die Verbindung von Alkohol und Bier. Grund genug, erneut miteinander zu sprechen, in einer geplanten (!) Doppelfolge, in deren erstem Teil es sich um GBCU und EBCU und ihre Daseinsberechtigung dreht…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute, wie immer eigentlich, eine ganz besondere Folge, aber vielleicht ist sie heute sogar ganz besonders besonders, weil wir nämlich tatsächlich unseren allerersten Gast wiedertreffen. Also das heißt, als der BierTalk mal angefangen hat so eben, als auch die Pandemie so grade in der ersten Welle war und wir das aus der Taufe gehoben haben, da warst du unser allererster Gast und hast uns natürlich dadurch auch geholfen und unterstützt und auch wirklich wichtige Impulse gegeben. Insofern freue ich mich riesig, dass wir hier sind! Und noch etwas Besonderes, den Auftakt machen zu einer bewussten Doppelfolge. Auch sowas haben wir im BierTalk noch nie gemacht, also spannend. Also insofern, lieber CCC, schön, dass du hier bist. Vielleicht trotzdem stellst du dich kurz unseren Hörern vor, weil ja vielleicht nicht jeder seit der zweiten Folge dabei ist.

Claus-Christian: Sehr, sehr gerne, lieber Markus. Es ist mir eine große Ehre, eine große Freude, hier wieder dabei zu sein. Mein Name ist Claus-Christian Carbon, ich bin mehr oder weniger stark bekannt als CCC für Claus-Christian Carbon. Und, was bin ich? Ich bin erstmal ein Mensch, der irre gerne Bier trinkt und ich engagiere mich sehr, sehr stark für Bier. Habe aber natürlich auch noch meinen anderen Background, ich bin Psychologe. Auch mal spannend, ein Psychologe, der tatsächlich über Bier spricht, und auch Philosoph. Und ich leite hier einen Lehrstuhl hier, das heißt in der wahrscheinlich wichtigsten Stadt des Bieres, nämlich Bamberg, einen Lehrstuhl für allgemeine Psychologie und Methodenlehre. Hört sich ziemlich kompliziert an, aber es geht tatsächlich um genau die Themen, die uns bei Bier auch interessieren. Das ist sowas wie Wahrnehmung, sowas wie Erinnerung an zum Beispiel tolle Geschmäcker und auch natürlich Geschmack und Genuss.

Markus: Ja und auch die Selbstwahrnehmung und auch der verantwortungsvolle Umgang mit all diesen Dingen gehört natürlich auch dazu. Und insofern ist das ja auch ein bisschen was, was wir ja schon in unserer zweiten Folge eben gemeinsam besprochen haben. Jetzt in unserer Doppelfolge soll es einerseits um etwas ganz Interessantes gehen, nämlich um die EBCU beziehungsweise auch die GBCU. Manche wissen es vielleicht schon, was es ist, die anderen werden es in wenigen Minuten wissen. Und im 2. Teil werden wir dann auch ein bisschen über das Herzensthema sprechen, was du aufgebracht hast, was für mich auch eines geworden ist, nämlich eben die Frage, wie schafft man die Transformation von einer, sagen wir mal, alkoholzentrierten Bierkommunikation zu einer, ja, wie soll man es bezeichnen, zu einer, wo es eben nicht um den Alkohol geht, sondern um die Effekte, um die Auswirkungen, um das, was Bierkultur eben macht und was gar nicht verbunden ist mehr mit dem Alkohol an sich . Also das werden wir sehen, Stichwort wellbeing. Aber da dauert es jetzt noch ein bisschen, wir gehen jetzt eben erstmal in Richtung EBCU. Und da vielleicht ganz kurz, was ist das? Es nennt sich European Beer Consumers Union, also sozusagen die Vereinigung der europäischen Bierkonsumenten. Das ist so eine Art Dachorganisation, das heißt, es gibt in jedem nahezu europäischen Land einen Verband, einen Verein von Menschen, die gerne Bier trinken, manchmal sogar mehrere. Und die wiederum haben sich teilweise sogar wieder zu einem Dachverband zusammengeschlossen. Aber es gibt auf jeden Fall in jedem Land einen oder zwei Vertreter für die Bierkonsument:innen und die wiederum als Verbände sind dann Mitglied in der EBCU und die vertritt dann die Interessen der Bierkonsumenten eben auf europäischer Ebene. Und warum ist das wichtig? Es ist wichtig, weil wir einfach die Interessen der Industrie auf der einen Seite haben und die Interessen der Politik auf der anderen Seite und dabei fällt der Konsument einfach oft runter und dabei wird auch oft das vergessen, worum es manchmal wirklich geht. Ja und da bist du ja so ein bisschen fast ins kalte Wasser geflogen, also wenn ich überlege, wie du da dazu gekommen bist. Ich bin ja schon etwas länger dabei und das fand ich damals ganz toll, dass du dich dafür interessiert hast. Und vielleicht nimmst du die Hörer mal ein bisschen mit auf diese Reise. Also wie war das, also zum ersten Mal von diesem Laden gehört hast, als du dann da warst, als du diese Menschen kennengelernt hast, als du selber reingekommen bist, wie entwickelt sich das, wie ist das so mit dir zusammengekommen?

Claus-Christian: Ja, also erstmal eine spannende Sache, es sind tolle Leute, die das organisieren. Die EBCU ist riesig, muss man wirklich sagen, also wahrscheinlich die größte Konsument:innengesellschaft oder Organisation für Bier auf der Welt, vermute ich, weil wir haben tatsächlich über 200.000 Mitglieder und das eben in 17 Ländern und das mit 19 Partnerorganisationen. Das ist also schon eine wirklich gewaltige Sache. Und du hast mich ja damals aufmerksam gemacht, ich kannte das tatsächlich nicht, es sagte mir überhaupt nichts, die Abkürzung kannte ich noch nicht mal. Und du hast gesagt: „Mensch, schau dir das mal an, da sind interessante Leute. Es wäre toll, wenn du dich in bisschen tatsächlich engagieren kannst.“ Engagieren kannst du dich da eigentlich nur, wenn du schon einen Teil einer nationalen Organisation bist. In dem Fall war ich ja einer der ersten Mitglieder der GBCU, also der German Beer Consumers Union, die du ja auch gegründet hast. Und diese Sache hatte mich schon sehr interessiert, jetzt auch europäischer Bühne fand ich das besonders toll. Und du hast irgendwann gefragt: „Mensch, kannst du nicht mal irgendwie so einen Vortrag oder so eine Diskussion mitmachen, du hast so spannende Themen?“ Und dann habe ich mich da eben engagiert, die Leute fanden das auch ganz interessant. Und dann wurde ich eben gefragt: „Mensch, willst du nicht Mal teilnehmen an so einer Art Tagung, ist das, es ist immer so zwei, drei Tage?“ Und dann wurde ich eben relativ schnell als sogenannter Executive gewählt. Und Executives, es gibt insgesamt fünf, davon ist einer eine Chairperson, also die leitet das Ganze. Und ich bin eben seitdem ein Executive, das ist seit 2021. Und ich wurde dann gefragt: „Für was stehst du, was sind denn deine Themen?“ Und ich habe gesagt: „Naja, Genuss ist die eine Sache, Wahrnehmung ist das eine.“ Und dann wurde ich gefragt: „Mensch, könntest du auch sowas machen wie Health?“ Und, naja, Gesundheit ist natürlich ein wahnsinnig wichtiges Thema, habe ich mir gedacht. Aber, und das ist dann eben in meiner Amtszeit verändert worden, es ging eben nicht nur um Gesundheit, sondern eben sehr, sehr stark wellbeing. Darüber werden wir ja dann später nochmal reden, deswegen müssen wir das hier nicht mehr weiter elaborieren. Aber, ja, seitdem bin sehr, sehr aktiv. Wir treffen uns eben alle zwei, drei Wochen und tatsächlich ist das Online. Aber wir treffen uns, und das ist das besondere Highlight, eben in sogenannten Delegiertentreffen, ja, alle, das ist, glaube ich, sechs Monate, treffen wir uns und das eigentlich fast immer in einem anderen Land. Und während dieses Prozesses, als ich bei der EBCU war, wurde mir das eben so erklärt, naja, wir sind so eine Art Verein. Aber eigentlich war das nicht so ganz klar, wir haben ein Sekretariat in England. Und England ist natürlich jetzt nicht mehr so ganz, ganz nahe an der Europäischen Union, aber natürlich unfassbar wichtiges Land. Eine ganz, ganz tolle Partnerorganisation die CAMRA, die sehr, sehr groß ist, die hat alleine 160.000 Mitglieder und das fand ich ganz, ganz spannend. Aber wir hatten nicht so einen richtigen krassen europäischen Touch. Und das haben wir dann tatsächlich überlegt, ob wir nicht umziehen nach Brüssel. Und das hat sehr, sehr viel Aufwand bedeutet, weil wir eben tatsächlich jetzt seit kurzer Zeit eine bestätigte NGO sind, wir sind vom belgischen König, sind wir bestätigt, eine NGO. Und wir können frei handeln und wir können jetzt auch Kontakte knüpfen mit Parlamentariern. Und das ganz, ganz Wichtige, was mir dabei eben im Kopf immer ist, das ist eben nicht so eine typische Lobby-Organisation, wo man immer mit großer Skepsis hört, mein Gott, die machen da irgendwelche Lobby-Politik. Ja, wir machen zwar Lobby-Politik, aber wir dürfen kein Geld annehmen, wir sind also wirklich eine überkonfessionelle und eine politisch nicht in eine Richtung einzuordnende Gruppierung, sondern wir sind einfach Menschen, die sich einsetzen für die Vielfalt und für das Wissen über Bier und von Bier.

Markus: Ja und es hat vor allen Dingen, finde ich, was damit zu tun, das es eben eine Verbraucherzentrierung ist, was die Sicht angeht. Und das bedeutet eben, dass mit unter durchaus Themen gibt, wo man eben mit der Industrie, mit den Brauereien mitgeht. Also wenn es eben drum geht, die Umstände zum Beispiel, um Bier zu verkaufen, Steuern und solche Dinge eben vernünftig zu halten oder auch, was zum Beispiel, ja, die Inhaltstoffe oder ähnliche Dinge angeht, was es irgendwie erlaubt oder verboten oder sonst wie ist. Also das kann sein und auf der anderen Seite gibt es aber auch viele Punkte, wo wir eben eher sagen, wir sind vielleicht auf der Seite, in Anführungsstrichen, von staatlichen Organisationen, die zum Beispiel sagen, wir wollen zum Beispiel auf dem Etikett auch wirklich draufstehen haben, was da drin ist oder wo es eben gebraut worden ist oder so. Und dann gibt es durchaus auch Positionen, die keiner der beiden zuzuordnen sind, sondern wo wir als Verbraucher einfach sagen, das sind unsere ureigensten Interessen. Da geht es zum Beispiel darum, einfach eine Vielfalt zu haben, eine Auswahl zu haben und auch vielleicht gewisse Qualitätsstandards. Und auch auf Wettbewerbe zu schauen, die auch zu zertifizieren, ob sie eben auch im Sinne eines Consumers ein guter Wettbewerb sind und so. Also da gibt es ganz, ganz tolle und interessante Aspekte der ganzen Geschichte, die es dann eben auch reizvoll machen, da irgendwie dabei zu sein. Und vielleicht auch nochmal gesagt zu diesen halbjährlichen Treffen, das ist eben auch schön, weil man ja immer zu Gast ist. Also das heißt, wir haben diese 19 Organisationen, das reicht von Island bis Italien, von Spanien bis Polen, also wirklich durch ganz Europa und jedes Mal ist man woanders und eine der Organisationen richtet dieses Treffen aus. Und das bedeutet eben, dass alle anderen zu Gast sind, dass man Brauereien oder auch Läden oder Gastronomien sieht, die man vielleicht so auf diese Art und Weise sonst nie sieht. Das man Menschen trifft, die man vielleicht auch normalerweise so nie trifft und das man einen wunderbaren Austausch hat. Und für mich auch einfach lernt, auf dieser internationalen Ebene als Mensch zu kommunizieren. Also das wird dann einfach mittelfristig völlig unwichtig, aus welchem Land man kommt, weil man gemeinsame Themen, gemeinsame Ideen und Interessen hat und wirklich dieser ganze, sage ich jetzt mal, Nationalgedanke eben mit seinen negativen Aspekten dabei verschwindet. Und man es eher als Bereicherung ansieht, dass halt gewisse Länder, gewisse Nationen gewisse, ja, wichtigere Punkte oder Schwerpunkte haben, die dann eben für die Leute, die von da kommen, wichtig sind. Aber das wird, wie gesagt, eher als enrichment, als Bereicherung gesehen und nicht als Hindernis und das finde ich auch eine ganz, ganz wichtige Geschichte. Wie hast du das denn so erlebt, was war denn dein erstes Auslandstreffen, wo du dabei warst?

Claus-Christian: Das erste Auslandstreffen, wo ich dabei war, war tatsächlich in den Niederlanden. Und vielleicht erinnerst du dich noch, wir sind da auch zusammen da noch in Zwolle gewesen und dann waren wir auch noch bei dieser wirklich tollen Brauerei, die in einer alten Festungsanlage in der Nähe von Amsterdam eben ist. Da war ich jetzt auch mittlerweile öfters. Ja und das macht eben dann Charakter aus, also eine Tagung, ein Kongress, könntest du sagen, eine bereichernde Mitgliedsversammlung, die einfach immer woanders ist. Die immer einen Lokal-Kolorit hat, wo wir regionale Spezialitäten auch mal verkosten können logischer Weise, aber vor allem auch über nationale Problematiken sprechen können. Also in der Pandemie beispielsweise, wie geht es den einzelnen Wirten jetzt, wie geht es den einzelnen Brauereien, wie geht es den Homebrewern? Woher kriegt man jetzt bestimmte Stoffe in einem Krieg wie dem Ukraine-Krieg, wo vielleicht bestimmte Logistiken, bestimmte, ja, Zulieferungen und so weiter schwieriger sind? Wie kann man sich gemeinsam organisieren, um eben dafür zu kämpfen, das Bier, so ein wunderbares Produkt, ein so lange kulturell gewachsenes Produkt, einfach in seiner Vielfalt bewahrt wird und weiterentwickelt wird? Auch das ist ja eine ganz, ganz spannende Sache. Weil, wir können natürlich wahnsinnig viel lernen, Diversität ist eine der tollsten Sachen, die wir eigentlich haben auf dieser Erde. Diversität bedeutet eben nicht die Gefahr, dass man irgendwas anderes übergestülpt bekommt, sondern Diversität ist die große Chance, bereichert zu werden von anderen, von Gedanken anderer, von Brauverfahren, von Wirtschaftssystemen, von Logistiken bis hin zum Pfandsystem. Ich fand es so spannend, einfach mal zu hören, wir versuchen grade, so ein einheitliches Pfadsystem tatsächlich hinzubekommen. Und wie könnte denn das aussehen, geht das überhaupt? Und manche schauen einen mit großen Augen an und sagen, wie, Pfand auf Bierflaschen oder auf Bierdosen, sowas gibt es doch gar nicht, das hat doch kein Mensch. Doch, doch, da gibt es eben viele, die haben sowas und von denen können wir lernen. Aber wir können eben in Deutschland, die vielleicht sowas schon haben, andere Sachen wiederum lernen, wo man eben merkt, die haben Bierkulturen, die haben Verfahren, Bierverfahren, Bierbrauverfahren, die sind eben anders, aber es schmeckt unglaublich lecker oder es ist zumindest interessant. Und das ist etwas, ja, was uns bereichert und was, glaube ich, genau diese Gruppe von europäischen Ländern ausmacht, Europa ist deswegen zu stark, weil wir so unterschiedlich sind.

Markus: Ja, das war eine der wichtigsten Erkenntnisse auch während der Pandemie, fand ich, weil vorher, ja, hat man sich zwar getroffen, aber das war tatsächlich eher so nebeneinander. Und dann haben wir in der Pandemie gemerkt, wie das dann auch zu einem Miteinander wird und werden muss. Und da hat es dann auch angefangen, dass wir zum Beispiel Workshops angefangen haben, ein Workshop-Programm, wo wir grade so diese exotischen Bierstile, die jetzt eben nicht jeder in jedem anderen Land kennt, mal beleuchten. Also zum Beispiel aus Deutschland die Gose oder aus Finnland das Sahti oder aus Polen das Grodzizkie oder so. Und da gibt es kostenlose Workshops, die ihr euch anschauen könnt unter der ebcu.org-Adresse oder auch in der gbcu.de, kann man da reinschauen und kann über die ganzen Bierstile eben was lernen, sich informieren und eben sehen, wie auch da dieser europäische Reichtum eben da ist, und das finde ich ganz toll. Und auch für euch jetzt, die ihr da zuhört, das ist eben auch ein Thema, das ist offen, also ihr könnt da mitmachen. Also klar, jeder, der jetzt in Deutschland zuhört, das ist wahrscheinlich die Mehrheit, ihr könnt euch in Deutschland eben engagieren in der GBCU. Da kommen natürlich auch entsprechend die Links dann in die Shownotes. Aber wer jetzt zum Beispiel in Österreich, in Luxemburg, in Italien oder sonst wo zuhört, ihr habt jeweils Consumer-Organisationen, die findet ihr auf den beiden Websites, die ich grad schon genannt hab und könnt euch da einfach melden, könnt mitmachen und könnt dann eben zum Beispiel zu diesen europäischen Tagungen auch mitfahren. Da kann man auch als Gast einfach mal dabei sein, das erleben, das Netzwerk kennenlernen und einfach für sich selber sehen, macht mir das Spaß, ist das mein Thema, ist das interessant und dann kann man sich da, ja, ein bisschen austoben. Apropos austoben, wir haben ja einen BierTalk und eigentlich sollte man auch ein Bier zum Talk probieren. Und ich glaube, du hast also mindestens ein Bier, was man auch mit der EBCU verbinden kann hier, ne?

Claus-Christian: Ja, also es gibt so einige. Aber welches meinst du jetzt speziell, meinst du jetzt dieses hier?

Markus: Ja.

Claus-Christian: Da haben wir vor uns ein wirklich sehr, sehr besonderes Bier. Das heißt Bamberger Unibier, historisches Schankbier und das ist tatsächlich letztes Jahr gebraut worden zur 375-Jahrfeier dieser Universität. Und das ist eben was sehr, sehr Bemerkenswertes, wir sind ja an der Universität Bamberg und die Stadt Bamberg ist ja bekannt für eine unglaubliche Diversität von auch alten Brauereien vor allem, es gibt aber auch junge Brauereien. Und das ist eine Brauerei, die hier im Umland ist, also ganz, ganz nah an Bamberg, die das tatsächlich nicht irgendwie einfach gebraut hat und jetzt haben wir das umgelabelt, so wie das manche Organisationen machen so als kleinen Gimmick zur Weihnachtsfeier oder zu irgendeiner 100-jährigen Feier. Sondern das ist tatsächlich extra gebraut worden und mit einer wirklichen wahnsinnig interessanten Geschichte und einer, ja, das ist ein richtiges Narrativ. Und vielleicht kannst du ja auch ein bisschen was dazu sagen. Also ich kann dann gleich auch noch was beitragen, weil ich bin in dieser Braukommission gewesen, aber du bist ja da eigentlich nochmal viel wichtiger gewesen, das muss man ja auch mal ganz deutlich sagen.

Markus: Ja, nein, man muss es in gewisser Weise relativ sehen, aber es ist schon auch so. Also Hintergrund, EBCU hat auch was damit zu tun, dass ich natürlich auch für dieses Bierthema ein bisschen stehe und dafür auch entsprechend mich positioniert hab und die Leute das auch wissen und du ja da auch jetzt hier so dabei bist. Und als die Uni entdeckt hat, das sie tatsächlich ein Jubiläum hat, weil das war so der Hintergrund, eigentlich wusste sie das gar nicht und es war so, dass das letzte Jubiläum, das 350-Jahre-Jubiläum, habe ich damals in meiner Eigenschaft als Studentenvertreter mit organisiert und deswegen hatte ich im Kopf, naja, das ist 25 Jahre her, also gibt es doch wieder was zu feiern. Und habe dann eine andere Freundin von mir, die zu der Zeit die Sekretärin vom Rektor war, angesprochen, was denn eigentlich mit der Unifeier ist? Und dann hat sie gesagt, oh, welche Unifeier und dann ging das so ein bisschen los. Und irgendwie kam dann in der Kommunikation, also wie gesagt, ich hab da ja nur als Außenstehender mal so diese Frage gestellt, aber kam eben dann die Idee auf, Mensch, was macht man denn? Und weil eben nicht, wie wir damals, zweieinhalb Jahre vorher eine Kommission hatten, die dann diese 350-Jahrfeier vorbereitet hat, sondern man ja quasi mehr oder weniger ein paar Wochen davor war, da haben sie mich dann eben gefragt, ob ich noch eine Idee hab sozusagen, was man denn so machen könnte, um dieses Jubiläum zu feiern? Und da war es natürlich naheliegend zu sagen, naja, wir sind in Bamberg, wir sind hier an der Uni, wir haben die Studenten, wir haben natürlich auch eine gewisse Nähe zu diesem Thema Bier. Aber wir haben eine Verantwortung, also wenn schon Bier, dann eben was, wo man auch vernünftig mit umgehen kann, wo man auch all die Themen anspricht, die man heutzutage beim Thema Bier eben ansprechen sollte und muss und kann. Und dann habe ich vorgeschlagen, na, dann lasst uns doch ein Bier machen und eben eins machen, was an diese Zeit von vor 375 Jahren erinnert. Ich habe dann eben mit einem Brauer zusammen mir überlegt, wie könnte so eine Rezeptur ausschauen? Was gab es für Malze vor 375 Jahren hier in Bamberg, was gab es für Hefen? Wie haben Biere geschmeckt, wie alkoholisch waren die damals, all diese Punkte drum rum. Und heraus kam dann eben ein Bier wirklich, wo wir viele verschiedene Malze hatten, also klassisch natürlich Gerstenmalz, aber eben auch Dinkelmalz, Roggenmalz und vor allem auch Rauchmalz, weil natürlich damals, da waren alle Bier hier mehr oder weniger rauchig. Allerdings nicht so intensiv, wie wir das heute vielleicht vom Schlenkerla kennen, weil auch damals schon so war, dass die Mälzer ja wussten, wir machen Malz mit diesem Raucharoma, aber das war ja eher ein Nebenprodukt, was nicht anders ging. Und deswegen haben die alle versucht und versuchen sie, ehrlichgesagt, auch heute noch, dass man diese Rauchnote nicht übertreibt, sondern das man versucht, sie eher ein bisschen im Hintergrund zu halten. Und so hat man eben einen leichten Rauch-Touch, der dann auch schön für die Leute anzunehmen war. Und von der Alkoholstärke haben wir eben gesagt, ja, gut, die Biere damals lagen so irgendwie um die 3% und wenn wir schon bei 375 Jahren sind, dann könnte man ja auch die 3,75 anpeilen. Und das haben wir dann auch getan und so war das dann. Und dann gab es eben eine Kommission, weil ich dann auch gesagt hab aus meiner Tradition als Studierendenvertreter, das ist jetzt nix, wo man sagen kann, die Unileitung beschließt und dann machen wir.

Claus-Christian: Genau.

Markus: Sondern das muss ja was sein, wo man alle beteiligt und wo man eben sagt, okay, es gibt diese Idee, wir klären erstmal ab, ist das etwas, was die Leute auch interessiert hier an der Uni, die dabei sind? Und dann schaut man, wie man sie beteiligt, indem man eben eine Kommission hat, wo dann von allen Unigliederungen jemand dabei ist, das auch wieder spiegelt. Dann auch ein Tasting macht, wo man auch gemeinsam überlegt. Beim Hopfen war man ja relativ flexibel zu sagen, naja, dann machen wir einfach mal verschiedenste Varianten und machen dann mal ein Tasting mit dieser Kommission und probieren, welcher Hopfen einer Mehrheit davon am besten schmeckt. Und so hat dann doch auch die Kommission viel mit entschieden, wie dieses Bier am Ende ist. Und so, das ist auch ein wichtiger Punkt, weil man damit eben auch etwas hat, wo sich alle mit identifizieren, wo sie mit im Boot sind. Und wo ich natürlich auch wenig Gegenstimme habe logischerweise, weil ja alle mit dabei sind. Und das ist ja auch wichtig, grade bei so einer staatlichen Geschichte und dem Thema Alkohol, hier irgendwie alle im Boot zu haben. Und insofern also ein sehr spannendes Projekt, hat mir viel Freude gemacht und war natürlich umso schöner dann, dass du da auch mitgemacht hast. Und vielleicht sagst du noch ganz kurz, wie es dir in dieser Kommission so ergangen ist, wie war das da so?

Claus-Christian: Also ich fand diese Kommission einfach wahnsinnig spannend, weil es hat ja tatsächlich die einzelnen, man nennt das Statusgruppen, also das ist wissenschaftsstützendes Personal, also Sekretariate beispielsweise oder die Druckerei und so weiter hat da mitgemacht. Aber es haben eben auch die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mitgemacht, die Profs haben mitgemacht. Und auch die Universitätsleitung, ein wahnsinnig starkes Kommittent der Universitätsleitung, ein unglaubliches Engagement, auch emotional, weil wir einfach sagen, Bamberg steht eben für das Bier. Und wir müssen ja auch irgendwie sehen, natürlich kannst du das Bier komplett aus der Gesellschaft verbahnen, weil du sagst, mein Gott, da ist ja auch 3,75%, was zwar wenig ist, aber trotzdem mehr als natürlich kein Alkohol. Und du kannst sagen, naja, wir begegnen diesem Problem damit, dass wir das ganz abschaffen und sowas gar nicht mehr machen. Aber die viel positivere Idee ist eben tatsächlich, das sozial einzubetten und einfach zu sagen, hier ist ein Bier, das ist ein echtes Genussmittel, das ist was sehr Besonderes, wir haben hier eine Geschichte und es hat was mit dieser Universität Bamberg zu tun. Das haben auch die Studierenden sehr verstanden, das hat den Meisten sehr, sehr gut auch geschmeckt. Und was ich auch toll fand ist, dass du auch dich, ja, da eingesetzt hast, dass es eigentlich eine obergärige Hefe ist, also das man einfach wirklich auch da nicht irgendwie faked. Das ist halt sehr ungewöhnlich gewesen, jetzt was Untergäriges zu brauen in der damaligen Zeit, ist jetzt, glaube ich, eine Altbierhefe, die da drin ist, dass man eben was aufgreift, was es mal gab. Und wo man vielleicht auch mal sensibilisiert, dass es nicht selbstverständlich ist, dass man immer eine bestimmte Art von Bieren immer trinkt. Also bewusstes Trinken, ein ganz, ganz genussvolles Trinken. Und eben auch irgendwie ein identifikatorisches Trinken, dass man einfach mal auch sagt, okay, ich schaue mir dieses Etikett an, das übrigens auch in der Kommission gestaltet worden ist, da wurden ein paar Vorschläge gemacht. Und ich habe das große Privileg gehabt, dass der Präsident mir dann irgendwann gesagt hat, du wirst jetzt entscheiden! Weil ich mache Ästhetikforschung und dann habe ich mich genau für dieses Etikett entschieden und ich finde es ganz, ganz famos. Und vielleicht als letzte, naja, vielleicht Information, wo eben auch nochmal die Wissenschaft reinkommt, wir haben rausgefunden, dass das Blau und dieses Weißblau, was da eben verwendet worden ist, eigentlich prototypisch ist für bayrische Biere. Das ist zwar jetzt ein fränkisches Bier, aber trotzdem fühlen wir uns ja dem bayrischen Bier sehr, sehr nahe und sehr, sehr verbunden und Bayern insgesamt. Und deswegen finde ich das einfach wunderbar, dass sich das empirisch so ergeben hat, dass es eigentlich ein prototypisches Bieretikett ist.

Markus: Genau. Jetzt bin ich mal gespannt, wenn du es aufmachst.

Claus-Christian: Jetzt nehmen wir es mal ganz nah.

Markus: Genau, mach mal, ganz nah.

Claus-Christian: Woah!

Markus: Sehr schön!

Claus-Christian: Ah ja, perfekt, super, sehr, sehr schön.

Markus: Ich werde mir direkt daneben einschenken, genau.

Claus-Christian: Super!

Markus: Wunderbar! Also man muss dazu sagen, das ist natürlich jetzt ein halbes Jahr über dem MHD schon, was aber dem Bier normalerweise nix ausmacht, im Gegenteil, es kann sogar ganz positive Dinge bewirken. Es schaut auch noch sehr schön aus, also wir habe einen ganz schönen festen Schaum. Wir haben schöne orangene Farbe, das fand ich damals schon schön, also diese Farbe. Das ist wie so ein Sonnenuntergang über der Universität.

Claus-Christian: Ja, es ist auch ein typischer Bamberger Sonnengang, den haben wir hier eingefangen.

Markus: Wunderbar.

Claus-Christian: Ja, dann zum Wohl!

Markus: Zum Wohl, Prost! Ja, in der Nase auch die leichte Rauchnote.

Claus-Christian: Ja, sehr, sehr schön, sehr schön eingebunden.

Markus: Das war ein bisschen fruchtiger, also das hat jetzt tatsächlich über die Zeit ein bisschen abgebaut, aber ist ja auch nicht weiter schlimm, passiert. Dafür hat es mehr Charakter gewonnen, finde ich jetzt auch ganz schön. Bei diesem Leichtbier am Anfang hat man auch sehr die Leichtigkeit geschmeckt, das ist jetzt nicht mehr.

Claus-Christian: Trotzdem ist es ganz, ganz erstaunlich, man kann wirklich so ein 3,75-prozentiges Bier tatsächlich brauen und es schmeckt erstmal sehr, sehr vollmundig, also ist schon echt toll.

Markus: Ja, coole Sache. Also es war auf jeden Fall auch von der Reaktion eben der Studierenden, ich war ja dann am Unifest auch da, dann das erste Fass angestochen und dann …

Claus-Christian: Ja, das war ein schöner Moment.

Markus: Ja. Und haben dann alle ihren Krug sich abgeholt. Und, muss ich sagen, das hätte ich mir eigentlich mal gewünscht, als ich damals eben an der Uni war, aber da waren wir noch nicht soweit. Allerdings habe ich damals tatsächlich auch schon das Thema Bier forciert, obwohl mir das damals gar nicht so bewusst war. Aber wir haben damals zu dem 350-Jahrfest eben ein großes Fest veranstaltet an der Feki draußen, das ist die Feldkirchenstraßen Universität, da waren insgesamt so um die 6.- 7.000 Menschen da, also ein richtig großes Fest. Und wir haben uns eben überlegt, was machen wir da als Besonderheit? Und das war im Oktober oder November, im November, glaube ich, war das angesiedelt und da haben wir gesagt, okay, dann machen wir da ein Bockbierfest draus. Und hatten dann tatsächlich von sechs oder sieben verschiedenen Brauereien Bockbiere da. Damals natürlich noch als, ja, 20-jährige Studenten hatten wir viele Dinge im Kopf, sagen wir mal so, aber trotzdem, muss ich sagen, es war nicht so, dass dann alle da nur noch betrunken durch die Gegend getorkelt sind. Sondern das, glaube ich, ist überhaupt etwas, was man hier auch grade in der Bamberger Gegend feststellt, dass zumindest die, die in diese Bierkultur normal hineingewachsen sind, in der Regel auch vernünftig damit umgehen. Also das heißt, man trinkt jetzt nicht mit dem Ziel, irgendwann besinnungslos über dem Dings zu hängen, sondern man trinkt seine zwei, drei, vier, je nachdem, am Abend, isst was dazu, unterhält sich nett und merkt irgendwann, dass es jetzt gut ist. Und dann geht man halt auch wieder Nachhause und schläft es aus und dann ist es okay. Also nicht, dass das jetzt alle so machen zu müssen, aber ich meine nur, es ist schon was anderes, wie wenn ich jetzt in einer Kultur aufwachse, wo wochenendliches Komasaufen einfach auf dem Programm steht. Das, glaube ich, kann man jetzt bei den klassischen Bamberger Leuten nicht sagen. Und das, finde ich, war damals ja noch mehr so, also jetzt ist das ja alles noch viel internationaler und durchmischter geworden, vor 25 Jahren waren schon auch viele Bamberger natürlich noch da. Aber insgesamt finde ich es auch wichtig, weil Bier integriert. Also ist ja nicht so, dass das jetzt nur was für die Uni war, sondern da haben natürlich auch die Bamberger, die zum Beispiel beim Unifest zu Gast waren, dieses Bier getrunken, es gab dieses Bier in den Läden. Und damit ist es ja auch eine Aufgabe gewesen, dass man sagt, man will nicht nur die Uni feiern, sondern man will auch die Stadt mit einbinden und die ganz normalen Bürger, dass sie eben stolz drauf sind, das sie hier eine Uni haben und das sie sich damit verbunden fühlen und nicht nur genervt sind von irgendwelchen Studierenden, die nachts …

Claus-Christian: Ganz genau.

Markus: … durch die Gegend laufen, sondern eben sagen, ist cool. Also weil, ich sage immer, man muss ja nur mal in eine Stadt gehen, die keine Uni hat.

Claus-Christian: Ja, da siehst du schnell den Unterschied.

Markus: Ja. Oder wo die Uni auf dem Campus irgendwo ausgelagert ist. Das heißt, die Studierenden haben dann irgendwo ihre Cafés und Restaurants und Kneipen und Bars und Clubs außerhalb und die Stadt selber ist tot. Und das ist wirklich ein Punkt, der grade Bamberg sehr bereichert und sicherlich dann auch dazu mit beiträgt, dass die Bierkultur hier so erhalten bleibt, weil natürlich die Studierenden auch ganz wichtige Arbeitskräfte sind.

Claus-Christian: Ja, natürlich, absolut.

Markus: Und mehr denn je, ne. Und da sind wir auch wieder bei der EBCU, weil das auch eine Herausforderung natürlich ist, was hat sich mit der Pandemie, die für mich eher als Beschleuniger und Katalysator gewirkt hat. Also gar nicht sehr viel Eigenständiges verursacht hat, sondern einfach nur Probleme, die am Horizont schon da waren, sichtbar gemacht hat und eben beschleunigt hat und in der Folge eben jetzt auch die kriegerischen Auseinandersetzungen, die wir grade erleben. Die natürlich was mit Menschen machen, mit dem Markt machen, auch vielleicht was mit der Stimmungslage machen. Also all damit beschäftigen wir uns natürlich auch und haben in allen europäischen Ländern ähnliche Probleme, also weniger Leute, die ausgehen, weniger Leute, die einfach unter Menschen sind. Und da sind wir vielleicht auch bei der Psychologie oder, wenn Menschen nicht mehr unter Menschen gehen, geht vielleicht ein bisschen Menschlichkeit verloren, kann man das so sagen?

Claus-Christian: Ja, wir sind eben soziale Lebewesen, soziale Tiere sagen manche und das ist tatsächlich ganz, ganz wichtig, das zu verstehen. Der eine oder andere will sich vielleicht ein bisschen mehr separieren, aber alle streben wir tatsächlich etwas an, wie gemeinsame Gespräche, eingebunden sein, wenn wir mal ein Problem haben, das wir jemanden finden, der da auch ein Ohr dafür. Und deswegen ist es auch ganz, ganz wichtig, dass wir weiterhin eine Kneipenkultur haben, die natürlich sehr, sehr, ja, vernünftig mit Alkohol beispielsweise umgeht. Wo man sich gegenseitig auch ein bisschen moderiert, aber wo man sich auch gegenseitig hilft, also wir brauchen soziale Netzwerke. Und ich glaube, solche Sachen wie zu Tisch gehen, ja oder in die Kneipe gehen oder zu einem Bierfestival gehen und einfach zusammenzukommen und gemeinsam zu essen, zu trinken, das ist was ganz Entscheidendes. Deswegen bin ich auch engagiert in ganz vielen solchen Thematiken, habe selber eine NGO nochmal gegründet, die genau sowas macht, also die heißt Freaks to Table hier, sagen, kommt doch zu Tisch, ja, kommt dahin, setzt euch hin. Und alle sind eingeladen. Und das ist auch was Wichtiges, ja, wir stehen für Bierkonsum und Bierkonsumentinnen und Konsumenten in einer maßvollen und reflektierten Art und Weise, aber, jeder ist willkommen! Und wenn du eine Schorle trinkst oder wenn du sagst, ein alkoholfreies Bier, ja, natürlich! Weil all das gehört zu dieser Kultur, zusammenzukommen, zu feiern, zu trinken und zu essen.

Markus: Ja und ich finde auch, das sind entscheidende Mechanismen auch in unserer Gesellschaft. Also ich denke da an zwei Punkte, einmal was ich erlebe, wenn wir zum Beispiel ein Bierseminar haben, eine Bierveranstaltung haben, da kommen ja Leute, 10, 20, 30, 40, je nachdem, aus verschiedensten Ecken, teilweise auch Kulturkreisen, auf jeden Fall Schichten, in Anführungsstrichen, wenn man das so sagen kann, also kommen da zusammen und dann erleben die gemeinsam so einen Biergenuss, ein Foodpairing auch einfach. Also erleben vielleicht manchmal zum ersten Mal wie es ist, bewusst etwas zu sich zu nehmen. Also mal dran zu riechen, e s wirklich bewusst zu schmecken, es bewusst zu riechen und erleben, was das bedeutet, wie interessant das sein kann, sich auch in gewisser Weise mit sich selber zu beschäftigen und wie unwichtig dann Dinge werden, die vorher vielleicht vermeidlich wichtig waren. Und wie all diese Menschen dann eben an so einem Abend zusammen lachen können, sich unterhalten können und einfach merken, wie schön das ist, zusammenzusitzen quasi am virtuellen Lagerfeuer und da eben zusammen zu sein. Und das zweite, finde ich, was ich auch finde, wir erleben ja immer mehr diese Polarisierungstendenzen der Gesellschaft und ich hab den Eindruck, dass das früher aufgefangen worden ist. Also früher haben sich Leute vielleicht, sagen wir mal, in einer Kneipe am Stammtisch oder im Freundeskreis oder irgendwo getroffen und dann hat man halt seine Ansichten geäußert, aber dann waren die anderen eben auch da und haben ihre Ansichten geäußert. Und dann hat man gemerkt, okay, es gleicht sich irgendwie in gewisser Weise aus. Man hat andere, die man sowieso schon respektiert, weil es ja Freunde und Bekannte sind, dann geht man auch mit deren Meinungen anders um. Das sind keine anonymen Leute, die irgendwelche Kommentare posten, sondern es sind eben Menschen, die man kennt. Und dadurch, glaube ich, hat sich vieles ausgeglichen, relativiert. Man hat gemerkt, dass manche Aussagen vielleicht doch über das Ziel hinausschießen oder dass man über manche Dinge vielleicht nochmal nachdenkt, bevor man sie weiter so sieht. Und das ist uns so ein bisschen abhanden gekommen, glaube ich, weil Leute einfach, wenn sie Zuhause alleine am PC sitzen, Sachen rausfeuern und kein Korrektiv mehr haben. Und dann eher immer weiter in ihre Blase und in ihre Einbahnstraße gehen und irgendwann auch nicht mehr raus können und dann verrennen sich viele und das ist schade.

Claus-Christian: Also ich finde das auch einen ganz, ganz wichtigen Punkt, es ist tatsächlich so, das ist auch meine Generalthese eigentlich, wenn du Menschen an einem Tisch hast, solltest du es eigentlich auch aushalten, dass das sehr unterschiedliche Meinungen sind so verschiedenen Themen. Es gibt natürlich ein paar Ausnahmen, es ist so, alles, was Menschenverachtend ist, was voller Hass ist, was einfach ungebührlich ist und einfach nur noch unter der Gürtellinie ist, das sollte man eigentlich gar nicht inkludieren. Weil, du brauchst ein Mindestmaß von Respekt gegenüber anderen, das ist ganz wichtig, aber wir müssen es aushalten können, das Menschen einfach anderer Meinung sind und anderer Herkunft sind, andere Lebenserfahrung haben, Lebenseinsichten haben. Und zum Schluss ist es so, wenn wir es schaffen, auch denen zuzuhören und vielleicht auch mal den einen oder anderen Standpunkt von uns selber mal zu reflektieren, selbst wenn wir meinen, das haben wir ja meist, dieses Gefühl, dass wir, ja, der richtigen Meinung aufliegen und der andere hat vielleicht die falsche. Es ist grundsätzlich falsch zu glauben, dass man schon am Ende der richtigen Meinung ist. Und du wirst auch nie richtig ankommen dort, weil es gibt immer verschiedene Anforderungen, verschiedene Sachzwänge, verschiedene Erfahrungen und verschiedene Bildungsniveaus, alles Mögliche und du musst darauf eingehen. Und manchmal merkt man eben durch solche Gespräche sehr schnell, dass man eben doch relativ beschränkt ist selber, wenn man immer sich selbst nur hört oder sich selbst feiert. Und deswegen ist es unglaublich wichtig, solche sozialen Events zu schaffen und es auszuhalten, das anderer einer anderen Meinung sind, solange eben das tatsächlich gegeben ist, die Menschen aufeinander zuhören und nicht aufeinander einhaken.

Markus: Allerdings! Und ich finde auch, man hat ein bisschen eine andere Sicht auf die Wichtigkeit von Dingen, wenn man zum Beispiel sich auch mit diesem Thema Bierkultur beschäftigt. Denn die Bierkultur gibt es jetzt seit ungefähr 13-, 1400 Jahren, mindestens und in dieser Zeit gab es garantiert jede Menge Gelegenheiten, wo ganz viele Menschen ganz unterschiedlicher Meinung waren …

Claus-Christian: Ja.

Markus: … und trotzdem ging das irgendwie weiter und man hat sich dann wieder damit auseinandergesetzt. Also was auch immer da passiert ist, aber die Menschheit ist immer noch da und das Bier ist immer noch da und dementsprechend, glaube ich, ist das auch so ein Punkt, wo man ein bisschen eine gewisse Demut auch haben muss und sich auch mal nicht so wichtig nimmt vielleicht.

Claus-Christian: Richtig.

Markus: Also ein ganz konkretes Beispiel ist, wir hatten jetzt ganz oft die Auseinandersetzungen in diesen Facebook-Gruppen, dass irgendjemand von irgendeiner Brauerei irgendeine Flasche hat und die war aus irgendwelchen Gründen in seiner Meinung nicht gut. Und dann kann ich ja ganz unterschiedlich damit umgehen. Also ich persönlich würde damit so umgehen, dass ich da drüber einfach gar nix schreibe, weil ich finde, diese Meinung kann ich haben und für mich trinke ich halt vielleicht dieses Bier nicht wieder.

Claus-Christian: Genau.

Markus: Und dann ist auch gut, aber das ist jetzt nix, was die Allgemeinheit wissen muss. Aber okay, wenn jemand anderes der Meinung ist, er muss es kundtun, kann man das natürlich tun, aber man kann eben entweder schreiben, Brauerei XY, Bier absolute scheiße, Katastrophe, nie wieder trinken, Plörre, was weiß ich was, oder man versucht eben, eine einigermaßen qualifizierte Äußerung dazu zu tätigen. Und dann hatten wir einfach so das Thema, dass ich dann mal in den Raum gestellt hab, ja, also es ist vielleicht so, dass diese eine Flasche jetzt nicht so war, wie du dir das vorgestellt hast.

Claus-Christian: Richtig, ja.

Markus: Aber dann muss man mal überlegen, was steckt dahinter? Und da ist erstmal ganz konkret, das ist eine Flasche aus einer Charge, wir wissen nicht, was mit dieser Flasche passiert ist, seit sie die Brauerei verlassen hat. Es gibt ganz viele Gründe, warum dieses Bier, ohne Zutun der Brauerei auf diesem Weg, irgendwie nicht mehr so gut ist. Und es gibt auch die Möglichkeit, dass in der Brauerei vielleicht ein Fehler passiert.

Claus-Christian: Richtig.

Markus: Auch das kann sein und auch das ist okay. Menschen machen Fehler oder auch …

Claus-Christian: Ganz genau.

Markus: … Geräte können mal falsch sein, also auch das passiert. Und auch das sagt nicht, dass das Vollidioten sind, die dastehen.

Claus-Christian: Richtig.

Markus: Und der nächste Punkt ist dann, wenn man das noch ein bisschen weitersieht, jede Brauerei, also grade unsere fränkischen Brauereien, die gibt es ja teilweise seit 500, 600, 700 Jahren, natürlich wird in dieser Zeit die Qualität relativ zu den anderen immer geschwankt haben …

Claus-Christian: Na klar.

Markus: … aber es ist doch an sich eine Leistung, dass es diese Brauerei immer noch gibt und über so viele Generationen, über so viele Zeiten hinweg. Und das es immer wieder Leute gegeben hat, Familienmitglieder, die sich bereiterklärt haben, das weiterzuführen. Weil auch das, na, viele denken immer, der kriegt die Brauerei auf einem Silbertablett serviert und ist jetzt ein gemachter Mann. Es ist eigentlich genau andersrum, du wächst mit der Bürde auf, dass deine einzige Möglichkeit, in diesem Leben weiter zu existieren, die ist, dass du diese Brauerei übernimmst. Und das ist natürlich eine Erwartungshaltung und auch ein riesen Rucksack, den man da mitnimmt, dem ist nicht jeder gewachsen. Also manche psychisch nicht, manche intellektuell nicht, manche beides nicht, viele müssen da erst reinwachsen. Und dann hat man natürlich noch die älteren Generationen mit Erwartungshaltungen und so weiter. Also das ist echt ein scheiß Job, muss man auch sagen. Und auch da muss man Respekt haben vor den Brauern, die dann sagen, wir machen das weiter, wir führen das weiter, auch im Sinne der nächsten Generation. Und auch da einfach erwarte ich mir einen gewissen Respekt, eine gewisse Demut davor und sage einfach, okay, wenn halt mal ein Bier nicht gut ist, dann ist es eben so. So wie ich das halt bei meinen Erdbeerpflanzen hab, da ist auch mal eine dabei, die mir nicht schmeckt, deswegen esse ich jetzt auch nie wieder Erdbeeren. Also das ist einfach so ein Punkt und da würde ich mir auch wüschen, wenn Leute ein bisschen ihre eigenen Meinungen, ihre eigenen Absoluditäten zurücknehmen und einfach sagen, okay, das ist jetzt halt eine Momentaufnahme. Und da kann ich mich auch drüber aufregen, aber das ist jetzt deswegen kein Punkt, jemanden zu verteufeln oder ein Unternehmen zu verteufeln oder überhaupt. Das sind alles die Punkte, die wir halt in der EBCU auch haben und insofern spannend. Ja, gibt es noch was, was du zum Thema EBCU beitragen möchtest, sonst würde ich fast sagen, wir machen hier mal einen Punkt?

Claus-Christian: Ja, klar. Also einfach, die letzte Idee ist einfach noch, die ich einbringen will, die EBCU kann natürlich weiterhin wachsen und sollte auch wachsen. Das heißt, jeder ist angehalten, einfach zu überlegen, ob man vielleicht eine Organisation gründet, die unter diesem Dach tatsächlich firmieren kann. Und die andere Sache ist eben, sich tatsächlich zu engagieren. Also wenn man ein Teil von dieser EBCU-Familie ist, man kann beispielsweise bei den Bier-Styles mitschreiben, man kann also Eingaben machen, dass bestimmte Bierstile bisher noch nicht erfasst worden sind. Weil wir haben ja diese große Datenbank, eine wunderschön bebilderte Datenbank mittlerweile von tollen Texten, die wirklich von fachlich sehr, sehr hochwertigen Menschen geschrieben worden sind. Und man kann auch bei anderen Themen sich einfach engagieren und das sollte man auch.

Markus: Ja, dann sage ich an dieser Stelle ganz, ganz herzlichen Dank und wir machen hier einen Punkt unter den ersten Teil unserer Doppelfolge. Ich sage nochmal Prost, stoßen wir nochmal an mit dem Unibier. Und ihr dann bis nächste Woche zum zweiten Teil dieser Folge.

Claus-Christian: Servus, tschau.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 125 – Interview mit Sebastian Sauer, Gründer der Ziegenhainer Hausbrauerei aus Jena

Sebastian Sauer darf stolz von sich behaupten, einen Bierstil gerettet zu haben. Aus Fulda nach Jena gekommen, entdeckte er vor vielen Jahren dort die Brauschänke des letzten Lichtenhainer-Brauers. Nachdem der das Braupaddel an den Nagel hängte, schlug Sebastian – mittlerweile zum Hobbybrauer geworden – zu und übernahm Gerätschaften, Rezept und Erbe der letzten Lichtenhainer-Brauerei und verlegte sie in seinen Hof nach Ziegenhain. Im BierTalk erzählt er die Geschichte – und wir verkosten seine verschiedenen Bier-Kreationen…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute sind wir auf einer sehr spannenden Reise, wir gehen in ein anderes Bundesland, wir gehen nach Thüringen, wir gehen in eine alte Studentenstadt, nach Jena. Und wie es sich für eine Studentenstadt gehört, gab und gibt es dort einen ordentlichen Bierkonsum. Und in unserem Fall sogar einen eigenen Bierstil, den wir noch nie im BierTalk hatten, also insofern viele Premieren auf einmal, sind wir ganz gespannt. Unser Gesprächspartner ist der Basti, Sebastian Sauer. Super schön das du da bist, vielleicht stellst du dich ganz kurz mal unseren Hörern selber vor.

Sebastian: Ja, hallo Markus, hallo liebe Hörer! Ich bin Sebastian Sauer, 44 Jahre alt, lebe die Hälfte meines Lebens, jetzt schon also seit 22 Jahren, in Jena. Bin ursprünglich aus Osthessen, aus der Nähe von Fulda, dort aufgewachsen und die ersten 22 Jahre meines Lebens habe ich dort verbraucht. Dann bin ich 2001 als nach Jena gekommen und seit zehn Jahren lebe ich jetzt in einem Jenarer Stadtteil Namens Ziegenhain. Das ist, ja, wenige Kilometer außerhalb der Stadt, zentrumsgelegener Ortsteil, der sich einen sehr schönen alten dörflichen Charakter erhalten hat und noch viele alte Bausubtanz, teilweise mittelalterlich. Und zusammen mit anderen Dörfern rund um Jena eines der sogenannten Bierdörfer ist. Ja, hier habe ich mich niedergelassen. Wir haben 2013, habe ich mit meiner Frau zusammen hier einen alten Fachwerkhof gekauft und wir sanieren den seitdem. Also die wesentlichen Sanierungsarbeiten sind abgeschlossen, aber wer selbst vielleicht einen alten Hof hat, der weiß, man wird nie fertig. Das heißt, neben dem Bierbrauen beschäftigt mich in meiner Freizeit auch das Werkeln am Fachwerkhof noch sehr intensiv. Und, ja und in diesem Fachwerkhof bin ich seit 2016 Hobbybrauer und hab das Ganze, ja, so eskalieren lassen, könnte man sagen, dass es seit 2021, also seit etwa zwei Jahren jetzt ein Nebenerwerb ist. Ich habe das also zur kommerziellen Kleinbrauerei gemacht und betreibe das neben meinem Hauptjob und meiner Familie und eben diesen anderen Tätigkeiten, die an so einem Hof immer anfallen, im Nebenerwerb und das ist die Ziegenhainer Hausbrauerei.

Markus: Faszinierend, also an sich schon eine total spannende Geschichte. Und schön, dass du auch die Zeit hast, einfach mal bei uns im BierTalk vorbeizuschauen und die Geschichte auch ein bisschen zu erzählen. Und vielleicht auch ein bisschen Vorbild zu sein für andere, die sich auch überlegen, naja, vielleicht besorge ich mir einen Hof und vielleicht mache ich da eine Brauerei rein oder wie auch immer, keine Ahnung, auf jeden Fall eine spannende Geschichte. Und ich muss wirklich sagen, du hast ja auch ein paar Biere vorbeigeschickt. Also ein paar ist gut, sieben an der Zahl. Alle unterschiedlich, alle mit einem wunderbaren Etikett und natürlich auch mit diesem, ja, mit diesem Schlagwort Ziegenhainer beziehungsweise dann eben Lichtenhainer, Wöllnitzer. Und da geht es ja einfach drum, um diesen alten historischen Bierstil, der sich wohl der Sage nach zumindest so entwickelt hat, dass die Studenten aus Jena einfach gern so mal raus aus der Stadt wollten und dann war eben, diese Bierdörfer waren nicht weit und da ist man dann eben grade so hingekommen in seinem studentischen Wanderdrang. Und dort gab es dann auch entsprechend Bier und spezielle Biere und damit hat sich eben so ein eigener Bierstil entwickelt. Aber da sage ich vielleicht schon zu viel, da kannst du uns bestimmt auch gleich noch ein bisschen was erzählen. Vielleicht vorher noch ganz kurz, weil der ein oder andere unserer Hörer hat vielleicht hingehört, Sebastian Sauer und dann hat so ein bisschen was geklingelt. Du hast ja einen Namensvetter, der in der Bierwelt auch nicht ganz unbekannt ist, mit dem du sogar was zusammen gemacht hast. Also wann habt ihr euch getroffen und wie war das, wenn man sagte, hallo Sebastian, ich auch Sebastian Sauer, ich auch, wie ist das?

Sebastian: Ja, ich hab im ersten Satz der Vorstellung jetzt grade schon überlegt, ob ich direkt darauf eingehen soll, weil, wenn man in einem BierTalk Sebastian Sauer sagt, natürlich wahrscheinlich viele zuerst an Freigeist denken, aber es gibt tatsächlich eben mit mir noch einen Sebastian Sauer, der auch Bier braut. Ja, das ist erstmal natürlich einfach nur Zufall. Ich bin erst auf Freigeist und diesen Freigeist Bierkultur Sebastian Sauer aufmerksam geworden, nachdem ich mich selber auch schon mit Bier beschäftigt hatte und auch schon angefangen hab zu brauen. Und wenn man so in der Craft-Beer-Welt sich ein kleines bisschen umhört, dann kommt man um diesen Namen natürlich nicht drum rum und das ist mir natürlich auch sofort selbst als erstes ins Auge gestochen, was, der heißt genau wie ich? Es ist also schon für mich jetzt also schon, ja, viele Jahre auf dem Radar, dass es diesen anderen Sebastian Sauer gibt, aber er kannte mich natürlich nicht, ich bin ja einfach nur ein kleiner Hobbybrauer gewesen. Aber ich habe ihn irgendwann einfach mal angeschrieben. Und zwar ist das Ganze eigentlich so zustande gekommen, dass ich mich damals auch schon sehr intensiv eben mit dem Lichtenhainer beschäftigt hab, also mit dem Bierstil Lichtenhainer. Und auch zu dieser Zeit, also vor sechs, sieben Jahren etwa, auch angefangen habe, hier in meiner kleinen Hausbrauerei hier auch Bierseminare zu veranstalten und Bierverkostungen. Also nicht mit eigenen oder nicht nur mit meinen eigenen Bieren, sondern einfach, ja, um so ein bisschen meine Begeisterung und das Wissen für Bier weiterzugeben und dem Pilstrinker sozusagen eine neue Welt zu eröffnen, hat sich das so etabliert, dass ich also mindestens einmal im Monat hier bei mir Bierseminare und Verkostungen veranstalte, in denen ich eben auch Biere aus aller Welt vorstelle und dann zusammen mit den Leuten trinke, auch was Passendes dazu esse und so weiter. Und in dieser Veranstaltung hatte ich eigentlich schon von Beginn an immer auch ein Sauerbier, einfach um diesen Bierstil den Leuten nahezubringen. Und da bietet sich in Jena natürlich auch an, dass man das mit einem Lichtenhainer macht, weil es natürlich durch sauer und Rauch, diese Kombination, einfach noch spannender wird, um den Leuten ein bisschen Ausgefallenes nahezubringen. Und bei Lichtenhainer bin ich dann eigentlich erstmals auf ein Bier auch von Freigeist gestoßen, also von dem anderen Sebastian Sauer. Er hat ja seine Braukarriere eigentlich auch mit einem Lichtenhainer begonnen. Also das Lichtenhainer Namens Abraxas von Freigeist war, glaube ich, das erste Bier, mit dem Sebastian Sauer dann auf den Markt gekommen ist und sich dann einen Namen gemacht hat. Und das hatte ich auch eine Zeitlang, solange es noch verfügbar war, auch bei mir in der Veranstaltungsreihe und habe das denen vorgestellt. Und, ja, über diesen Weg bin ich erstmal an seine Biere gekommen sozusagen, weil ich einfach sein Lichtenhainer hier bei mir im Programm haben wollte. Und dann habe ich ihn ganz schnöde einfach mal irgendwann über Facebook einfach mal angeschrieben und habe gesagt, ich hab dein Bier getrunken, fand es total klasse und es kommt eigentlich von da her, wo ich wohne und ich braue auch und wie lustig ist denn, dass ich genauso heiße wie du. Ich habe ihn einfach  angeschrieben und da hat sich dann, ja, eine Kommunikation entwickelt, das geht jetzt lose seit mehreren Jahren eigentlich über Facebook so ein bisschen hin und her, das wir einfach in Kontakt sind. Und dann haben wir beschlossen, wir müssen einfach unbedingt mal was zusammen brauen. Und habe deswegen dann eigentlich dieses Jahr, also wir haben es eigentlich letztes Jahr beschlossen, aber dieses Jahr dann wirklich umgesetzt und haben zusammen ein Lichtenhainer gebraut. Was ganz gut gepasst hat, weil ich sowieso, nachdem ich erstmal mit anderen Bieren begonnen habe, also in meiner Brauerei sozusagen, mich auch eigentlich erst seit letztem Jahr selbst mit Sauerbieren und dem typischen, regionaltypischen Weißbier Lichtenhainer, Ziegenhainer, Wöllnitzer erst beschäftigt hab und deswegen hat das dann perfekt in diese Reihe gepasst. Und, ja, dieses Lichtenhainer, das wir also zusammen gebraut haben, das Besondere daran ist, dass es ein bisschen was Regionales einfängt. Wir haben nämlich zusammen mit einer anderen Brauerei in der Nähe von Mannheim, wo wir das gemacht haben, wir haben es also nicht bei mir gebraut, sondern in einer externen Brauerei sozusagen, um eine größere Menge machen zu können auch. Dort besteht die Möglichkeit, auch selber zu räuchern, das Malz. Und ich habe mich an die Kreissäge gestellt und habe aus Apfelbaumholz aus dem Ziegenhainer Tal hier Räuchermehl hergestellt in Handarbeit sozusagen, hab das dann per Post versendet. Und wir haben dann damit das Rauchmalz selbst hergestellt und das ist jetzt in diesem Lichtenhainer Weißbier als Kooperationssud sozusagen dann entstanden.

Markus: Wunderbar, also total spannend. Und in gewisser Weise ja Blasphemie, muss ich sagen hier aus Bamberger Ecke. Aber, nein, absolut, finde ich faszinierend und auch sehr spannend. Und grade jetzt, wo eben bei uns das Schlenkerla auch angefangen hat, mit verschiedenen Hölzern zu experimentieren, jenseits von Buche und Eiche, ist das ja total spannend, jetzt mal so ein Apfelholz zu haben. Wer möchte, kann sich also auf jeden Fall auf der Website vom Sebastian über all die Biere informieren, es gibt sie bei ihm beziehungsweise lokal in dem ein oder anderen Shop und er hat natürlich auch die Kontaktmöglichkeiten. Ihr bekommt das alles über die Shownotes und könnt euch dann im Zweifelsfall irgendwie mit ihm einigen, dass ihr dann auch mal probieren könnt. Und es ist wirklich, also allein optisch, wunderschön, sind richtig schöne, ja, fast schon schnucklige kleine Fläschchen mit einem Bordeauxroten Kronkorken, das ist wunderschön. Und auch das Etikett sehr edel gehalten, in einem, ja, leicht getönten Weiß und eben Bordeauxrot auch hier und hier steht dann also Lichtenhainer Weißbier und sauer und rauchig, in Kooperation mit Freigeist Bierkultur, sehr interessant. Also ich mach mal auf, Moment, so.

Sebastian: Wir haben übrigens diesen Sud uns geteilt, also jeder Sebastian Sauer hat die Hälfte bekommen. Und bei Freigeist ist es unter dem Namen Doppelgänger zu haben. Der Name ist natürlich selbsterklärend, wenn man die Geschichte kennt. Also war sehr lustig und eine schöne Erfahrung. Wir haben uns also zu diesem Brautag dann auch tatsächlich das erste Mal persönlich kennengelernt, die Sebastians Sauers und hatten einen, ja, sehr lustigen Tag zusammen und einen schönen Abend. Und natürlich ist auch über den Tag verteilt viel Bier geflossen, wir haben einige Sachen probiert und uns ausgetauscht, schöne Sache. Und die Idee für die nächsten Biere ist auch schon geboren, aber das verrate ich jetzt, glaube ich, noch nicht, da ist es noch zu unausgegoren, aber es wird wahrscheinlich noch weitere Biere geben, die wir zusammen machen.

Markus: Okay, na, da freuen wir uns schon mal drauf. Also ganz grundsätzlich muss man sagen, es verbreitet schon mal ein wunderbares Aroma. Und tatsächlich eines, wo man also zumindest meint, auch so ein bisschen Apfel mit dabei zu haben, so fast schon bratafpelig, dann natürlich ein bisschen rauchiges Aroma. Und interessant, man hat ja sonst in der Nase so das Thema Säure nicht so intensiv, hier ist es aber auf jeden Fall trotzdem da. Sehr, sehr komplex auch, also wirklich fruchtig, rauchig, säuerlich, vielleicht Citrus, könnte man sagen. Woah, sehr intensiv, sehr kräftig. Also ich habe es hier relativ kalt und trotzdem hat es echt jede Menge Aroma, also das schon mal sehr, sehr intensiv.

Sebastian: Ich muss allerdings sagen, das bei meinen Kunden es schon deutlich schwieriger ist, so ein Bier an den Mann zu bringen als andere Biere natürlich und auch als andere Sauerbiere. Also ich habe schon viele Leute bei mir, die, also von meinen Standardbieren, die ja keine Sauerbiere sind, Stammkunden sind und regelmäßig da verschiedene Biere trinken, auch von verschiedenen Brauereien und auch etwas experimentierfreudig sind, sage ich jetzt mal, die trotzdem aber noch keine Sauerbiererfahrung hatten. Und denen ist das häufig einfach zu viel auf einmal, also zu viel neue Erfahrung auf einmal. Also die anderen beiden Biere, können wir ja vielleicht dann auch noch drüber sprechen, die beiden anderen Weißbiere, also das Ziegenhainer und das Wöllnitzer, die sind eben, sage ich mal in Anführungsstrichen, nur sauer. Und diese Kombination aus sauer und Rauch ist einigen einfach schon zu viel. Also ich bin natürlich jetzt schon viele Jahre Sauerbiere gewöhnt und habe auch schon Rauchbiere, einige getrunken und deswegen finde ich es ein tolles gelungenes Bier und trinke es auch gerne. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass es halt Leuten, die wenig Erfahrung mit Rauchbieren oder noch keine Erfahrung mit Sauerbieren haben, einfach too mutch ist, zu viel Neues auf einmal. Deswegen ist es schon, ja, für ungeübte Trinker, sage ich jetzt mal, vielleicht eine kleine Herausforderung. Aber wie so oft, man muss sich halt dran gewöhnen.

Markus: Genau. Das hat was damit zu tun, dass die meisten Menschen, wenn sie so großwerden, irgendwann als Kind das Raucharoma das erste Mal kennenlernen, wenn Oma, Mama, Papa, wer auch immer, ihnen zum ersten Mal so ein Stückchen Toast vielleicht mit ein bisschen Schinken drauf in den Mund reinsteckt und sagt, so, mein Kind, das ist Schinken. Und dann haben die zum ersten Mal Raucharoma und speichern das dann ab und dann ist es im Grunde, das ganze Leben lang hat der Rauch eine Verbindung mit dem Wort Schinken. Also es ist tatsächlich, wenn man in anderen Landstrichen ist, zum Beispiel eher im Norden, wo zum Beispiel viele Leute Fisch als Erstes geräuchert bekommen, da haben die ihr ganzes Leben lang bei Rauchbier immer den Eindruck, das hat was mit Fisch zu tun. Also es hat was damit zu tun, womit speichere ich diesen Raucheindruck zuerst ab. Aber um auf deine Frage zu kommen, also doch, ich finde schon, dass man einen Unterschied merkt. Also ich erschließe es mir aus zwei Dingen, also einmal kennt man das ja schon von den Barbecue-Spezialisten. Da ist es ja so, dass es wirklich ganz, ganz viele verschiedene Hölzer gibt, mit denen man dann seine diversen Fleisch oder Fisch oder was auch immer man räuchert, eben entsprechend räuchern kann und da gibt es ganz intensive, deutliche Aromaunterschiede, je nach Rauch. Und bei den Bieren, muss ich sagen, ist es so, dass ich bisher natürlich immer nur das trinken konnte, was es gab. Also das heißt, wir haben zum Beispiel, was das Buchenholz angeht, halt unser klassisches Schlenkerla Märzen und die Spezialbiere, die vom Rauch her alle in eine ähnliche Richtung gehen, also von der Brauerei Spezial. Und die anderen Biere, jetzt zum Beispiel die Eiche, das ist ja ein Doppelbock, das heißt, der hat mit 8% Alkohol natürlich auch vom Alkohol schon mal eine ganz andere Aromatik als jetzt das Märzen. Und da hab ich immer den Eindruck, dass das noch viel mehr in so eine speckige, manche würden vielleicht sogar sagen räucher-aalige Richtung geht, also auf jeden Fall deutlich anders als das Buchenholz. Noch spannender ist es jetzt eigentlich bei den neuen Bieren. Also es gibt eins, das ist mit Kirschholz, also auf Fränkisch Weichsel und da ist der Basisbierstil ein Rotbier. Und da, muss man sagen, da merkt man ganz intensiv diese roten Beeren, Kirscharomen, die dann eben sehr schön zu diesen ebenfalls beerigen Aromen von dem Rotbier passen, also das funktioniert da wunderbar. Und das andere Holz ist dann Erle, da ist ein Schwarzbier damit gemacht, mit diesem Malz. Und da ist es tatsächlich so, das Schwarzbier hat ja so schokoladige, fast schon stoutige Aromen und das wird tatsächlich durch so eine schöne Röstnote von diesem Malz nochmal unterstützt. Und das ist viel, wie soll ich sagen, also nackter oder kalter ist vielleicht der falsche Ausdruck, aber dieser Rauch aus der Erle hat eben nicht so fruchtige Komponenten wie jetzt zum Beispiel die Kirsche oder auch noch so speckige wie die Eiche oder so, sondern das ist dann wirklich eher, unterstützt diese röstigen, diese schokoladigen, diese Kaffeearomen. Also da hat man wirklich den Eindruck, dass das Holz einen Unterschied macht. Und wo du mir jetzt hier dieses Bier gibst, muss ich sagen, also natürlich ist immer so die Gefahr, wenn man vorher weiß, da ist Apfelholz drin, dann riecht man das natürlich auch. Aber ich habe wirklich den Eindruck, dass das schon auch da ist und das es sich natürlich wunderbar mit dieser Säure verbindet, weil der Apfel ja als Frucht auch einiges an Säure hat und in der Kombination passt das schön zusammen. Und dadurch wird das mit dem Rauch auch runder, ist dann nicht so knallhart, wie ja Rauch auch sein kann, sondern das schmiegt sich hier sehr schön zu so einem kleinen Gesamtkunstwerk zusammen und man hat wirklich eher wie so einen Bratapfel, wo das alles so ein bisschen zusammenpasst. Also ich glaube schon, dass das geht. Auch in Grätz zum Beispiel war ich ja vor Ort schon auch in der Brauerei, da ist es in der Tat auch wieder so, dass dieses Raucharoma wieder anders ist. Und, ja, also ich bin mir ganz sicher und ich würde auch jeden Hobbybrauer einladen, ich bin ja leider keiner, also hätte ich Zeit und Muße und Können, dann würde ich das, glaube ich, auch gerne machen und dann wäre das sicherlich ein Experimentierfeld für mich, mit verschiedensten Hölzern da zu experimentieren und auszuprobieren, was man da so alles anstellen kann, also, ja. Aber, wie gesagt, zurück zum Bier, ich finde das wirklich ganz, ganz interessant, weil, ich glaube, es hat schon eine ordentliche Säure, aber die ist sehr schön eingebunden, sodass es dann wirklich sehr rund wird. Der Rauch ist da, aber ist auch nicht sehr im Vordergrund, der umschmeichelt das Ganze so ein bisschen und dadurch ist das wirklich ein völlig anderes Bier als alle anderen, die man so hat. Aber intensiv, trinkbar und sehr selbstbewusst, also erzählt einem wirklich eine spannende Geschichte von Äpfeln und Rauch und ein bisschen Säure.

Sebastian: Es gibt auch noch eine lustige Geschichte dazu. Und zwar habe ich ja erzählt, dass ich diese Bierseminare hier regelmäßig veranstalte bei mir und da den Leuten eben versuche, den Bierhorizont etwas zu erweitern und das sind natürlich immer auch Sauerbiere und häufig dann eben auch Lichtenhainer im Programm. Und ich habe ziemlich oft dort bei, sagen wir mal, bei Nurpilstrinkern dann den Satz gehört, das ist doch kein Bier. Also die sind dann, wenn man denen diverse Bierstile präsentiert, dann sagen sie nur, ja, das schmeckt mir oder das schmeckt mir nicht so gut. Und dann habe ich aber häufig bei Sauerbier oder eben bei dem Lichtenhainer den Satz gehört, oh, das ist doch kein Bier. Und jetzt habe ich mich auch relativ intensiv mit der Historie hier dieser Jenarer Bierdörfer beschäftigt und der Historie der Ziegenhainer Brautradition und eben auch der Lichtenhainer. Hab da viel Literaturrecherche auch gemacht und hab eine Heftchen gefunden von, muss ich mal grade nachschauen, von wann, ach, das ist von 1870, verfasst und berichtet über das bierige Leben sozusagen in Lichtenhain, also wie in Lichtenhain Bier gebraut wurde, die studentische Trinkkultur, die Feierkultur. Hauptsächlich an Pfingsten wurde sehr viel gefeiert, mit vielen, vielen Gästen, auch von weiter her, die also dann zum Saufen nach Lichtenhain gekommen sind und dort das Lichtenhainer Bier getrunken haben. Und in diesem Heftchen ist beschrieben sozusagen, dass auch damals schon Leute geäußert haben, das ist doch kein Bier. Da steht also, ich lese das mal grade hier vor, ich hab das nämlich hier vor mir. So mancher Biertrinker hat beim ersten Trunk geäußert, das sei kein Bier. Aber schon nach dem Genuss der zweiten Kanne eine andere Meinung bekommen und nach der dritten sich vollständig befriedigt befunden und oft ein Fässchen noch mit in die Heimat genommen, um dasselbe mit heimischen Lagerbier befüllt, als Dank wieder zurück nach Lichtenhain zu senden. Und das fand ich sehr lustig, weil es eben auch damals schon so war, dass das Lichtenhainer Bier eben, obwohl es mal eine Zeitlang wirklich der letzte Schrei war und ja auch außerhalb von Lichtenhain unter diesem Namen dann gebraut wurde und sehr beliebt war. Und das es eben nicht so war, dass einfach jeder Trinker damals an genau diese Kombination gewöhnt war, sondern auch damals schon offensichtlich was Besonderes war, an das man sich erst gewöhnen musste und es dann irgendwann geliebt hat.

Markus: Nee, toller Fund, sehr, sehr spannend. Und wie gesagt, es gab diesen Bieraustausch, das finde ich ja auch total interessant, was ja auch hier in Bamberg oft passiert, also das irgendwelche Leute entweder Bier mitbringen oder umgekehrt, ein Bamberger Bier irgendwohin mitbringen, um dort eben wieder Bier abzuholen. Also das scheint eine schöne Tradition zu sein, sich gegenseitig mit Bier zu beglücken. Kann man ja auch, mache ich auch gerne, also insofern super interessante und spannende Geschichte. Mir war das gar nicht so bewusst, dass es neben Wöllnitz, Lichtenhain, auch noch Ziegenhain gibt. Also das hast du damit jetzt ein bisschen bei mir auch auf meine persönliche Landkarte gehoben, sehr interessant. Nur ganz kurz, soweit ich weiß, gibt es in Jena noch die Papiermühle als Brauerei, wenn es die noch gibt, da habe ich damals übernachtet. Gibt es die noch, weißt du das?

Sebastian: Ja, die gibt es noch. Das ist ein Braugasthof, der existiert, braut weiterhin viel gutes Bier, ist aber hauptsächlich im eigenen Ausschank zu haben. Also es gibt, soweit ich weiß, keinen Vertrieb von Flaschenbier sozusagen außerhalb des Braugasthofes. Man kann natürlich dort im eigenen Laden das Bier kaufen, aber die spezialisieren sich wirklich auf den Ausschank in den eigenen Räumen und auf die Ausstattung von Festen. Also hier in Jena gibt es, ja, sozusagen immer mal Stadtfeste, Altstadtfest, Herbstfest, Frühlingsfest und dort sind die eigentlich auch immer mit Ausschank vertreten. Aber die ziehen sich quasi bewusst auf dieses Gasthausbrauereikonzept zurück und vertrieben nicht in irgendwelchen Shops oder Supermärkten gar ihr Bier, aber die sind weiter aktiv.

Markus: Genau, also das fand ich damals sehr schön. Ich weiß noch eben, da habe ich übernachtet und fand die Biere auch sehr gut. Es gibt so einen schönen Innenhof, wo man da sitzen kann, also das fand ich ganz cool. Also wenn ich schon sage eben, ich war unterwegs so 2015 rum und habe recherchiert für ein Buch, wo ich alle Brauereien in Sachsen und Thüringen vorgestellt habe und damals waren eben in Jena zwei Brauereien, einmal die Papiermühle und einmal die Talschänke. Da werden wir jetzt ja vielleicht auch noch kurz drüber sprechen, wenn wir da bei Wöllnitz sind. Und wenn du jetzt grade aus dem Büchlein vorgelesen hast, dann würde ich ganz gern kurz den Text lesen, den ich verfasst hab, um einfach zu sehen, inwieweit es sich mit dem deckt, was du dann vor Ort erlebt hast. Machen wir das so? Okay, gut, also ich habe geschrieben: In Jena, Ortsteil Wöllnitz, konserviert Brauer Kai Hoppe als Letzter das hier traditionell gebraute Lichtenhainer Bier. Besonders die Studenten liebten das leichte und säuerliche Weißbier, was im 19. Jahrhundert den zuvor angebauten Wein ersetzte. Die letzte Brauerei, die Lichtenhainer im großen Stil herstellte, war die 1875 gegründete Brauereien Eduard Barfuss & Söhne. Die konnte sich durch alle Irrungen und Wirrungen bis 1983 halten, bevor der letzte Besitzer Gerhard Barfuss die Pforten schließen musste, und als Bonbon noch ein Sonderglas mit dem Dekor 108 Jahre Wöllnitzer Weisse herauskam. Kai Michael Hoppe lernte durch Zufall einen der letzten Mitarbeiter von Barfuss kennen, der ihm Rezeptur und Brauverfahren verriet. Also beschloss der ehemalige Elektriker, seine grade geöffnete Talschänke um eine selbstgebaute Brauanlage zu erweitern. 1997 war es dann soweit, das erste Wöllnitzer Weißbier konnte getrunken werden. Serviert wird der historische Schluck entweder pur oder mit Schuss. Das kann dann entweder Waldmeister oder Himbeersirup sein, wie bei der Berliner Weisse oder ein Kümmelschnaps, je nach Tagesform und Gemütslage. Soweit dazu. Da hast du ja auch Erfahrungen noch gemacht oder, mit Kai?

Sebastian: Ja. Also erstmal, schöner Text, gefällt mir und deckt sich natürlich auch mit meinen Erfahrungen. Ich bin nur an einer Stelle immer ein bisschen vorsichtig und zwar bei der Bezeichnung des Bierstils, den der Kai Hoppe gebraut hat, als Lichtenhainer. Es ist ja so, dass heutzutage, wenn man über Lichtenhainer spricht, eigentlich immer die Kombination aus sauer und rauchig im Vordergrund steht oder irgendwie gemeint ist. Und das Bier der Wöllnitzer Talschänke und auch das letzte Bier, dass die Brauerei Barfuss noch gebraut hat bis 83, schon eine Weile nicht mehr rauchig war, die haben also kein Rauchmalz mehr verwendet. Und deswegen ist es ein Sauerbier, das natürlich historisch sich von dem Lichtenhainer ableitet, aber ich würde eigentlich das Bier, dass der Kai Hoppe gebraut hat, jetzt nicht als Lichtenhainer bezeichnen, sondern eigentlich als auch vom Bierstil her sozusagen als Nachfolger. Also nicht nur die Brauerei, die Talschänke als Nachfolger der Barfuss Brauerei, sondern tatsächlich auch den Bierstil Wöllnitzer Weißbier als Nachfolger des Lichtenhainer Weißbiers. Aber historisch ist es natürlich schon so, dass durch diesen Erfolg, den das Lichtenhainer Bier hatte, also wirklich das in Lichtenhain gebraute Bier, sich sozusagen Trittbrettfahrer etabliert haben, so auch im Jenarer Ortsteil Wöllnitz, die dann, nachdem die Barfuss Brauerei gegründet wurde, tatsächlich anfangs auf ihren Werbeschildern auch stehen hatten, Lichtenhainer Bier aus Wöllnitz. Also man hat sozusagen mit diesem Bierstil geworben und versucht, es den Leuten schmackhaft zu machen, in dem man das halt wirklich als eigenen Bierstil etabliert hat. Aber wie gesagt, am Ende der Barfuss-Historie sozusagen, der Brauerei Eduard Barfuss, war das Bier nicht mehr rauchig und bei Kai Hoppe war es eben auch nicht rauchig, aber knackig sauer.

Markus: Ja, also ich finde auch, ich hatte es dann damals, als ich fort war 2015 und fand auch, es war sehr sauer. Aber gut, hat mir trotzdem geschmeckt, war für mich damals auch neu. Was die Bierstildiskussion angeht, das ist sehr interessant, weil es schließt sich praktisch nahtlos an eine Diskussion an, die wir beim European Beer Star hatten, weil dort in der offiziellen Bierstilbeschreibung von Lichtenhainer nämlich auch nichts von Rauch steht. Das kann ein Versehen sein, aber das kann natürlich auch Absicht sein. Und es ist immer ganz schwierig, weil letzten Endes so diese Idee von Bierstilen und das man Brauereien auf Bierstile oder umgekehrt festlegt, das ist ja etwas, das kennt man vielleicht seit 20, 30 Jahren. Davor war das ja mehr oder weniger so, dass halt jeder das so gemacht hat, wie er das für richtig gehalten hat und auch Etiketten dann draufgeklebt hat, wie er oder sie das für richtig gehalten hat. Und solang die Konsumenten sich nicht beschwert haben, war da auch alles gut und da gab es auch keine Diskussion. Außer es gab dann so eine Geschichte wie die Ortsbeschreibung bei einem Pilsener Bier, wo man eben gesagt hat, wenn da Pilsener draufsteht, dann muss es auch aus Pilsen kommen. Woraus sich dann ein ganzer Gerichtsprozess entspannt hat, der am Schluss dann genehmigt hat, das Pilsener Bier von überall kommen kann oder im Umkehrschluss eben das Champagner-Weizen, genau oder Kölsch, die eben den umgekehrten Fall gegangen sind, wo man dann eben alles verboten hat, was eben nicht aus der Champagne kommt beziehungsweise aus Köln. Also insofern, das ist eine interessante Diskussion. Da müsste ich fast selber mal ein bisschen weiter nachschauen, weil, ich glaube, das Problem ist halt einfach, dass ja zu dem Zeitpunkt, wo dieses Bier rauchig war, die Intention nicht war, dass es rauchig war, sondern das Malz, dass die damals zur Verfügung hatten, war halt einfach aufgrund des damaligen Herstellungsprozesses, hatte das eben diesen rauchigen Charakter. Und die Mälzer haben auch eher versucht im Rahmen ihres Tuns, den Rauchcharakter eher möglichst zu reduzieren, das gar nicht so intensiv zu haben. Und das machen also die Wenigen, die noch richtiges Rauchmalz herstellen, ja bis heute so, dass man versucht, es trotzdem irgendwie harmonisch hinzubekommen und dann durch moderne Mälzungstechnologien oder dadurch, dass man das Malz dann eben zukauft von Großmälzereien, verschwindet dieser Rauch und dann kann man ihn auch nicht einfach wieder hinbringen. Also dementsprechend, ja, ich glaube, also der Einwand ist völlig berechtigt, nur weiß ich gar nicht, also so Henne- und Ei-mäßig, nee, was war zuerst da. Aber ich glaube, das gehört eben auch dazu, dass man diese Diskussion so ein bisschen hat. Jetzt weiß ich gar nicht, ob du mitmachen willst, ich würde nämlich das Wöllnitzer glatt mal aufmachen. Ich kann es aber auch gern alleine aufmachen, wenn du sagst, du willst das jetzt nicht alles trinken, je nachdem, wie du willst.

Sebastian: Ach, doch, ich trinke schon mit. Währenddessen oder wir machen es jetzt mal auf und dann erzähle ich noch ein bisschen was über meine Verbindung sozusagen zur Wöllnitzer Brauerei und zu Kai Hoppe.

Markus: Ganz genau. Also das würde ich eben noch fragen, weil du hast ja mit dem Kai noch persönlich gesprochen. Ich habe ihn ja nur einmal gesehen, als wir Fotos gemacht haben, insofern, das würde mich total interessieren. Also, so, auf ist.

Sebastian: Ich habe jetzt hier nur ein Glas und habe die Erfahrung gemacht, wenn man Rauch einmal im Glas hatte, man kriegt den ganz schwer dort wieder raus. Das wird jetzt also vermutlich dafür sorgen, wenn ich das Glas jetzt nicht ausspülen gehe, dass auch dieses Wöllnitzer dann doch heute noch ein leichtes Raucharoma bekommt.

Markus: Wie durch Magie hat es noch einen kleinen Touch, das ist doch auch schön. Also sehr interessant, weil, ich finde, also bei mir ist es, also ich habe auch dasselbe Glas genommen, ich habe es sogar zwischendurch nochmal kurz mit etwas Wasser durch geschwankt, also Rauch habe ich glücklicherweise eigentlich nicht mehr, aber ich hab eine schöne intensive Fruchtnote, die jetzt ein bisschen in eine andere Ecke geht. Also wo wir vorher ja tatsächlich in diesem Apfel, Apfelmostigen waren, ist es jetzt eher weinig, würde ich sagen, so Muskateller-mäßig oder Riesling-mäßig, also so in eine Traubenecke.

Sebastian: Das ist so ein typisches Beispiel, wo ich jetzt grade dachte, woah, darauf wäre ich jetzt nicht gekommen. Aber ja, stimmt, das ist dieser Sommelier, ich-höre-einem-Sommelier-zu-Effekt. Ja, stimmt, aber ich wäre nicht selbst drauf gekommen.

Markus: Ja, wobei, ich will das immer gar nicht so hochhängen. Also da muss man gar kein Sommelier dafür sein, das ist einfach eine Frage, wenn man sich lange damit beschäftigt und deshalb einfach machen muss, dann ordnet man sich so ein Vokabular an, eignet man sich das so nach und nach an und dann kommt das auch nach und nach wieder. Also ich glaube, das kann jeder und jede gut hinbekommen, wenn man einfach bewusst immer wieder versucht, sich mit Aromen zu beschäftigen. Natürlich hilft eine Sommelierausbildung, das ist klar, aber ich wehre mich immer dagegen, das so in einer Wertigkeit zu sehen. Denn letzten Endes, also ein guter Hobbybrauer, ein guter Brauer, das sind ganz andere Kompetenzen, die man in einer Sommelierausbildung niemals bekommt. Und deswegen finde ich einfach, ergänzt sich das gut und das ist ja auch schön. Also insofern Gratulation zu diesem schönen Bier, alleine schon mal vom Geruch. Also toll, es riecht wirklich richtig gut, also macht richtig Lust. Ist ein bisschen spritziger, ich würde sagen, auch ein bisschen säuerlicher sogar noch und hinten raus nochmal intensiver, diese schönen weinigen Noten. Eine schöne Textur auch, also auf der Zunge sehr schön. Bleibt auch lange, also sehr interessant und sehr voll. Also ich hatte das Letzte aus der Talschänke auch noch mir damals aufgeschrieben, dass es so ein bisschen, ja, eindimensional war, also man hatte halt so eine Milchsäuresäure und nicht so viel Körper und das war es dann irgendwie. Das hier hat richtig viel, also ganz viel eben von diesen fruchtigen Noten, viel von diesen weinigen. Ein bisschen auch so gewürzige Aromen etwas, also ein bisschen, wie soll man sagen, so erdig vielleicht auch. Also ganz interessant, es hat viel, das auch lange bleibt und mit dem man sich noch lang beschäftigen kann.

Sebastian: Und auf jeden Fall zu schade, um Sirup hineinzuschütten.

Markus: Ja, wie bei der Berliner Weisse übrigens auch, also das sollte man natürlich nicht unbedingt tun. Aber da sieht man auch, wie sich Menschen entwickeln, also wenn ich das heute nochmal schreiben würde, den Text, würde ich das auch anders schreiben wahrscheinlich.

Sebastian: Aber es ist in der Talschänke tatsächlich sehr üblich gewesen, also die meisten Gäste der Talschänke in Wöllnitz haben das mit irgendeinem Zusatz getrunken, Himbeere, Waldmeister oder eben Kümmelschnaps.

Markus: Also das war übrigens, vielleicht auch für die Hörer nochmal, um das vor Augen zu führen, das war total unscheinbar. Also im Grunde war das ein Wohngebiet an so einem Hang, sehr grün, wunderschöne Aussicht über das Tal. Und dann war in diesen ganzen Wohnhäusern auch eins und wenn man nicht genau hingeschaut hat, hat man das auch übersehen. Wenn man dann genau hingeschaut hat, dann war da so ein rotes Schild und auf dem stand dann eben drauf Wöllnitzer Weißbier und Talschänke. Und dann musste man aber noch hinten rum, also in den hinteren Teil dieses Hauses und da war dann sowohl Brauerei als auch Gastraum und so eine Terrasse auch, wo man schön runter gucken konnte. Also wirklich etwas, was man entdecken musste, wo man nicht einfach so drauf gestoßen ist, wenn man nicht gezielt dahin gefahren ist. Also das fand ich schon auch sehr, sehr interessant. Hat der Kai denn da auch gewohnt?

Sebastian: Ja, der hat da auch gewohnt. Und das ist auch tatsächlich nicht ursprünglich als Kneipe gebaut oder auch kein besonders altes Haus, sondern das ist als Wohnhaus gebaut und hat deswegen tatsächlich so von der Straßenseite auch diesen Charakter noch erhalten und war dann wirklich nur von der Rückseite als Gasthausbrauerei zu erkennen. Mittlerweile ist es übrigens wieder rückgebaut sozusagen, Brauerei und Gasthaus sind entfernt und wieder zu einer Wohnung geworden. Also die Brauerei hat letztes Jahr geschlossen, letzte Jahr im Mai war das, genau, Mai 22 haben sie, glaube ich, zugemacht. Und ich bin natürlich auch dort Gast gewesen schon und habe das als Biertrinker und Bierinteressierter in Jena natürlich gekannt, hatte aber jetzt noch keinen intensiveren Kontakt irgendwie zu dem Kai Hoppe, bis ich erfahren hab, dass er schließt. Dann habe ich den Kontakt gesucht und hatte sofort im Sinn, ja, das es erhalten werden muss, zumindest das Bier, wenn schon nicht die Brauerei, dann doch zu mindestens das Bier oder diese Tradition, überhaupt ein saures Bier in einem der Jenarer Bierdörfer weiterzubrauen. Und, ja, wir haben da vorhin drüber gesprochen, die Gasthausbrauerei, die es noch in Jena gibt, die haben ja ihre Biere, haben ihr eigenes Konzept und so weiter, die standen da jetzt also nicht zur Diskussion, das irgendwie aufzunehmen. Und deswegen habe ich mich da so ein bisschen, ja, fast verpflichtet gefühlt sozusagen, ja, diesen Staffelstab irgendwie aufzugreifen und habe dann Kontakt zu Kai Hoppe aufgenommen. Und wir haben uns häufiger getroffen und er hat mir also auch sehr detailliert erzählt, wie er gebraut hat und so weiter, seine Brauerei, seine Gerätschaften, seine Technik, sein Rezept auch verraten. Wobei Rezept ja immer so ein bisschen, ja, meiner Meinung nach wird das Wort Rezept immer so ein bisschen überbewertet. Also um  jetzt ein Bier tatsächlich nachzubrauen, ist jetzt ein Zettel, auf dem irgendwas draufsteht oder so, eigentlich zweitrangig, ich glaube, es ist viel entscheidender, ja, die ganze Technologie drum herum, wie man das gemacht hat. Und vor allem natürlich ist die Hefe oder in dem Fall sogar eine Mischkultur relevant. Das heißt, ohne genau diese Hefe, Milchsäure und was auch immer noch Mischkultur, die der Kai Hoppe da verwendet hat, wäre es einfach nicht möglich, das Bier so nachzubrauen, wie er es gemacht hat. Und das war mir natürlich das Wichtigste, da irgendwie ranzukommen. Und da habe ich dann in mehreren Versuchen, Experimenten und Anläufen sozusagen versucht, bei mir dieses Bier zu klonen. Und es ist, ja, neben diesem Know How und der Hefe auch noch einiges anderes dann zu mir gewandert, also ich habe tatsächlich dann einen Teil seiner Brauerei übernommen von den Gerätschaften her. Die Schrotmühle zum Beispiel steht jetzt bei mir und wird weiter verwendet. Dann, wir haben zu zweit eine komplette Kühlzelle abgebaut in der Gasthausbrauerei im Keller. Die habe ich bei mir wieder errichtet, das ist jetzt also mein kleines Kühlhaus. Jede Menge Fässer, Kisten, sehr schöne Holzkisten so im Stil der 60er-Jahre, solche flachen mit Metallgriffen dran und mit einem schönen eingebrannten Logo. Das ich allerdings runter geschliffen habe, um ein Ziegenhainer-Hausbrauerei-Logo drüber zu sprühen. Aber da gibt es jetzt auch ein schönes Sammelsurium sozusagen aus Kisten, auf denen noch Wöllnitz und Talschänke draufsteht und Kisten, auf denen schon Ziegenhainer Hausbrauerei draufsteht. Und, ja, eigentlich war genau dieser Ansatz auch der Grund, warum ich überhaupt jetzt angefangen habe, mich selbst mit der Herstellung von Sauerbieren und diesen Jenarer Weißbieren wieder zu beschäftigen, weil ich erstmal sozusagen das Wöllnitzer Bier, so wie es Kai Hoppe zuletzt gemacht hat, quasi retten wollte. Und der erste Versuch war übrigens, ist gescheitert, weil da habe ich versucht, zu weit in die Vergangenheit zu greifen. Wir haben an einem Abend, der Kai Hoppe und ich, zusammen Biere verkostet, er hat mir tatsächlich eine Flasche geschenkt von 1983, das war quasi das letzte Jahr, in dem die Brauerei Eduard Barfuss & Söhne noch das Wöllnitzer Weißbier gebraut hat, gefüllt und verschlossen, hat er mir vermacht. Und dann drei Flaschen Wöllnitzer Weißbier von 2003, 2013 und 2020. Und an die Flasche von 1983 haben wir uns nicht ran gewagt, also da war dann doch der Respekt zu groß. Die habe ich nicht geöffnet, die steht immer noch bei mir im Schrank, verschlossen und ich glaube, ich werde mich auch nie trauen, die zu öffnen. Aber wir haben dann die anderen getrunken. Und aus dem Bodensatz der Flasche von 2003, was übrigens noch immer ein sehr, sehr leckeres und total komplexes richtig gutes Sauerbier war. Es hat ein bisschen an Spritzigkeit verloren in der Flasche, ein bisschen Kohlensäure verlorengegangen, aber ansonsten ein super Bier, 20 Jahre gereift, war wirklich spannend. Und aus diesem Bodensatz habe ich dann versucht sozusagen, die Hefe wieder hochzupäppeln und dort den ersten Probesud zu machen damit. Und das hat auch, ja, so halbwegs funktioniert. Ich habe also mit dem Rezept, dass er mir verraten hat und dieser wiederhochgepäppelten Hefe aus diesem Flaschenbodensatz, den ersten Probesud gemacht, der vollständig vergoren wurde und auch tatsächlich diesen Duft und das typische Aroma von dem Wöllnitzer Bier hatte, aber es war nicht sauer. Das heißt, es hat offensichtlich Hefe überlebt und vielleicht auch noch einiges andere, aber die Milchsäurebakterien in dieser Mischkultur, die haben nicht überlebt anscheinend. Das heißt, das Bier ist einfach vom PH-Wert auf dem Wert geblieben.

Markus: Und es sind auch keine Neuen rein, krass.

Sebastian: Es sind keine Neuen rein, genau. Das hätte ich vielleicht durch entsprechende Maßnahmen irgendwie forcieren sollen. Habe ich aber nicht, ich habe natürlich weiterhin so schön sauber gearbeitet, wie ich das immer tue in meiner Brauerei, schön geputzt und desinfiziert.

Markus: Ja, das spricht absolut für dich übrigens, ja.

Sebastian: Aber, ja, für die Herstellung von solchen mischkulturvergorenen Sauerbieren ist natürlich so eine Reinlichkeit gar nicht so zuträglich und deswegen ist es nicht sauer geworden. Und dann ist der zweite Versuch dann erst gelungen, nachdem ich dann nochmal von ihm ein ganzes Fass von seinem letzten Sud von 2022, also letztes Jahr hat er ja geschlossen und hat entsprechend längere Zeit vorher das letzte Mal gebraut, also es könnte auch sein, dass es schon von 2021 war, der Sud. Und aus dem Bodensatz dieses Fasses von seinem letzten Sud, von dem habe ich dann quasi das Experiment nochmal gemacht und dann hat es geklappt und das Bier ist auch tatsächlich sauer geworden.

Markus: Darfst du oder willst du denn verraten, was da so in dieser Mischkultur sich alles drin befindet oder hat es überhaupt mal jemand untersucht?

Sebastian: Also ein Geheimnis ist das ja nicht. Ich weiß es noch nicht ganz genau. Ich habe einen befreundeten Mikrobiologen, dem ich mal eine Probe gegeben hab und den gebeten hab, dass irgendwie zu analysieren. Und das erste Feedback war, ich hab so viel gesehen, ich konnte es nicht auseinanderhalten. Also er hat auf jeden Fall Hefe, Milchsäurebakterien natürlich, aber auch Schimmel, diverse Kulturen, ungefährliche Schimmelkulturen entdeckt und noch vieles andere, das heißt, es ist eine ziemlich wilde Mischung, die da zum Einsatz kommt. Und er hat gesagt, dass man dort halt nochmal mit anderen Methoden ran muss, mit verschiedenen Medien, aus denen man das Ganze dann ausstreicht und um verschiedene Teile dieser Mischkultur sozusagen zu vermehren und zu analysieren. Das heißt, es ist noch nicht ganz untersucht, aber ich habe es vor. Also ich bin auch in Kontakt mit der VLB in Berlin, die sowas ja auch anbieten als Dienstleitung und habe eigentlich vor, das dort mal wirklich untersuchen zu lassen, um da ein besseres Bild zu kriegen. Aber das ist noch nicht passiert.

Markus: Ja, also das wird bestimmt sehr interessant, also da freue ich mich schon drauf, wenn du mal Ergebnisse hast. Und ist das dann letzten Endes eine Kultur, die zurückgeht noch auf die Barfuss-Rezeptur?

Sebastian: Also nicht direkt, sondern, sagen wir mal, über den Weg des Prozesses. Es ist nämlich so, ich habe ja vorhin mal kurz über Reinlichkeit gesprochen und immer schön putzen und jeder, der selbst Bier braut, weiß eigentlich, dass man zum Beispiel alles, was mit Malz und Malzschrot und Malzstaub zu tun hat, natürlich tunlichst von Gärung trennen sollte. Und genau das ist nämlich in diesen Brauereien nicht passiert. Das heißt, schon bei dem Eduard Barfuss in der Brauerei war es offensichtlich so, dass es dort eng zusammenhing und auch in der Wöllnitzer Talschänke war also die Schrotmühle unweit des offenen Gärbottichs. Und deswegen ist es vielleicht auch gar nicht so schwierig, sowas aus dem Nichts wieder zu zaubern, sage ich jetzt mal, indem man halt einfach, ja, ein bisschen Malzstaub in die Gärung gelangen lässt und schon geht es los mit den fantastischen Aromen.

Markus: Wahnsinn! Also auf jeden Fall eine legendäre und spannende und interessante Geschichte und, ja, einfach auch schön, dass durch dich das jetzt dann eine Kontinuität irgendwie trotzdem bewahrt hat. Und noch schöner eigentlich, dass du dann auch jetzt das Ganze nochmal ein bisschen weiter auffächerst und eben auch zum Beispiel in die Lichtenhainer Ecke und auch mit deiner eigenen Interpretation da jetzt weitermachst und somit dem Ganzen nochmal wieder neues Leben einhauchst. Bevor wir zu deinem Bier kommen, noch eine Frage. Wie geht es dem Kai denn an sich, also hat er jetzt einfach aufgehört wegen der Pandemie und überhaupt, hast du zu ihm noch Kontakt?

Sebastian: Ja, also der hat, glaube ich, einfach ein Alter erreicht, in dem er sagt, den Gastronomiestress muss ich mir nicht mehr antun, ich habe lange genug Bier gebraut und lange genug Gäste bewirtet in meinem Leben. Und er ist jetzt mittlerweile auch, nachdem er das Haus umgebaut hat und vermietet, die ehemalige Brauerei und Gaststätte, aus Jena weggezogen. Also er wohnt jetzt in einer anderen Stadt und hat sich dort quasi an einem anderen Ort ganz neu niedergelassen, ohne Gastronomie und ohne Bierbrauen.

Markus: Und fehlt ihm sein Bier oder schickt du ihm ab und zu eins?

Sebastian: Ich glaube, er hat noch von seinem Bier. Es gibt in Wöllnitz einen sogenannten Weißbierbrunnen. Das ist also ein Brunnen, der aus einer großen sogenannten Spritzkanne, mit der das Bier früher von den Wirten ausgeschenkt wurde, das Wasser versprüht in diese kleinen Kännchen rein, diese Holzkännchen, in denen das Bier das Bier dann getrunken wurde, die hier so lokaltypisch waren früher, der Wöllnitzer Weißbierbrunnen. Und dazu gibt es jedes Jahr ein Brunnenfest, das sogenannte Weißbierbrunnenfest. Und das hat dieses Jahr auch wieder stattgefunden und da hat er tatsächlich noch Reserven von seinem Bier aus dem letzten Sud noch ausgeschenkt, also er hat noch ein bisschen was in Reserve.

Markus: Und das stimmt natürlich, dass es auch was hat, also grade diese Sauerbiere, die halten sich auch. Also ich bin mir nicht sicher, ob ich es im BierTalk nicht schon mal erzählt hab, aber ich habe ja auch vor dem Thüringen-Buch ein Buch über Berlin gemacht, über alle Brauereien in Berlin und wir haben da eine Pressekonferenz gemacht und haben alle Brauer eingeladen, die auch kamen. Und anlässlich der Pressekonferenz habe ich lauter Berliner-Weisse-Flaschen aus de 80ern ersteigert, die man eben so bei eBay bekommen konnte und habe dann da ein bisschen ausgesiebt und die Besten mitgenommen und die haben wir dann auf der PK aufgemacht. Und das heißt, es waren damals Biere, die um die 40 Jahre alt waren. Und wie du jetzt auch schon gesagt hast, die waren immer noch sehr, sehr trinkbar, also ein bisschen Kohlensäure verloren vielleicht, aber an und für sich von der Aromatik sehr gut, sehr rund, also durchaus eben noch interessant. Und man kann diese Biere offensichtlich, obwohl sie gar nicht so stark sind vom Alkohol, echt gut länger aufheben, also, ja. So, jetzt müssen wir aber deine moderne Interpretation der Geschichte noch anschauen und da habe ich erstmal eine Frage. Und zwar habe ich zwei Flaschen, auf denen Ziegenhainer Weißbier draufsteht, einmal mit einem Häuschen und einem Turm und einmal mit einem Eichenblatt und da steht auch nochmal getoastetes Eichenholz. Also was hast du dir denn da dabei gedacht und welches wollen wir probieren oder wollen wir sie beide probieren?

Sebastian: Also das Bier, das ich jetzt tatsächlich schon mehrfach gebraut habe und was wahrscheinlich auch zu meinem Standardrepertoire dazu kommt, das wird dieses Ziegenhainer Weißbier normal, sage ich jetzt mal, werden. Das hat diesen sogenannten Fuchsturm, das ist also hier so eine Art, ja, lokales Wahrzeichen. Das ist ein Turm auf dem Berg oberhalb von Ziegenhain, Rest eines alten Burggebäudes. Also das Häuschen, das danebensteht, ist eine Gaststätte heutzutage. Und der Turm steht immer noch und ist weithin sichtbar, von ganz Jena aus eigentlich gut zu sehen. Und natürlich auch direkt, wenn man meinen Hof verlässt, aus der Brauerei kommt, dann schaut man als erstes auf den Fuchsturm. Und dieser Fuchsturm und Ziegenhain sind eigentlich schon immer sehr eng miteinander verknüpft. Es ist ursprünglich auch so, dass der Ort Ziegenhain entstanden ist durch sozusagen die Ansiedlung unterhalb der zugehörigen Burg. Und, ja, auch heute noch sehr beliebtes Ausflugsziel und deswegen einfach eng mit Ziegenhain verknüpft. Also es gibt sehr viele Wanderer und Spaziergänger, die also durch Ziegenhain zum Fuchsturm hochwandern und dort dann Bier trinken. Hoffentlich auch mal meins irgendwann, aktuell noch nicht möglich, aber ich arbeite dran. Ja, das ist also das Ziegenhainer Weißbier. Und dieses mit dem Eichenblatt ist im Prinzip, was du jetzt hast, das ist tatsächlich der gleiche Sud. Da habe ich einfach mal als Experiment sozusagen einen Teil von diesem Sud des Ziegenhainer Weißbiers abgezwackt und hab das noch mit Eichenholzchips gestopft sozusagen, um dem Ganzen nochmal ein bisschen, ja, nochmal was Spannendes hinzuzufügen.

Markus: Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Auch nur ganz kurz, weil ich mich grade dran erinnere, ich habe beim Bierwettbewerb mal die Eiche von Lembke gehabt. Also der Oli hat ja seine Berliner Weisse, gibt es auch eine Version auf Eichenholz und das war damals noch relativ neu. Und ich finde das Bier, ehrlich gesagt, faszinierend, weil diese Kombination aus Karamell und sauer total spannend und interessant ist, bin ich mal auf deins gespannt.

Sebastian: Also ich muss gestehen, dass auch genau da die Idee herkommt. Also diese Berliner Eiche, nennt es sich ja, von Lembke, das habe ich auch getrunken vor zwei, drei Jahren mal und war da sehr begeistert. Und als ich jetzt angefangen hab, mich damit zu beschäftigen, bin ich eigentlich genau wegen diesem Bier, wegen der Berliner Eiche von Lembke, auf die Idee gekommen. Das ist also nicht meine Idee, ich gebe es offen zu.

Markus: Na dann, an dieser Stelle ein kleiner Tribut an den Oli und den Basti und so weiter, sehr schön, genau. Und jedenfalls war das dann ganz interessant, weil die anderen an dem Jurytisch, wo ich war, die haben das Bier einfach nicht verstanden. Also das würde ich jemanden gar nicht vorwerfen, also wenn ich nicht vorher mich so intensiv damit beschäftigt hätte und eben den Oli auch gut kennen würde, wäre es mir ja wahrscheinlich genauso gegangen. Aber das war dann tatsächlich wirklich was, wo man erstmal Aufklärungsarbeit leisten musste, um zu sagen, das geht. Also man kann ein Sauerbier eben mit Holz zusammenbringen und das ist auch nochmal eine Bereicherung und kann das Ganze interessant und spannend machen. Und, ja, okay, also jetzt bin ich völlig überfordert, weil mich beides total interessieren würde. Ich glaube, ich muss sie beide aufmachen. Also wieder, wie gesagt, du musst ja nicht mitmachen, aber ich bin jetzt hier mal knallhart und würde jetzt mal die normale Version zuerst nehmen, wenn das die recht ist?

Sebastian: Ja.

Markus: Ja, okay. Vielleicht noch eine Frage, also Rohfrucht ist nicht drin, es ist nur Weizenmalz und Gerstenmalz?

Sebastian: Richtig.

Markus: Richtig, genau, okay. Also, dann machen wir mal auf, so. So, ja. Heißt denn Ziegenhain eigentlich Ziegenhain, weil das wirklich mal was mit Ziegen zu tun hatte, so Hirten oder so?

Sebastian: Das ist nicht ganz geklärt, da gibt es verschiedene Geschichten und verschiedene Erzählungen, wie es zu dem Namen kam, aber die wahrscheinlichste ist schon, dass es sich einfach, ja, auf einen Hain bezieht, auf dem mal Ziegen gehütet wurden, ja.

Markus: Also der Geruch ist schon wieder sehr faszinierend. Für mich geht es jetzt weniger in diese säuerliche Richtung, die wir also vorher hatten, sowohl beim Apfel als auch dann bei diesem eher weinigen Wöllnitzer. Hier habe ich jetzt fast schon auch eine liebliche Note mit in der Nase. Also es ist irgendwie so Stachelbeeren, rote Beeren, vielleicht sogar Erdbeere, also irgendwie ganz interessant. Und wenn man dann so einen richtig tiefen Zug nimmt, dann kommen wieder so ein bisschen diese Weinnoten, so Richtung Muskateller auch wieder, so ein bisschen leichte Gewürznoten mit dabei, aber tatsächlich wie ein sehr guter, eher auch süßer Wein, finde ich, vom Geruch her. Und dann hat es aber so dieses Prickeln, wo man schon merkt, da ist Kohlensäure, da ist noch ein bisschen was dabei. Nehmen wir mal einen Schluck. Oh ja, also das ist jetzt sehr interessant, weil es viel runder ist, viel, glaube ich, auch eingängiger für viele Leute. Das heißt, das Säuereelement ist da, aber es ist nicht so …

Sebastian: Auf jeden Fall, ja. Das ist auch das Feedback, dass ich auch bisher eigentlich immer kriege, dass dieses von den drei sauren Weißbieren das Eingängigste und das ist, was man auch ohne geübter Sauerbiertrinker zu sein, eigentlich am ehesten mögen kann, weil es eben auch halt einfach nicht ganz so viel Säure hat wie die anderen beiden.

Markus: Genau und es hat sogar einen gewissen Malzcharakter. Und es ist ja gar nicht so alkoholstark wie die anderen, ein bisschen weniger stark und trotzdem sehr erfrischend, sehr voll. Also kann ich mir super gut als Sommerbier auch vorstellen. Und schöne Kohlensäure, sehr spritzig.

Sebastian: Genau, das ist eigentlich auch so die Idee gewesen, deswegen auch nur 3,7% Alkohol. Weil, also das ist Erstens so ein bisschen, ja, eine Anleihe sozusagen an einfach die historischen Biere, die hier in Ziegenhain gebraut wurden, die eben auch nicht so alkoholstark waren. So dieses um die 5% Alkohol, das ist ja was, was man heute so als normal, aber so stark waren sie hier in Ziegenhain eben früher auch nicht. Also wenn man jetzt mal so 150 bis 200 Jahre zurückschaut, waren die eben auch eher in diesem Bereich von 3,5 bis 4% Alkohol. Und dann wollte ich eben auch einfach, weil ich das selber gerne so trinke, halt einfach ein erfrischendes leichtes Sommerbier, von dem man eben nicht gleich vom Stuhl fällt, wenn man mal zwei getrunken hat.

Markus: Nee, absolut. Und das kann ich mir richtig gut vorstellen, also das ist was, da sitze ich und da trinke ich wirklich mehr davon. Und das ist sehr eingängig und das kombiniert sich auch schön mit den üblichen Speisen. Also, ja, also Glückwunsch, das hast du sehr gut hinbekommen! Und ist, glaube ich wirklich, hat Potenzial, dann vor Ort auch wirklich die Leute mitzunehmen und zu begeistern. Und weil wir es grade vom Oli hatten, das war ja da auch so ein bisschen die Aufgabe einfach, die Challenge, die Berliner Weisse zu machen, aber eben kompatibel für die Anzahl an Gästen, die er eben in seinen Läden in Berlin hat. Das unterscheidet ihn halt zum Beispiel von der Ulrike mit der Schneeeule, die halt durchaus diese extremen Biere auch machen kann, weil das eben mehr ihr Thema ist, er muss halt einfach seine Leute auch glücklich machen und hat in diesem Rahmen auch das ganz toll hinbekommen. Und das, finde ich, reiht sich da nahtlos ein, also wirklich ein sehr schönes Bier. Und ich muss jetzt mal das andere aufmachen, um das mal direkt zu vergleichen. Ich hoffe, du verzeihst, mache ich doch hier mal das …

Sebastian: Ja, bitte, gern. Da mache ich jetzt auch wieder mit …

Markus: Okay.

Sebastian: … weil ich das nämlich auch sehr gerne mag. Also wie gesagt, die Berliner Eiche von Lembke hat mich damals sehr überzeugt und das war der Anlass, das auch mal zu machen. Und ich trinke das jetzt auch hier in dieser Variante, das Ziegenhainer Weißbier mit Eiche, wirklich sehr gern. Es ist sehr dezent nur, also ich habe es jetzt nicht übertrieben, aber ich wollte eben so einen leichten Touch von dem Holz dann doch mit drin haben.

Markus: Also was ich total interessant finde, ist der Geruch, weil so auf den ersten schnellen Hinriecher ist das Bier wieder da. Also da riecht es wirklich eher wie so ein klassisches Bier und wenn man dann aber ein bisschen tiefer reinriecht, dann merkt man, okay, das ist jetzt fast schon eine Sinnestäuschung, weil es kommt eben durch diesen Holzcharakter, der da ist, wo man denn eben so Holzaromen, Karamellaromen, Vanillearomen hat, die ich mit den anderen verbinden.

Sebastian: Ja, genau, weil Holz schmeckt ja auch nicht nur nach Holz, sondern es ist ja grade bei diesem getoasteten Eichenholz, da ist ja ganz viel eigentlich, was das dem Bier geben kann. Das ist ja nicht nur Holzgeschmack sozusagen, sondern da kommt ja eine ganze Palette von verschiedenen Aromen mit dazu.

Markus: Also ganz interessanter Geruch, ist wirklich total anders, sehr vielfältig, sehr vielschichtig, sehr voll. Also, ja, jetzt muss ich mal trinken.

Sebastian: Also das ist jetzt wirklich ein Sondersud, den ich wirklich nur in einer Menge von in dem Fall hier nur 20 Litern gemacht hab, da gibt es also nicht viele Flaschen von. Das war also nur nochmal ein Experiment neben den anderen. Ich hab einfach einen Teil eines Sudes von dem Ziegenhainer abgezweigt und das noch ein bisschen gestopft, einfach um das Mal zu testen. Aber das gefällt mir so gut, dass ich das auf jeden Fall auch nochmal machen werde. Grundsätzlich ist es jetzt erst mal ja ein Dreiergespan, ja, wo eigentlich verschiedene Ideen dahinterstehen. Zum einen bildet das natürlich so ein bisschen diese Bierlandschaft rund um Jena ab, mit dem Bezug zu den einzelnen Ortschaften Wöllnitz, Lichtenhain, Ziegenhain und dem, was man so ein bisschen, zumindest bei Wöllnitz und Lichtenhain, als wirklich dann regionaltypisch oder lokaltypisch da irgendwie so hatte. Bei dem Ziegenhainer gibt es da jetzt nicht so viel, auf das man zurückgreifen kann an Beschreibungen oder gar Rezepten, das heißt, es ist schon eher eine Neuinterpretation von mir. Dann steckt aber noch ein bisschen mehr dahinter, nämlich die Experimente bezüglich der Säuerung. Also ich hab bei allen drei Bieren auch verfahrenstechnisch da ein bisschen experimentiert. Es gibt ja mehrere Möglichkeiten, ein Sauerbier herzustellen und die habe ich eben bei diesen drei Varianten eben auch alle ausprobiert. Wir haben bei dem Wöllnitzer Weißbier ja eine Mischgärung, also das ist die traditionelle Art, die jetzt auch der Berliner Weisse nahekommt, so wie das jetzt Schneeeule macht beispielsweise oder so. Also das ist ja wirklich die Originalmischkultur, wie sie in Wöllnitz eben entstanden ist und dort verwendet wurde. Bei dem Lichtenhainer, dass ich zusammen mit dem Freigeist Sebastian Sauer gemacht hab, ist es ein Kettle Sour, also eine Kesselsäuerung der Würze mit anschließender Vergärung mit einer normalen obergärigen Hefe. Und das Ziegenhainer Weißbier nutzt quasi nochmal eine dritte Variante mit einer Hefe, die von sich aus, ohne Milchsäurebakterien, schon Ethanol und Milchsäure produziert.

Markus: Also so ähnlich wie die Philly Sour Hefe oder wie?

Sebastian: Es ist die Philly Sour Hefe.

Markus: Ah, okay, spannend, sehr interessant, aha.

Sebastian: Und das war eben auch Teil dieses Experiments sozusagen, einfach da auch in dieser Richtung einfach ein bisschen was noch auszuprobieren, um dort eine gewisse Variation reinzukriegen bei diesen verschiedenen Bieren. Deswegen sind sie auch, obwohl es drei Sauerbiere aus der gleichen Brauerei sind, denke ich, doch recht stark unterschiedlich, ne.

Markus: Ja, also das ist wirklich sehr interessant, weil das eben dafür sorgt, dass allein von diesem Hefecharakter her da eben schon ein deutlicher Unterschied da ist. Wo man eben bei dem Wöllnitzer tatsächlich die intensivste Form hat, wo auch die Säure am stärksten rüber kommt und eben beim Lichtenhainer das, glaube ich, auch ganz gut ist mit dem Kesselsauren, weil dann der Rauch einfach ein bisschen mehr raum hat, sich zu entfalten. Und das hier ist dann ja tatsächlich mit der Philly Sour Hefe das eingängigste, also wo man wirklich sagt, okay, vielen Menschen würde vielleicht gar nicht unbedingt auffallen, dass das sauer ist, vielleicht auch auf den zweiten Schluck oder wenn man es ihnen einfach als Getränk gibt, glaube ich, könnten viele das einfach so vor sich hin trinken. Das ist echt total interessant, habe ich so noch nie gemacht. Danke schön, sehr interessant. Und es schmeckt also richtig gut. Also insofern möchte ich nur nochmal betonen, bitte mach das weiter. Und vor allem auch die Sache mit dem Holz, das ist echt, gibt dem auch nochmal eine ganz, ganz schöne runde Wendung. Also das ist jetzt wirklich ganz komplett und auch nochmal sehr lang von der Aromatik her, das Holz kommt richtig schön rüber, verbindet sich gut mit den anderen Aromen. Ja, also wunderbar!

Sebastian: Um jetzt nochmal auf die Ursprungsdiskussion vom Anfang zurückzukommen, nicht ganz vom Anfang, aber die wir in der Mitte hatten bezüglich dem Namen Lichtenhainer oder dem Bierstil, man könnte es also nach deiner Definition auch als ein Lichtenhainer bezeichnen?

Markus: Ja, also letzten Endes könntest du es sowieso, also weil das ja kein geschützter Begriff in dieser Art und Weise ist. Also das wird ja erst relevant, wenn du sagst, das reichst dieses Bier bei einem Wettbewerb ein, dann müsstest du dir vorher durchlesen, was bei dem Wettbewerb als Lichtenhainer gilt und müsstest dann schauen, inwieweit entspricht das, was du da gemacht hast, diesen Regularien des Wettbewerbs. Aber solange du das einfach nur für dich machst, kannst du das nennen wie du willst und kannst es auf jeden Fall Lichtenhainer nennen. Ich würde jetzt von der Historie her, glaube ich, nicht sagen, dass der Rauch ein Ausschlusskriterium ist, also weil halt einfach historisch, war der zwar da, aber er war auch historisch wieder weg. Also dementsprechend ist da einfach eine Frage, wann man diesen zeitlichen Pflock einrammt und sagt, okay, zu diesem Zeitpunkt definiere ich jetzt dieses Bier und würde dann eher sagen, es gibt halt diese Variationen, es gibt Lichtenhainer mit Rauch und es gibt Lichtenhainer ohne Rauch. Und mit der Hefe ist es ähnlich, es gibt halt das Lichtenhainer mit eher eine Hefemischkultur und wie sie wahrscheinlich eben früher auch war, wobei die Originalkultur ja wahrscheinlich niemand mehr hat. Und dann gibt es halt moderne Interpretationen, wo man eben auf sowas wie Kesselsauer oder andere Hefen zurückgreift, was aber trotzdem die Basis des Bieres ja weiterhin repräsentiert. Also insofern, also wahrscheinlich ist das Wöllnitzer in sich trotzdem dem Ursprung am Nächsten. Wenn man das jetzt vielleicht noch mit Rauchmalz machen würde, dann könnte man da noch eins draufsetzen. Aber es ist halt die Frage, ob man das will? Also ich finde grade diese Trilogie total interessant, weil man halt auch diese verschiedenen Spielformen hat und die schön vergleichen kann und auch eben merkt, okay, je nachdem, an welcher Stellschraube man eben dreht, verändern sich die Dinge. Und vielleicht noch eine Frage zu dem Thema Rauch, habt ihr beide malze geräuchert oder nur das Weizen- oder nur das Gerstenmalz?

Sebastian: Wir haben nur das Gerstenmalz geräuchert und dort auch nur einen Teil. Also es ist Pilsner Malz, geräuchert, aber auch ungeräuchertes Pilsner Malz in der Schüttung gewesen und eben auch Weizenmalz.

Markus: Und es war schon fertiges Malz sozusagen?

Sebastian: Ja, genau.

Markus: Okay. Weil, das ist natürlich auch nochmal ein spannender Unterschied. Also da hatte ich es jetzt auch zum Beispiel in Polen sehr lange mit denen, die eben das Grätzer Bier, das Grodziskie, machen. Die am Anfang, ja, also angefangen hat das tatsächlich interessanter Weise mit Rauchmalz aus Bamberg von Weyermann und mittlerweile machen sie es aber mit einer Mälzerei aus Tschechin zusammen. Und die machen es tatsächlich genauso wie hier Schlenkerla und Spezial in Bamberg so, dass sie das Malz an sich komplett im Rauch herstellen und dadurch natürlich eine andere Aromatik nochmal passiert.

Sebastian: Das eigentliche Darren sozusagen des Malzes im Rauch machen.

Markus: Das im Rauch machen, sodass es praktisch die ganze Zeit in dieser rauchigen Umgebung ist und das sorgt für eine andere Identität des Rauches und für eine andere Harmonie. Und es ist ja so, dass sie für Grodziskie das Weizenmalz eben im Rauch herstellen und bei uns in der Regel, sowohl Schlenkerla als auch Spezial, nur Gerstenmalz im Rauch herstellen. Also auch das ist nochmal interessant, also, wie gesagt, da könnte man wahrscheinlich ein Sensorikseminar da drüber veranstalten. Aber das ist eben auch interessant, also das es eben mit den Sorten nochmal, also mit den Gersten- oder Getreidesorten nochmal unterschiedlich ist, dann hat man die Holzsorten, dann hat man den Prozess, wie eben mit dem Rauch aromatisiert wird und dann eben nochmal den Anteil an Rauchmalz. Und das ist auch sowas, was ich so ein bisschen gelernt hab, ist halt, das man, wenn man fertiges Malz räuchert, das ist ja dann praktisch Malz, das mehr oder weniger in so einer Art Räucherkammer gesteckt wird. Dann ist das von der Art und Weise so intensiv, dass man eben nur Teile in die Rezeptur mit reinnehmen kann, weil es sonst einfach zu krass zu wird. Und hingegen man klassisch hergestelltes Rauchmalz, kann man zu 100 Prozent verwenden und es kommt immer noch ein trinkbares Bier dabei raus. Und das ist einfach auch, einfach ein Unterschied. Und insofern, also glaube ich, da hast du die Spielwiese grade eröffnet mit ganz vielen verschiedenen Feldern, wo also du dich, aber natürlich vielleicht auch viele andere, austoben kannst. Also bei Grodziskie sieht man das, dass das tatsächlich, also weil die Polen da auch eine Menge Wind machen. Und letztes Jahr war es so, dass bei einem Bierwettbewerb in Brasilien das Best of Show Beer, also was den ganzen Wettbewerb gewonnen hat in Blumenau, das war ein Grodziskie von einer brasilianischen Brauerei. Also da merkt man, wie so ein Bierstil dann sich eben auch entwickeln kann und tatsächlich, ja, Interesse wecken und Leute begeistern kann. Und das wird mit Lichtenhainer wahrscheinlich ähnlich sein, da muss nur irgendwann mal so eine Initialzündung kommen und dann ist das auch dabei, hah und du bist vorne dran.

Sebastian: Es gab ja vor Kurzem auch einen Gewinner bei einem Wettbewerb, nämlich das Lichtenhainer von der Ritterguts Brauerei, das hat ja auch einen Preis gewonnen. Vielleicht war das ja die Initialzündung.

Markus: Das könnte sein. Das war, glaube ich, bei uns bei den World Beer Awards, glaube ich, müsste das gewesen sein.

Sebastian: Genau.

Markus: Richtig, genau. Das war ja unsere Jury hier in Bamberg, also ich bin da ja in der Jury beziehungsweise der Jury-Chef sozusagen. Und letztes Jahr war es so, dass wir so viel hinter den Kulissen zu tun hatten, dass ich gar nicht mit verkosten konnte. Aber dieses Jahr habe ich mit verkostet, deswegen wusste ich natürlich nicht, was wir im Glas haben, aber das fand ich total interessant, grade eben beim Sauerbier. Und hat mich auch total gefreut und es ist ja auch ein tolles Bier, also muss man einfach sagen, schöne Geschichte und insofern …

Sebastian: Es hat auch ein bisschen geholfen natürlich, diese ganze Diskussion oder, ich sage mal, dieses Bewusstsein, über Lichtenhainer Bier hier in der Gegend wieder ein bisschen, ja, mehr präsent zu machen. Also zusätzlich zu dem, was ich dafür tue, hat das, was der Tilo von der Ritterguts Brauerei macht, natürlich auch geholfen, weil er auch hier in Jena natürlich eine gewisse Werbetrommel gerührt hat, weil er sagt, das Lichtenhainer Bier, dass ich braue, da kommt es ja eigentlich her und ihr müsst es doch auch trinken vor Ort. Deswegen ist da auch hier Werbetrommel gerührt worden und zum 800-jährigen Jubiläum des Ortsteils Lichtenhain, also des Dorfes Lichtenhain, war er auch persönlich da und hat Ausschank gemacht, da wurde also auch ein Hektoliter Ritterguts Lichtenhainer ausgeschenkt. Und das hat natürlich dazu geführt, dass hier in der Gegend einfach viele Leute, unabhängig von mir, auch nochmal darauf aufmerksam gemacht wurden, ihr habt dort in Jena einen eigenen Bierstil und leider wissen das viele gar nicht.

Markus: Ja und das ist auch gut so, weil damit kriegen die Leute eben wieder ein bisschen Stolz auf ihr regionales Bier und das ist cool. Und man muss auch sagen, für alle BierTalk-Hörer, die sich wundern, den Tilo Jänichen habe ich schon lange auf der Liste und wir haben auch schon x-mal vereinbart und schaffen es irgendwie immer nicht. Er war zwischendurch sogar zweimal in Bamberg, aber dann war ich nicht da. Und irgendwann kriegen wir auch mal einen BierTalk hin, aber so ist das eben manchmal.

Sebastian: Bei mir war er schon.

Markus: Bei dir war er schon, genau.

Sebastian: Wir haben schon bei mir im Hof auch meine Biere getrunken.

Markus: Und, was hat er gesagt?

Sebastian: Da waren die Sauren noch nicht dabei, also wir haben meine bisherigen drei Standardbiere getrunken. Da war ich damals noch sozusagen im Prozess und er war ganz gespannt, wie es wohl wird, wenn in Jena mal wieder jemand saures Bier braut. Aber er hat diese Biere, die wir heute verkostet haben, noch nicht getrunken, weil die noch nicht fertig waren.

Markus: Ja, na, dann wird es ja Zeit dass er mal wieder vorbeischaut. Ja, aber es ist die perfekte Überleitung, also wir sind jetzt zwar schon eine Weile am quatschen, aber wenn du noch die Zeit hast, dann würde ich gerne noch kurz über deine drei Klassiker reden, wenn das für dich okay ist?

Sebastian: Gerne, sehr gerne, ja.

Markus: Und zwar, die stehen jetzt hier bei mir auf der anderen Seite und da finde ich ja alleine schon die Namensgebung und auch die Etikettengebung sehr, sehr interessant, weil wir nämlich hier überall Vögel drauf haben, sowohl im Bild als auch im Namen. Das heißt, es gibt ein Rotkehlchen, einen Dompfaff und ein Perlhuhn und das ist ja an sich schon mal sehr interessant. Zumal wir die letzte Brauerei, die mit Vögeln zu tun hatte, ja leider verloren haben, Flügge aus Mainz. Aber hier haben wir jetzt Gott sei Dank wieder Vogelbiere am Start. Und das sind auch von den Bierstilen ganz interessante Biere, weil wir eben ein Red Ale, ein Pale Ale und ein Pils haben, also auch was Untergäriges. Und dass ist das, wo du ursprünglich mal herkommst als Hausbrauer, kann man das so sagen?

Sebastian: Als gewerblicher Hausbrauer, ja, das Wort ursprünglich ist etwas seltsam, weil ich mache das ja tatsächlich erst seit zwei Jahren etwa, dass ich das Ganze im Nebenerwerb kommerziell betreibe.

Markus: Aber ich meine jetzt so in deiner persönlichen Brauerkarriere, dass du gesagt hast, du hast als Hobbybrauer mal angefangen und hast eben mit Pale Ale, Red Ale und Pils angefangen oder hast du das auch erst entwickelt, als du dann kommerziell wurdest?

Sebastian: Also jetzt in der reinen Hobbybrauerkarriere habe ich eigentlich sehr, sehr, sehr viele verschiedene Bierstile gebraut. Also ich hab da wirklich ganz viel ausprobiert, sehr, sehr viel experimentiert und einfach durch Brauen von sehr vielen verschiedenen Bierstilen auch viel gelernt. Als ich dann den Schritt gemacht hab, das Ganze zu einer kommerziellen Brauerei zu machen, das Ganze im Nebenerwerb zu betreiben, musste ich mich dann eben einfach für ein bestimmtes Konzept entscheiden. Ein Konzept, was ja vielleicht auch manche an einer ähnlichen Schwelle machen, sagen sie, ich braue weiterhin bei jedem Sud ein anderes Bier. das wollte ich aber nicht, weil ich schon irgendwie das Gefühl habe, dass die Leute, wenn sie zu mir kommen und ein Bier trinken, das ihnen schmeckt und dann kommen die vielleicht acht Wochen später wieder, dann wollen die das gerne wieder haben, weil es ihnen geschmeckt hat. Und wenn ich dann sage, ja, das ist schon lange ausgetrunken, jetzt habe ich schon wieder drei neue Biere ausprobiert, das ist, glaube ich, nicht das Konzept, mit dem man dann irgendwie Fuß fassen kann. Und deswegen habe ich mich dann einfach entscheiden müssen, mit welchen Bieren gehe ich jetzt sozusagen auf meinen kleinen lokalen Markt. Und hab dann aus vielen Bieren, die ich vorher schon gebraut habe und Rezepte, die ich ausprobiert habe, einfach dann drei ausgewählt, mit denen ich eine gewisse Bandbreite abdecken wollte. Und der Dompfaff, das ist mein Pils, der musste einfach ins Programm, weil ich was haben wollte, was, ja, sagen wir mal, den klassischen Pilstrinker nicht verschreckt und irgendwie in gewisser Weise abholt. Deswegen musste einfach ein Pils als das ganz normale Bier, wie es viele bezeichnen, wenn sie zu mir kommen und sagen, was hast du denn alles? Dann sage ich, ja, hier, sechs oder sieben verschiedene Sorten. Und dann sagen die, och, das ist mir zu viel, ich will ein ganz normales Bier. Dann kann ich sagen, jawohl, habe ich, ja, mein Pils und bitte sehr. Und dieses Rotkehlchen als Red Ale, das ist einfach eins von den Bieren gewesen, die mir persönlich bei diesen ganzen Bieren, die ich vorher so gebraut habe, einfach gut gefallen hat, was ich selber einer Zeitlang sehr gerne häufig getrunken hab. Und das Pale Ale ist einfach nochmal als drittes Bier im Standardportfolio, was die Hopfen-Nerds ein bisschen abholt und einfach als, ja, schön knackig Bitteres.

Markus: Und wie kommt es zu den Vogelnamen?

Sebastian: Das werde ich sehr oft gefragt und jetzt hätte ich mich natürlich auf diesen Podcast gut vorbereiten können, indem ich mir irgendeine spannende Geschichte zu diesen Vogelnamen ausdenke. Also so eine richtige Story habe ich dazu leider gar nicht, tut mir leid. Ich weiß tatsächlich regelmäßig nicht, was ich darauf antworten soll. Ich fand es einfach eine gute Idee. Findest du, es ist eine gute Idee?

Markus: Also grundsätzlich finde ich es eine gute Idee. Allerdings, muss ich sagen, also wenn mich jetzt jemand, keine Ahnung, morgenfrüh um vier Uhr weckt und sagt, sage mir drei Namen für ein Bier, das würde ein bisschen dauern, bis ich auf Dompfaff komm. Zumal ich vorher den wahrscheinlich gar nicht als Vogel so wirklich in meinem aktiven Wortschatz gehabt hätte, also insofern wäre es mir wahrscheinlich nicht auf den ersten Gedanken eingefallen. Aber ich muss sagen, so wie es jetzt da ist, wirkt es sehr gut und wirkt auch stimmig und es macht zumindest neugierig.

Sebastian: Es gibt natürlich schon so ein bisschen was, was dahintersteckt. Also zum einen habe ich noch zu reinen Hobbybrauerzeiten angefangen, meinen Bieren tatsächlich Namen verschiedener Tier zu geben. Also es gab mal eine alte Ziege, das ist so ein bisschen der Vorgänger eigentlich von dem Rotkehlchen gewesen, einfach mit dem Bezug zu Ziegenhain. Und dann hatte ich mal ein Stout, das habe ich dann das schwarze Schaf genannt. Und dann sind mir aber irgendwann so ein bisschen relativ zügig dann die Tiernamen ausgegangen und dann habe ich gedacht, wenn ich anfange, meine Biere mit irgendeinem Konzept mit Namen zu versehen, dann möchte ich was, was auch noch ein bisschen mehr hergibt. Und deswegen dachte ich, Vögel sind eigentlich eine gute Idee. Also ich bin generell sehr naturverbunden. Wir haben auch hier, wenn ich jetzt hier zum Fenster rausschaue genau jetzt, dann blicke ich direkt in den Wald rund um Ziegenhain. Wir haben hier sehr viel Natur und ich halte mich da auch sehr gerne auf, bin sehr naturverbunden, auch ursprünglich ein Dorfkind und nicht in der Stadt großgeworden. Deswegen habe ich da schon einen gewissen Bezug und wollte eben in diesem Portfolio von Namen, aus dem ich mich jetzt erst mal bediene, welche haben, wo ich auch noch 23 andere Biere brauen kann und mir immer noch Namen einfallen. Und verschiedene heimische Vogelarten, da gibt es natürlich noch viele auf der Liste. Und das Rotkehlchen hat dann seinen Namen einfach aufgrund der Farbe bekommen, das hat ja eine rötliche Farbe, also es ist ein Red Ale. Manchmal nenne ich es auch einfach Rotbier, aber da ist so ein bisschen der Bezug zum Nürnberger Rotbier da. Und meins ist aber ja ein obergäriges Bier, deswegen nenne ich das eigentlich nicht so gerne Rotbier, aber Red Ale trifft es eigentlich ganz gut. Und bei dem Perlhuhn ist einfach die Namensverwandschaft zu Pale Ale da. Das ist eigentlich der Grund gewesen, warum mir das damals in den Sinn kam.

Markus: Vielleicht mal kurz ein Podcast-fernes Thema, aber mir persönlich nicht fern. Für jemanden, den das interessiert, es gibt ein tolles Spiel, das nennt sich Flügelschlag und da geht es drum, dass man verschiedene Vögel in verschiedenen Welten ansiedelt, vom Ei ausbrüten bis zu den Vögeln an und für sich. Und da kann man ganz viel über die heimische, aber auch alle möglichen Vogelwelten lernen. Also wenn man da Anregungen für Biere braucht, die man nach Vögeln benennt, dann ist man da gut aufgehoben, sagen wir mal so.

Sebastian: Flügelschlag, das merke ich mir.

Markus: Unbedingt, ja. Lass uns mal eines dieser drei Biere noch verkosten, sonst wird es, glaube ich, wirklich ein bisschen lang. Aber welches wäre denn dein Favorit, was würdest du sagen, da müssen wir jetzt unbedingt nochmal ran?

Sebastian: Oh, das ist immer bei mir ganz stark stimmungsabhängig. Also das Perlhuhn zum Beispiel, das Pale Ale, das trinke ich am liebsten, wenn ich Pizza esse, das ist eigentlich regelmäßig mein Pizza-Bier. Das hängt häufig davon ab, was ich wirklich dazu esse. Aber jetzt so aus dem Nichts, also probier doch mal das Pils, den Dompfaff, weil das ja natürlich jetzt auch nicht so ein ganz normales Pils ist. Also mein Ziel war jetzt nicht, dass es wie Radeberger oder Bitburger schmeckt. Es ist mit einem Simcoe-Hopfen, also mit dem amerikanischen Aromahopfen gebraut, was dem Ganzen natürlich schon so ein bisschen eine eigene Note gibt, die jetzt nicht in jedem Pils zu finden ist. Und, ja, da würde mich jetzt auch vielleicht am ehesten deine Meinung mal interessieren.

Markus: Also gut, wir probieren das Mal, so. Also im Glas auf jeden Fall schon mal richtig schön leuchtend, also es strahlt mich so sonnig an, würde ich sagen. Es ist trüb, also in dem Sinne unfiltriert. Logisch wahrscheinlich einfach für das, was du an Anlage zur Verfügung hast.

Sebastian: Ja, alle Biere sind unfiltriert.

Markus: Aber Farbe würde ich ganz, ganz, ja … oh und in der Nase tatsächlich also eine sehr schöne fruchtige Hopfennote. Wobei die Verwandtschaft zu dem Pils eindeutig erkennbar ist, also der Bierstil ist eindeutig getroffen, das ist ja schon mal auch wichtig. Also man hat auch ein bisschen noch so malzige, getreidige, brotige Komponenten mit dabei, aber drüber liegt dann tatsächlich der Simcoe-Hopfen und hier dann so ein bisschen die Grapefruit, Richtung, ja, Pfirsich, vielleicht so gelbe Früchte auch mit dabei. Ein kleines bisschen auch rote Beeren, also sehr vielschichtig, wie Simcoe auch sein kann. Jetzt probieren wir mal.

Sebastian: Also es ist nicht gestopft. Es gibt ja auch, sagen wir mal, recht moderne Interpretationen von Pilsener, die also wirklich auch mit einem Hopfen dann nochmal stopfen. Das ist hier nicht der Fall, es ist nicht gestopft, aber durch den Simcoe kommt da schon ein gewisser fruchtiger Aromahopfen-Touch rein, die man vielleicht von anderen Pils so nicht kennt.

Markus: Auf jeden Fall. Und ich finde, also vom Geschmack her dann im Mund, finde ich, geht es in so eine Orangenrichtung, Orange, vielleicht sogar Blutorange, irgendwie so. Hat auch eine gewisse Süße, das passt aber gut. Und ist sehr voll, also das Mundgefühl ist auch sehr moussierend, sehr weich, sehr dicht, also hat ganz viel auf der Zunge zu erzählen. Und hinten raus, die Bittere ist tatsächlich auch so, dass sie erst nach und nach kommt, aber dann auch sehr, sehr lange bleibt, eine sehr noble Bittere auch. Und, ja, also ich finde, der Simcoe macht sich richtig gut und bringt auch seine typischen Aromen trotz Nichtstopfens durchaus mit. Und es ist sehr schön trinkbar.

Sebastian: 32 IBU übrigens.

Markus: 32?

Sebastian: Ja, rechnerisch.

Markus: Nein, also ich finde diese Mischung aus Fruchtigkeit, aus einer gewissen Süße und trotzdem einem traditionellen Pilscharakter sehr, sehr schön. Glaube ich auch, dass das bei den Leuten sehr gut ankommt. Ich würde es wahrscheinlich, wenn ich es jetzt einordnen sollte unter dieses, wie sagt man so schön, unter dieses Label Kellerpils stecken. Was ja so ein bisschen mehr Spielraum lässt jetzt auch, was zum Beispiel den Körper und das Mundgefühl und sowas angeht, weil es einfach für mich mehr zu bieten hat als so ein klassisches Pils. Wie du es grade auch schon so aufgezählt hast, das ist dann einfach ein bisschen schlanker und mehr streamlineniger, hier ist durchaus einfach auch mehr los. Aber von der Bittere auf jeden Fall her ein ganz tolles, schönes Bier. Und ich glaube, das ist auch für Leute, die jetzt die klassischen Marken gewöhnt sind, doch als nochmal intensiveres Pilsbier erkennbar oder, wie gehen die Leute so damit um, was sagen die dir?

Sebastian: Ja, das ist auf jeden Fall das Bier, sagen wir mal, das am ehesten Leute erreicht, die sich sonst eigentlich mit anderen Bierstilen außer Pils nicht beschäftigen oder nicht beschäftigen wollen, die aber sagen, oh, schön, dass es hier wieder eine kleine Brauerei in Ziegenhain gibt, da kaufe ich doch mal ein Bier. Aber dann macht der ja solche Sachen wie Sauerbier oder irgendwas mit ganz viel Aromahopfen, das interessiert mich nicht so. Also diese Leute, die erreicht man dann mit dem Bier trotzdem und die finden das dann auch toll. Also das ist auf jeden Fall das Bier, das bei mir also den besten Absatz hat.

Markus: Na, zu Recht, also das auf jeden Fall.

Sebastian: Für alle, die nicht so experimentierfreudig sind, ist es halt, sagen wir mal, was Besonderes, weil es nicht so schmeckt wie jedes andere Pils, das man kennt, aber trotzdem am, wie soll ich sagen, ja, am ehesten noch Leute erreicht, die sich gar nicht so sehr mit verschiedenen Bierstilen beschäftigen wollen.

Markus: Ja und das ist ja auch wichtig, dass die Leute sowas ja auch haben. Also vielleicht das nochmal, wie ist es denn, wenn ich jetzt deine Biere verkosten möchte, hast du so eine Art Raum Schrägstrich Kneipe oder wie läuft das, wenn jetzt jemand sagt, er würde gerne mal bei dir vorbeischauen, würde gern diese Biere probieren, was muss man da machen?

Sebastian: Es gibt natürlich diese Veranstaltungen, von denen ich vorhin schon mal gesprochen hab, diese Bierseminare mit Verkostung, bei denen man die Biere dann natürlich verkosten kann. Aber das sind dann immer Abendveranstaltungen, die gehen so drei bis dreieinhalb Stunden und da gibt es ja auch verschiedenste Bierstile und auch Biere, die nicht von mir sind und ein bisschen was zu essen dazu und so weiter. Aber Leute, die einfach jetzt nur mal irgendwie das Spektrum durchprobieren wollen, kaufen in der Regel dann einfach nur eine Flasche von jeder Sorte, also ich hab keine Mindestabnahmemenge. Und es kommt auch nicht selten vor, dass Leute zu mir kommen und sagen, ich hätte gerne eine Flasche Bier und dann verlassen die den Hof wieder und dann probieren die das. Aber einen Ausschank habe ich aktuell noch nicht. Mache ich vielleicht mal irgendwann, aber im Moment ist das noch nicht der Fall.

Markus: Ich kann mir allerdings gut vorstellen, dass viele von diesen Menschen dann wiederkommen oder, wenn sie dann probiert haben und Geschmack gefunden, Gefallen gefunden haben, dann werden sie zu Wiederholungstätern, könnte ich mir vorstellen.

Sebastian: Genau. Es hat sich also tatsächlich jetzt so ein kleiner feiner Stammkundenkreis entwickelt in den letzten zwei Jahren, wie gesagt, seit zwei Jahren mache ich das ja erst wirklich kommerziell. Und die meisten Leute sind Wiederholungstäter und es wächst kontinuierlich. Also ich bin auch aktuell dabei, das Ganze zu vergrößern. Wir haben ja noch gar nicht so über die Größe der Brauerei gesprochen, also im Moment hat das wirklich noch eher Hobbybrauereicharakter. Also ich habe im Moment ein Sudhaus, mit dem ich anderthalb Hektoliter, also ich mache, mit ein bisschen raus quetschen, wo es geht, produziere ich mit einem Sud aktuell nur ungefähr 170 Liter. Bin aber dabei, jetzt zu erweitern, auch räumlich und auch von der Brauanlage her und vergrößere mich jetzt auf fünf Hektoliter. Aber das ist so der Bereich, in dem sich das abspielt, das ist also alles noch sehr klein.

Markus: Ja, ich würde einfach vorschlagen, wir machen da eine Fortsetzung irgendwann nächstes Jahr, wenn dann die neue Brauanlage steht und wenn du noch weitere Experimente vielleicht gestartet hast mit den Lichtenhainer und so weiter. Und dann können wir auch die beiden ausstehenden Biere noch verkosten. Also dann natürlich frische Flaschen, ich werde die zwischendurch natürlich genießen. Und, ja, vielleicht haben wir dann auch die ersten …

Sebastian: Sehr gerne dann Frische.

Markus: Genau und da haben wir bestimmt auch von den Hörern dann schon wieder Rückmeldungen. Also an dieser Stelle wirklich nochmal vielen Dank für diese tollen Geschichten, für den Einblick, überhaupt für das, was du tust und das du es tust und auch Gratulation zu diesen wunderbaren Bieren! Und für euch, liebe Hörer, einfach als Tipp, nutzt die Gelegenheit, bucht ein Seminar beim Sebastian, schaut einfach mal vorbei, kontaktiert ihn auf den verschiedenen sozialen Medien und schaut einfach in diese wirklich einzigartige Bierkultur, die man eben sonst so überhaupt gar nicht mehr in Deutschland hat, das finde ich ganz wichtig. Und nochmal, wie gesagt, danke, dass du das machst! Und bis zum nächsten Mal, lieber Sebastian und dir heute noch einen wunderschönen weiteren Tag.

Sebastian: Ja, vielen Dank für das Gespräch und das ich so ein bisschen was von mir erzählen durfte, hat mich sehr gefreut.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 124 – Interview mit Andreas Krennmair, Hobbybrauer und mehrfacher Bierbuch-Autor aus Berlin

Andreas Krennmair stammt aus Österreich, lebt mittlerweile in der Bundeshauptstadt, ist Hobbybrauer und schreibt auch über Bier. Verführt vom „Schaumschluck“, den er beim Opa bzw. beim Holen dessen Bieres nehmen durfte, wuchs Andreas in die österreichische Bierkultur hinein und beschäftigt sich auch heute noch damit, so zum Beispiel „Vienna Lager“, der 2020 erschien. Im August 2023 legte er einen bayerischen Bier-Almanach über die Braukunst des 19. Jahrhunderts vor, der vor allem aus Originalberichten aus verschiedensten Orten des damaligen Königreiches besteht. Daraus lässt sich viel ableiten, über Brauverfahren, Bierkultur und Rezepturen. Im Biertalk sprechen wir über beide Bücher und Andreas ganz besondere Herangehensweise an die Bierliteratur und wecken hoffentlich auch Eure Lust aufs Lesen…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute machen wir eine kleine Reise beziehungsweise wir begleiten jemanden, der quasi aus Österreich auszog, um in Berlin sein Glück zu machen und das Ganze noch auf Englisch und am Ende hat er dann wieder über österreichische Themen geschrieben. Und das ist total spannend, wir treffen Andreas Krennmair, Buchautor, Bier-Personality könnte man sagen, jemand, der sich richtig gut auskennt und uns viel zu sagen hat. Ich freue mich total, schön, dass du hier bist. Und vielleicht stellst du dich ganz kurz unseren Hörern mal selber vor.

Andreas: Ja, herzlichen Dank für die Einladung. Ja, mein Name ist Andreas Krennmair, ich bin ursprünglich aus Österreich, wohne in Berlin, beschäftige mich seit einigen Jahren mit Biergeschichte, braue auch hin und wieder Zuhause Bier, trinke ganz gerne Bier. Ja, Bier ist, ich sage es mal so, ein relativ großer Teil von meinem Leben.

Markus: Da haben wir doch schon was gemeinsam, sehr schön. Ja, also das heißt, du wächst in Österreich auf, das würde ich ganz gern einfach mal von Anfang an, weil du dich ja auch dann später mit dem Wiener Lager zum Beispiel auseinandergesetzt hast. Also wie kommst du denn mit dem Thema Bier in Berührung und wie hat sich das dann weiter in deinem Leben so entwickelt?

Andreas: Erster Kontakt in Österreich mit Bier war der damalige Schaumschluck von meinem Vater. Also das hat mir mein Vater schon in jüngsten Jahren erlaubt, zumindest mal etwas den Bierschaum zu probieren. Hat mir, soweit ich mich erinnern kann, damals nicht wirklich gut geschmeckt, sehr bitter und so. Später bin ich dann, ich sage mal so, einfach kulturell bedingt, man fällt irgendwie in Bier rein, nachdem das doch irgendwie überall zu finden ist. Man fängt irgendwie mit 16 an Bier zu trinken und denkt eigentlich überhaupt nicht viel drüber nach, aber es ist halt so Teil, ich sage mal, quasi des Alltags, ohne das jetzt irgendwie, ich sage mal, zu übertreiben.

Markus: Und das war dann aber das klassische österreichische Märzen, was du damals so getrunken hast?

Andreas: Ja, das war zum allergrößten Teil dieses österreichische Märzen, also ein sehr helles Lager. Ich glaube, viele in Deutschland sind sich da gar nicht so bewusst, was das Märzen in Österreich ist. Das hat nichts mit dem bayrischen Märzen zu tun, sondern vermutlich kann man sagen, am ehesten zum bayrischen Hellen ähnlich, vielleicht etwas bitterer. Einfach ein sehr gradliniges helles Lagerbier, das, ja, erfrischend ist, einfach zu trinken, ohne zu viel Ecken und Kanten, das ist so der Standard. Gelegentlich, also schon so mit 17, 18 Jahren habe ich mir gedacht, man muss sich doch irgendwie etwas herausstellen und etwas cooler sein, deswegen habe ich in frühen Jahren auch relativ viel zu Hefeweizen, belgisches Weißbier getrunken, gelegentlich auch österreichisches Pils, wenn es im Supermarkt zu finden war, solche Dinge, ja.

Markus: Und wie hat sich dann deine berufliche Laufbahn entwickelt, hatte das dann auch etwas mit Bier zu tun?

Andreas: Überhaupt nicht. Also mein beruflicher Hintergrund ist ja, dass ich in der IT tätig bin. Also ich habe eine Ausbildung zum Informatiker in Österreich gemacht, hab dort einige Jahre gearbeitet und bin dann Anfang 2009 aus beruflichen Gründen nach Berlin gezogen und bin auch jetzt weiterhin in der IT tätig, mittlerweile für ein Münchner Startup.

Markus: Da bist du aber nicht der erste ITler, der dann irgendwie aufs Hobbybrauen gekommen ist. Also der Bekannteste ist ja sicherlich Andreas Bogk, der in Berlin ja die Berliner Weisse wiederbelebt hat, der im Grunde auch über ein sogar Hackathon oder irgend sowas ähnliches, wo er da in Amsterdam war, dann zum Hobbybrauerkurs gekommen ist. Wie war das bei dir, wann hast du da zum Bier selber machen gefunden?

Andreas: Das war der Podcast von Andreas Bogk oder die Podcast-Folge, ich weiß jetzt nicht welcher genau der Podcast war mit Andreas Bogk. Ich habe mir das angehört und dachte mir so, hm, das klingt eigentlich ganz interessant, klingt jetzt auch nicht zu schwierig und habe einfach da mal angefangen zu brauen. Und ich hatte dann auch bei diesem, na, wie hieß es, bei diesem Crowdfinding, habe ich ein paar Euros beigetragen für Andreas Bogk für seine Berliner Weisse. Und, ja, habe das, also nach einmal brauen, habe das dann auch weiterbringen, weil es mir eigentlich unglaublich viel Spaß gemacht hat. Es war ein sehr kreativer Prozess oder ist immer noch ein sehr kreativer Prozess. Und es hat auch so eine Lücke bedient, die meine Frau, also damals meine Freundin, jetzt meine Frau, die wir so hatten, weil wir uns damals schon so für Bier interessiert haben und sie mir so britisches Cask Ale gezeigt hat, weil sie aus Großbritannien kommt. Und wir haben gemerkt, hier in Deutschland gibt es so diese Biere noch nicht wirklich, aber eigentlich wollen wir die selber trinken. Und da war so vor 10 Jahren, war da quasi so die einzige Möglichkeit für uns, anfangen einfach selber zu brauen und zu experimentieren.

Markus: Ach, das ist ja sehr lustig, dass du dann über den Andreas Bogk ausgerechnet, den habe ich ja grade so erwähnt gehabt und gedacht, na, vielleicht kennst du den ja sogar. Aber dass du ihn so gut kennst, das hätte ich jetzt gar nicht gedacht, super. Also ich habe ihn als ganz faszinierenden Menschen empfunden, habe ihn damals Zuhause besucht und dann hat er mir ganz stolz seine belgischen Starkbiere gezeigt, die er so gebraut hat, ein Dubble, ein Quadrupel, ein Triple. War ein sehr intensiver Nachmittag, muss ich sagen, kann ich mich noch gut erinnern, weil ich danach nämlich noch mit dem Auto Nachhause fahren musste und das ist ja ein Stück von Berlin. Aber auf jeden Fall sehr, sehr spannend und cool und, ja, auch interessant. Das heißt aber dann auch, weil du, wir kommen ja gleich noch dazu, deine Bücher hauptsächlich auf Englisch veröffentlichst. Da ist es natürlich praktisch, wenn man im Hause praktisch jemand hat, der die Sprache spricht oder?

Andreas: Ja, wobei meine Frau da nicht das Lektorat macht oder so. Ich bin das Ganze sehr pragmatisch angegangen, also ich oder mir war schon relativ früh bewusst, dass einfach der potenzielle Markt oder das potenzielle Interesse vor allem im englischsprachigen Raum ein sehr großes ist und darauf wollte ich abzielen. Und gleichzeitig, wenn man so mit anderen jetzt deutschsprachigen Hobbybrauern spricht, die verstehen ja auch zum größten Teil Englisch, also man schließt sie da jetzt nicht explizit aus, deswegen meine Entscheidung, auf Englisch zu publizieren. Und das war, glaube ich, eine ganz gute, also zumindest aus meiner Sicht, ich fand bisher meine Bücher ganz erfolgreich, also ich bin da sehr zufrieden mit dem Feedback und mit der Reichweite, die ich da geschaffen hab.

Markus: Ja, auf jeden Fall faszinierend. Und angefangen hast du, soweit ich weiß, mit dem Buch, die historischen deutschen und österreichischen Stile aus dem 18., 19. Jahrhundert irgendwie. Das war so um 2018 rum oder war es vorher schon was anderes?

Andreas: Also ich habe 2016 Mal so ein kleines E-Book veröffentlicht, das war witziger Weise auf Deutsch. Das ist, glaube ich, noch in meinem Blog irgendwo verlinkt. Und dann habe ich mir gedacht, ja, eigentlich könnte ich das auch auf Englisch machen und das war dann so der Start für mein erstes Buch, also der Titel von dem heißt  Historic German and Austrian Beers for the Home Brewer. Ist irgendwie etwas sperrig, aber es beschreibt das Ganze, genau, das, was es ist, ja.

Markus: Ja und man hat einen schönen praktischen typischen Mönch auf dem Titel-Cover sozusagen, da kann man sich schon ein bisschen vorstellen. Oder muss gar kein Mönch sein vielleicht, ich weiß es gar nicht, jedenfalls ein kräftiger, wohlgenährter Mann mit einem Bier sozusagen in der Hand. Wie kam es denn, wenn du jetzt gesagt hast, eigentlich hast du dich erst so ein bisschen für diese Cask Ales interessiert, wie kommst du dann wieder quasi zurück zu den klassischen alten deutschen, bayrischen, österreichischen Bierstilen?

Andreas: Also das hat damit begonnen, dass ich so, ich sage mal, ein generelles Interesse an Geschichte hab und da habe ich natürlich auch angefangen, mal so in Biergeschichte und grade so, was das Brauen von Bier angeht, da einfach historische Texte zu lesen. Da waren tatsächlich die ersten Bücher, war englische Literatur so aus dem 18. Jahrhundert, Anfang 19. Jahrhundert und dann habe ich einfach weiter geschaut, was gibt es da auch auf Deutsch. Und bin da auf sehr viel gestoßen, auf sehr viel verschiedene Biertypen, Bierstile, die heutzutage eigentlich völlig unbekannt sind. Und da habe ich mir gedacht, das ist unglaublich spannend, weil man dazu eigentlich kaum etwas gefunden hat. Und, ja, da habe ich einfach angefangen weiter zu recherchieren und habe immer mehr und mehr Material gesammelt und irgendwann war es dann genug für ein ganzes Buch.

Markus: Ja und das war ja noch ein sehr umfassendes Buch, also da haben wir nicht nur die bayrischen Bierstile drin, sondern eben auch sowas wie das Cottbuser oder das Berliner oder das Mannheimer oder auch Steinbier zum Beispiel, was ich sehr interessant fand. Also es war auch eins der Bücher, das ich benutzt hab für meine Biergeschichte, die ich dann später mal geschrieben hab. Und was hat dich denn da am meisten so im Rückblick fasziniert, gab es da ein Bier, einen Bierstil, wo du gesagt hast, Mensch, das war wirklich ganz besonders überraschend auch in der Recherche, dass es sowas gegeben hat?

Andreas: Also generell, was ich damals sehr überraschend fand ist, wie wenig sich so diese alten Bierstile an das gehalten haben, was man heutzutage das Reinheitsgebot nennt. Ich sage mal so, der Narrativ oder das, was die landläufige Meinung ist, dass das Reinheitsgebot für ganz Deutschland gegolten hat. Tatsächlich merkt man aber, dass sich die allermeisten Bierbrauer, also grade außerhalb von Bayern, nur sehr wenig dafür interessiert haben und die aberwitzigsten Zutaten teilweise verwendet haben. Also Enzianwurzen, Bitterorangen, Honig, auch Zucker war überhaupt kein Problem, was nicht kontroversiell auf irgendeine Art und Weise. Das Einzige, was ich den Texten entnommen hab, was wichtig für die Leute war, dass das Bier selbst nicht schädlich war und dass es ihnen geschmeckt hat. Das hatte ich damals bei meinen Recherchen einfach so nicht erwartet, das Mal so ganz allgemein. Speziell an Bieren, also da gab es ein paar, die, ja, also ich glaube, vom Geschmacksprofil doch sehr untypisch sind oder sehr untypisch waren oder, ja, untypisch sind für das, was wir jetzt so von Bier erwarten. Also da gab es eins, ich glaube, das war das Merseburger Bier, das als extrem bitter beschrieben worden ist, wo noch mit anderen Kräutern quasi nachgewürzt wurde, um das extra bitter zu machen und auch die Hopfenmenge selbst schon absolut wahnsinnig war. Sowas kann man sich, glaube ich, heutzutage gar nicht mehr vorstellen, also so dieses, ein Bier, das nochmal deutlich bitterer ist als irgendwie so die IPAs von der Zeit, wo alle Craft-Brauer meinten, sie müssen möglichst viele Bittereinheiten in ihr Bier bringen. Und trotzdem war das ein Getränk, dass die Leute offenbar interessant fanden oder interessant genug, dass es über so lange Zeit konsumiert wurde, dass auch hier jemand über das Bier selbst geschrieben hat.

Markus: Ja, eben, das ist ja auch der Punkt. Weil, also das eine ist ja, dass du da drüber geschrieben hast, aber das andere ist, irgendwo muss das Wissen ja herkommen. Also das heißt, wie kann man überhaupt also erst mal die Bierstile an sich und dann die Rezepte erschließen? Und dann hat man ja bei den Rezepten das Problem, dass da ja völlig andere Maßeinheiten, wenn überhaupt, genannt werden, was die Mengen und so weiter angeht. Also wie hast du dich da rein gefuchst das ist ja jetzt doch keine Sache, die man mal so eben nebenbei macht oder?

Andreas: Also ich habe es schon nebenbei gemacht, aber halt über einen längeren Zeitraum. Also nachdem das einfach ein Hobby geworden ist, so einfach darüber zu recherchieren, habe ich irgendwann mal angefangen, relativ systematisch zu sammeln, was gibt es an historischer Literatur zu diesem Thema Bierbrauen in Deutschland und teilweise auch in Österreich, was ist da dokumentiert. Und da gibt es erstaunlich viel und vor allem erstaunlich viel, was man quasi von Zuhause aus entdecken kann. Also die erste Quelle dafür ist Google Books, die sich vor einigen Jahren dran gemacht haben, quasi alles, wo sie nur irgendwie die Finger rankriegen konnten an Bibliotheken, da Bestände zu digitalisieren und dann auch durch Texterkennung laufen zu lassen. Das heißt, man kann da auch sehr schön drin suchen, ohne irgendwie lang herumblättern zu müssen und da findet man relativ schnell relativ viel. Also mit ein paar Suchbegriffen, ich sage mal so, innerhalb von Minuten hat man da locker ein paar Bücher mit, ich sage mal, zumindest groben Rezepten zu 5 oder 10 Bierstilen. Also da, die grundsätzliche, ich sage mal, Entdeckbarkeit des Materials ist da mittlerweile sehr gut. Es gibt auch andere Online-Bibliotheken oder andere Quellen, wo man an Digitalisate von alten Büchern ran kommt. Da, ja, muss man sich teilweise so durch Online-Bibliotheken von diversen Städten in Deutschland durchgraben, aber man findet da auch mit der Zeit einiges. Und eine für mich sehr wichtige Quelle war auch die DGB in Berlin. Also die DGB ist die Gesellschaft für Geschichte des Bierwesens in Berlin, ist an die VEB in Berlin angeschlossen als eigenständiger Verein, hat eine eigene Bibliothek, die für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Also man kann da einfach hin, kann sich da Bücher aussuchen aus deren Katalog, kann die vor Ort lesen, wenn notwendig abfotografieren. Und da habe ich auch einiges wirklich Spannendes gefunden, was in meinen Online-Quellen so auch noch nicht drin war. Also das sind so grob meine Quellen insgesamt.

Markus: Ja und die haben auch eine total liebenswerte Bibliothekarin, die sich um das Ganze kümmert. Ich bin da auch schon seit vielen, vielen Jahren Mitglied und nutze das auch immer wieder mal, um einfach, genau, an Quellen ranzukommen, wo man sonst nicht so einfach rankommt. Und du hast dann auch diese ganzen Rezepte mal durchgebraut sozusagen?

Andreas: Ich wünschte. Nein, das ist schon etwas zu viel an Aufwand, von daher kann ich nicht für alle Rezepte unbedingt bürgen. Es ist auch ein generelles Problem bei diesen historischen Rezepten, also wenn man mal die Rezepte selbst gefunden hat und den Prozess mal so verstanden hat, die Beschreibung und das irgendwie so nachstellen kann, ist ja auch noch die große Frage der Zutaten. Und das ist zum Beispiel etwas, wo ich bei meinem ersten Buch jetzt mal einen sehr großen Kompromiss gemacht habe, wo ich einfach so gesagt hab, ein Malz wird jetzt als dunkel oder als bernsteinfarben beschrieben, was wäre dann da ein ungefähres modernes Äquivalent? Wo ich jetzt so im Abstand von, ja, mittlerweile auch 5 Jahren sagen muss, war vielleicht nicht die beste Wahl, aber ist zumindest eine Annäherung an das Ganze. Also das ist, glaube ich, generell das größte oder eines der größten Probleme, dass wir so diese Zutaten nie wirklich mit dieser Exaktheit nachstellen können, weil, glaube ich, da sehr viel an Details oder sehr viel an Detailwissen zu den Zutaten selbst. Und, jetzt im Fall von Malz, zur Herstellung der Zutaten, glaube ich, einfach verloren gegangen ist oder sich so stark verändert hat, dass das jetzt mal unter modernen Gesichtspunkten keinen Sinn machen würde, dass jetzt noch nach diesen alten Methoden zu machen. Und deswegen ist, ich sage mal so, Zutaten und insbesondere Malz sind so die große Unbekannte beim Nachbrauen von historischen Bier.

Markus: Das stimmt und ich glaube, das ist auch den wenigsten Leuten wirklich bewusst, also die sich damit beschäftigen. Weil man denkt immer, das Schwierige ist die richtige Wurzel oder das richtige Gewürz oder irgend sowas für diese Biere zu bekommen, aber das eigentliche Problem liegt ja wirklich in den Kernrohstoffen sozusagen, weil ja sich das Mälzen so massiv verändert hat im 19. Jahrhundert, dass man eben mit den heutigen Malzen überhaupt nicht mehr das machen kann, was es eben mit den damaligen Malzen war. Und vielleicht natürlich auch die Art und Weise, wie wir mit Hopfen umgehen, wie wir ihn lagern, wie er letzten Endes für uns zugänglich ist, sich verändert hat. Und letzten Endes auch das Thema Hefe, wo wir ja früher, denke ich mal, immer irgendwelche Mischgärungen hatten, auch das hat man heutzutage so in dieser Form nicht mehr. Und ich glaube, das es einfach total schwierig ist, das Bier wirklich von seinem eigentlichen Körper her identisch herzustellen, das geht eigentlich gar nicht mehr, insofern ist das immer so ein bisschen in einer wabernden Vergangenheit. Was ich aber eigentlich ganz gut finde, weil, ich glaube, das aus einer heutigen Perspektive mit dem heutigen Gaumen viele dieser historischen Biere nicht wirklich angenehm gewesen wären zu trinken, vielleicht also, aber ich nehme es mal an. Also ich habe schon einiges an Kräuter- oder auch ähnlichen Bieren oder auch mittelalterlichen Bieren getrunken und das ist schon durchaus immer sehr gewöhnungsbedürftig. Und das sind ja immer nur Annäherungen, also insofern, das ist schon wirklich spannend. Gibt es denn Literatur, in denen auch das Geschmacksprofil oder sowas beschrieben wird?

Andreas: Geschmacksprofile werden teilweise nur sehr, sehr grob beschrieben oder auch mit sehr unspezifischen Begriffen. Also ich habe das jetzt nicht einmal so systematisch betrachtet, aber eine Sache, die mir jetzt so spontan einfällt ist bei den Sauerbieren, die werden sehr oft als weinartig beschrieben. Also meine Vermutung ist da einfach, dass da so diese gewisse geschmackliche Ähnlichkeit grade von Sauerbieren mit, ich sage mal, grade Reisweinen, einfach auf diese Art und Weise etwas betont wurde. Und ich habe das auch bei selbstgebrauten Bieren gemerkt, also ich habe vor, wann war das, 2019 war das, habe ich eine Berliner Weisse gebraut. Da habe ich dann 3 Jahre später noch eine Flasche gefunden und hab die mit einem Freund verkostet und die hat geschmeckt so irgendwo zwischen einem wirklich guten Weißwein und Cider. Also war vom Geschmacksprofil her überhaupt nichts, wo man jetzt dann eben beim ersten Kosten an Bier denken würde. Aber es war, ja, was Geschmack angeht, das Vokabular scheint da damals noch nicht so da gewesen zu sein. Also es ist schwierig und man hat so eine oder man kriegt so eine ungefähre Idee, aber so die Tastingsnotes, wie man sie heutzutage irgendwie von einem ordentlich ausgebildeten Biersommelier kriegt, die findet man da in historischen Quellen auf keinen Fall.

Markus: Ja, da war ja der Schwerpunkt noch ein bisschen auf dem Trinken an und für sich und weniger auf der Sensorik, das muss man vielleicht auch ein bisschen sehen. Ich würde ganz gerne gleich zu deinem aktuellen Buch springen, also wir können gerne noch ein bisschen über das Wiener Lager dann sprechen, weil es mich auch interessiert, aber es passt grade so gut in diesem Sprung praktisch von diesen ganzen historischen Bieren in dem ersten Buch jetzt zu der Konzentration praktisch auf das bayrische Brauen im 19. Jahrhundert. Und was vielleicht auch ein bisschen der Unterschied ist, das ist ja zu einem Teil auch überhaupt erst mal so eine Art Quellensammlung, also wo du einfach von vielen verschiedenen Autoren oder anderen Quellen erst mal Beschreibungen sammelst, wo du dann auch Statistiken sammelst, um überhaupt mal einen Blick zu dieser Bierkultur, zu der Fülle zu bekommen. Das war sicherlich auch eine lange Arbeit oder, wie lange hast du gebraucht, um das alles zusammenzutragen?

Andreas: Ja, das waren knappe 3 Jahre, aber das war immer so in kleineren Sprints, wo ich dann immer etwas mehr gearbeitet habe und dann habe ich es ein paar Wochen bis Monate liegenlassen. Aber es hat insgesamt schon etwas länger gedauert, das Ganze zu sammeln und so zu strukturieren, dass ich dann auch zufrieden damit bin. Die Motivation hinter dem Ganzen war tatsächlich, dass ich mir einfach eine Quellensammlung für mich selbst zusammenstellen wollte, einfach mal, um einen guten Überblick zu haben, was gibt es denn jetzt so speziell zum bayrischen Brauen? Was für konkrete Beschreibungen gibt es, also Primärquellen existieren? Und das hat sich dann einfach etwas entwickelt quasi, in welche Braumethoden kann man das Ganze strukturieren, was gibt es noch an zusätzlichen Daten zu dem Ganzen, also deswegen, etwa die Statistik wie im Anhang. Und dann, was mich in diesem ganzen Prozess, also wie ich dann entschieden habe, okay, ich mache da ein eigenes Buch draus, was mich da auch interessiert war das Mälzen. Also war das erste Mal, dass ich mich da wirklich genauer beschäftigt habe mit den historischen Beschreibungen, wie die denn ihr Malz so hergestellt haben. Und das, ja, war auch sehr spannend und ein interessanter Lernprozess für mich, weil, also als Heimbrauer hat man keinen irgendwie genaueren Kontakt zum Mälzen an sich, außer vielleicht mal, keine Ahnung, eine Führung bei Weyermann, aber ansonsten kauft man das Malz immer schon im Onlineshop oder so.

Markus: Ja und vielleicht gleich mal als Empfehlung für unsere Leserinnen und Leser da draußen, also unbedingt Empfehlung, sich dieses Buch anzuschaffen, weil man wirklich überall immer wieder ganz viele spannende Aspekte entdeckt, manchmal größere, manchmal kleinere, die aber immer so Aha-Effekte sind, wo man einfach beginnt, diese Bierkultur wirklich zu verstehen und zu begreifen. Und wo ich sagen muss, ich habe ja selber auch schon viel da drüber gemacht und publiziert, aber es ist ganz viel dabei, wo ich auch wieder gemerkt habe, wenn ich von meinen diversen Büchern mal wieder ein Update schreibe, dann muss ich da teilweise entscheidende Stellen ändern und das ist wirklich auch großartig. Also auch an dieser Stelle mal Dankeschön für diese ganze Arbeit. Es gibt so ein paar Punkte, über die ich gern im Detail noch sprechen würde, aber vielleicht mal vorneweg, weil du es grade gesagt hat, was waren denn dann so die Aha-Effekte beim Thema Malz für dich, wo du gesagt hast, das überrascht mich jetzt oder das sind für mich so Punkte, die habe ich für mich jetzt bei dieser Arbeit neu entdeckt?

Andreas: Ich habe mich im Zuge dessen natürlich auch damit beschäftigt, was ist denn so der Status Quo beim Mälzen oder der Stand der Technik. Und habe bemerkt, also grade beim Einweichen hat sich da wohl sehr viel getan, also das Verständnis, wie man die Gerste einweicht, ist heutzutage eine vollkommen andere als damals. Also ich bin jetzt kein Experte, aber man kann es im Wesentliche so beschreiben, heutzutage wird die Gerste halt so eine gewisse Zeit eingeweicht und hat dann so eine, ich glaube, es heißt Luftrast, wo sie einfach quasi Zeit hat zum Atmen und wird wieder eingeweicht, das wird ein paarmal wiederholt. Und das ist zum Beispiel etwas, also das wurde damals überhaupt nicht betrieben, das habe ich in keiner Quelle gefunden. Da wurde für wirklich lange Zeit in einem Tuch eingeweicht, je nach, ich sage mal, Temperatur, Wetter, Zustand der spezifischen Gerste, kürzer oder länger, es wurde definitiv das Wasser regelmäßig gewechselt. Aber so diese Luftrasten waren wohl vollkommen unbekannt. Das Einzige, was teilweise gemacht wurde, war eine Nachweiche, also wo man einfach nach einem langen Weichen der Gerste selbst noch etwas Luft gegeben hat, bevor sie dann tatsächlich auf die Tenne zum wachsen gekommen ist. Teilweise ist das aber auch inspiriert oder angelehnt an die damaligen englischen Praktiken, also das mit der Nachweiche. Und der Grund für die englische Praktik ist die, dass damals das Ganze oder das Malz versteuert wurde auf Basis von der Menge der Gerste nach der Weiche. Also die muss dafür, glaube ich, 26 Stunden, das ist ja eine sehr spezifische Zeit, musste die auf der Nachweiche sein, damit da ein Zollbeamter vorbeikommen konnte und das nachmessen. Und das war dann einfach so Standardpraxis in England und so manche Mälzer und Brauer in Deutschland habe das übernommen oder haben das zumindest als eine Möglichkeit dokumentiert. Also es ist, ich glaube, in der Spatenbrauerei war das zeitweise eine Praxis, die da, ich sage mal, sehr offensichtlich aus England inspiriert war.

Markus: Ja, ich habe vor Kurzem die Mälzerei in der Augustiner Brauerei in München besichtigt. Und da muss ich auch sagen, die machen das ja auch noch auf der Tenne und haben da ihre Böden mit Kalk, Muschelkalk drunter mit den Fliesen und so und das ist total spannend, wie es einerseits modern ist und andererseits aber noch sehr traditionell. Und da gibt es auch so einen fließenden Übergang zwischen Weichen und Keimen und so. Und die haben an vielen Stellen noch Methoden im Einsatz, die man wahrscheinlich in der modernen großen Mälzerei mit Trommeln und so weiter nicht mehr so anwenden würde. Fand ich auch sehr interessant, das mal zu sehen. Also das stimmt, beim Mälzen gibt es da auf jeden Fall ganz, ganz viele Dinge, also die damals wahrscheinlich in vielerlei Hinsicht anders waren, die auch zu anderen Ergebnissen geführt haben, wodurch dann auch andere Biere raus kamen. Das werden wir da noch sehen, wenn wir mal auf den Alkoholgehalt schauen. Aber auch natürlich insgesamt das Verfahren auch für das Korn teilweise vielleicht sogar schonender als wir das heute haben. Und wir haben natürlich auch anderes Getreide, also heute haben wir hochgezüchtetes spezialisiertes Getreide, was genau für diesen Zweck angebaut wird. Zu dieser Zeit im 19. Jahrhundert, zumindest am Anfang, waren das schon eher noch Sorten, die man zwar schon für das Brauen ausgewählt hat, aber nicht in dieser Art weitergezüchtet hat, wie wir das eben heute so kennen und damit, glaube ich, war das auch noch anders. Also, ja, da hast du Recht, also Mälzen auf jeden Fall ein ganz, ganz spannender Prozess. Was ich interessant fand bei deinen verschiedenen Quellen war auch die Frage jetzt beim Brauprozess, wie man das Maischethema angegangen ist? Weil, eigentlich lernt man ja so landläufig, dass man bei uns relativ bald mit Deduktion gearbeitet hat. Das heißt also, ich habe irgendwie ein Wasser, das ich auf 50 Grad bringe ungefähr oder 30, je nachdem wie ich halt anfange. Und dann nehme ich dann immer Teilmaischen, erhitze die bis zum Kochen und gebe die wieder zurück und komme halt dann so Stück für Stück auf meine Temperaturen. Und ich war jetzt vor Kurzem in England unterwegs mal wieder und habe auch so ein paar historische Brauereien besucht, auch in Belgien und dort war noch sehr oft einfach bei den alten Brauereien diese Methode, man nimmt praktisch einen Bottich, da ist auch gleichzeitig unten noch der Siebboden drin, den kann man also später auch gleich zum Läutern nehmen. Und da hat man dann das Malz erst mal ganz einfach als Malz, als Schrot darein und gibt dann wirklich kochend heißes Wasser da drauf und rührt das dann. Und dadurch, dass dieses kochende heiße Wasser darein kommt, geht die Temperatur natürlich gleich mal runter und dann arbeitet man praktisch von oben nach unten, temperaturmäßig. Und ich habe mal von einem amerikanischen Craft-Brauer gehört, dass mit den modernen Malzen überhaupt gar kein Problem mehr ist, weil die so sind, dass die das auf jeden Fall mitmachen, aber dass das damals durchaus eine Herausforderung war. Und jetzt habe ich eben bei dir in einigen Quellen gefunden, dass noch so gearbeitet wurde, vor allem, glaube ich, beim Weißbier und in anderen dann wieder eben Deduktion. Ist das so ein Übergang gewesen von dem einen zum anderen oder haben die längere Zeit parallel existiert, wie ist da so dein Eindruck oder habe ich vielleicht auch was falschverstanden, kann auch sein?

Andreas: Mein Eindruck ist, dass das in, ich sage mal, was ich jetzt so als Altbayern beschreiben würde, das da sehr lange die dreifache Deduktion ziemlich dominiert hat, also das man so mit dreimal Teilmaischen abziehen, kochen und dann wieder zurückmischen, dass man so die Maische durchführt. Es gab dann aber auch noch so lokal völlig andere Methoden. Und ich muss auch ganz ehrlich sagen, das ist etwas, das, ja, also ich würde das sehr gerne selber mal nachstellen, aber es wirkt selber unglaublich kompliziert. Also ich habe das in meinem Buch als die Braumethode in Nürnberg und Augsburg so zusammengefasst, weil das so die Gebiete sind in den historischen Fällen, wo das dem immer so quasi zugewiesen wird und zwar das Satzbrauen. Und das ist etwas, ja, also wenn man so mit dem modernen Verständnis, wie die Enzyme wirken und warum man maischt und warum man dieses und jenes macht, wenn man da so drüber nachdenkt, ergibt das Ganze nicht so wirklich viel Sinn. Also ich hoffe, ich kann das jetzt so ungefähr rekonstruieren, man fängt im Wesentlichen so an, dass man mal kalt einmaischt und das Ganze etwas stehen lässt und dann quasi wieder alles an Flüssigkeit abzieht. Dann bringt man mehr Wasser zum Kochen, gießt das wieder auf die fast wieder trockene Maische, maischt einmal durch und zieht das dann, glaube ich, wieder ab und bringt dann quasi so diese Läutermaische wieder zum Kochen und gibt die hinzu. Also eigentlich etwas, wo man sich denkt, in der Läutermaische sollten eigentlich relativ viel so Enzyme gelöst sein, eigentlich zerstört man sich da ziemlich viel dran. Und das Ganze endet dann damit, dass die gesamte Maische eben mal zum Kochen gebracht wird und man das Ganze wieder abkühlen lässt. Und da gibt es dann auch genau diesen kalten Satz, also der am Anfang abgezogen wurde, der dann noch dazu kommt, der vermutlich dafür sorgt, dass alles, was da noch an freier Stärke verfügbar ist, letztendlich doch noch verzuckert wird. Aber es ist schon erst mal wild und, unter Anführungszeichen, unwissenschaftlich. Also heutzutage würde man es schon deswegen nicht mehr machen, weil es einfach ein viel zu großer Aufwand ist, ist wohl sehr schwierig zu automatisieren. Also es wurde schon im 19. Jahrhundert gesagt, das ist ein Prozess, den wollen eigentlich nicht mehr wirklich so viele Brauer selber machen. Also es war schon so eine Herangehensweise an das Maischen, die damals schon im Aussterben begriffen war.

Markus: Ja, ja, genau. Und da muss man auch dazu sagen, vielleicht nochmal auch für die Hörerinnen und Hörer, die sich noch nicht so ganz intensiv mit dem Thema beschäftigt haben, zum Hintergrund, warum war das überhaupt so. Man muss ja überlegen, wir kommen ja aus einer Zeit, wo man zumindest auf dem Kontinent noch kein Thermometer hatte, zumindest nicht flächendeckend und auch seine Maische entsprechend da nicht ständig kontrollieren konnte. Und man hatte ja im Grunde nur wenige Temperaturen, die man sicher wusste und dazu gehört natürlich zum Beispiel, wann gefriert Wasser. Isst für das Brauen zwar nicht so wichtig, aber das wusste man. Man kannte die Körpertemperatur. Also wenn man dann zum Beispiel seinen Ellbogen in ein Wasser reingehalten hat und es war in etwa dieselbe Temperatur, das konnte man feststellen. Und man wusste natürlich, wann Wasser kocht, also der Kochzustand, das war ein Thema. Und so kam es ja letzten Endes zu der Entwicklung von der Deduktion, das man eben sagt, okay, ich fange an mit Körpertemperatur, also ungefähr 35 Grad und wenn ich davon ein Drittel wegnehme, das zum kochen bringe, auch klare Geschichte, dieses Drittel dann wieder zurückgebe, dann funktioniert es. Also was wir heute wissen ist, dass dann eben bestimmte Enzyme wirken. Damals haben sie einfach festgestellt, dass geht. Und wenn man von dem, wo man dann ist, da sind wir so ungefähr bei 50, 55 Grad, wieder ein Drittel wegnimmt, das wieder zum kochen bringt, wieder zurückgibt, dann landet man eben bei der einen Wirktemperatur, wo wir so um die 62 Grad liegen für Enzyme. Und dann, wenn man das Ganze nochmal wiederholt, dann eben landet man bei 72 Grad und hat dann praktisch nochmal die Rast, um letzten Endes die ganze Stärke zu verzuckern. Und das ist natürlich eine Möglichkeit, wie man eben zielsicher, ohne ein Thermometer, zum Ziel kommen kann. Und so hat sich das im Grunde damals entwickelt und die andere Methode ist eben die, dass man gleich mit diesem kochendheißen Wasser anfängt. Und es ist ja wirklich interessant, also ich muss sagen, ich habe es jetzt ja vor ein paar Wochen erst live erlebt, dass man über diesen Weg auch Bier herstellen kann, also eindeutig. Ich war ja in den Brauereien, mehrere davon und ich habe das probiert, was die dort mit dieser Methode, also heißes Wasser auf Malz zu kippen und daraus dann letzten Endes ein Bier zu machen, was sie damit herstellen. Und diese Biere waren tatsächlich alle trinkbar und das hat alles funktioniert, also war auch nicht irgendwie viel Restzucker oder so. Also irgendwie scheint das Ganze ja zu klappen. Und das finde ich schon interessant, dass man vielleicht manchmal auch ein bisschen eng denkt, wenn man so in dieser, sagen wir mal, deutschen Lehrbuch-Braudenke ist und offensichtlich da zwischen Malzkorn und Brauwasser noch ein bisschen was anderes passiert, wenn man es anders angeht, was dann eben auch funktioniert. Finde ich eben total spannend und in deinen Quellen kann man das eben auch nachlesen. Und das fand ich eben sehr interessant, wie das so koexistiert. Und, ich glaube, dann später mit der Entwicklung dann eben auch immer mehr des untergärigen Brauens, ist man, glaube ich, immer mehr auf diese Deduktion umgestiegen und später dann auf das, was wir heute als Infusion kennen, also das wir Stück für Stück die Temperatur eben mit einer Hitzequelle erhöhen. Das geht natürlich mit einem Thermometer, dann kann man das viel einfacher machen, das ist dann leichter. Aber auf jeden Fall also und da gebe ich dir Recht, aber vielleicht auch den Tipp am Rande, also wenn du das mal erleben willst, gibt es so ein paar Brauereien in England, die arbeiten noch so. Also da könntest du dich mal zu einem Brautag praktisch einladen und dir das Ganze mal anschauen, das ist vielleicht auch ein tolles Erlebnis. Hast du überhaupt schon mal so historisch Brauen mit irgendjemand mitmachen können?

Andreas: So spezifisch historisch Brauen nicht. Ich habe halt zwar ein paar historische Biere bei mir Zuhause nachgebraut, aber trotzdem, ich sage mal, mit relativ modernem Equipment. Aber mein großer Traum wäre ja so das Kärntner Steinbier, wie es auch in meinem ersten Buch beschrieben ist, dass mal von Anfang bis Ende, mal nachzustellen. Aber das ist vermutlich etwas, wenn man das selber macht und auch das ganze Mälzen und so selber machen will, ist man vermutlich so zwei bis drei Wochen damit beschäftigt.

Markus: Das kann ich mir vorstellen, ja. Ja, wir können ja nochmal kurz zu Bierstilen kommen, wo du grad das Steinbier erwähnst. Mir sind so zwei Sachen in dem aktuellen Buch aufgefallen, wo ich dich auch nochmal fragen wollen würde, einmal bist du ja auch auf unser Bamberger Hansla gestoßen. Also auf dieses Bier, was hier jetzt ja hier wiederbelebt worden ist und gemeinhin eher so als Nachgussbier bezeichnet wird. Wenn ich deine Quelle aber richtig verstanden hab, dann ist es gar nicht unbedingt ein Nachgussbier.

Andreas: Ja, man kann es, glaube ich, schon als ein Nachgussbier beschreiben in dem Sinne, dass die Standardbiere, also das normale Lagerbier wohl rein aus Vorderwürze gebraut wurde. Es ist halt, mir ist es bisher nicht gelungen, dass irgendwie, ich sage mal, einen guten Griff drauf zu kriegen, wie stark das Getränk dann letztendlich war, also wie die Stammwürze war und wie viel Alkohol dann das Ganze letzten Endes war. Zumindest die Beschreibungen lesen sich aber so, dass das schon ein eher schwaches Bier war. Von daher, also ich habe ja die quasi Rekreation von Schlenkerla, habe ich ja selber auch hier schon ein paarmal probiert, von daher glaube ich, dass die, ich sage mal, moderne, unter Anführungszeichen, Schlenkerla-Variante, die wird da vermutlich schon relativ gut an das Original rankommen.

Markus: Ja, soweit war ich ja bisher auch. Also die Idee, dass man eben sagt, okay, die normalen Biere wurden praktisch mit einem 100-Prozent-Aufguss ohne Nachguss, also mit der Vorderwürze, sagt man dann eben, wenn man nicht nochmal Wasser drauf kippt, gebraut und dann hat eben diese anderen Biere. So wie ich die Quelle verstehe, ist ja sogar so, dass man da auch nochmal dann extra spezielle Hopfen dazu gibt und eben auch gezielt dafür braut. Also gar nicht unbedingt eine bereits benutze Malzmischung nimmt, sondern nochmal separat was ansetzt. Also, wie gesagt, kriege ich es mit Englisch, vielleicht habe ich es auch ein bisschen falschverstanden, aber so habe ich es aus der Quelle vom Philipp Heiß, den du da zitierst, raus gelesen. Ich weiß nicht, ob du es grade im Kopf hast?

Andreas: Ich müsste das jetzt selber nochmal lesen, das ist das Problem.

Markus: Na, das überlassen wir dann dem Leser, das ist auch okay.

Andreas: Ja. Kann durchaus sein, ich würde es nicht wundern. Und es gab auf jeden Fall einen tatsächlichen Bedarf an schwächeren Bieren, einfach schon mal, ich sage mal, aus ökonomischen Gründen und auch aus, also man kann es weiterfassen, aus soziökonomischen Gründen, weil es einfach ein Arme-Leute-Getränk war zu einem relativ großen Teil und auch so ein Erfrischungsgetränk für Arbeiter, Handwerker, so diese Branchen also.

Markus: Auf jeden Fall total spannend und auch ein schöner Einblick in die Biergeschichte, auch vor dem Hintergrund, dass das eben ein Bier ist, was man jetzt so wiederbelebt hat. Und, ja, zeigt auch nochmal, wie man damit umgegangen ist und das es zum Beispiel auch bei uns üblich war, Biere zu mischen, wie das ja in England auch lange, lange Zeit üblich war. Also wo wir das heute ja oft verteufeln, aber eigentlich hat man das doch früher gerne gemacht. Interessant vielleicht auch vor dem Hintergrund, wenn man deine Bieranalysen dann später sieht, da waren die normalen Biere ja so irgendwie zwischen 3-, 4%-Alkohol ungefähr und wenn man dann überlegt, dass die Leute das noch verdünnt haben, also hatten wir insgesamt von der Alkoholstärke deutlich schwächere Biere als heute, ne?

Andreas: Ja, auf jeden Fall. Also das ist etwas, also das habe ich schon bei meinem vorherigen Buch über Wiener Lager gemerkt, dass die Biere damals einfach deutlich schwächer waren. Und man sieht das auch in den Analysen, also der Restextrakt deutlich höher, es waren einfach schwächer vergärende Hefen. Ich habe das auch in meinem Buch über Wiener Lager so etwas herausgearbeitet und meine Theorie zu dem ganzen ist, dass da einfach damals die Lager-Hefestämme etwas andere waren. Also ich muss da jetzt etwas ins Detail gehen, also es gibt ja bei untergäriger Hefe, gibt es ja zwei Subgruppen und werden irgendwie so Typ 1 und 2 benannt oder werden auch oftmals danach oder wurden zumindest früher oftmals danach benannt, wo sie quasi das erste Mal entdeckt wurden. Da gibt es nämlich den Saazer-Typ, jetzt nix mit dem Hopfen zu tun, Saazer-Typ an untergäriger Hefe und den Frohberg-Typ. Die unterscheiden sich genetisch etwas und haben deswegen so etwas andere Eigenschaften. Also die Saazer-Hefe, die arbeitet noch bei deutlich geringeren Temperaturen. Also die hat überhaupt keine Probleme bei so 6, 7 Grad Celsius relativ zügig zu vergären, hat allerdings den Nachteil, das nicht vollständig alle Zucker vergären. Und vor allem so, ich glaube, Maltotrioze mag die überhaupt nicht oder mag die nicht so gern. Und deswegen kommen die Biere zwar jetzt von den Gärnebenprodukten her relativ sauber raus, bis auf, also was mir gesagt wurde, Diacetyl. Also sehr viele von diesen Saazer-Hefestämmen haben wohl also ein sehr starkes Diacetyl-Problem, also kommen sauber raus, aber haben relativ viel Restsüße. Während die Frohberg-Stämme einfach viel weiter vergären, mit Maltotrioze überhaupt kein Problem haben, deutlich schlankere Biere produzieren. Aber wiederum von der Temperatur her, ja, also es etwas wärmer mögen. Also unter 10 Grad kann man da schon mal leichte Probleme kriegen, als das es etwas zu lange dauert oder nicht zu lange, aber etwas länger dauert. Und hat dann aber, ich sage mal, für heutige Verhältnisse hat das wiederum auch den Vorteil, dass man trotzdem auch noch bei so 12, 13, 14 Grad Celsius Kerntemperatur immer noch sehr saubere Biere auch produzieren kann. Und wenn man natürlich exakt die Temperaturkontrolle hat, sind die Frohberg-Stämme perfekt. Und soweit ich raus finden konnte, quasi alles, was man kommerziell so an Hefen heutzutage beziehen kann, also untergärigen Hefen beziehen kann, das sind wohl alles Frohberg-Stämme. Die Saazer-Hefen, wenn man da keine gute Temperaturkontrolle hat, sondern nur so, ich sage mal, kalt und noch kälter und man nur irgendwie so einen eisgekühlten Raum hat, der halt eine bestimmte Temperatur hat und dann noch einen Lagerkeller, der nochmal so nahe am Gefrierpunkt ist, dann kommt die damit einfach besser klar. Also weil die einfach genetisch, also noch mehr von den Genen mitgenommen hat, das sie so eine Kältetoleranz der Hefe geben. Das ist auf jeden Fall so meine Theorie, dass einfach, wenn man keine exakte Temperaturkontrolle hat, wie eben damals im 19. Jahrhundert, bevor Eismaschinen und Ähnliches tatsächlich entwickelt worden sind, dass da einfach diese Hefe viel praktischer war und das heutzutage einfach das sich vollkommen verschoben hat, einfach weil die Technologie, was, ich sage mal, Kälteerzeugung angeht und Temperaturkontrolle, sich einfach vollkommen gewandelt hat.

Markus: Könnte man, also ich spekuliere jetzt einfach mal, könnte man also sagen, dass die früher in ihrer Kälteerzeugung manchmal oder öfters übers Ziel hinausgeschossen sind? Also weil, ich meine, ich habe diese ganzen Bilder vor Augen, wie die damals wirklich massive Mengen an Eis geerntet und gelagert haben. Also selbst in Wien gab es ja diese riesigen Eisgewinnungsseen, die man da hatte letzten Endes und eben Eistürme, Eislager und so. Könnte das sein, also das man es im Grunde eher sogar übertrieben hat mit der Kälte?

Andreas: Also übertrieben, würde ich nicht sagen, aber es waren sicherlich, ich sage mal, Umstände, die eher geholfen haben, eine sehr, sehr kältetolerante Hefe zu selektieren. Also wenn der Gärkeller konstant bei 6 Grad Celsius ist und dann kühlt man die Würze vielleicht noch irgendwie so auf 4 oder 5 Grad runter und dann gibt man so seine Stellhefe dazu, Hefestämme, die mit dieser niedrigen Temperatur nicht klarkommen, die werden sich da quasi nicht vermehren. Also es, ja, ist einfach ein Produkt der Zeit, sage ich mal. Und vermutlich auch genau der Grund, warum wir jetzt genauso auf diese Lager-Biere gekommen sind über die Jahrhunderte, einfach weil das so extreme, ich sage mal, Umstände oder Zustände waren oder so eine extreme Umgebung, wo nur ganz bestimmte Hefestämme wirklich eine Chance hatten, noch gut zu überleben.

Markus: Und wo man auch in gewisser Weise, also das hat mir mal der Martin Zarnkow gesagt aus Weihenstephan, man ja im Grunde auch damit so ein bisschen die Gärung gesteuert hat, dass man eben die Temperatur möglichst kalt hatte, um einfach in diesem Gemisch aus Hefen, was ja noch keine Reinzuchthefen waren, einfach denen, die man haben wollte, die Idealbedingungen zu geben. Und alle anderen, denen war es dann eben zu kalt oder im Umkehrschluss, bei anderen Temperaturen zu warm. Und somit hat sich dann jeweils die Hefe durchgesetzt, die man für das bestimmte Bier auch gebraucht hat. Könnte ich mir zumindest vorstellen. Was ich auch interessant finde, da sind wir jetzt grade beim richtigen Thema, Bierstärke, es gab halt dann auch relativ bald schon dieses Salvator-Bier, was wir heute als Doppelbock kennen, der mit 6-, 7-, 8-, 9-, 10%-Alkohol letzten Endes daherkommt, also 18 % Stammwürze aufwärts. Da hast du ja auch tolle Statistiken, das fand ich sehr, sehr interessant zu lesen. Und da, muss man sagen, da fängt ja dieser Doppelbock teilweise mit 3,8% schon an und geht dann hoch vielleicht so auf 5 oder 5,3, irgendwie so, als Maximum, also bewegt sich in ganz anderen Kategorien auch wir das heute kennen. Haben die das damals trotzdem auch schon als Starkbier, Doppelbockbier empfunden?

Andreas: Ja, also es galt auf jeden Fall als Starkbier. Ich glaube aber, die Stärke hat sich da nicht ausschließlich auf den Alkohol bezogen. Es ist natürlich schwierig zu sagen, wie die Wirkung so insgesamt war, aber es muss ein unglaublich süßes Getränk gewesen sein. Ich weiß jetzt leider nicht im Detail, wie das jetzt auf den menschlichen Körper wirkt, so sehr viel Zucker und dann das kombiniert mit Alkohol, was dann da so das Ergebnis ist, also ob man da schneller betrunken wird oder weniger schnell. Es gibt aber zumindest historische Berichte, dass die Leute zur Starkbierzeit in der damaligen Zacherl Brauerei, was heutzutage Paulaner ist, die haben da schon ordentlich getrunken und war da so besoffen, dass sie da auch Schlägereien angefangen haben. Also ich habe da einen Bericht in einen von meinen Büchern zitiert, also ich glaube, das war in meinem ersten Buch, wo so Soldaten so betrunken waren oder das Publikum so betrunken war, dass da Soldaten mit irgendwie Zivilisten einen Streit angefangen haben und das ist dann zu einem richtigen Gemetzel ausgeartet. Das ist jetzt nichts, was, ich sage mal, jetzt einfach so anfängt, wo da sicherlich auch, ich sage mal, die starke Trunkenheit des Publikums da einen großen Einfluss gehabt muss.

Markus: Ja, auf jeden Fall, also ich habe das auch in meinem Buch erwähnt und die haben sich ja wirklich Maßkrüge um die Ohren geschlagen, also das schon. Und das ist natürlich, wenn man das als Wurfgeschoss verwendet, ist so ein Maßkrug schon nicht ohne. Ich glaube auch und ich glaube, du bist da völlig auf der richtigen Fährte. Weil die Süße, also heute ist es ja allgegenwärtig und grade, wenn man dann vielleicht mal nach Amerika oder Japan oder sowas fährt, da ist es ja noch extremer, wie extrem süß manche Kulturen heutzutage drauf sind. Damals, muss man aber sagen, kam die Menschheit ja eher aus einer Zeit, wo viel eher sauer war und da war, glaube ich, dieses Süße tatsächlich nochmal was Besondereres und was, was man sich gegönnt hat. Und wenn man dann wieder in deine Statistiken schaut, habe ich zum Beispiel hier gesehen, so das ganz normale Weihenstephaner Bier hatte 1878 hier einen Alkoholgehalt von 4,06 bei 5,49 Extrakt. Einfach nur als Verhältnis, wenn man dann zum Beispiel von Löwenbräu den Salvator nimmt, da sind wir ein paar Jahre später, 1896, bei 4,2% -Alkohol, also gar nicht mehr viel mehr, aber 9,7% Extrakt. Also das heißt, dieses Bier muss extrem viel süßer gewesen sein. Und das zieht sich natürlich entsprechend durch. Also ich glaube, da hast du völlig Recht, dass diese Süße dann für die Leute also einerseits vielleicht dieses Getränke nochmal attraktiver und süffiger gemacht hat, dass man es auch schneller und mehr davon trinkt. Und vielleicht, also da müssten wir jetzt noch einen Arzt dazu ziehen, vielleicht der Zucker dann auch nochmal dazu beiträgt, dass der Alkohol schneller wirkt, das weiß ich nicht. Aber auf jeden Fall, wenn man mehr davon trinkt in einer kürzeren Zeit, dann logischer Weise entfaltet das auch seine Wirkung. Also finde ich auch spannend. Und das ist eben das Tolle, dass du diese Statistiken im Buch hast, wo man sowas dann nachvollziehen kann und auch wirklich mal die Dinge vergleichen kann, das finde ich wirklich eine ganz, ganz spannende Geschichte. Ja, vielleicht eins noch, wie kommt man denn auf solche exakten Werte? Also das hat doch damals keiner irgendwo hingeschrieben, wie viel % das genau hatte oder gibt es das?

Andreas: Das gibt es. Also im 19. Jahrhundert gab es schon Brauwissenschaftler, die da relativ viel Aufwand reingesteckt haben, um die Biere zu analysieren. Also es gibt da so ein paar Quellen, also die sind da schon ordentlich rangegangen und haben da quasi alles, was sie irgendwie an Bieren zur Verfügung hatten, haben die einfach untersucht. Das war auch immer so eine Streitfrage, also da gab es teilweise so Streit zwischen verschiedenen Wissenschaftlern, welche analytischen Methoden man verwendet. Also diese Methoden sind ja auch teilweise dokumentiert und es ist alles ziemlich aufwendig. Von daher war das, was Balin gemacht hat mit seiner Attenuationslehre, das man über quasi das Spindeln und die Stammwürze und den Restextrakt, dann über alles Mögliche an Formeln, auf den genauen Alkoholgehalt kommt. Da hat der schon eigentlich eine ziemlich revolutionäre Arbeit geleistet, weil das einfach das einfachste und gleichzeitig effektivste so Analysemittel ist, wenn es um die Stärke von Bier geht, im Vergleich zu dem, was alles vor ihm da war.

Markus: Na, also faszinierend. Also wie gesagt, das muss man sich unbedingt anschauen. Da könnt ihr euch schon drauf freuen, wenn ihr rein schaut, kann man wirklich gut nachvollziehen, wie sich das Brauen so entwickelt hat. Was ich auch toll fand, war einfach eine Seite, wo man mal die historischen Maßeinheiten umrechnet. Also was bedeutet denn zum Beispiel eine Maß Bier in dieser Zeit oder so etwas wie ein Scheffel, ein Pfund, ein Zollpfund, ein Schuh. Also das alles sich mal vor Augen zu führen, wo sind wir da in heutigen Maßeinheiten, das finde ich ganz, ganz toll. Erinnert mich, ich habe mal ein Kochbuch von einer Urururgroßmutter von mir gefunden, was ich total spannend fand, aber wo dann eben ausschließlich Maßeinheiten verwendet worden sind, mit denen man überhaupt nix anfangen konnte. Und was dann auch total schwer war, wir haben da Stück für Stück das nachvollzogen, wie viel das dann jeweils bedeutet. Und es ist natürlich beim Kuchen schon ein Unterschied, ob ich jetzt nach heutiger Lesart 20 Gramm oder 200 Gramm von irgendwas darein schmeiße. Und das ist auf jeden Fall auch spannend. Also uns vielleicht zum Schluss nochmal kurz auf dein Wiener-Lager-Buch zu sprechen kommen. Also ich habe ja alle 3 deiner Bücher, aber das Wiener Lager habe ich am allermeisten gelesen, weil ich über den Bierstil vorher noch am wenigsten wusste. War das für dich etwas, wo du dann diesen Bierstil dann im Zuge dann dieses Buches entdeckt hast oder war es andersrum, hast du erst den Bierstil für dich entdeckt und dann dieses Buch geschrieben?

Andreas: Also es hat so angefangen, dass ich, ja, ungefähr zu der Zeit, wo ich angefangen, über das Heimbrauen zu bloggen, ist mir der Wiener-Lager-Bierstil einfach untergekommen. Also man den, also grade, wenn man so in Craft Beer und so damals reingekommen ist, man hat relativ viel über Bierstile und so gelesen und ich habe mir gedacht, hm, Wiener-Lager-Bier, was soll denn das sein? Also es gab zu dem Zeitpunkt jetzt kein Bier in Österreich, wo ich gesagt hätte, das ist jetzt genau dieser Stil. Also mir war damals überhaupt nicht klar, wo kommt diese Beziehung zu Wien oder zu Österreich her. Dann habe ich mal mich da mal ein wenig eingelesen, habe ein paarmal so Wiener Lager selbst bei mir Zuhause gebraut. Zuerst einmal, ich sage mal, ein Modernes, was mit ganz gut geschmeckt hat, wo ich mir gedacht hab, ja, also ich verstehe die Attraktivität des Bierstils an sich. Und dann habe ich einfach so über die Zeit hinweg, ja, einfach immer wieder mal so ein wenig was gelesen, hab so ein paar historische Quellen gefunden, dann das so ein wenig, ja, versucht zu kombinieren oder mal so rauszufinden, was könnte denn ein historisches oder eine Annäherung an ein historisches Rezept so gewesen sein und habe dann mal so ein quasi Historisches gebraut. Und das ist dann auch ein Kapitel geworden in meinem ersten Buch. Und dann, also nachdem es veröffentlicht war, haben so ein paar Freunde von mir gemeint, so das Thema Wiener Lager, das ist doch etwas, was eigentlich noch überhaupt nicht so gut herausgearbeitet ist und das es da eigentlich relativ wenig gibt. Und die haben mir dann auch so eine Quelle, die sie selber gefunden haben also so von historischen Beschreibungen gegeben. Und das war dann so der Zeitpunkt, wo ich mir gedacht hab, eigentlich könnte ich da quasi noch mehr Zeit rein stecken, weil das scheint wohl schon etwas gewesen zu sein, was sehr populär war zur damaligen Zeit, was aber heutzutage oder, ich sage mal, vor Erscheinen von meinem Buch, eigentlich kaum noch bekannt war und eigentlich nur am Leben gehalten worden ist, so ein wenig, durch amerikanische Craft-Brauereien. Und, ja, das war dann für mich total spannend, also ich habe da so unglaublich viel entdeckt über Biergeschichte in Österreich. Das war bisher, also für mich, das mit Abstand spannendste Projekt, weil, ja, da einfach sehr plötzlich so viel zusammengekommen ist und ich wirklich gemerkt hab, ja, da gab es noch eine Lücke von einem eigentlich historisch wirklich wichtigen Bier, das aus welchen Gründen auch immer, nie so wirklich gut dokumentiert geworden ist.

Markus: Ja, das ist ja auch wirklich ein Bier, was die Welt erobert hat quasi mit den Auswanderern aus Österreich, Österreich-Ungarn, die dann eben da, wo sie dann angekommen sind, auch ihr Wiener Lager praktisch gebraut haben und damit das Ganze auch ein bisschen am Leben erhalten haben. Und, ja, also ich finde es ein großartiges Buch auch. Ich habe ja bei den Rezessionen auch gelesen, weil einige sagen, es ist die Bibel des Wiener Lagers sozusagen, also das ist auch wirklich großartig. Und, ja, vielleicht da so als letzte Frage, wie reagieren denn die Leser so, kriegst du Zuschriften, grade auch, weil du jetzt ja auf Englisch publizierst, ist das dann eher so aus der amerikanischen Welt oder wie kriegst du da so Feedback auf das, was du da so anstellst?

Andreas: Ja, also gelegentlich kriege ich immer wieder Emails, ja, Direktnachrichten auf verschiedenen sozialen Medien, wo ich aktiv bin. Das Feedback ist generell ein sehr positives, also die Leute finden die Thematiken wirklich spannend, wirklich interessant, sind dankbar dafür, dass das so jemand aufschreibt. Und generell, also meine Wahrnehmung ist, das insbesondere in den USA, dass es da ein unglaublich großes Interesse gibt an historischen Bier und an, ich sage mal, europäischer und auch speziell deutscher Bierkultur, dass die quasi alles aufnehmen, was dazu publiziert wird und alles, was es da quasi noch zu entdecken gibt, wird da wirklich sehr, sehr dankbar angenommen. Und ich freue mich da auch jedes Mal darüber, weil, also für mich hat das Ganze angefangen als so ein Hobby im Wesentlichen und es ist auch jetzt noch ein Hobby. Also ich verdiene zwar so ein wenig an Tantiemen damit, aber reich werden kann man damit auf keinen Fall. Und von daher, dann so zu hören, dass sich da Leute wirklich drüber freuen und das sie so die Biere nachbrauen und das sie eine unglaubliche Freude an dem Resultat haben, also an den Bieren selbst und dann auch die Geschichte dazu total spannend finden, also das ist für mich auch unglaublich befriedigend.

Markus: Ja, also das kann man auch mit Fug und Recht behaupten. Und ich glaube, das ist auch so ein bisschen das Geheimnis, dass du dich tatsächlich irgendwie an alle wendest. Also ich sage das immer sehr ungern, weil so everybodys darling ist auch everybodys Depp, aber es trifft halt einfach zu, weil du einerseits eben für die Hobbybrauer die Rezepte lieferst, verschiedene Varianten dazu und entsprechend auch zu den Zutaten dann die Tipps gibt, die man braucht. Und auf der anderen Seite aber auch jeden, der sich jetzt zum Beispiel für die Geschichte, für die Herleitung interessiert, so ein bisschen auf deinen Rechercheweg mitnimmst und man es wirklich so hautnah nachvollziehen kann, wie du das dann Stück für Stück entdeckst und hier eine Quelle und dann passt das da zusammen. Und so kommt man dann Stück für Stück zu diesem ganzen Bild und das macht das, glaube ich, so lesenswert und für jeden interessant, weil eben jeder seins finden kann und dich dabei begleiten kann und sich dann auch das raus picken kann, was einen ganz besonders interessiert. Also in der Hinsicht auch von meiner Seite nochmal vielen Dank für diesen Aufwand, den du da betreibst. Also weil, ich kann selber aus eigener Erfahrung sagen, reich wird man mit Büchern nicht. Aber es macht natürlich Spaß und das ist auch ein tolles Gefühl, wenn man so das erste Mal was in den Händen hält, was man eben selber geschrieben hat, was dann als Buch rauskommt, das entschädigt einen dann vielleicht auch so ein bisschen. Also von meiner Seite aus vielen, vielen Dank für deine Zeit, für die Infos und natürlich, wie gesagt, nochmal für deine Arbeit. An die Leser nochmal der Tipp, also deckt euch unbedingt ein, noch gibt es alles eben auch käuflich zu erwerben auf den bekannten Kanälen und der Andreas ist ja auch nicht aus der Welt. Also wir werden auch in den Shownotes entsprechend die Bücher verlinken, auch den Blog verlinken. Und, ja, also nochmal vielen, vielen Dank und dir heute auf jeden Fall noch eine schöne Zeit.

Andreas: Herzlichen Dank und nochmal Danke für die Einladung und für das sehr nette Gespräch.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 123 – Interview mit Silvio Reiß, Biersommelier, Gründer und Inhaber von Vintäsch in Stolberg bei Aachen

Silvio Reiß verkaufte in seinem Laden gebrauchte Lederkleidung und Ledertaschen und kam auf die Idee, zur Unterhaltung und Launesteigerung seiner Kunden interessante Biere anzubieten. Schnell kamen mehr Leute für die Wartebank als für die Umkleidekabine, und aus dem Klamottenladen mit Bierbeiwerk wurde ein Bierspezialitätenladen mit etwas Lederdekoration. Auf 50 Quadratmetern stehen nun über 800 Flaschen, viele davon holzfassgereift und Vintage. Der Abschluss als Biersommelier folgte, ab Januar 2024 wird in der historischen Altstadt von Stolberg ein Bierbegegnungszentrum auf doppelter Fläche und mit einem Biergarten seine Pforten öffnen. Für den Podcast haben wir uns an Bambergs höchster Stelle, dem Altenburgbiergarten, getroffen und unter anderem das Geheimnis des Hundes auf Silvios Logo gelüftet…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute mal wieder ganz spannend, das ist ja immer spannend, aber heute ganz besonders spannend aus vielerlei Gründen, einmal sind wir open Air sozusagen  und zwar für Bamberg jedenfalls, ganz oben auf der alten Burg, hier habe ich noch nie eine Podcast aufgenommen. Und wir sitzen bei einem wunderschönen sommerlichen Wetter unter den großen Kastanien und Linden, die es hier gibt und lassen uns so ein bisschen die virtuelle Sonne auf den Bauch scheinen, weil sie ja durch die Bäume aufgehalten. Aber es ist sehr schön, wir sitzen da, wir haben ganz viel Bier. Und wir, dass ist der Silvio, der gleich seinen weiteren Namen komplett aufklären wird, das wird jetzt zu kompliziert, wenn ich das mache. Erst mal schon, das du da bist und, ja, ich hoffe, du bist gut angekommen und fühlst dich hier auch wohl.

Silvio: Herzlichen Dank, dass ich hier in Bamberg sein darf, wie du so schön beim Podcast gesagt hast, eine der europäischen Hauptstädte des Bieres. Und mein Name ist Silvio Reiß, ich führe in der Nähe von Aachen in Stolbergdorff, mit doppel-f, einen Bierspezialitätenladen und der heißt Vintäsch. Vintäsch ist ein Wortspiel gewesen aus Vintage und das rheinische Wort Täsch, weil ursprünglich habe ich mal angefangen nur mit gebrauchten Lederklamotten, Ledertaschen zu handeln. Und wie ich den Laden aufmachte, kam mir dann die Idee, damit dann morgens einer kommt, nachmittags nicht was ruhiger wird, habe ich dann so gesagt, okay, dann werde ich mal ein wenig Bier in den Laden rein tun und fängst du einfach mal mit 120 Sorten bayrischen und belgischen Bieren an. Völlig als alter Jeck erst mal so, wie es mir gefallen hat und wo ich gedacht hab, das schmeckt mir, das könnte auch den Leuten schmecken. Da ich immer auch sehr viel in Oberbayern unterwegs bin, weil Bayern, sage ich immer so ein bisschen, die zweite Heimat ist, ich mag die Lebensart sehr gerne, die Fränkische habe ich auch schätzen und kennengelernt, muss man auch dazu sagen. Aber so gab es diese Bierkonstruktion am Anfang, bayrisch und bayrische Biere. Und dann habe ich 2021, ja, den Biersommelier gemacht in Österreich. Und dann war es dann weg mit gefährlichem Halbwissen, sondern man wollte das so ein bisschen auf ein anderes Fundament bringen. Und mittlerweile habe ich so circa 800 Bierspezialitäten auf 52 Quadratmeter verteilt und ein großes Bags-Repertoire nach wie vor und habe mich mehr und mehr auf Aged-Biere und auch B.A.B.-Biere, also Barrel Aged Biere noch dazu spezialisiert.

Markus: Da muss ich gleich mal einhaken, wenn du sagst, 800 Biere auf 52 Quadratmetern, das klingt so ein bisschen wie nach meiner Biergarage. Also da passt nicht mehr viel anderes rein oder?

Silvio: Nee, die Taschen sind rausgeflogen, ich habe noch ein bisschen schweizer Armeetasche, aber natürlich bin ich an Kapazitätsgrenzen. Und das ist einer der Gründe, warum ich im Januar das Dorf verlasse, in die Altstadt von Stollberg ziehe, die ja überflutet war. Und jetzt gibt es ein Förderungsprogramm und dadurch nutze ich das und fange direkt in der historischen Altstadt an, habe einen Laden, der wird dann 100 Quadratmeter sein. Und bin jetzt grad noch dabei, mit der Stadt eine Ausschankgenehmigung zu bekommen, sodass ich draußen eben auch eine Bierbegegnungsstätte machen kann. Dass ist das, was ich unglaublich möchte und ein bisschen, fast so nach dem Münchner Beispiel, also wenn die Leute im Sommer kommen, ihre Brotzeit mitbringen, dass sie dann eben auch da die Möglichkeit haben, ein vernünftiges, was immer vernünftig ist, Fragestellung, Geschmacksache, ein schönes Bier trinken können, vielleicht einigen wir uns lieber darauf.

Markus: Genau. Und wenn du schon München sagst, du bist ja hier quasi auch im landestypischen Outfit hier mit Lederhose unterwegs. Machst du das Zuhause dann auch im Laden?

Silvio: Ja, selbstverständlich. Also ich habe jetzt, wenn ich wiederkomme, glaube ich, 3 oder 4, 4, mittlerweile 4 Oktoberfest-Tasting-Termine, die habe immer, das wird immer sehr stark gefragt und da bin ich auch authentisch. Jetzt können weiter, natürlich heute im Zeitalter von Politikern korrekt gesagt, ist das kulturelle Aneignung? Nein, sage ich jetzt mal dazu, nein. Weil es ist ja einfach, ich ziehe das an und ist für mich kein Kostüm.

Markus: Ja. Ja und sich eine bayrische Kultur anzueignen, naja, wie auch immer.

Silvio: Ich versuche jetzt nicht Bayrisch zu sprechen, würde ich grandios scheitern.

Markus: ja, ist auch besser so, dann würde uns auch keiner mehr verstehen, also da ist alles in bester Ordnung, aber natürlich sehr cool. Oktoberfest-Tasting heißt dann einfach, die 6 Oktoberfestbiere im Vergleich?

Silvio: Nein, es heißt dazu, dass man natürlich das viel weiter fasst. Bei mir ist es dann eben auch so, dass eben auch der Steffen Marx mit seinem Bier vertreten ist, das ist ja ein werbefreier Podcast, also Giesing auf jeden Fall dabei ist, allein wegen dem Story-Telling und den Kampf, dass er aber auch irgendwann auf die Wies`n kommt, er ist ja jetzt schon Münchner Bier. Natürlich geht es dann noch ein bisschen weiter, so nach der Präferenz, Ayin, für mich einer mit der besten Festmärzen, die es dort in der Region gibt. Gibt aber eben auch ein Märzen aus Österreich, um mal zu zeigen, ist ja auch ein Märzen eben da drin. Und das passt, das ist auch vielleicht gleich der Übergang, es ist immer auch ein Saisonbier dabei aus Belgien, weil es eigentlich auch mit so einwirkt in diese Tradition der Ernte, Erntedankfeste rein kommt. Ja, Oktoberfest ist ja nicht nur dieses Oktoberfest, eine Wies`n, sondern das geht ja bis zur Kita hin, also haben wir eben auch nochmal diese Dankbarkeit für quasi ein fruchtbares Jahr, dass ja in so einem Fest einfach gipfelt und dazu die Idee.

Markus: Da bin ich dir jetzt auch sehr dankbar, dass du das sagst, weil das tatsächlich was ist, was die Leute immer wieder vergessen. Und ich freue mich, wenn ich es dann selber auch immer wieder den Leuten auch nahebringe, weil das Oktoberfest eben in dieser Tradition steht, dieser Erntedankfeste. Und für genau die waren ja diese alten Märzenbiere auch gemacht, dass man dann eben, bevor es dann wieder ans neue Bier geht, nochmal so richtig aus dem Vollem schöpfen kann, was die guten alten Biere angeht. Und, ja, das ist ja toll und wir reden über Bier und sollten natürlich auch eins trinken. Jetzt hast du dankenswerterweise deinen Keller so ein bisschen geplündert …

Silvio: Den Laden.

Markus: … und da stehen jetzt, ja, aber da vielleicht, na gut, wie auch immer, also die würde ich mir zum Teil auch eher in einem Keller vorstellen, aber vielleicht ja beides, egal, also jedenfalls geplündert und jetzt stehen die hier so vor uns rum, sind kleine Flaschen, großen Flaschen. Ja, was denkst du, womit wollen wir anfangen, was hast du dir so überlegt?

Silvio: Tja, was habe ich mir überlegt, ich denke mal, das sage ich hier mal so, ich habe was mitgebracht, was ich denke, was nicht alltäglich ist. Mit dem Bier, was ich mit dem Sebastian Sauer mache von Freigeist, das, denke ich, machen wir ganz zum Schluss, vielleicht auch in die Mitte. Und ich bin großer Belgien-Fan und warum sollen wir nicht einfach versuchen, einfach mal ein schönes Bier von Vapeur zu trinken. Und der Jean-Louis Dietz war so freundlich, beim letzten Besuch, den ich unten hatte mit Journalisten bei ihm, mir einen 99er-Jahrgang oder einen 96er-Jahrgang zu vermachen. Ja und den, sollten wir einfach mal in die Vollen gehen und nicht umgedreht, dass wir uns von unten nach oben steigern, sondern wir gehen einfach, hauen wir uns mal ein bisschen Geschmack aufs Mäulchen.

Markus: Das finde ich auch eine gute Herangehensweise, warum unten anfangen, wenn man auch oben einsteigen kann. Und, ja, da bin ich also schon sehr gespannt. Also wenn du des Amtes walten möchtest oder soll ich walten, wie hättest du es gerne?

Silvio: Nee, ich denke mal, für dich ist das ja auch mal eine schöne Sache. Ich habe ja zwei Flaschen mit, wir haben ja Gott sei Dank eine Vertikalverkostungsmöglichkeit. Dann würde ich sagen, da ich, glaube ich, einen Korkenzieher mitgebracht hab, weil ich das wusste, machst du vielleicht das 22er auf und ich mache das 96er auf.

Markus: Genau. Also einen Notkorkenzieher hätte ich auch, aber ich glaube, deiner ist besser.

Silvio: Ach, ob es besser ist, weiß ich ja nicht.

Markus: Doch, weil deiner hat die Weinoption und meiner ist eher so von einer Brauerei, der ist ein bisschen kleiner. Aber jetzt machen wir hier mal, ja, jetzt, so. Und da muss man den Hörern vielleicht noch sagen, einfach damit sie sich das ein bisschen vorstellen können, korrigier mich bitte, wenn ich was Falsches sage, aber Vapeur ist wahrscheinlich die letzte Brauerei auf der Welt, die noch mit einer Dampfmaschine arbeitet. Also ich selber habe mal eine Brauerei in Sachsen-Thüringen besucht, das ist aber schon 10 Jahre her, ich glaube, der hat mittlerweile aufgehört und es gab mal den Wurm in Pappenheim, der hatte auch noch eine gehabt. Ich glaube aber fast, dass die auch nicht mehr in Betrieb ist. Weitere weiß ich, es gibt, glaube ich, noch eine in Belgien, die ist aber auch vor Kurzem verkauft oder zumindest verändert worden, also insofern wahrscheinlich die letzte Brauerei. Und das heißt, man muss sich das so vorstellen, man hat einen Raum, in diesem Raum steht in der Mitte sozusagen der Sudkessel beziehungsweise auch gleichzeitig Läuterkessel in dem Fall und dahinter steht die Dampfmaschine. Also großes Schwungrad und dann kommt das Ganze eben in Schwung, wie man so schön sagt, dann über Transmissionsriemen wird die Energie übertragen und so läuft dann eben der ganze Laden unter Dampf, deswegen heißt es auch a Vapeur. Und, ja und der Jean Louis hat das Ganze mal übernommen vor 40 Jahren ungefähr, denke ich mal. Am Anfang war es ein Hobby, eigentlich ist er Lehrer und hat dann aber nach und nach, ja, Nebenerwerb ist das falsche Wort, einfach als Liebelei, das Ganze gemacht, geführt mit seiner Frau zusammen. Und, ja, jetzt habe ich lang genug geredet und die Flasche ist auf. Und, ja, aber so ist es und das ist einfach insgesamt ein unglaubliches Erlebnis, sowohl was den Laden angeht als auch was die Menschen angeht. Jetzt hören wir hier das Bier, danke schön. Und er macht eben ganz faszinierende Biere, perfekt, mit dieser uralten Anlage und hat auch ein ziemlich breites Portfolio sogar, was er so hat.

Silvio: Muss man einfach auch mal riechen, finde ich.

Markus: Ja. Und ich muss sagen, also ein Bier von 96 hatte ich schon ewig nicht mehr, wenn ich es überhaupt schon mal hatte. Also das Älteste, wo ich mich grad erinnere, war ein Bali-Wein von 99.

Silvio: Beim letzten Besuch hat er eins von 86 aufgemacht, Jean Louis, aus seinem ersten Batch.

Markus: Boah!

Silvio: War auch ein Erlebnis.

Markus: Vielen Dank.

Silvio: Santé oder Gesundheit, wenn man so schön in Belgien bliebe.

Markus: Ja. Also vielleicht kurz für die Hörer beschrieben, wir habe hier ein karamellfarbenes Bier, würde ich sagen. Der Schaum ist natürlich über die Jahre so ein bisschen verloren gegangen, es ist aber noch etwas Karbonisierung da auf jeden Fall. Es liegt auch ordentlich im Glas. Wir haben, glaube ich, so 12% rum oder?

Silvio: Ich schätze mal. Ich glaube, er hatte, glaube ich, 9,5 gestartet.

Markus: Ja, aber es geht ja dann weiter.

Silvio: Es geht ja weiter. Könnte so hinkommen, vermute ich mal.

Markus: Also auf jeden Fall eine zweistellige Zahl. Das sieht man auch schön, wie das hier so im Glas ein bisschen vor sich hin …

Silvio: Also um es mal in deinen Worten zu sagen, du würdest ja immer sagen, der Schaum steht wie eine Eins, hier kann man sagen, der Schaum steht wie eine null.

Markus: Wie eine null, ja, genau. Aber, nee, das ist ja auch nicht wichtig, also bei so einem Bier mit der Geschichte muss das auch nicht sein. Ja und in der Nase, da ist tatsächlich, da ist eine schöne Mischung da aus den Alterungsnoten, so Wein, natürlich Rosinen. Aber dann geht es auch so in so frischere Früchte, so erdbeerige Noten, finde ich. Ich weiß nicht, wie geht es dir so?

Silvio: Ja, so ein bisschen Erdbeere, da kann ich auf jeden Fall mit dir gehen. Ich habe es natürlich jetzt einfach, weil du zuerst gerochen hast und ich natürlich auch schon einmal es auch schon kenne. Aber natürlich, finde ich, hier hast du auch volle Lotte Cider-Noten drin.

Markus: Stimmt.

Silvio: Also ich finde, so richtig Cider-mäßig so, finde ich so. Und in dieser Dörrobstsensorik, die du grade schon mal ein bisschen beschrieben hast mit Rosine, kämpfe ich immer noch so ein bisschen mit hier so Apfel, so ein Dörrapfel, so ein bisschen was.

Markus: Diese Apfelringe, die so, ne.

Silvio: Ja, Apfelringe. Und ich kann eine gute Karamellnote, finde ich, ziemlich wahrnehmen. Und hinten nochmal so leicht was Gewürziges, so in Richtung Pfeffer, leicht.

Markus: Ja. Und ein bisschen Toffee vielleicht noch.

Silvio: Ja, so Toffee, genau.

Markus: Also auf jeden Fall vom Geruch her total faszinierend, das ist schon mal wunderschön. Dann trinken wir jetzt mal ein Schlückchen. Ja, also wenn man überlegt, dieses Bier ist 3 Jahre nach meinem Abitur gemacht worden, lang, lang ist es her. Hat sich besser gehalten als ich, muss ich sagen.

Silvio: Ja, es ist natürlich, hier kommt auch das, was wir eben so sagten mit dem Apfel, finde ich, ziemlich stark durch, auch mit der Säure. Ich würde vorschlagen und das ist jetzt mal das Erfahrungswissen, was ich jetzt Gott sei Dank mit dem Bier hab, wir vergessen das jetzt mal für 10 Minuten.

Markus: Lassen wir es mal ein bisschen stehen, ja.

Silvio: Weil, ich vermute oder ich denke, dass da vielleicht in 10 Minuten noch mit der Oxidation, noch einiges passieren wird.

Markus: Auf jeden Fall. Also was den Apfel angeht, bin ich übrigens komplett bei dir. Also der hat sich jetzt noch mehr entwickelt, finde ich und auch die Säure, sie ist da, aber sie ist nicht zu stark. Also ist eine schöne …

Silvio: Ich bin immer so am schwanken, ob es so wie in die Richtung Boskoop-Backapfel geht, so war ich jetzt so grade ein bisschen kämpfen, weil es keine Elstar-Säure ist, sondern eher so eine klassische Backapfelgeschichte.

Markus: Ja und man hat auch vom Boskoop diese dicke Schale, dieses Rustikale, das passt ja da irgendwie auch total ins Bild, ne.

Silvio: Aber wir haben eigentlich was vergessen dazu, ne.

Markus: Ja.

Silvio: Vielleicht müssen wir das leicht kontern mit einem schönen Foodpairing-Käse, die wir ja da haben.

Markus: Auf jeden Fall. Also das muss man dazu sagen, der liebe Silvio hat ja auch noch andere Sachen eingepackt, nämlich hier ein bisschen Käse. Also welchen, kannst du ja gleich noch selber sagen und ein Würstchen. Ja, was für Käse haben wir?

Silvio: Ich habe mitgebracht von Pastel den Abtei-Käse, also der alte, der bis zu 24 Monate gereift ist. Ich nenne ihn immer, um es ein bisschen einfacher zu machen für die Leute, den belgischen Parmesan. Werden wir gleich mal, damit sie merken warum, ich label mal und ohne was zu sagen. So und dann habe ich mitgebracht von Dupont den Moientte, der ist dann auch in dem Blonde von denen gewaschen, soweit ich es verstanden habe, drei Monate alt. Ich habe ihn jetzt noch von der letzten Reise, ist er jetzt vier Wochen da. Und ich habe was mitgebracht, damit wir schön in Bayern noch sind, ein schönen Kaminwurzen von einer schönen Landmetzgerei, schön dunkel geräuchert. Weil ich gesagt hab, wenn wir schon in Bamberg sind, dann muss das Ding auch Rauch haben.

Markus: Sehr gut.

Silvio: Ich muss mich da ja auch ein bisschen anpassen. Das war so die Idee, die ich dabei hab. Und du warst ja freundlicherweise sogar und hast einen Orval-Käse, glaube ich, mitgebracht.

Markus: Genau, noch den alten Orval, weil ich hab ja auch grade erst die Ecke so ein bisschen besucht und überall ein bisschen Käse eingepackt. Und, ja, da bin ich jetzt sehr gespannt, den können wir jetzt auch gleich noch dazulegen. Und, ja, wie machst du das normalerweise, wenn du mit Leuten so Bier und Käse machst?

Silvio: Bei mir gibt es kein Tasting ohne Käse, es gibt kein Tasting ohne Schokolade, sondern das ist bei mir mit in meinem Tasting-Programm drin, weil ich der Überzeugung bin, dass ein reines Bier-Tasting zu kurz gesprungen ist. Das ist so die Erfahrung, die ich gemacht habe und das ist die Erfahrung, die ich dann auch zurückgemeldet bekommen habe. Das ist einfach so, es gibt immer einen Abtei-Käse, es gibt immer auch was dazu. Wenn wir zum Oktoberfest gehen, gibt es natürlich eben auch einen Obazda und dann gibt es eben auch einen schönen Bergkäse oder Heumilchkäse, damit man eben auch dieses Bier einfach nochmal auf einen ganz anderen Level damit schieben darf. Damit die Leute auch sehen, dass Bier zugleich sein kann wie Wein. Wir wissen, es ist besser …

Markus: Ja!

Silvio: … aber wir müssen ja erst mal anfangen damit.

Markus: Das stimmt, ja.

Silvio: Das sind aber die Erfahrungen, die ich gemacht hab eben auch durch die Tasting-Formate, die ich in der Gastronomie dauerhaft führe. Das heißt, so einmal in der Woche bin ich in irgendeinem Gastronomiebetrieb und mache zum Beispiel Diner and Beer, gibt es ein Dreigangmenü und ich mache 6 abgestimmte Biere. Es gibt immer wieder ein neues Menü, es gibt natürlich auch immer wieder neue Biere oder Beef and Beer und dann ist wirklich 6 verschiedene Cuts und 6 verschiedene Biere dazu. Und dann gibt es eben noch zwei, drei andere Formate, die ich noch im Kopf habe, die grade im Entwickeln sind und so wie es ausschaut, im Oktober wird es dann vielleicht schon Fisch und Bier geben.

Markus: Das ist auch spannend.

Silvio: So, das sind sozusagen so Dinge. Und das ist, was ich so gemerkt hab, da holt man adere Leute ab auf einer anderen Ebene, weil sie eh entspannt sind und dann ist der Zugang sehr oft ruhiger, weil die wollen einen genussvollen Abend haben. Ich versuche immer sozusagen, ich bin bei der Gastronomie immer nur der I-Tüpfelchen-Macher, wenn der Koch, der eben das nahrungsmittelhandwerk ist. Das ist ja einer der Gründe, warum ich den Biersommelier gemacht habe oder auch du da auch ja aktiv bist, dieses Nahrungsmittelhandwerk, das müssen wir eigentlich wieder viel mehr in das Bewusstsein der Leute bringen, dass das auch Kunst ist. Das man wirklich sieht, dass ein Koch, ein Bäcker, ein Metzger, ein Brauer, und damit schließt sich wieder der Bogen, es verdient hat, wieder mehr gefeiert zu werden, mehr Zelebration und mehr Respekt dem gegenüber bringen. Und da schwingt natürlich eben die Nähe zu Belgien unglaublich rein, wo man sieht, dass das eben was ganz anderes ist, wieder eine andere Kultur ist, die Bierkultur sowieso, aber auch die gepaarte Essenskultur, die wir dort haben.

Markus: Glaubst du, dass das auch einer der Gründe ist, warum es bei dir dann entscheidend funktioniert? Also weil, wenn ich überlege, also es ist hier in Bamberg schon sehr schwer Leute zu motivieren, für einen vernünftigen Preis so ein Bier- und Käse, Bier- und Schokolade-Tasting zu besuchen oder ein Bierkulinarium, solche Dinge. Wir haben ja schon viel probiert und machen auch viel, in Nürnberg hatten wir mal eine Zeitlang was etabliert, das ist aber mittlerweile auch eingeschlafen, in München war es auch schwierig. Und viele Kollegen erzählen ja auch, dass sie das nicht umgesetzt bekommen, weil die Leute einfach nicht bereit sind, das entsprechend zu honorieren, also diesen Genuss dann eben auch so zu nehmen, wie er ist. Ich könnte mir vorstellen, bei dir in der Ecke ist das vielleicht ein bisschen anders durch die Nähe zum Genuss zu Belgien, zu Frankreich. Sind da die Leute vielleicht ein bisschen offener oder wie geht es dir da?

Silvio: Ich denke, das hat nicht nur was mit der Offenheit zu tun. Ihr habt grade hier in Bayern, ich sage jetzt mal, Franken mit Bayern, also das Bundesland Bayern, ihr habt eine so gute hohe Lebensmittelqualität in den Gastronomien, die danach schreit, eine richtige Bierbegleitung zu bekommen. Jetzt können wir heute langer drüber reden, Brauereibindung hin und her, ich denke, das ist einer der großen Faktoren, die wir da haben. Aus dem belgischen Kontext weiß ich zum Beispiel ist es so, dass du zwar eine Brauereibindung in dem Sinne hast, ich sage mal, du hast 5 Hähne, 4 werden von der Brauerei besetzt, aber der fünfte Schuss, den hat der Wirt frei und er kann bestimmen, was er daran macht und in seiner Bierkarte ist es vollkommen egal. Das wäre vielleicht auch ein Weg aufzuzeigen, diese Vielfalt rein zubekommen. Weil, manche Bierstile funktionieren zu manchen Essen einfach nicht, die da angeboten werden und dann ist der Wein dem wieder überlegen. Ist einfach so, ist die Erfahrung. Und, denke ich, wir müssen vielleicht umdrehen, vielleicht, ich bin nicht günstig, also ich sage mal, das Beef-and-Beer-Format, das geht bei 90 Euro los und endet bei 129 und es ist fast immer ausverkauft. Die Dinner-and-Beer-Geschichte liegt um die 80 Euro. Das ist jetzt auch schon mal erst mal ein Geld. Ich denke, vielleicht sollten wir es auch nicht so klein machen, sondern im Gegenteil, interessanter machen, das ist vielleicht einer der Wege. Ich bin immer so einer, der eher eine Philosophie hat, eher oben anzugreifen. Und 80 %, sage ich jetzt mal ganz böse, der Fernsehbiertrinker werden wir im Leben nicht erreichen. Aber die Leute, die sagen, ich trinke immer nur Wein oder ich trinke nur eine Destillation oder Spirituose, die gehen bei solchen Sachen unglaublich ab, kann ich so sagen, weil es für die eine ganz neue Genusserfahrung ist. Und die haben auch die Wertschätzung. Oder, andersrum sage ich immer, all meine Biere sind alle preiswert, sind alle den Preis wert. Und ich glaube, das ist so, wo wir vielleicht auch uns ein bisschen klein machen.

Markus: Absolut. Und wo ich auch finde, dass viele Kolleginnen und Kollegen vielleicht auch selber so ein bisschen dann davon ausgehen, dass sie es günstig machen müssen, weil sie denken, dass die Leute das sonst nicht wollen. Und ich glaube, das ist grade der falsche Ansatz, also es muss passen. Aber da können wir später noch reden, wir müssen uns, glaube ich, jetzt mal mit dem Käse beschäftigen und mit der Wurst und mit dem Bier und überhaupt. Womit fangen wir an?

Silvio: Auf was hast du Lust? Ich hätte da so einen Fingerzeig.

Markus: Die Lust ist völlig ungebrochen, aber du hast mich grade so ein bisschen gekriegt, als du gesagt hast, der belgische Parmesan, weil das klang jetzt wirklich ganz spannend. Ich nehme mir jetzt hier einfach mal so ein Stück.

Silvio: Ich habe ihn jetzt so gelabelt. Also das ist natürlich, Parmesan …

Markus: Da muss er jetzt durch.

Silvio: … Parmesan ist ja eine regionale Bezeichnung, die geschützt ist, muss man auch mal dazu sagen.

Markus: Aber es ist so, also ich rieche grade an diesem Käse und es ist tatsächlich sehr Parmesan-Like oder auch wie ein alter Gouda, also da kommt man so in diese Richtung, sehr schön. Schaut erst mal ein bisschen anders aus, ein bisschen heller, aber toll, auch fest. Probieren wir mal. Also ich bin bei dir, viel Umami, auch ein bisschen Karamell, ein schöner intensiver Käse. Ich hoffe, ihr hört uns jetzt nicht schmatzen.

Silvio: Das ist glücksseufzen, nicht schmatzen.

Markus: Dann greifen wir mal zu diesem alten Bier, das mittlerweile ja ein bisschen steht. Ja, sehr interessant, also weil, der Käse hebt die Säure fast auf und dann kommt auch wieder so ein bisschen Malzcharakter. Und dann kommt auch dieser Apfel wieder, aber witziger Weise dann eher wie so ein Apfelkompott, also mit ein bisschen Süße, mit ein bisschen Gewürzaromen, aber noch eindeutig als Apfel erkennbar, schön.

Silvio: Quasi wie so eine Apfel-Mousse, so könnte man das versuchen so zu umschreiben. Ich finde, es ist ein echt sehr toller Käse. Und der geht in meinen Tastings, ist der immer weit vorne. Wenn die Leute sagen, den, der ist einfach perfekt. Also es gibt Dinge, die sind einfach auch perfekt und das, finde ich, ist so. So wie es perfekte Biere gibt, gibt es auch perfekte Käse, um das einfach mal so zu sagen.

Markus: Absolut. Und ich finde, in der Kombination hier ist es auch schön, weil er einerseits wirklich Power hat, aber nicht zu viel, sodass das Bier trotzdem noch schön da drüber kommt, also dass die sich schön wieder vereinigen können. Und damit ist es eben möglich, dass es da ein Zusammenspiel gibt und das macht der sehr schön.

Silvio: Ich finde auch, dieses Pfeffer und Salz kommt ganz gut jetzt dazu. Dieses Salz von dem Käse und dieses Pfeffrige, was wir jetzt eben auch haben, das Chochonne ist ja auch noch mit Pfeffer verbraut und da merkt man doch auch, dass da so diese leichte Pfeffernote doch noch sehr gut andocken kann. Ich vermute, mit dem Jungen wird es noch ein etwas anderes Erlebnis sein, dass du dann eben hast.

Markus: Tut mir leid, ich hatte jetzt nur drei Gläser dabei.

Silvio: Ja, ich kann ja schnell austrinken und dann auffüllen.

Markus: Oder so, genau. Oh ja, das stimmt. Also wir haben auch das junge Cochonne jetzt hier, das natürlich noch ein bisschen mehr Biercharakter hat. Und da, muss ich sagen, da kommen mit dem Käse diese Gewürznoten total schön rüber und es wird auch floral, es wird auch Honig. Also ein sehr, sehr dichte Spanne, eine langanhaltende Aromatik, schön.

Silvio: Und wir sind wieder, für mich einer der schönste Bierstile, die die Belgier bieten können, ich sage immer, der große wallonische Bierstil ist Saison.

Markus: Saison, ja.

Silvio: Also für mich eins der exzellenten Speisebegleitungsbiere, die wir in dem Repertoire haben. Es ist immer in den Dreigangmenüs, ist immer ein Saison dabei, weil es einfach passt, also wenn es da irgendwas Fischiges gibt oder eben das Schweinefleisch, das Bier schiebt das immer dahin. Dieser Weißweincharakter, dass das auch immer bietet, finde ich immer einfach toll.

Markus: Also dass ist ein unglaublich komplexer Bierstil, ja, der eben an so vielen Seiten andockt. Also einerseits mit diesen ganzen Hefearomen, dann aber trotzdem auch mit einer ordentlichen Hopfengabe und einem schönen Malzkörper, also da ist alles so ein bisschen dabei. Und dann hat man halt noch die Saison-Varianten, wo da mit Gewürzen, mit Kräutern gearbeitet wird und das ist dann natürlich insgesamt echt ein ganz, ja, komplexer spannender Bierstil. Du greifst zur Kaminwurz.

Silvio: Ja, ich muss jetzt mal, weil ich denke, jetzt versuchen wir mal, ob das Saison da mitmacht.

Markus: Ha, Raucharoma, wunderbar.

Silvio: Auch ein Gedicht.

Markus: Die beiden können echt gut miteinander.

Silvio: Ja, das ist bei mir dann auch oft so, dass ich eben, wenn ich Nachhause gehe zu den Leuten, ich nennen das immer Tasting at Home oder sowas, wo ich dann immer sage, ich bringe immer Käse mit, ich bringe auch immer Schokolade mit und sie sagen mir, was sie kochen und ich bringe ihnen die passenden Biere dazu mit. Das ist also immer eine Überraschung. Die sagen, es gibt das, das und das, heute werden wir grillen, heute gibt es Auflauf, heute gibt es Fisch, sagen die, heute gibt es Zander, habe ich auch schon gehabt und dann versuche ich immer dann eben aus dem Repertoire, und da ist einer der Vorteile eben, dass ich dann eben über das Sortiment verfüge, ich der Meinung bin, dass ich das richtige Bier dazu finden kann.

Markus: Ja und man hat auch gleich automatisch das richtige Mitbringsel sozusagen und dann noch diesen Effekt, dass man sagt, ich bringe da was mit und das macht alles zusammen nochmal besser.

Silvio: Ja, ich denke schon, kann man so sagen, ja.

Markus: Und ich muss sagen, also jetzt grade bei dieser Kombination, damit wir das auch ein bisschen erklären, wir haben diese Kaminwurz, die an sich vor allem rauchig ist und dann relativ fett rüber kommt und, ja, dann kommen auch ein bisschen Gewürze, aber das ist nicht so ganz rund. Mit dem Bier wird das aber rund, da geht der Rauch ein bisschen zurück, das Fett reduziert sich auch so ein bisschen. Auf einmal kommt dann tatsächlich auch der Malzkörper von dem Bier und ersetzt vielleicht so ein bisschen das Brot, das wir jetzt nicht zur Wurst haben, dadurch wird es auch ein bisschen runder. Und ist dann auch, also wenn ich jetzt so die Wurst nehmen würde, dann könnte ich zwei, drei Bissen nehmen und dann wäre ich damit auch durch, aber in der Kombination mit dem Bier, kann man dann auch die ganze Wurst essen, also insofern …

Silvio: Hast du es mit dem Jungen auch mal probiert?

Markus: Noch nicht.

Silvio: Okay.

Markus: Aber, wir können uns ja steigern, kein Problem.

Silvio: Ach, um Gottes Willen, so habe ich das nicht gemeint.

Markus: Schauen wir mal. Also da, finde ich, kommen diese Weinnoten sehr viel intensiver, das wird richtig nobel. Und von der Wurst kommen die Gewürze mehr rüber und auch dieser pure Fleischgeschmack.

Silvio: Dieses Umami auch, genau.

Markus: Ja, dieses Umami-mäßige, das kommt richtig schön rüber.

Silvio: Und wird dann eingefangen von dieser Säure, die das Bier hat, das finde ich immer einfach so ein tolles Erlebnis. Ich habe das so beim Steak and Beer, also beim Beef and Beer ist es so, gibt es da immer eine Sache, manchmal bringe ich es dann mit von Facet, Cameransky, dieses Balamico, dieses de Cüvee, ein Old Flemish Brown, ein Imperial Stout und dann eben volle Lotte Balsamico-Note, Schokolade. Und wenn du da dann so ein Dry Aged Steak dagegensetzt dann, also ich lasse die Leute immer erst was trinken, ohne das Fleisch. Und dann kommen natürlich die Leute, die das Sauerbier nicht gewöhnt sind, die schönsten Kommentare, wie kann man sowas trinken? Das kann man doch keinem Esels ins Ohr kippen, also sage das mal so. Und dann sage ich, abwarten, das ist extra jetzt mal ein Säureschock für euch und jetzt, komm, esst mal das Stück Fleisch dazu. Und dann passiert so ähnlich das, was du grade beschrieben hast, genau mit diesen Dingen auch, nur dass dann da so eine Karamell-Butter-Toffee-Note reinzieht und das Fleisch dann schon so eben auch weich ist und die Leute meinen, sie haben ein Fudge, also ein Meat-Fudge im Mund. Und das ist eigentlich immer einer der schönen Überraschungsmomente in so einem Tasting. Warum das eigentlich auch mein Antrieb ist, den Leuten mal solche Geschmackserlebnisse für sich zu kreieren, das ist so die Idee, die dahintersteckt.

Markus: Ja, also ich glaube, das ist auch das, wo ich ja versuche oder was ich versuche, unseren Absolventinnen immer mitzugeben und Absolventen, dass es ja eigentlich drum geht, die Leute überhaupt wieder da hinzuführen, dass sie das, was sie zu sich nehmen, bewusster zu sich nehmen. Das ich bewusster trinke, bewusste esse, also in dem Sinne von, dass ich mal wirklich schaue, schmeckt das denn jetzt nach was? Und das fängt halt mit den einfachen Sachen an, mit dem Gemüse, mit dem Obst, was man überhaupt erst mal wieder lernen muss, richtig zu genießen, die Aromen wirklich zu erfassen und geht dann eben weiter mit zum Beispiel Fleisch. Wo ich jetzt sagen muss, dieses normale 08-15-Fleisch, was ich irgendwoher bekomme, das hat ja eigentlich gar keinen Geschmack. Das kriege ich dann irgendwie hin durch das Braten, durch das Würzen, durch das Marinieren, irgendwie, aber per se ist da nicht viel. Und das lernt man dann auch nochmal anders zu beurteilen, wenn man sich in dieser Genusswelt bewegt und hat dann natürlich auch eine andere Wertschätzung zum Beispiel auch für solche Produkte. Und das ist natürlich schon, ja, macht Spaß. Es verändert einen auch. Also hat das dein Leben auch verändert, dich damit zu beschäftigen?

Silvio: Ja, definitiv. Also es hat mich bereichert, es hat bereichert. Ich versuche es einfach mal so zu erklären, vor der Ausbildung konnte ich mit einem Stout gar nichts anfangen. Ich bin kein Kaffeetrinker, also war ein Teil der Welt für mich noch nicht eröffnet. Und da durch die Ausbildung ist es eben auch so gekommen, dass ich heute ein Stout sehr schätze, sehr liebe. Ich bin immer noch kein Kaffeetrinker, weil es ein Heißgetränk ist, ich bin eher so ein Mensch, der lieber kalt trinkt. Bei uns gibt es Zuhause tatsächlich immer zum Kuchen auch Bier, das kann vom Doppelbock angefangen sein, über ein Stout sein, das gibt es auch. Und das ist eben auch eine Sache, die man auch kultivieren kann. Natürlich ist das eben auch eine Möglichkeit aufzuzeigen, was möglich ist. Und was ich interessant fand, du hast eben dieses Fleisch ja nochmal genannt, als Blaupause, das können wir ja auch auf unser Bier teilweise runter brechen, das können wir auf das Brot runter brechen, es war wie eine Blaupause, die du grade gesagt hast, dieses Bewusstwerden. Und interessant ist es immer bei dieser Beef-and-Beer-Konstellation, die diskutieren nicht mit dir darüber, ist das Fleisch zu teuer. Nein, das finden die total geil. Also ein Wagyu, finde ich, da gehen die und zahlen dann eben für das Kilo 90 Euro. Und wenn es dann ums Bier geht, da fangen wir schon an. Und das ist eben so ein Bewusstsein, wo man anfangen muss, da zu steuern. Und da würde sich für mich auch der Bogen aschließen auf die erste Frage, die du gestellt hast davor, wie schaffen wir es, die Leute abzuholen oder wie funktioniert das oder warum kann es funktionieren? Es ist so, in das eine Restaurant bin ich einfach auch nur gekommen, ich habe die Leute eingeladen, habe gesagt, komm, bringt mal was zu Essen mit, machen wir mal ein Arbeits-Tasting. Dann waren vier Köche da, die haben gedacht, heute gibt es Eifler Pils, um es jetzt mal so zu sagen.

Markus: Lecker Bierschen.

Silvio: Lecker Bierschen, volumentrinken. Ja, das war aber dann nicht so, sondern es war anders. Ich habe es dann gezeigt und das fanden sie sehr gut. Und dann waren zwei dabei, die gesagt haben, das ist genau das, was ich auch meinen Leuten mal anbieten will, meinen Gästen und so ist es gegangen, nur so. Wenn du keinen hast, der in der Gastronomie dafür offen ist, dann können wir 17-mal gegen die Tür rennen, ein achtzehntes Mal eine blutige Nase holen, das Bewusstsein ist teilweise einfach nicht da. Und das zu schaffen, ist, glaube ich, eine der wichtigsten Aufgaben, die wir vielleicht als Sommelier, Biersommelier und Sommeliere machen. Es ist wichtig auch zu gucken, was ein Brauer macht, es ist auch wichtig vielleicht auch zu brauen, da sind ja auch viele, die die Motivation haben, ein vernünftiges, gutes, richtiges Bier zu machen. Aber da habe ich immer, meine Einstellung ist so, ich weiß wie es geht, aber ich weiß, wer es wesentlich besser macht.

Markus: Da sind wir auf einer Linie.

Silvio: Und gebt mir das Bier, wenn es gut ist, ich zeige dir, wie wir es verkaufen. Das ist dann wieder so eine Sache, die ich machen kann. Das macht eben die lange, lange Vertriebserfahrung, die ich vorher hatte, eben ein Produkt so interessant zu gestalten, dass es vielleicht dann einen Nutzen bringt, um es jetzt marketingmäßig aufzuzeigen.

Markus: Ja und das vielleicht auch mal so als Tipp an alle Kolleginnen und Kollegen, die da zuhören, weil das ist echt ein Punkt. Das haben wir von Anfang an gemacht, also die BierAkademie gibt es jetzt seit 10 Jahren und mit so Veranstaltungen haben wir schon vorher angefangen. Und es gibt ja einfach sowohl die Locations, wo man dann ist, also wo man sein Tasting macht oder mit denen man ein Menü macht oder solche Dinge, als auch die Leute, die zum Beispiel die Karten für unsere Veranstaltungen verkaufen, also unser Tourismusservice zum Beispiel hier in Bamberg, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die müssen ja die Tickets verkaufen. Und am Anfang war das tatsächlich ein Thema, weil die haben dann einfach gesagt, warum soll ich eine Karte für 99 Euro verkaufen für eine Biertour? Da verkaufe ich ja eine komplette Führung für die ganze Gruppe für 99 Euro mit dem Kasperletheater oder so. Und dann haben wir gesagt, okay, dann machen wir es mal so, wir laden euch einfach alle ein, und haben dann wirklich die gesamte Belegschaft in drei Gruppen zum Biermenü eingeladen, zum Bierseminar eingeladen, zur Biertour eingeladen. Und das Gleiche machen wir auch mit den Gastronomen, mit denen wir zusammenarbeiten und machen dann einfach mal diese Reise durch die Bierwelt und auch, je nachdem, wenn es Gastronomen sind, dann auch mit dem, was sie haben und was sie so tun. Und das ist dann immer so ein Augenöffner und dann lernen die Leute das auch zu schätzen, kommen weg von diesem Preisdenken und sind dann mit dieser Begeisterung erfüllt, mit dem sie dann später ihre Kunden beraten. Und das ist dann, ist diese Schwelle weg. Weil vorher haben die einfach ihren Kunden im Tourismusservice zum Beispiel, die haben denen nix angeboten, was mehr als 30 Euro gekostet hat, einfach weil sie selber gesagt haben, das würde ich nie machen, wenn ich irgendwo bin, also verkaufe ich das auch niemanden. Und damit waren unsere Tickets immer Ladenhüter. Und bis zu dem Zeitpunkt, wo wir das dann durchlaufen haben, das war schon ziemlich bald und seitdem läuft das und mit Gastronomien ist es genauso. Und grade die Köche sind ein guter Punkt. Weil ein guter Koch, dem drückst du so ein fassgelagertes Imperial Stout einfach in die Hand und dann probiert der und dann ist der erst mal weg. Und dann kommt er wieder und dann hat er sich was ausgedacht mit einem Nachtisch, mit einem Stück Fleisch, mit irgendwas und fängt an zu spinnen, zu experimentieren und hat richtig Lust und gefallen da dran. Und dann hat man ihn angezündet und dann ist gut, dann kann man mit dem auch weiterarbeiten und das ist, glaube ich, wichtig.

Silvio: Aber da fehlt noch ein Schritt. Da musst du den Kellner davon überzeugen, was das ist und da geht es dann weiter. Also die Beratung, die ich dann eben auch dort mache, ich habe eine Bierkarte installiert. Ich sage mal, in dem Restaurant in Aachen Hattblot, also Herzblut heißt das, der macht ein bisschen cross over, ein bisschen Aachener Küche, aber wesentlich moderner interpretiert. Beispiel, er macht einen Sauerbraten vom Seeteufel mit dieser klassischen Printensoße, die wir haben und dann mit Tanduri. Und dann einfach mal zu zeigen, oder auch ein gutes Crumble, eben was anderes und dann kann man eben auch andocken. Dort haben wir eben auch eine Bierkarte installiert, die auch sehr gut funktioniert. Die Bedienungen habe ich dann auch nochmal geschult zu sagen, was es ist, aber sie haben es dann eben auch selber probieren können und ich glaube, das ist genau der Weg. Ich sage auch, wir sind sowas wie Moderatoren so, ist es so. Natürlich müssen wir für uns immer aufpassen, dass wir nicht immer direkt in Bewertungsschemata gehen, wo ist vielleicht der Bierfehler oder warum, das interessiert den Kellner oder den Gast nicht, da geht es her reduziert auf das Genusserlebnis, so ist das, was aus der Arbeit ist. Und bei mir ist es im Laden dann eben auch oft so, viele Leute haben, ich sage da immer so ein bisschen wie das Jack Weindepot. Die kommen dann bei mir und sagen, heute koche ich das, was für ein Bier darf ich haben, was empfehlen Sie? Das ist eigentlich vielleicht der Weg, wo wir hingehen. Natürlich habe ich auch hopfenbetonte Biere im Programm und einiges an Craft Beer, aber ich habe ja mal so gesagt, ich hänge zwischen der Unistadt Aachen und zum Tor der Eifel, also wo ein ganz anderes Essempfinden ist oder wo ganz anders gegessen wird. Und das spiegelt sich dann eben auch in meinen Tastings wieder und in der Stadt ist es was ganz anderes, weil wenn ich eben aufs Land gehe. Und das ist aber sehr interessant, beides gleich. Also es geht gar nicht darum, dass das eine besser oder schlechter ist, es ist anders. Und darüber muss man sich auch Gedanken machen, dass es einfach anders ist und da überlegt, eine andere Zielansprache auch zu machen. Also ich habe das Bamberger Schlenkerla und Spezial auch erst hier verstanden, wie ich in Schlüsselfeld war und dann David Hertel mir gesagt hat, ich brauche noch eine Stunde, ich dann mal in die Metzgerei in Schlüsselfeld reingefahren bin und denke, ich habe jetzt mal Hunger auf eine Leberwurst und auf, ich glaube, eine Mettwurst. Und ich beiße da rein und denke, woah, das ist ja genau Schlenkerla. Also so habe ich es dann verstanden, so habe ich verstanden, dass die Regionalität, wie gegessen wird, das auch sehr viel mit dem Bier oder auch mit dem Getränk, was vorherrscht, an Vorliebe da ist. Und das war für mich irgendwie so ein Augenöffner, zu sehen, aha, man muss das vielleicht auch mal in so einem regionalen Kontext tun. Ich sage mal, ich bin ja in Aachen geboren, dann mit dem 10. Lebensjahr nach Köln gekommen, bin 38 Jahre Kölsch-sozialisiert gewesen, also jetzt nicht nur der Sprache, die ich auch kann, sondern eben auch des Bierstiles, aber auch immer belgische Biere getrunken, aber irgendwann war Kölsch mir dann einfach mal zu wenig, um es jetzt mal positiv zu formulieren. Aber wenn man natürlich so sieht, wenn man in Köln ist, ein halber Hahn und Kölsch passt, Punkt.

Markus: Absolut.

Silvio: Das Röggelchen brauchst du dafür, am einfachen profanen Beispiel ist es so oder ich sage mal, ein Dortmunder Export und eine Currywurst, Puff, Traumkombination, ne.

Markus: Auch Himmel und Erd, finde ich, mit dem richtigen Kölsch ist das eine geile Kombination, also passt alles zusammen. Und jetzt muss man erst mal ein Bier finden, dass die ganzen Komponenten zusammenbringt und abholt. Also das ist für mich auch ein ganz wichtiger Punkt, bevor wir gleich da noch ein bisschen mit der Kulinarik weitermachen.

Silvio: Auf jeden Fall.

Markus: Das ist ja fast gemein, wir sitzen hier davor und kriegen nix. Aber ich finde das wirklich so einen ganz wichtigen Punkt, was ich auch den Leuten immer wieder sage, man muss reisen. Also man muss Bierkulturen vor Ort erleben, man muss dann auch vor Ort die Gastronomie und zwar die bodenständige. Macht ja keinen Sinn, wenn ich überall zu McDonalds gehe oder high end, irgendwas oder so, sondern wirklich schauen, was ist denn das, worauf das alles basiert? Und dann lernt man sowohl die Kultur, was die Menschen angeht, als auch die Kultur, was eben die Speisen, die Getränke, das Bier angeht, kennen und kann das dann auch anders einschätzen und kann es auch anders vermitteln. Und das in der Kombination ist dann natürlich cool. So, wir haben noch einen Käse und noch ein Bier und überhaupt, wie machen wir jetzt weiter?

Silvio: Was begehrt das Herz, sage ich immer. Also ich würde ja zum Beispiel sowas, war jetzt so ein kleines Wortspiel. Wir haben hier ja noch was von der Heilig Hart Brewery, kleine Brauerei ja in Belgien, die du ja vielleicht auch schon kennst oder noch nicht kennst.

Markus: Da war ich noch nicht, ja.

Silvio: Ja, aber sie haben eine Cuvée gemacht und ich fand einfach mal interessant, zur Hälfte also Oak Aged und das andere Ding in eine Amphore reingetan. Also aus Georgien die Amphore kommen lassen, das zu machen und dann noch mit griechischen Joghurt.

Markus: Das fand ich krass, ja.

Silvio: Diese Kombination, überhaupt mal sowas zu machen, diesen Mut aufzubringen oder Mut, einfach mal was anderes zu machen. Und habe gedacht, vielleicht ist das ja einfach auch mal sowas, wo wir jetzt noch haben, wo wir eben alkoholisch jetzt noch nicht direkt, haben wir so ein kleines Aperitifbier mit 4,5%.

Markus: Och, das ist ja ganz geschmeidig.

Silvio: Denke ich mal, wäre vielleicht eine schöne Sache.

Markus: Ich hole mal schnell ein bisschen Wasser, dass wir die Gläser ausspülen können, genau. Ja, da holst du mich in ganz vielerlei Hinsicht ab. Also ich finde sowohl diese Geschichte mit den Amphoren aus Georgien total spannend, weil da kommt ja eigentlich der Weinbau her.

Silvio: Auch das Bier mittlerweile, sagt man.

Markus: Auch das Bier vielleicht, also man weiß es nicht, zumindest haben da die Hefeforscher schon sehr interessante Hefestämme auch gefunden, sagen wir mal so. Und, ja, allein, diese Genese dieser Amphoren, wie die hergestellt werden, wie die transportiert werden. Also, liebe Hörer, zieht euch das mal rein, da gibt es YouTube-Videos dazu, das ist total krass. Und sowas dann überhaupt mal nach Mitteleuropa zu holen, finde ich total spannend und das dann zu nutzen. Und dann finde ich auch den griechischen Joghurt, das ist etwas, was ich schon immer eigentlich sehr gerne mag, am liebsten mit viel Honig und Walnüssen. Finde ich ein tolles Aroma, was mir viel besser schmeckt als unser klassischer Honig, muss ich sagen. Und dann eben noch so eine Holznummer mit ein bisschen Barrel Aged, also ich finde, im Kopf passt das bei mir schon ganz interessant zusammen. Wobei ich mir immer überlege, wie kriegt man diesen Joghurt da irgendwie rein, also da, ja, bin ich mal gespannt.

Silvio: Wo das Bier lactotisch wird.

Markus: Ja. Also was macht der dann, weißt du, wann der dazu gekommen ist?

Silvio: Da müsste ich jetzt lügen und bevor ich irgendwie Halbwissen, sage ich nichts. Mich hat das Story-Telling erst mal angefixt, ich kannte bis jetzt nur Amphoren-gereiftes Bier auch von Stiegl. Und ich denke, das ist vielleicht auch mal wieder eine andere Spielwiese, um einfach auch mal eine Verbindung herzustellen. Ich finde immer, es gibt so Biere, da gehört das Saison dazu, ein Lambic dazu, die beides so verbindet. Und dann, mich langweilt es immer, diese Geschichte Bier versus Wein, ich finde es langweilig. Ich versuche immer zu sagen, zugleich, das ist eigentlich vielleicht so das Entscheidende. Oder man sagt immer, jeder Jeck ist anders, sagt man da bei uns so.

Markus: Ja. Prost.

Silvio: Prost.

Markus: Also hier auch nochmal für euch, liebe Hörer, von der Farbe her ist es gar nicht so weit weg von unserem Cochonne-Saison, was wir grade hatten. Also wir sind wieder bei so einem dunkel Karamell irgendwie, schöner Braunton. Dieses Mal aber mit Schaum, also zumindest ein bisschen und der ist auch schön getönt, also passt hier auch wunderbar. Ist wieder schön im Glas, man merkt, dass es ein bisschen leichter ist. Ja und dann, ah ja, von der Nase her, erst mal geht es wie ein klassisches Barrel Aged Beer los, würde ich sagen so, was erst mal obendrüber liegt. Das heißt, da haben wir dann die Holznoten, wir haben so eben Karamell, es geht auch schon wieder so in Trockenfürchte über. Aber ich finde, wenn man dann genau reinriecht, kommt dann tatsächlich schon sowas Lactisches irgendwie rüber.

Silvio: So ein bisschen Brett auch, finde ich, so ein bisschen, so eine leichte Brett-Note.

Markus: Also da wird es dann auf einmal komplex und kriegt so einen Unterbau. Also bin ich mal gespannt, dann lass uns mal probieren. Wobei die natürlich sehr gerne immer ergänzen kannst.

Silvio: Gerne, aber ich bin immer so begeistert von deinen Beschreibungen da, was soll ich da wiederholen. Ich finde die Rezens auch sehr schön. Die hat so prickelnd, so Lambrusco-prickelnd eher, um das mal so, hat sowas Lambrusco-mäßiges.

Markus: Ganz genau, das hatte ich jetzt auch im Kopf, Lambrusco, genau diese …

Silvio: Und jetzt, finde ich hier, hast du hier auch, die ersten Nussnoten kommen so leicht raus. So ein bisschen, ich schwanke, ob das so Pekannuss oder Richtung Macadamia, so bin ich so am schwanken so oder ob es vielleicht doch schon ein bisschen walnussig ist. Also bin so bei grüner Walnuss irgendwo hängengeblieben im Köpfchen.

Markus: Ich auch. Das ist natürlich immer so die Frage, Henne oder Ei. Weil ich jetzt habe ich ja eben unvorsichtiger Weise schon von dem Joghurt und den Walnüssen gesprochen, die sind da natürlich irgendwo vielleicht da in den Gehirnwindungen drin. Aber ich bin völlig bei dir, also wir haben auf jeden Fall Nussnoten, Pekannuss, Walnuss kommt mir da auch schön. Wir haben eine leichte Säure, aber die ist auch völlig okay, die komplementiert das Bier sehr schön. Und es kommen dann eben diese cremigen Noten, also irgendwo ist dieser Joghurt tatsächlich da und der passt eben auch mit diesen nussigen Noten wunderbar zusammen.

Silvio: Und bei dem Bier ist es wirklich wichtig, die Temperatur. Ich habe es beim allerersten Mal gehabt, da haben wir es bei 10 Grad gemacht, da ist es gecasht, woff hat es gemacht, die Hefe hat gesagt, gibt mir Luft. Jetzt haben wir ja so auf die 6 Grad, schätze ich mal und dadurch ist das wirklich sehr, auch jetzt vom Geschmackserlebens im Mund, sehr schön. Also es hat eine leichte Cremigkeit finde ich auch, so leicht ein bisschen cremig. Und du hast ja immer so gesagt, dieses Mindsetting des griechischen Joghurt, man bildet auch so ein,  ein bisschen da so eine Kühle von so einem Joghurt so im Mund zu haben so.

Markus: Stimmt, ja.

Silvio: Also das so wieder Punkte vom Mindsetting.

Markus: Und was ich auch cool finde, es ist so ein Aroma, was bleibt. Also du fängst an zu trinken, dann ist dieser Eindruck da in seiner Komplexität, aber der bleibt dann relativ lange genau so, also verändert sich gar nicht so sehr, aber ist eben sehr dicht. Also das geht bis in so Apfelaromen auch wieder rüber, hat dieses Säuerespiel schön, dann kommt dieses leicht Laktische hinten raus. Und auch der Abgang ist ein schönes Spiel. Also die Säure ist sehr zurück, eine leichte Bittere auch dabei und dann kommt fast, fast so ein bisschen auch ein Honigcharakter. Also es ist wirklich ein…

Silvio: Es schwankt so zwischen so einem Lambic und so ein Oud Bruin so ein bisschen, finde ich so.

Markus: Stimmt, ja.

Silvio: Hat sowas, so ein bisschen kommt mir das vor. Aber dafür, sagen wir mal, müssen wir jetzt einfach mal den Käse da mit …

Markus: Genau, machen wir hier mal Moinette, schauen wir mal.

Silvio: Schöner Reifegrad, schön Karamell, finde ich, auch drin.

Markus: Also das Tolle ist schon jetzt, wir hatten ja das Bier grade im Mund und wenn man das schon hatte, ist ja immer noch so ein bisschen was da. Und wenn man dann den Käse dazu nimmt, ist selbst das schon ein Erlebnis, wie selbst diese Bierreste sozusagen auf der Zunge mit diesem Käse spielen, den sehr rund abholen. Und hinten raus ist er dann so, wie er sein soll wahrscheinlich ursprünglich, aber vorher war er schon sehr karamellig auch, sehr voll, sehr gut. Jetzt muss ich es mal mit Bier noch mehr probieren.

Silvio: Ja, auf jeden Fall.

Markus: Wie geht es dir?

Silvio: Ja, ich finde, jetzt kommt der Joghurt irgendwie ein bisschen zum Tragen, der Käse wird so ein bisschen frischer, also er hat diesen kleinen Frische-Twist oder so einen kleinen Frischetick bekommen. Und da wahrscheinlich natürlich auch durch die Kohlensäure, löst sich das auf, finde ich ganz gut. Ich bin mal gespannt, was mein heißgeliebter Postel mit dem Bier veranstaltet.

Markus: Wir müssen noch den Orval aufmachen bei Gelegenheit, das müssen wir auch noch machen.

Silvio: Das werden wir tun. Finde ich persönlich den Moinette besser. Aber ist auch mal gut, mal immer so ein Gegenbeispiel mal zu machen.

Markus: Wobei ich sagen muss, es ist ja nicht schlecht, im Sinne von schlecht, es ist anders, man hat den Eindruck, dass der Käse selbstbewusster bleibt, das Bier geht ein bisschen zurück. Der Käse wird immer intensiver, geht in eine Richtung von so einem richtig alten Gouda, das hatte er vorher nicht. Kriegt noch mehr Umami, noch mehr Karamell und das Bier ist dann halt einfach weg, das verschwindet dann so.

Silvio: Ja, wie verdunstet.

Markus: Was aber auch nicht schlecht ist. Also es verändert sich auf jeden Fall was, sie wirken miteinander, aber mit dem Moinette ist es eher so ein Spiel auf Augenhöhe, hier ist es so, der Käse ist der King.

Silvio: Es ist kein Pairing in dem, also ist keine Partnerschaft, in dem Sinne, sondern hier geht es eher unter, um es mal so zu sagen. Kann ich gerne mit dir, also gehe ich auf jeden Fall mit dir. Aber im Prinzip ist das schon wieder total schön und das ist das, was ich auch in meinen Tastings immer habe, wir diskutieren jetzt über Käse und Bier und wie unterschiedlich das sein kann. Und auch hier mit den beiden Vapeurs, ich sage immer dann, ich mache oft Vertikalverkostung, weil die Erfahrung, die ich gemacht hab, eine Vertikalverkostung erklärt über unser Produkt Bier unglaublich viel und danach musst du gar nicht mehr viel erzählen. Diese Genusswelten, die Leute damit erlebt haben für sich, steht alleine, das ist wie so ein Alleinstellungsmerkmal. Und das ist eben auch hier, haben wir es ja eben auch gemerkt, wie unterschiedlich das ist, dass man nicht dasselbe halt trinkt, sondern das Gleiche. Ich finde das immer sehr schön erklärend dafür, ja.

Markus: Stimmt. Und das ist auch bei deutschen Kunden immer erst mal ein bisschen schwierig, weil wir uns ja wirklich, also grade, alle sind ja so MHD-geeicht und so und können das überhaupt nicht verstehen, dass diese zeitliche Dimension auch was Gutes haben kann. Weil selbst bei Käse ist das so, wenn das MHD bei uns abgelaufen ist, fängt es woanders erst an, dass es spannend wird. Und mir ist das zum ersten Mal so aufgefallen, als ich in England war und da dann einen Wettbewerb hatte, wo wir Real Ale verkostet haben. Und da war praktisch als dritte Komponente, also neben dem normalen Bierthema und so weiter, war dann einfach auch, was ist das jetzt für ein Fass? Also ist das frisch angestochen, steht es schon ein bisschen, sind wir eher am Ende? Und aus dem musste man sich auch so ein bisschen überlegen, okay, wenn das jetzt schon länger angestochen ist, dann hat natürlich was stattgefunden, hat sich das Bier verändert. Dann muss ich trotzdem im Kopf das mit einbeziehen gegen ein anderes, was vielleicht frisch vom Fass ist, wo diese Veränderungen noch nicht stattgefunden haben. Und dann beginnt man in dieser Dimension Zeit auch ein bisschen zu denken. Und da, finde ich, ist bei diesen Vertikalverkostungen natürlich ganz besonders spannend, grade wenn du über so viele Jahre gehen kannst, weil man dann einfach merkt, wie natürlich, sagen wir mal, jetzt bei einem banalen Bockbier, in Anführungsstrichen banal, wen wir da ein Frisches haben, okay, dann haben wir halt Schokolade, Kaffee, diese typischen schönen wunderbaren Aromen von so einem dunklen Doppelbock. Und wenn wir dann das Ganze ein bisschen in die zeitliche Dimenssion ziehen, dann kommt halt erst vielleicht ein bisschen Apfel, dann kommen diese Kirschen, dann kommen so die Rosinen, es wird immer intensiver, bis es dann irgendwann fast schon umkippt. Und dann pendelt es sich wieder ein und ist dann nach 10 Jahren so ein ganz schönes geschmeidiges spannende Getränk, das dann irgendwann auch mal seine Geschichte erledigt hat, aber das einfach ist eine tolle Geschichte. Und Bier denken Leute so normalerweise nicht.

Silvio: Und vor allen Dingen, ich sage mal, ich finde ja unser Bock oder Doppelbock, das ist für mich der beste deutsche Bierstil, den wir haben.

Markus: Ja.

Silvio: Die ganze Welt macht den nach, wenn du in Spanien bist, diese Reserva-Linie versucht ein Bock zu machen. Und wir haben nichts Eiligeres zu tun, den über den Supermarkt zu vertischen. Also das tut mir dann immer in der Seele wirklich weh, bin ich der Meinung, das ist so, dass man diesen nicht immer diese Wertschätzung bringt. Das ist aber das Thema, was wir eben auch schon mal hatten.

Markus: Ja.

Silvio: Ja und finde das immer sehr, sehr bewegend, solche Dinge auch zum Gegensatz zu bringen. Und ich denke, ich glaube, du kannst jetzt mitgehen, warum es gut ist, dass wir jetzt auch nochmal diesen Käse da …

Markus: Ja, unbedingt.

Silvio: Ich weiß, sowieso, aber ich denke mal, jetzt haben wir wieder gemerkt, wie die Biere auch wieder total unterschiedlich funktioniert haben, das ist das Schöne dabei.

Markus: Ich habe mich total gefreut, als du gesagt hast, du bringst Käse mit, weil ich hatte mir eben schon überlegt, ob ich von meinen Käsen, die ich jetzt eingekauft hab, welche mitnehme. Und dann hast du offene Türen eingerannt, weil genau den Moinette habe ich auch gekauft und den kleinen runden Saison auch, den sie da haben.

Silvio: Auch mit dem Hopfen den?

Markus: Ja, also den, ja, genau.

Silvio: Den gibt es auch noch mit Hopfen. Ist der gleiche Hopfen drin, den sie im Dry Hoping drin haben.

Markus: Genau, richtig. Also auch das, also vielleicht noch am Rande erwähnt, wenn ihr in Belgien unterwegs seid, ist das eine natürlich, sich die entsprechenden Biere zu kaufen, aber da, wo es dann auch Käse dazu gibt, sollte man sich das auch nicht entgehen lassen. Also sowieso in den Abteien, das ist ja klar, wo dann sowieso selber noch Käse hergestellt wird, aber auch eben wie bei Dupont zum Beispiel, also da unbedingt die Dinge parallel genießen. Jetzt haben wir hier den Orval aufgemacht, der schaut an sich schon mal ganz faszinierend aus. Das ist der Alte, also woah, also schon vom Optischen her sieht man …

Silvio: Riech mal da dran, also ich finde das schon wieder, das ist genauso schön zu riechen wie Bier, um es mal so zu sagen.

Markus: Absolut, also großartige Geschichte. Ich schneide den mal schnell, solange vielleicht noch eine Frage. Du bist ja dann quasi auch in der Nähe zu Belgien, zu dem deutschsprachigen Teil von Belgien, ergeben sich da Verbindungen?

Silvio: Ja, definitiv, also es ergeben sich daraus natürlich Verbindungen. Und das heißt also, auch die kleinen Mikrobrauer, die es da gibt, habe ich Kontakt, führe ich zum Teil auch im Laden. Letzte Woche war ich bei Val Dieu weil wir auch enger zusammenarbeiten wollen. Das geht doch immerhin bis zur ältesten Destillierie Belgiens …

Markus: Woah!

Silvio: … Rademacher so. Und ich sage mal immer, ich versuche es immer so zu erklären, ich habe eben vielleicht gesagt, Aachen ist ja so die Wiege Europas, wenn man es so sieht. Karl der Große, was Europa, wie wir so kennen, sagen wir jetzt mal nicht Nordeuropa und Osteuropa, ist aber eigentlich so in der Konstruktion, wie Karl der Große es gemacht hat. Und ich sage da immer so schön, in Aachen ist es einfach so, du setzt dich in einen Bus, schläfst ein, wachst in Maastricht auf, schläfst wieder ein und wachst auf einmal in Lüttich oder in Eupen auf. Also ich will damit sagen, da ist eine totale Durchlässigkeit trotz drei verschiedener Sprachen. Also wir haben den französischen Teil eben in Belgien, der ja dann angrenzt mit der DG, mit der deutschsprachigen Gemeinschaft, bis hin in den niederländischen Teil. Beziehungsweise, muss man dazu sagen, es ist ja eher das katholische Holland, nicht Holland, Niederlande, ist nämlich Limburg, Provinz Süd Limburg und der andere Teil von Limburg liegt eben in Belgien. Und die Geschichte hängt auch alles miteinander, Maastricht, Falkenburg, alles auch Städte von Karl dem Großen mit, das gehört alles so mit zusammen. Und in der Dialektik, wenn der Maastrichter einen Dialekt spricht und ich zwei Kölsch getrunken hab, dann verstehe ich den sehr, sehr gut und umgedreht eben auch. Dann merkt man, wie das zusammen passt. Und ich kenne noch als Kind, dass man als Deutscher in Belgien noch als Bosche beschimpft wurde und gibt es heute alles nicht mehr. Dieser Maastrichter Vertrag, der ja eben 92 zum Wirken gekommen ist, der wird in dieser Region sehr, sehr stark gelebt. Jeder sucht sich das Beste für sich aus und das finde ich auch ganz gut so und jeder weiß auch um die Kultur des anderen und es ist immer eine Sache des Respektes, finde ich auch, gegenseitig. Natürlich wollen wir das nicht glorifizieren, in Belgien wird natürlich auch Jupiler getrunken, wo wie wir hier den Pilsstil auch haben, dass muss man auch mal.

Markus: Eben.

Silvio: Man muss natürlich jetzt, wir als Bierpuristen feiern natürlich die belgischen Bierstile sehr, aber man darf ja auch nicht die Augen verschließen, das trotzdem 40 % eben auch das Pils dort getrunken wird. Aber, ja, es gibt …

Markus: Das ist ein ganz wahres Wort, da muss ich ganz kurz nochmal bestätigen, weil das wirklich sowas ist, was ich auch unseren Leuten oft sage. Also wenn wir dann in den belgischen Bierwelten geschwebt sind, dann waren wir bei den ganzen Trappisten, bei den Lambics, bei all diesen tollen Sachen und dann denken die halt, das ist die belgische Bierkultur. Und wenn sie hinfahren, merken sie, okay, 80 % dieser Bierkultur ist genauso wie bei uns, da ist halt irgend so ein helles pilsähnliches Bier, was auch immer, manchmal ist es ein Blond, aber halt ein relativ gleichförmiges, logischerweise mainstreamiges Bier. Und das, was wir als die belgische Bierkultur verkaufen, ist vor Ort ja eigentlich eine Nische oder etwas größer vielleicht als eine Nische, aber relativ gesehen eine Nische. Und deswegen ist es umso wichtiger, dass wir das tun, damit diese Nische eben auch gewertschätzt und bewahrt werden kann. Aber das ist wirklich was Wichtiges. Weil viele auch in der eigenen Kulturwertschätzung dann immer erst mal so denken, in Belgien gibt es nur dieses ganz, ganz tolle Bier und wir haben halt eher so 80 % Mainstream. Aber das ist halt überall auf der Welt so, letzten Endes. Und umso schöner ist es, wenn sie das entdecken können. Und jetzt, ja, müssen wir unbedingt diesen Orval-Käse probieren.

Silvio: Definitiv.

Markus: Ja, schauen wir mal. Du hast schon in Teile geschnitten, schauen wir mal. Sehr fein. Jetzt kriegen wir hier grade Besuch, hallo.

Frau Reiß: Hallo.

Silvio: Genau, meine Frau ist dazugekommen. Und ich sage immer so schön, der Vintäsch-Hund, der auf dem Logo ist, den gibt es tatsächlich. Und da siehst du schon wieder, wie die Verbindung ist, ich habe eben von Europa oder will es jetzt mal so sehen, die Hunderasse ist ein niederländischer Kooikerhondje und jetzt kommt es, aber in Belgien gekauft, und somit schließt sich auch wieder so ein Bogen, wo wir dann alles miteinander verbinden. Und ich habe gesagt, ich pflege auch wirklich Kontakte nach Belgien rein, ich darf eben auch für die Touristik Wallonie Journalisten nach Belgien begleiten, um deren Bierkultur. Und wichtig auch, die Essenskultur zu zeigen. Und ich sage mal, was viele auch nicht wissen, wenn wir hier zum Beispiel in Ostbelgien sind und nach Hervé fahren, das ist eine der besten Molkereien der Welt, das wissen ja auch die wenigsten Leute da, wo der Hervér Käse herkommt. Da lässt Val Dieu auch Käse machen oder es gibt auch eine Linie, die von Chimay oder von manchen Trappisten auch in Lizenz auch gemacht werden können. Und das sind so Dinge, wir machen immer alles so klein, als wir, also ich sage immer wir, vieles vor den Türen und du hast eben so geschwärmt von der belgischen Bierkultur, wir haben auch in Deutschland natürlich auch eine sehr gute Bierkultur. Wir haben eben über das Bockbier gesprochen, wir haben eine Reihe von sehr guten Craft Beer oder ich sage eher Kreativbieren. Ich finde, das ist dieser österreichische Ansatz, finde ich, eigentlich viel zielführender, das wir das nicht so nennen, Craft Beer Bier, das ist auch in meinem Verständnis nicht so. Wir haben Bier und vielleicht haben wir Kreativbier, warum können wir nicht Früchte rein tun? Okay, geht nach deutschem Reinheitsgebot nicht. Das würde jetzt die Brücke schlagen zu meinem Heimatgefühl, was ich mit Sebastian Sauer gemacht habe. Das ist ein Bier, da ist die Printengewürzmischung von einem ansässigen Becker mit drin und deswegen heißt das Bier eben nicht Bier, sondern, du kennst das ja, da haben wir drauf geschrieben, ich muss die Lesebrille anziehen, ich glaube, es ist ein Biermischgetränk mit einem 1-prozentigen Printengewürzsud, um es jetzt mal wieder …

Markus: Wahnsinn, also ganz faszinierend, werden wir gleich noch drüber sprechen. Ich wollte noch ganz kurz nachholen, weil wir angefangen hatten, grade den Orval-Käse zu probieren.

Silvio: Oh, Entschuldigung, ich habe den nicht zelebriert.

Markus: Alles gut, nein, muss man auch nicht, aber nachdem ja die Hörer nicht hier sitzen, muss man ihnen zumindest ein bisschen einen Eindruck vermitteln. Und das Schöne ist, also es ist vielleicht näher an einem klassischen Käse, den wir kennen, als die anderen beiden, aber er entwickelt ein ganz schönes nussiges Aroma. Und das wiederum passt auch wunderbar zu dem Bier, gibt das Ganze schön rund und macht am Ende dann eben also wirklich richtig Lust und lässt sich auch schön mit dem Bier kombinieren, so.

Silvio: Der Käse, den du da hast, der ist ja super, wenn du wirklich vor Ort bist und dann das grüne Orval trinkst, dann funktioniert der ja unglaublich gut. Und wir haben ja immer den Streit oft, ist es ein Saison? Wenn du die fragst, sie sagen, es ist Saison, viele sagen aber hier, es ist ein Pale Ale. Aber daran siehst du eben auch diese Einflüsse, die die Belgier eben haben, dass sie eben das gar nicht so wahrnehmen, sondern dass es eben auch so durchgängig ist.

Markus: Ja, also ein ganz wichtiger Punkt, weil eben diese ganze Idee von Bierstilen, die ist, also so, dass es bei uns hier einen echten Wiederhall hat, vielleicht 20 Jahre alt. Also wenn ich überlege, hier bei uns Franken, die normalen Brauer, die schreiben halt auf ihre Flaschen, was sie schon immer drauf geschrieben haben, da steht halt Vollbier drauf oder Lager oder manchmal steht auch einfach nur Kellerbier oder vielleicht manchmal auch Pils. Aber das ist nicht immer so, wenn zum Beispiel da in Franken auf einer Flasche Pils steht, dass dann auch das drin ist, was man jetzt beim landläufigen Bierwettbewerb unter Pils versteht, sondern das ist halt das, was der Brauer als sein Pils eben kennt. Und solange der das nicht bei einem Wettbewerb einreicht, ist das auch völlig egal. Weil, wenn seine Leute das trinken, wenn seine Leute das kaufen, sein Umfeld, seine Kundschaft und das gut finden, dann ist es doch okay und ich glaube, so ähnlich ist es letzten Endes da auch. Weil, ich meine, die Engländer, die Belgier und auch natürlich die Deutschen in der Region, die haben ihre Biere halt schon immer so gemacht wie sie sie gemacht haben. Und dann haben sich verschiedene Ideen, Aromen, Herstellungsweisen raus kristallisiert und das wurde dann halt später irgendwann mal in, ja, Schemata gepresst. Und dann eben, um es dann bei einem Wettbewerb zum Beispiel vergleichen zu können, dann muss ich das definieren, dann muss ich dem Kind einen Namen geben, man muss dem dann auch Richtlinien und Werte und Zahlen und sowas hinter bauen. Aber das ist eben erst danach gekommen, also erst gab es Bier und dann gab es Bierstile. Und das ist eine wichtige Sache, die einfach auch das ein bisschen auflockert, dass man das immer so streng sieht. Grade so, also viele amerikanische Leute, die hierherkommen, sind immer ganz, die kommen von ihrem BJCP-Katalog und wenn dann da eben Pils in der Flasche draufsteht, dann erwarten die das und wenn das nicht ist, dann gibt es schlechte Bewertungen, weil das Bier ist toll, aber ist kein Pils, deswegen gibt es nur einen Punkt von 10. Und das ist halt genau falschrum. Weil wenn das Bier toll war, aber vielleicht kein Pils, dann gebe ich vielleicht 9 Punkte und sage, vielleicht änderst du mal dein Etikett, also wenn das nicht zu einem Wettbewerb eingereicht wird, das ist eine andere Nummer.

Silvio: Aber da sind wir doch grade an einem Thema, was du grade so schön beschreibst, ist das nicht irgendwie auch immer ein wenig Bevormundung für den Konsumenten? Plattgesagt sagen wir doch immer, es gibt eh nur zwei Sorten Bier, das, was einem schmeckt und das, was nicht schmeckt. Also dieses Bevormunden, vielleicht ist es jetzt ein harter Begriff, aber vielleicht immer zu sagen, dass das so sein muss, ist vielleicht auch mal eine Denkweise, über die man nachdenken sollte, ob das immer alles zielführend ist.

Markus: Darum gibt es auch diesen schönen Spruch, alles kann, nischt muss.

Silvio: Genau. Und wichtig ist ja einfach auch, wenn derjenige damit Erfolg hat, das ist doch wunderbar. Das ist ja, wenn wir jetzt manche Diskussionen führen, ist ein Pastry Stout sauer, ist das noch ein Bier, gibt es ja. Sage ich, ja, Punkt. Wenn es dem Konsumenten schmeckt, ich sage, ja. Wenn man nachher mal sieht, die dann Brauwesen studieren, die lernen auch, wie man Molke macht, die lernen auch Getränketechnik.

Markus: Natürlich.

Silvio: Also dass das dann auch da mit rein schwingt. Ist das verwerflich? Nein, finde ich nicht. Ich finde, auch da müssen wir überlegen, ob wir das immer wirklich bevormunden. Wenn einem einfach so ein Bier schmeckt, wunderbar, wir haben ihn. Wir haben ihn mit einem Bier, wo er bis jetzt hier nicht meinte, dass das ein Bier ist. Das passiert mir ja mit der Damenwelt oft, die ja dieses hopfenbetonte Pils kennen und sagen, das ist nicht meine Welt. Also meine Frau ist ähnlich so, bevor ich Biersommelier war, konnte sie mit Bier auch nix anfangen. Gibt es auch ein paar, drei Bierstile, die findet sie gut, die passen auch zu ihrem Geschmacksempfinden. Und ich glaube, das ist eigentlich, wo wir manchmal auch ein bisschen überlegen müssen. Oder ich habe manchmal, also am Anfang der Tastings habe ich mal immer einen Fehler gemacht, also ich sage bewusst einen Fehler. Ich in voller Euphorie habe dann so an der 5. Stelle ein Celebrator Doppelbock da rein gehauen, weil ich finde, das ist ein toller Doppelbock. Und die Leute, die es eben nicht gewohnt waren, die haben gesagt, boah, das schmeckt ja überhaupt nicht, total Kaffee, boah, viel zu herb, alkoholische Bittere, kann ich nicht. War doch mein Fehler, ich habe die Leute darauf nicht vorbereitet, sondern man muss eben auch gucken, wie man sowas begleitet. Und dass ist das, wo ich sage, mit dieser Euphorie, wo man schauen muss, welche Leute habe ich da oder welchen Konsumenten habe ich dem Moment da. Und dass ist das, was ich eben auch meinte mit Stadt, Land und da muss man eben schauen, in Ruhe, wie viel man da vorbereiten kann.

Markus: Richtig. Und ich finde auch, was ganz wichtig ist, also da bin ich mit 150 % bei dir, man muss allerdings auch den Leuten sagen, das andere Ende der Fahnenstange ist genauso. Also wenn jetzt jemand sagt, ich sage jetzt aber mal ein paar Marken gleichzeitig, damit keiner denkt, ich will irgendjemand bashen, ich trinke mein Veltins, mein Warsteiner, mein Oettinger total gerne zum Fußball gucken, erste Halbzeit, wie auch immer, ich mag das gerne, wie auch immer, dann ist das auch okay. Also das ist auch eine wichtige Sache, die, glaube ich, bei uns oft ein bisschen fehlinterpretiert wird. Es gibt eben diese Bierwelt, die du es grade gesagt hast und die fängt halt irgendwo bei einem ganz normalen Standardpils, was man irgendwo bekommt, an und hört halt bei, was wir jetzt hier haben, auf. Und das eine ist nicht besser als das andere, sondern der Verwendungszweck ist vielleicht anders und die persönlichen Vorlieben sind anders. Und klar würden wir jetzt wahrscheinlich uns nicht zusammensetzen und gemeinsam ein Oettinger und ein Warsteiner verkosten, könnten wir wahrscheinlich auch, aber hier ist natürlich die Sache spannender, weil man auch über die Brauereien, über die Biere viel erzählen kann. Aber deswegen ist es immer wichtig, das andere nicht abzuwerten, sondern das gibt es eben auch und gehört auch zu dieser Kultur irgendwie dazu.

Silvio: Ich sage immer meinen Leuten, Bier ist immer was anlassbezogenes. Ich nenne dir ein Beispiel, 30. Geburtstag, würde früher dran gemessen, wie viel Kästen Bier vernichtet wurden, welches auch immer. Kommt du zum 50. Geburtstag, dann wird nicht mehr gemessen, wie Quantum, sondern dann gibt es vielleicht auch Getränke wie Wein, da ist dann eher mehr. Und da sieht man auch, wie Geschmack sich auch verändert.

Markus: Richtig.

Silvio: Und das darf man auch dabei nicht vergessen. Und das eine hat seine Bewandtnis und das andere hat seine Bewandtnis, da bin ich vollkommen bei dir. Und ich habe auch nach den Tastings, wo dann Leute dann sagen, ja, jetzt trinke ich ein Bitburger. Ich sage, wenn dir danach ist, ich bin nicht beleidigt, du möchtest das haben. Ist ja so, wie wir auch immer sagen, es gibt kein richtig, kein falsch. Wenn dem einen das nicht schmeckt, dann ist das so, was soll ich das in infrage stellen. Nur weil ich das super finde, heißt ja nicht, dass er das super findet. Das ist immer so das große Problem oder, ich sage mal, nicht Problem, aber das ist das, wo man vielleicht offen sein muss, tolerant in dem Moment.

Markus: Ja. So, jetzt gehen wir auf den Oelberg, allerdings ohne ö, Sankt Oeberg, ist das ein Ort?

Silvio: Ja. Sankt Oelberg ist nix anderes als die Verballhornung oder, steht hinten drauf, die augenzwinkernde Hommage an die Stadt Stollberg.

Markus: Ah, okay.

Silvio: St. Oelberg, das ist so bei uns so ein geflügelter Witz, sage ich jetzt mal. Und ich habe ja eben gesagt, ich ziehe ja bald runter, wo die Altstadt ja überflutet worden ist vor 2 Jahren und dann habe ich überlegt, wie ich was machen kann. Habe dann mit dem Sebastian Sauer, der ja auch in Stollberg wohnt, Sebastian wohnt 4 Kilometer von mir entfernt.

Markus: Ach, okay.

Silvio: Sebastian habe ich mal vor 14 Jahren beim Braukurs in Köln in der Braustelle kennengelernt und dann irgendwann hat man sich mal aus den Augen verloren, bis ich vor 4 Jahren dann mit dem Craft Beer anfing. Und dann haben wir eben versucht, ein Charity-Bier zu machen mit Fruit-Spende und das haben wir dann gemacht. Das war dann ein Pils, naturtrübes Pils, das hieß dann Messing Heimat, weil Stollberg die Messingstadt ist beziehungsweise die Kupferstadt. Das ist, was die wenigsten wissen, der älteste Industriebetrieb Deutschlands steht in Stollberg, weil eben dort Messing-Prim, Knöpfe, also es kommt daher, diese Messing-Knöpfe, das Patent und Kupfer wurde eben abgebaut. Und deswegen hat man eben auf dem Etikett auch immer das Galmei-Veilchen, das ist endemisch, das gibt es nur dort, da, wo sehr viel Kupfer und Schwefel vorkam, das ist ein eigenes endemisches Pflänzchen. Und dann habe ich 2 Biere mit dem Sebastian gemacht beziehungsweise ich habe gesagt, wie ich sie gern hätte und er hat sie mir dann gemacht. Einmal einen Heimat Bock mit leichtem Rauchmalz, der ist eben für das Essen gedacht, eben für Steak. Und in Aachen oder in der Städteregion Aachen essen wir einfach den Sauerbraten mit Printen, das ist einfach so. Deswegen heißt das Bier auch Heimatgefühl und Gefühl natürlich, damit wir das so haben können. Und das ist ein Bier …

Markus: So wie wir die Sauerbratensoße mit Lebkuchen machen.

Silvio: Ihr macht es mit Lebkuchen, jetzt können wir aber schauen, der Lebkuchen ist ja viel ähnlich natürlich und einfach so wird das gemacht. Und dieses Bier ist eben dafür gedacht, dass es zum Sauerbraten funktioniert und es ist eben auch dafür gedacht, dass das Bier zu Kaninchen funktioniert.

Markus: Oh.

Silvio: Kaninchen süß-sauer und zum Dessert. Das war die Idee, die dahintersteckt. Es ist eine Chimäre-Hefe drin, ich habe es auf dem Bierstil des Quadrupels gemacht.

Markus: Woah.

Silvio: Und so wie es sein musste, ich hatte Weihnachtsmarkt und das Bier war noch nicht fertig in der Gärung, habe ich gesagt, ich brauche es trotzdem. Da haben wir einen Batch vorher gemacht, den mache ich jetzt mal auf. Und dann haben wir noch einen anderen Batch 6 Wochen länger im Gärtank gelassen, das ist daneben. Und jetzt liegt dieses ganze Baby im Moment noch in einem ehemaligen Jack-Daniel´s- Lafroaigh-Fass. Und ich werde es, so wie ich es verstanden hab, den Sebastian und der Christian Vormann, wollen wir es Anfang Oktober abfüllen.

Markus: Also vielleicht noch ganz kurz für die Hörer, der Sebastian Sauer ist so ein bisschen, was soll man sagen, ein frühes Enfant terrible der Bierwelt in Deutschland.

Silvio: Pionier.

Markus: Ja, ja, ich wollte es grad sagen, es ist so ein bisschen beides, ich habe ihn auch so vor ungefähr 15 Jahren kennengelernt. Und er hat also sich einfach dem verschrieben, wirklich besondere historische spannende Bierstile zu entdecken, zu verkosten. Der war auch schon in Südamerika unterwegs und hat das Chicha probiert, rauf und runter. Und macht eben viele, viele tolle Biere, die dann eben sehr experimentell sind, sehr spannend, sehr aromatisch sind. Freut mich total, dass ihr da zusammenkommt, das wusste ich gar nicht, dass er da wohnt. Und es ist immer wieder eine Freude, was von ihm zu haben, Freigeist nennt sich das Ganze auch, Bierkultur. Und, ja, der Christian Vormann, auch witzig, der war in einem unserer allerersten Seminare, auch vor 10 Jahren muss das ungefähr gewesen sein. Und der hat sich ja auch toll entwickelt, macht auch viel Biere in seiner Brauerei, viele spannende Geschichten. Und, ja, also jetzt haben wir hier dieses schöne Bier im Glas, schaut ja fast aus wie ein Rotbier, muss ich sagen, schöne natürliche Komponente, toll.

Silvio: Ja, natürlich ist Kardamom da drin. Auch Amber, könnte man sagen, Amber oder Bernstein.

Markus: Der Joker des Biersommeliers, Bernstein.

Silvio: Ja, strohgelb.

Markus: Nein, also wirklich, eine wunder-, wunderschöne Farbe und so, wie es eigentlich sein, ein rotstichiges Braun. Schöner auch genauso getönter Schaum, der da auch perfekt dazu passt. Oh und ein unglaublich interessanter Geruch. Ich würde ja auf den ersten Tipp erst mal sagen, es hat was Florales, sowas Blütenmäßiges. Und dann, wenn man länger reinriecht, dann kommen die Printen, also dieses, ja, wir würden jetzt in Franken sagen, Lebkuchengewürzaroma, so ein bisschen rüber. Und wird dann immer intensiver und geht dann so in Honig. Aber es hat auch was Florales. Aber diese Veilchen habt ihr da nicht auch noch reingesteckt?

Silvio: Nein, aber es ist Macisblüte drin, es ist Muskatnussblüte drin.

Markus: Ah, okay.

Silvio: Du bist mit dem Floralen ganz gut. Und ich finde, den Touch, den Twist, den man hier natürlich hat, ist diese klassische Birne, diese Hefe, die du wirklich so von dem Chimäre auch immer erkennst so in der Nase. Also ich bin ja jetzt total befangen, deswegen.

Markus: Ja, Birne und auch Quitte, also es ist eine total spannende Geschichte.

Silvio: Prost.

Markus: Ja, prost. Setzt sich fort, toll. Also was ihr jetzt knistern hört, das sind die Printen, die waren nämlich auch im Paket. Und, ja, du öffnest die grade, sagen wir mal so.

Silvio: Ja, ich denke, das ist in dem Fall wichtig oder ich sage mal, die Idee, die da ist, ist einfach, damit man einfach nochmal so ein bisschen schaut, wo was da hinkommt. Hinten kannst du nochmal schauen, was für Gewürze auch drin sind.

Markus: Also ich finde es unheimlich präsent auf jeden Fall, dieses Printenaroma bleibt auch ganz lange. Und es ist, also jetzt sieht man auch, also wir haben hier Zimt, Koriander, Anis, Gewürznelke, Piment und Macis-Blüte, also, ja, eine schöne bunte Mischung an Gewürzen. Jetzt haben wir hier eine Printe, ich habe die mit Nüssen erwischt.

Silvio: Du kannst die auch mit Mandel haben, mir ist das egal, du kannst die aber auch nur mit dem normalen Zuckerguss haben.

Markus: Jetzt habe ich die mit Nüssen, wunderbar. Probieren wir das mal mit dem Bierchen, prost.

Silvio: Und jetzt merkt man, dass es eben auch mit einem Dessert funktionieren würde oder kann.

Markus: Das geht sehr schön Hand in Hand, muss ich sagen. Also, gut, ist jetzt auch in gewisser Weise erwartbar, aber richtig schön, weil auch diese süße Note von den Printen, die wird mit rüber genommen, ist aber trotzdem nicht so dominant, also das macht das Ganze sehr angenehm. Gibt es ja oft so bei so Schokolade-Tastings, dass das Süße dann zu krass ist, grade wenn man das dann so Gleiches mit Gleichen kombiniert. Hier ist es wirklich sehr, sehr schön, sehr angenehm, sehr rund. Ich kann mir das Bier auch in der Tat total gut vorstellen zu so einer richtig schönen Soße, die mit den Printen gemacht worden ist. Das führt dann ja eigentlich das fort, was man von der Speise hat, wird im Mund dann mit dem Bier weitergemacht.

Silvio: Wir haben daraus dann noch einen Printenlikör gezogen, so ein bisschen und haben dann also daraus dann eine Printen-Mousse gemacht beim Essen mit dem Restaurant. Und das ist jetzt die 1. Version und wir trinken jetzt gleich schon mal die 6 Wochen länger gelagerte Version.

Markus: Okay.

Silvio: Und es ist einfach, ich finde es sehr schön und wir haben uns bewusst entschieden aufgrund der Erfahrung. Der Sebastian hatte schon mal ein Printenbier gemacht, hat es aber dann mit Printen aufgelöst. Und dann war es sehr biskuitig und es war sehr teigig, es war also nicht viel von dem Gewürz. Und ich habe, wie gesagt, dann hier bewusst nur die Gewürzmischung genommen, so wie man dann eben das macht. Und ein ganz kleiner Bäcker, und jetzt geht es weiter, das Bier gebe ich ihm dann wieder, er zieht das in eine Ganache rein, macht darüber dann noch Marzipan, zieht das auf die Printe, daraus eine Ganache, die heißt dann Etepetete. Wir nennen sie eigentlich St. Oelberg Printe, also Printenpraline. Und haben das Spielchen nochmal zurückgespielt dann auch, einfach um nochmal zu zeigen, dass eben auch Brauen und Brotbacken oder eben auch sowas, wie das zusammengehört und das kam auch ganz gut an. Und dass ist so das, kam vielleicht so ein bisschen raus, so meine Liebe, eben auch zu sagen, ich muss Bier immer im Essenskontext betrachten, das ist so die Idee, die dahintersteckt.

Markus: Und es ist auch ein ganz teuflisches Bier, muss ich sagen. Weil, also es steht drauf 10%, wenn man mich gefragt hätte, hätte ich gesagt, naja, vielleicht 6. Also da ist schon, ja.

Silvio: Du bist aber auf einem guten Weg. Der 1. Batch ist so um die 8%, 8,5% gemessen, also sehr gut. Aber jetzt warten wir mal, was der 2. sagt.

Markus: Okay.

Silvio: Weil ich das, wie gesagt, so für den Weihnachtsmarkt brauchte, haben wir das Ding einfach ein bisschen vorher aus dem Tank gezogen.

Markus: Spannend, schaut schon ein bisschen anders aus. Hat einen richtig geheimnisvollen Schimmer, so ein Sonnenuntergang quasi.

Silvio: Das liegt an der Sonne vielleicht.

Markus: Ja, vielleicht liegt es auch an der Sonne. Der Schaum ist tatsächlich präsenter, finde ich, als bei der 1. Version, kann aber vielleicht jetzt nur am Einschenken gelegen haben. Er ist ein bisschen heller, finde ich, auch.

Silvio: Die Sonne ist natürlich auch da, meine Frau sitzt dabei, deswegen ist das natürlich so schön.

Markus: Alles strahlt sozusagen. Und was man auch sagen muss, hier zieht man die 10% oder mehr, ehrlich gesagt, wahrscheinlich sogar mehr, sieht man am Verhalten des Bieres im Glas.

Silvio: Andere Viskosität, ja.

Markus: Also das bleibt ja eigentlich von A bis Ende kleben.

Silvio: Ja, eine andere Viskosität auf jeden Fall.

Markus: Wahnsinn. Also optisch schon mal Bombe, muss ich sagen. Oh ja, okay, dann ist auch die alkoholische Note in der Nase stärker.

Silvio: Der Honig ist weg, den wir so eben so in der Nase hatten, sondern viel mehr diese Muskatnuss kommt da so.

Markus: Das ist sehr interessant, ja, es ist wie eine Birne, über die man so ein bisschen Zimt und Muskat streut so.

Silvio: Wir nehmen es zum Beispiel zum Bratapfel.

Markus: Ah ja.

Silvio: Da passt das unglaublich gut dazu.

Markus: Woah. Also, ja, da merkt man mal, es ist ja, es hat einfach ein bisschen Zeit.

Silvio: 6 Wochen.

Markus: Ja, Wahnsinn. Prost.

Silvio: Prost. Jetzt sind wir volle Lotte beim Quadrupel auch angekommen.

Markus: Aber trotzdem großartig. Also was ich ganz schön finde, ist das, obwohl jetzt die Alkoholnote stärker ist, ist sie immer noch schön eingebunden. Wir haben eine Süße, die ist auch durchaus präsent und schön. Und diese Printenaromen, die sortieren sich so, die kommen dann so Stück für Stück, eins nach dem anderen und am Ende ist es wieder komplett. Und auch das Mundgefühl, sehr, sehr angenehm, sehr moussierend, ja. Ja, hat er gut gemacht oder habt ihr gut gemacht.

Silvio: Ja, ich bin sehr zufrieden. Und ich freue mich ja im Oktober, wenn das dann aus dem fass dann rauskommt. Wir haben es in 3 Versionen gemacht. Wir haben es in ein Rumfass gelegt, wir haben es in einem Bordeaux-Fass und dann eben dem ersten Lafroaigh-Fass. Das Erste, war es ein Jack Daniel´s, dann Lafroaigh. Und dann geht es weiter, dann hat es 5 Jahre als Singelmalt für jemanden gedient, der den Whisky in Aachen macht, von dem habe ich das Fass übernommen, so ein 125-Liter-Fässchen. Wie das Fass kam, wir da reingerochen haben, da warst du schon ohnmächtig von dieser Geruchsexplosion, die wir hatten. Man konnte es beides wahrnehmen, man konnte diesen klassischen Bourbon wahrnehmen, diese volle Lotte Vanille, die schon so Bourbon-, wirklich Bourbon-Vanille war. Und dann kam so hinten, klopf, klopf, der Torf und sagte, hej, ich bin auch noch da.

Markus: Hej, ich bin auch noch da, ja, schön.

Silvio: Und das war sehr schön. Und da bin ich mal gespannt, ich schicke dir natürlich gern da zu, von der Flasche.

Markus: Oh ja.

Silvio: Aber das ist jetzt, wie gesagt, eben einfach auch ein Bier klassisch zum Speisekontext. Schöner Weise verkaufe ich das auch im Sommer. Als Printenbier ist es eben einfach eine absolute Nische, die ja eben bei uns ist. Und ich bin sehr zufrieden mit diesem Bier.

Markus: Ja und ich glaube, das ist jetzt wirklich ein Bier, das funktioniert mit ganz, ganz vielen Sachen, also ab einer gewissen Ebene. Genau, wir müssen den Käse jetzt hier natürlich auch noch angreifen, keine Frage. Vielleicht ganz kurz, weil du es grade gesagt hast, kaufen, ist ja auch ein Sinn. Also wenn die lieben Hörer, die jetzt alle nicht grade in Aachen oder um die Ecke wohnen, mal mit dir geschäftlich zu tun haben wollen, wie funktioniert das?

Silvio: Also ich habe keinen Online-Shop, ich bin ein klassischer Stationärer, aber natürlich verschicke ich. Aber, Leute, es ist jetzt nicht so mein guter Freund, der den Belgo-Shop führt, der da sehr gut drin ist, weil er da die Logistik hat. Sondern ich bin da eben so eine One-Man-Show, habe einen Laden zu führen und natürlich verschicke ich das auch sehr gern, aber dann immer ein bisschen mehr Geduld. Und dann eben wird das Ganze über Überweisung, PayPal dann abgewickelt. Weil ich habe bis jetzt immer den Online-Shop gescheut, es gibt immer Fallstricke wie vergessene Literangabe und so weiter. Und wenn dann irgendwie was vom Abmahnverein reinkommt, habe ich da keine Lust drauf und das ist so, warum ich es erst mal so …

Markus: Nee, das geht leider Gottes sehr, sehr schnell und grade, wenn man mit ausländischen Produkten arbeitet oder mit so sehr handwerklichen Produkten, weil ja auch die Produzenten da nicht immer auf alles achten, das macht schon Sinn. Heißt aber jetzt, also wir haben dann praktisch eine Email-Adresse oder schon eine Website oder wie?

Silvio: Ich hab keine Website, ich bin über Instagram, da steht ja Vinteasch mit ae dann geschrieben oder eben kann man darüber Kontakt aufnehmen. Oder ganz klassisch über Email, das geht natürlich. Der große Mappenanbieter Herr Google, wenn man mein Profil aufruft, dann kann man mir eine Email schicken oder silvio.reiss@vintaesch, mit ae, .de geschrieben, dann kann man das bestellen, verschicke ich sehr gerne. Es kann sein, ich bin jetzt grad am überlegen, das es dann über den Belgo-Shop auch zu beziehen ist.

Markus: Also hast du ja auch eine Idee.

Silvio: Frederic, haben wir schon drüber gesprochen und das werden wir jetzt mal machen. Aber das war ein Herzensprojekt und ich denke, das merkt man auch, dass es da reingepasst hat, sehr schön.

Markus: Also die Links werden wir natürlich alle noch in die Shownotes geben, sodass die Leute dann eben auch schon mal das mit dem Podcast direkt machen können. Ich muss sagen, mit dem Käse habe ich ja so nebenbei so ein bisschen probiert, passt auch sehr schön, der Parmesan, in Anführungsstrichen, macht auch hier seinen Job auf jeden Fall. Die Kaminwurz hat sich jetzt grade ein bisschen verabschiedet. Da ist sie.

Silvio: Glück gehabt, der Hund hat nicht aufgepasst.

Markus: Die versteckt sich, ja. Aber das ist das Gute an so einer bayrischen Kaminwurz, die kann das auch ab, die fällt mal runter, die ist danach wieder wie vorher, alles wunderbar. Also das ist schon auch wirklich großes Kino, das mit den Speisen zu machen. Also insofern, das vielleicht einfach auch nochmal an alle Hörer als Anregung, als Tipp, also neben der Anregung und Tipps, sich mit dir mal auseinanderzusetzen, dein Instagram-Konto zu abonnieren und so weiter. Aber eben auch wirklich, grade wenn man solche Biere hat, die auch aromatisch viel zu bieten haben, sich dann eben auch mit Käse, mit Schokolade, mit Wurst, mit was weiß ich, was man halt mag, zu beschäftigen und einfach zu spielen. Weil, ich glaube, so kommt man am ehesten dahin, oder?

Silvio: Ja, es ist alles eine Spielwiese, denke ich mal. Man kann sich auch mal verdribbeln, aber man kann eben auch mal aus 30 Metern in den Winkel schießen, um beim Fußball zu bleiben. Ja, ist definitiv so, ja. Und ich denke, das Bier ist eigentlich, steht so sinnbildlich für meine Liebe, die ich ja eben auch hab, Belgien, eben auch die Heimat, da verbunden. Und ich habe noch 2 andere Bierprojekte im Kopf und schauen wir mal, was da so ist, aber müssen wir mal Step by Step machen. Jetzt durch den Umzug werde ich den Heimatbock dieses Jahr nicht brauen lassen, das werde ich nächstes Jahr machen, weil die Geldmittel müssen da rein fließen, ist einfach so. Ich sage ja auch immer so, ich lebe nicht vom Bottle-Shop, das ist schwierig auf dem Dorf, muss man so sagen, sondern ich lebe von der Sommeliertätigkeit. Und das ist eigentlich auch der Grund, warum ich dann in die Stadt gehe, um mehr Lauffrequenz und mehr Touristen sind. Das ist der nächste Schritt, den ich machen musste, ist einfach so. Und wir merken ja auch so an einer Reihe von Erstgenerationen, die anfangen, die aufgeben oder Brauereien verkaufen, Bottle-Shops schließen. Und weil die Craft-Beer-Nische ja doch eine Nische ist, das muss man einfach mal auch sich klarmachen und deswegen ist das alles auch nicht immer so einfach, wie wir uns das wünschen und denken und das ist so, wo man ein bisschen jeden Tag kämpfen muss. Ich mach das gerne, aber manchmal ist es auch ein bisschen frustrierend.

Markus: Das auf jeden Fall. Aber immerhin, wenn man solche Produkte hat, solche Möglichkeiten zu kombinieren, macht das dann wenigstens auch Spaß, dieses Kämpfen und man hat auf jeden Fall was für sich und vielleicht für die eigene Familie auch noch mit dabei. Also auf jeden Fall, wie gesagt, nochmal vielen Dank, dass du das hier mitgebracht hast, uns teilhaben lässt. Und wir können dann ja, wenn du umgezogen bist und die nächsten Projekte angehst, einen 2. Teil machen, wo wir nochmal dann vielleicht vor Ort drauf eingehen und es uns mal anschauen. Und zwischendurch eben nochmal, an alle Hörer, schaut in Aachen vorbei …

Silvio: Stollberg.

Markus: … Stollberg, richtig, Entschuldigung.

Silvio: Bei Aachen.

Markus: Schaut in Stollberg vorbei, bei Aachen, nehmt ein paar schöne Biere, lasst euch beraten vom Silvio und vielleicht auch ein bisschen Käse, vielleicht ein bisschen Wurst und auf jeden Fall, Printen nicht vergessen.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 122 – Interview mit Steffi Hader und Philipp Henniges vom Podcast „Buch und Bier“ aus Bamberg

Bei den KollegInnen zu Besuch: Diesmal bei „Buch & Bier“ mit Steffi und Phil. Es klingt wie die logische Evolution – vom BierTalk zum Bier- und BuchTalk. Genau deswegen haben wir uns an einem edlen Ort verabredet und im Nebenzimmer des Schlenkerla getroffen, um diese einzigartige Podcast-Folge aufzuzeichnen. Die rauchbierverliebte studierte Brauerin Steffi lernte in einer Mälzerei und wurde schließlich freie Autorin, Phil hingegen ist gestandener Buchhändler mit Hang zu neuen und kreativen Bieren aller Art. Als Paar lesen und trinken sie gerne gemeinsam und haben aus diesen beiden Hobbys schließlich einen Podcast gemacht. Zusammen mit Markus Raupach sind sie drei Bamberger mit zwei Podcasts, vielen Büchern und jeder Menge Bierdurst – der Stoff, aus dem spannende Episoden entstehen…

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Freunde des Gerstensaftes und der Druckerschwärze, wir begrüßen euch. Wir, das sind:

Steffi: Steffi, die Fachfrau, alles was mit Bier zu tun hat.

Phil: Und Phil, der Buchhändler eures Vertrauens.

Markus: So.

Phil: Und, genau, heute sind wir nicht alleine.

Markus: Ja, also jetzt werdet ihr euch wundern, zumindest wenn ihr BierTalk-Hörer seid, dass ihr ein ganz anderes Intro gehört habt als bei den anderen 202 Folgen oder sowas gehört habt. Aber, ja, wir sind heute mal wieder bei einem Podcast-Special, wo wir uns einfach mit einem anderen Podcast treffen und in dem Fall sogar mit einem doppelten sozusagen, weil ihr ja zu zweit seid.

Phil: Richtig, genau.

Steffi: Genau.

Markus: Und wir sind inhaltlich auch relativ oder überhaupt sehr nah beieinander, ihr beschäftigt euch mit Buch und Bier.

Phil: Richtig.

Markus: Und ich habe mich ganz lange mit Büchern beschäftigt und irgendwie dann auch mit Bier und hab es ab und zu mal zusammengebracht, aber nicht so intensiv und nicht so professionell wie ihr. Und das ist einfach so …

Phil: Danke schön.

Markus: Und das ist heute einfach so ein bisschen der Punkt, was mich auch sehr interessiert hat, euch mal kennenzulernen und mit euch ein bisschen drüber zu reden, wie die Erfahrung überhaupt, also sowas zu tun, wie nähert man sich dem, wie bringt man Buch und Bier zusammen. Und, ja, also insofern sehr schön, dass wir heute zusammen sind. Und vielleicht für die Hörer noch so ein bisschen als Information, falls man im Hintergrund ein bisschen was hört, wir haben uns natürlich auch einen besonderen Ort ausgesucht, weil, wenn man so ein schönes Treffen macht, dann muss man das eben auch an einem speziellen Ort machen. Und da sind wir hier im Schlenkerla in Bamberg, also Bambergs älteste Brauerei, Rauchbierbrauerei. Haben auch alle ein Rauchbier und deswegen würde ich sagen, stoßen wir mal schnell an und sagen prost.

Steffi: Ja, prost.

Phil: Genau, prost.

Markus: Prost.

Phil: Jawohl.

Markus: So und dann sage ich doch gleich mal, Ladys first, Steffi, das ist nicht dein erstes Rauchbier oder?

Steffi: Definitiv nicht. Also wenn man in Bamberg geboren und aufgewachsen ist, dann kommt man da absolut nicht drum rum. Und ich muss aber auch sagen, bei mir trifft dieses Sprichwort nicht zu, dass das Rauchbier erst nach dem dritten schmeckt, sondern das war bei mir irgendwie Liebe auf den ersten Schluck quasi.

Markus: Ja, ich muss ja sagen, ich habe mal so aus Spaß den Witz gemacht, naja, wir wissen als Bamberger manchmal nicht, ob wir zuerst Muttermilch oder Rauchbier kriegen. Und da gehörst du vielleicht auch zu diesem Teil unserer Bevölkerung, das ist sehr schön. Aber du bist ja generell mit dem Bier sehr eng verbandelt?

Steffi: Genau. Also ich habe meine Ausbildung damals in einer Mälzerei gemacht, allerdings im Büro, also ganz anderer Weg. Und habe dann beschlossen, dass ich Brauwesen studieren möchte und habe da eben ein Vorpraktikum in einer kleinen fränkischen Brauerei und dann in Weihenstephan studiert an der HSWT an der FH. Und das hat mir auch mega viel Spaß gemacht. Und habe ich mein Praxissemester bei einem Hopfenverarbeiter gemacht in der Hallertau, aber danach gemerkt so, naja, irgendwie zieht es mich doch eher zum geschriebenen Wort hin. Und bin dann wieder zurück ins Büro und habe mich nebenher selbstständig gemacht als freie Autorin.

Markus: Wahnsinn, also das finde ich ja ganz spannend. Also erst mal überhaupt ein Bürojob, aber in einer Mälzerei anzufangen und dann die Reise durch die ganze Bierwelt, inklusive der ganzen Wissenschaft zu tun und am Ende dann zu sagen, okay, jetzt verbinde ich das eben mit Kunst und Bier und dem Getränk, das ist großartig. Das heißt also, du bist jetzt wieder oder immer noch tätig im Büro und nebenbei selbstständig oder hauptberuflich selbstständig?

Steffi: Genau, teils, teils, also ziemlich 50, 50.

Markus: Und wieder in einer Mälzerei?

Steffi: Nee, im Verlag tatsächlich.

Markus: Okay. Aber was heißt jetzt freie Autorin, also wie kann ich was von dir lesen?

Steffi: Also ich habe unter anderem auch einen Blog auf Steady, wo ich regelmäßig Assets veröffentliche und ich habe auch schon in Kurzgeschichten Anthologien veröffentlicht.

Markus: Spannend. Also da werden wir ein bisschen was in den Shownotes verlinken. Bin ich schon sehr, sehr, sehr gespannt, was man da von dir lesen kann, wir hören ja eben regelmäßig voneinander, das ist ja schon mal schön. Und, ja, jetzt sitzt hier noch der Phil.

Phil: Ja, genau.

Markus: Vielleicht wenn du dich auch ein bisschen einführst, dass die Leute sich so ein bisschen wissen, was sie sich drunter vorstellen müssen.

Phil: Na klar. Ja, also ich bin der Phil, ich komme ebenfalls aus Bamberg, inzwischen schon fast 40 Jahre, man mag es nicht glauben, aber …

Markus: Wem sagst du das.

Phil: Und, ja, beim Rauchbier oder überhaupt beim Bier, das war eigentlich so seid der späten Mittelstufe, Anfang Oberstufe war klar, Bamberg, Bier, super, perfekt. Also, ja, das mit der Muttermilch und so, das hat schon irgendwie so seine Bedeutung, muss ich sagen. Also ich habe eigentlich in Bamberg studiert, bin eigentlich Diplomsoziologe. Und ich habe dann aber nach dem Studium halt auch gemerkt irgendwie, hm, die Jobs, die ich dann damit machen möchte, dann braucht man doch irgendwie 27 Praktika und hat drei Jahre kostenlos irgendwo gearbeitet und was weiß ich. Da habe ich gesagt, nee, ich möcht eigentlich lieber dann doch was Handfestes arbeiten und habe dann eine Ausbildung zum Buchhändler gemacht natürlich tatsächlich und eben auch hier in Bamberg. Und, ja, bin jetzt schon fast 10 Jahre als Buchhändler tätig.

Markus: Und wie ist dann Steffi in dein Leben gestoßen oder umgekehrt, ich weiß gar nicht, wer da zu wem wie gestoßen ist oder wurde?

Phil: Naja, also wir sind jetzt seit fast 3 Jahren zusammen.

Steffi: Ja.

Phil: Und da haben wir dann gemerkt irgendwann, hm, wir mögen beide Bücher und wir mögen beide Bier. Und haben dann irgendwann gemerkt, hm, am 23.04. ist ja sowohl Tag des Buches als auch Tag des deutschen Bieres. Und haben gesagt, das ist echt ziemlich geil irgendwie, Buch und Bier, das lob ich mir, hm, da müsste man doch irgendwie was draus machen. Und da dachten wir, wir könnten eigentlich einen Podcast aufnehmen dazu. Weil das ist heutzutage ja eigentlich ziemlich einfach, man braucht ein Programm, ein bisschen gutes Equipment. Und wir haben ein tolles Thema, wir besprechen in unserem Podcast immer ein Buch und jeweils ein dazu irgendwie passendes Bier.

Markus: Ja.

Steffi: das ist auch eigentlich aus so einer Bierlaune heraus entstanden.

Phil: Ja, natürlich.

Steffi: Ich fand es ganz witzig, als wir uns kennengelernt haben, warst du einer der wenigen, die wirklich wussten, dass das beides an einem Tag ist, aber das viele nicht auf dem Schirm haben. Also Tag des Bieres ist bekannt, in der Buchwelt dann auch Tag des Buches, ja klar, aber dass das beides eben dieser 23.04. ist, wusste eben aus meinem Bekanntenkreis jetzt nur Phil. Und dann haben wir halt so rumgesponnen so, hah, wäre ja eigentlich witzig, irgendwie Buch- und Bier-Podcast. Und das ist aber ganz lange noch so zwischen uns rummeandert und wir haben das dann immer mal wieder verworfen. Und dann hatten wir Anfang 2020 irgendwie gesagt, okay, ach, machen wir einfach, probieren wir jetzt. Und sind dann mit der ersten Folge an den Start gegangen und haben gemerkt, uns macht das so viel Spaß, dass wir jetzt monatlich immer eine Folge mit rausgehauen haben.

Phil: Genau, seitdem, richtig.

Markus: Jetzt werden sich unsere Hörer bestimmt oder vielleicht fragen, wie funktioniert das? Also man sagt, okay, wir machen einen Podcast, wir kennen uns aus beim Bier, wir kennen uns aus bei Buch, aber dann bis zu dieser ersten Folge, die dann irgendwie online ist, da sind ja so ein paar Hürden, die man überwinden muss. Also hattet ihr da die entsprechenden Kompetenzen schon, habt ihr euch das erarbeitet, wie kommt man da so rein? Und wie ist dann dieses Gefühl, wenn die erste Folge auch wirklich dann in der Welt sozusagen draußen ist?

Steffi: Meinst du jetzt die Kompetenzen im Sinne von Podcast aufnehmen und …

Markus: Alles was dazu gehört. Ich meine, man braucht ja eine Menge Technik, man muss letzten Endes die Software beherrschen. Dann ist es ja nicht so einfach, diese Wege zu finden, wie man dann dieses Ding irgendwie in die Welt bringt und dann auch noch bekannt macht. Das ist ja auch noch ein Thema, dass dann jemand auch wissen muss, dass es so einen Podcast gibt. Also müssen wir jetzt auch nicht alles erklären, aber für mich ist einfach der Punkt schon da. Oder anders rum erklärt, bei mir war es halt so, okay, ich war jahrelang, viele, viele Jahre lang beim Radio und war deswegen halt mit dem ganzen Thema Mikro und Aufnahme und Sound bearbeiten völlig vertraut und hatte halt auch eine Werbeagentur vorher und kann mit dem Computer und alles umgehen, das war für mich eben keine Hürde. Und auch dieses Thema softmäßig, da musste ich halt ein paar Websites anschauen, aber dann weiß man sehr schnell, was zu tun ist und dann war das für mich jetzt, diese Hürde, relativ klein. Ich musste halt eher dann ein bisschen gucke, wie kriege ich da ein sinnvolles Konzept irgendwie in die Sache rein, dass das dann auch jemand sich gerne anhört und vor allem bis zum Schluss anhört. Aber eben, wenn man jetzt, sagen wir mal, nicht aus dieser Ecke kommt, kann ich mir vorstellen, dass das nicht so einfach ist und man muss ja erst mal alles haben. Also ich hatte zum Beispiel am Anfang von dieser ganzen Pandemie nicht mal eine Webcam. Und dann haben wir überlegt, wir machen jetzt Videoseminare und solche Geschichten. Und dann musste ich bei eBay, habe ich dann bei eBay Bamberg die letzten Webcams ersteigert, die es zu Anfang der Lockdowns noch gab. Und ich habe drei Webcams ersteigert, die ersten beiden habe ich gekauft, die waren kaputt. Aber war noch, man hat das Geld hingelegt, dann hat jemand den Umschlag hingelegt, also war ja noch, dass man sich nicht berühren durfte und so. Und die Dritte hat dann funktioniert, genau und mit der habe ich dann angefangen. Und dann konnte ich also übers Netz bestellen, dann hat sich das ein bisschen gelöst. Aber es sind manchmal so ganz komische Sachen. Und da hat mich mal interessiert, wie ihr dann von dieser Idee und dem, wir machen es, zu diesem Punkt gekommen seid, der ist jetzt da.

Steffi: Das war gar nicht mal so eine große Schwelle, glaube ich.

Phil: Stimmt.

Steffi: Also du hattest Audacity als Aufnahmeprogramm immer auf dem Schirm.

Phil: Genau, das kannte ich schon von vorher. Weil ich mache auch, also ich bin, war in Pen-and-Paper-Rollenspielrunde und da hatten wir eine Zeitlang auch mal die Idee, Sessions komplett aufzunehmen. Und eine Freundin damals eben hat das eben mit Audacity gemacht, daher kannte ich das.

Markus: Ah, okay.

Phil: Und dann haben wir uns halt überlegt, naja, das ist ein kostenloses Programm, das laden wir uns mal runter. Da gibt es YouTube-Tutoriell dazu. So die ganz einfachen Sachen sind halt einfach, du drückst Aufnahme, du drückst Stopp, du schneidest ein bisschen mit dem einen Tool. Also ein bisschen ist untertrieben, ich weiß.

Steffi: Also das Schöne war, den Trailer haben wir auf Phils PC noch aufgenommen. Und ja, ja, das geht ja alles ganz einfach, das geht ja alles ganz einfach. Und dann hatten wir die erste Aufnahme im Kasten und ich hatte das Programm auf meinem PC und ich durfte es schneiden. Ich bin halb verzweifelt. Vor allem weil man halt dann gerade am Anfang so merkt, welche Angewohnheit man beim Sprechen hat. Also bei mir ist es immer dieses und da, und so, also dass ich immer die Sätze mit und anfange. Bei Phil ist es oft dann, dass er …

Phil: Äh.

Steffi: Nee, das äh nicht mal so.

Phil: Nicht? Okay.

Steffi: Sondern dass du immer die Sachen dreimal sagst.

Phil: Und dann, dann, dann, dann, dann habe wir das gemacht und so.

Steffi: Ja. Also mittlerweile erkenne ich es schon so an den Ausschlägen bei Audacity, dass ich weiß, ah, da ist wieder eine Stelle, okay, ich kann sie gleich raus cutten.

Markus: Ja, also das, muss ich sagen, da habe ich mittlerweile aufgegeben. Am Anfang, das Schöne war ja während dieser ersten Lockdown-Zeit, also ich habe ja eben im März 2020 oder April angefangen, da hatte man ja einfach Zeit. Also das, was wirklich verfügbar war, war Zeit, man hatte ja sonst nicht so viel zu tun. Und da habe ich dann tatsächlich auch noch so in meiner Reminiszenz an meine alte Radiozeit alles ganz hart geschnitten, jedes äh und jeden Satz richtiggestellt und was man alles so macht. Und das hört man auch, also die ersten, was weiß ich, 100 Podcasts oder sowas, die sind vom schneiden her, also ich würde mal sagen, ziemlich gut. Aber dann, als dann das langsam so dem Ende zu kam mit dieser Lockdownerei, dann hatte man einfach, also ich, jede Woche einen Podcast, manchmal sogar zwei, einfach keine Zeit mehr, das zu tun. Weil ich muss sagen, das Schneiden, es ist die vier- bis fünffache Zeit, wenn man es ernsthaft macht und wenn man halt so einen Podcast von einer Stunde hat, dann sitzt man halt fünf Stunden dran und ist dann nachher fertig.

Steffi: Genau. Ich bin nicht die Einzige.

Markus: Ja, ja. Ja, weil wenn, dann macht man es gescheit, das ist halt das Thema. Und du kannst dann halt auch nicht, weil du siehst es dann an den Ausschlägen schon, also musst du wieder ran und wieder ran. Und das ist dann, du bist halt danach fertig wie nach einer Autofahrt nach Berlin, weil du ja die ganze Zeit hochkonzentriert bist. Und dementsprechend habe ich jetzt bei den letzten 50 oder sowas lasse ich mehr laufen, weil ich mir einfach denke, es ist ja auch letzten Endes natürlich. Ist natürlich schöner, wenn man es immer alles so raus schneidet und andererseits reden wir ja im normalen Umfeld auch so. Insofern, es ist immer so eine Geschichte. Aber es freut mich, dass das anderen auch so geht.

Steffi: Ja, nee, also ich bin da mit der Zeit auch lockerer geworden. Ich war am Anfang auch, dass ich sehr, sehr viele Sachen raus geschnitten hab und dann eventuell nochmal irgendwie umgestellt und nochmal rumgebastelt. Und mittlerweile sage ich dann auch einfach, drüber laufen lassen.

Phil: Ja. Nee und ansonsten, würde ich sagen, halt von den Themen her immer ein Buch und ein Bier. Wir schauen dann halt zum Beispiel, das erste Buch war ein Amrum-Krimi, also ein Inselkrimi aber mit Androiden.

Markus: Aha.

Phil: Sehr, sehr cool. Und dann habe wir halt geguckt dazu, was passt jetzt dazu, nehmen wir irgendein Bier von der Küste, nehmen wir das und das? Und dann haben wir halt gesehen, das hat dann quasi Bezug genommen auf die Handlung. Es gab ein Bier, das hieß „Devil in the Skys“ und das hat dann einfach super zur Handlung vom Buch gepasst, weil irgendwie einer von den Figuren halt der Täter war und so weiter. Und so sind wir immer so ein bisschen rangegangen, dass wir eben geschaut haben, was passt jetzt? Passt es von der Handlung her, passt es vom Titel vom Buch her, passt es zum Setting vom Buch oder so? Und dann haben wir halt geschaut, Steffi hat halt das komplette Studienwissen über Bier, das ist halt immer großartig. Allein die Kiste mit dem Hopfen in der Hallertau und das da die Straßenlaternen nicht an sein dürfen eben. Und sowas ist halt super, das ist einfach so …

Steffi: Ja.

Phil: Also wir haben auch einen Kumpel, der hat gesagt, boah, der hört es sich so gerne an und sowas hat er halt noch nie gewusst vorher, das ist total cool. Und dann geht es halt immer wirklich darum, wir machen eine Kurzzusammenfassung vom Buch und sagen dann so ein bisschen unsere Meinung dazu. Und machen da noch einen Spoiler-Teil meistens am Ende, wo wir dann halt noch quasi weiter über das Buch reden und halt wirklich genauer nochmal drauf eingehen. Und das ist halt einfach ein bisschen so unsere, ja, Meinung über das Buch einfach oder, was würdest du sagen?

Steffi: Ja, ja.

Markus: Und ihr habt die Bücher komplett beide vorher gelesen?

Phil: Ja.

Markus: Das ist schon auch eine Herausforderung oder?

Phil: Ja.

Steffi: Vor allem es ist schwierig, weil wir ja auch zusammen wohnen, sich da nicht drüber auszutauschen vorher. Also wir haben es am Anfang gemerkt, dass wir dann doch während …

Markus: Nochmal ganz kurz, das heißt, ihr lest beide das Buch, redet aber nicht drüber, sondern erst, wenn dieser Podcast läuft?

Phil: Das haben wir so gemacht jetzt.

Steffi: Ja, also wir haben das jetzt die letzten Male angefangen, das so zu machen. Weil es war am Anfang eben schwierig, weil es halt dann doch so war, erst hat er es gelesen oder erst habe ich es gelesen und dann haben wir gewechselt. Dass dann also immer jemand beim Lesen dann schon mal dazu neigt, die Eindrücke zu sagen. Ja, aber ich finde jetzt aber das und das, oh, das regt mich grad voll auf. Oh, dieser Plot-Twist, den hätte ich nicht vorhergesehen. Und das wir das auch gar nicht aufgeschrieben haben und dann uns das Material in der Folge ausging und wir dann dachten so, häh und wir haben doch so viel drüber geredet und hatten das halt im Vorfeld schon gemacht. Und jetzt versuchen wir uns wirklich dazu zu zwingen, dass wir sagen, nee, wir verlieren da kein Wort drüber und reden dann erst an dem Abend, wo wir aufnehmen, drüber.

Markus: Woah! Und wer sucht das Bier aus?

Phil: Unterschiedlich.

Steffi: Unterschiedlich, ja. Also meistens war ich dann bei uns in Bamberg in Bierothek. Wir haben es auch schon gemeinsam ausgesucht und ich glaube, ein, zwei hattest du dann auch mal ausgesucht.

Phil: Ja, genau, die hatte ich dann, glaube ich, auch vorher einfach irgendwie gefunden, habe gesagt, das passt total zu dem Buch, was wir grade lesen und habe es dann mitgenommen.

Markus: Also das finde ich übrigens auch eine schöne Sache, weil das Gute ist ja, das Bücher so viele Andockmöglichkeiten haben. Wie du schon gesagt hast, das kann der Titel sein, dass kann das Cover sein, dass kann irgendwas Inhaltliches sein. Und dadurch hat man auch eine schöne Möglichkeit, wirklich in der Bierwelt durchaus auch mal zu Exoten vielleicht zu greifen oder so …

Phil: Ja, genau.

Markus: … und das ist dann schon spannend. Trinkt ihr auch Bier, wenn ihr Bücher lest?

Steffi: Ja.

Phil: Dann und wann, ja, ja, doch. Also nicht zu viel. Ich habe Letztens, da haben wir uns nämlich mal tatsächlich drüber unterhalten …

Steffi: Das war doch in der Weihnachtsfolge, wo uns dann eine unserer Hörerinnen gefragt hat, ab wie viel Bier geht Buch nicht mehr?

Phil: Ja, genau. Das war dann so, okay. Da haben wir uns tatsächlich aber auch so mal, glaube ich, drüber unterhalten, dass wir dann so. Und ich habe so gemerkt so, drei Bier, das geht. Also für alle Zuhörer, die nicht in Frankenland oder in Bayern sind, drei Bier heißt 3 0,5.

Markus: Ja.

Steffi: Ja, wichtiger Punkt.

Markus: Absolut, ja.

Phil: Und das war dann so, dann habe ich so gemerkt, okay, so ein, zwei Bier, habe ich gesagt, da kann ich dann auch sogar noch irgendwie fast besser lesen manchmal. Aber so ab drei wird es dann schwierig. Wenn ich dann merke, okay, ich muss jede Satz dreimal lesen, ja, nee, dann höre ich lieber auf.

Markus: Ist ja fast so eine Beschreibung eigentlich, wie Alkohol wirkt. Weil es ja so ist, dass man am Anfang so ein bisschen lockerer wird, ein bisschen euphorisch wird und so, Dinge auch durchaus positiv sieht. Und dann ist irgendwann der Punkt erreicht, wo die Wirkung, wo dann eben die Sinne etwas gehemmt werden sozusagen, man weniger gut wahrnimmt, sich weniger gut konzentrieren kann, ist ja irgendwann erreicht. Und da wird man vielleicht auch ein bisschen leichter erregbar und regt sich vielleicht doch eher leichter auf über irgendwas, was in so einem Buch ist. Also kann ich mir gut vorstellen, dass durchaus das auch einen Einfluss hat, wie man dann mit so einem Buch entsprechend umgeht. Jetzt haben wir grade diese Schlenkerla, was würdet ihr da für ein Buch dazu lesen?

Phil: Boah, mal kurz überlegen. Rauchbier oder irgendwas mit Mittelalter.

Steffi: Das wäre jetzt auch mein Thema gewesen, deswegen gesagt Mittelalter, Fantasy.

Phil: Ja oder tatsächlich irgendwas mit Feuer und Rauch und das irgendwie über den Titel so, weißt du, so hin, kam mir jetzt grade spontan. Irgendwas mit sowas vielleicht, in die Richtung. Oder eben wirklich was konkret mit Bamberg und Franken vielleicht sogar oder was würdest du sagen?

Steffi: Von Brigitte Riebe, Die Seelen im Feuer. Das ist zwar schon ewig …

Phil: Sabine Weigand.

Steffi: War das Sabine Weigand?

Phil: Sabine Weigand, ja.

Steffi: Ach nee, Brigitte Riebe war Die Hüterin der Quelle, glaube ich. Das waren diese beiden Bücher, die in Bamberg zur Zeit der Hexenverfolgung spielen.

Phil: Ja, das ist eine gute Idee, ja, ja, genau. Die könnten wir quasi beide lesen und dann so quasi ein Rauchbier und dann noch eins, was du grade trinkst, das Hansla und ein Märzen. So vergleichen, wo wird die Hexe krasser verbrannt dann.

Markus: Ja, wo ist der Geschmack da näher am Buch sozusagen.

Phil: Ja.

Markus: Ja, also das heißt, ihr seid dann auch noch einer von den wenigen Menschen, die Bücherregale Zuhause haben?

Steffi: Ja.

Phil: Und wie.

Steffi: Ich weiß nicht, ob du das Foto noch auf dem Handy hast.

Phil: Nee, warte mal.

Markus: Können wir später machen, alles gut.

Steffi: Ja, gucken wir mal später.

Markus: Also es gibt Bücher bei euch, ja.

Steffi: Ja, definitiv.

Phil: Jede Menge.

Markus: Ja, bei mir auch oder bei uns auch. Aber das ist in der Tat so, dass es mir in letzter Zeit auffällt, das bei immer weniger Menschen oder andersrum gesagt, als ich umgezogen bin, war immer dieses Thema zuerst, wo kommen die Bücherregale hin und dann diese ganzen schweren Kisten und dieses ganze Zeug, es ist ja irgendwie auch ein Einrichtungsgegenstand. Und wenn ich mir überlege, wenn ich das alles nicht hätte, wäre das vielleicht alles viel leichter, aber andererseits, man fühlt sich da halt einfach wohl. Also das ist schon toll und was Schönes und so eine Welt, in die man auch so ein bisschen, grade in der heutigen Welt, auch mal entfliehen kann und sich vielleicht auch noch ein paar andere Gedanken machen kann.

Phil: Da würde mir grad einfallen, was liest denn du so am liebsten?

Markus: Was lese ich so am liebsten, also ich muss sagen, in letzter Zeit habe ich mich tatsächlich eher auf Hörbücher verlegt, weil ich so viel unterwegs bin. Also ich habe schon tatsächlich erstaunlich oder bedauerlich lange kein belletristisches Buch mehr gelesen.

Phil: Und früher?

Markus: Und früher, ja, früher habe ich also zum Teil so Krimis, so die alten Tom Clancy oder sowas, die fand ich schon ganz gut oder auch so Medizin-Thriller oder sowas. Dann Science Fiction rauf und runter sowieso, bin auch ein alter Perry-Rhodan-Leser. Damals halt, als ich Kind war, da war der so. Und dann, naja, sowas wie der Wüstenplanet natürlich oder Tolkien und was da halt so alles. Also es gibt schon viel tolle Literatur, wo man eben grade eben so in andere Welten sich entführen lassen kann. Und ich überlege grade, was habe ich grade? Grade habe ich so ein Buch, mir fällt der Titel grad nicht ein, aber die Idee ist, das ist ein sehr aktuelles Buch auch. Also es spielt praktisch in einer Welt quasi um diese Zeit, also vielleicht nächstes Jahr oder so und da, in diesem Szenario findet auch der Russland- Ukraine-Krieg statt. Und dann taucht ein Ufo auf über der Schlangeninsel und überall auf der Welt tauchen Artefakte auf und diese Artefakte sorgen dafür, dass die Atomwaffen nicht mehr funktionieren. Und dann in einer Art Reaktion darauf, weil sie sich eben nicht mehr abschrecken können, fallen dann alle übereinander her und da bin ich jetzt grade, also irgendwie im ersten Drittel noch, dieses Buches und es entwickelt sich. Natürlich hat man dann irgendwelche Spione hinter den Linien…

Phil: Oh, das musst du mir mal schicken dann, das klingt spannend.

Markus: Ja, werde ich machen. Auf jeden Fall, also ohne groß zu spoilern. Was ich jetzt schon rausgefunden habe ist, dass diese Artefakte wohl aus Gas bestehen und sich dann materialisieren und dann an die Menschen auch anpassen. Also am Anfang sterben alle Menschen, die die berühren, später dann sterben sie erst nach ein paar Minuten und dann sterben sie nicht mehr. Das bedeutet aber andersrum, dass sie sich vielleicht auch an die Menschen adaptieren – assimilieren… Ich werde mal sehen. Also, wie gesagt, es gibt auch völlig abstruse Sachen. Oder ich habe neulich mal eins gehört, da ging es um einen Wal, der strandet in einer Welt, wo es einen Blackout gibt. Da fällt mir jetzt bloß der Name grad im Moment auch nicht ein.

Phil: Das war, Moment, vom Ironmonger?

Markus: Ja, genau, richtig.

Phil: Ja, der Wal und das Ende der Welt.

Markus: Der Wal und das Ende der Welt, der hat mir auch sehr gut gefallen, muss ich sagen, ein schönes interessantes Buch mit sehr vielen überraschenden Wendungen, wo man am Anfang gar nicht gedacht hat, dass das passiert. Also insofern, doch, also spannend. Und da, natürlich, kann man auch mit Bier immer schön arbeiten und das macht durchaus Spaß, ja. Und andersrum natürlich, ich produziere ja auch das ein oder andere Buch und da gehört dann auch immer Bier dazu. Und da bin ich dann immer sehr froh, dass es mittlerweile so tolle Biere gibt wie dieses Hansla hier, wo man eben mehr oder weniger ohne Alkohol trotzdem einen schönen Biergeschmack hat. Weil das natürlich beim Schreiben noch schwieriger ist als beim Hören oder Lesen, wenn man dann mehrere Biere getrunken hat, aber, naja. So, ja, also wie ist so die Resonanz eurer Leserschaft, was kommt da so an, was mögen die, was mögen die nicht?

Phil: Was würdest du sagen?

Steffi: Also so kam es auch besonders im Freundeskreis sehr, sehr gut an. Also ich habe diverse Personen bei mir im Bekanntenkreis, die mir halt dann auch gleich immer, wenn ich auf WhatsApp schreibe, hej, neuer Podcast ist draußen, dann kriege ich Herzchen und alles zurück, oh wie schön, der Podcast ist da und ich hab schon drauf gewartet. Und wenn mal irgendwie noch was an Kritik kommt, das ist extrem konstruktiv. Also wie gesagt, das war jetzt das, wo wir vorab schon mal gesprochen hatte eben mit der Audioqualität zum Beispiel, wo wir jetzt dann auch sagen, okay, da müssen wir mal gucken, wie wir das entsprechend adaptieren. Und, ja, eigentlich zufrieden.

Phil: Also das Coole ist auch, ich finde, ist jetzt halt nicht mega groß bekannt, das ist halt ein schönes Spaßprojekt, auf das wir Bock haben. Und es ist halt quasi so, viele im Freundeskreis hören das und sind auch sehr begeistert. Aber wir haben tatsächlich auch ein paar Leute, die wir halt wirklich direkt über Instagram oder halt direkt über Spotify dann gewonnen haben, die auch immer wieder zuhören. Also das ist auch sehr cool, also freut uns.

Markus: Ja, das ist schon spannend. Also ich hatte das neulich, dieses Jahr war ich in den USA zum World Beer Cup, um dort eben als Jugde zu sein und bin dann auch ein bisschen rum und war dann in einer von den Brauereien und war in der Schlange angestanden. Und dann spricht mich tatsächlich einer aus der Schlange an, ob ich nicht der bin mit dem Podcast? Und das fand ich echt total interessant, weil ich tatsächlich auch festgestellt hab, dass es viele Amerikaner gibt, die ganz bewusst den BierTalk hören, weil sie Deutsch lernen. Also es gibt viele, die da Deutsch lernen und die sagen, bevor ich jetzt Deutsch lerne und muss dann Äpfel und Birnen und was weiß ich, mich unterhalten oder Reiseberichte lesen, dann mache ich doch lieber irgendwas mit Bier, weil das interessiert mich und da lerne ich auch gleich die Sprache und die ich auch will, wenn ich später mal über Bier zum Beispiel mit jemanden spreche.

Phil: Was ist besonders deutsch? Bier.

Markus: Ja, genau. Also insofern, das fand ich wirklich eine ganz lustige Erfahrung, es bringt irgendwie auch Leute zusammen. Und da muss ich jetzt auch sagen, wenn ihr das Stichwort Audioqualität erwähnt, das war in der Pandemie oder teilweise auch immer noch ist das so ein Thema, weil ich oft Gäste hab, die ich halt irgendwo anders in der Welt habe. Und dann ist es halt manchmal tatsächlich eine Herausforderung mit einer schlechten Tonqualität, einfach weil die Verbindung nach Kolumbien oder sonst wo halt einfach schlecht ist. Aber ist dann manchmal auch einfach so, also man kann nicht immer Studioqualität liefern und wir sind halt auch in dem Fall doch keine Profis, dementsprechend muss man auch einfach den Abstrich machen gegenüber Leuten, die da tausende von Euro investieren, um so einen Podcast zu machen, ist das halt dann einfach so.

Phil: Sind halt nicht von der ARD gesponsert, ja.

Markus: Genau, ja. Hört ihr denn andere Podcasts?

Steffi: Ja.

Phil: Ja, jede Menge.

Steffi: Also du vor allem. Bei mir sind es immer so drei, vier, zu denen ich regelmäßig tendiere, aber ich wechsel auch immer ab. Also ich höre meistens auf dem Weg zur Arbeit, wenn ich da Fahrrad fahre, entweder Podcast oder Musik, je nach Stimmungslage. Und deswegen komme ich halt auch bei dem ganzen Output von so vielen Podcasts nicht zu so vielen, aber das sind so drei, vier, die ich regelmäßig höre.

Markus: Wollt ihr verraten, welche das sind oder wenigstens einen vielleicht?

Steffi: Also das eine ist Hoaxilla, den hören wir beide.

Phil: Ja, den hören wir beide, genau.

Markus: Worum geht es da?

Steffi: Diverse oder magst du erzählen, ich glaube, du …

Phil: Also das ist ein Ehepaar, die kommen ursprünglich aus Münster, glaube ich. Die haben angefangen als, ja, debunking von Verschwörungstheorien und Mythen. Also quasi, die halt einen Podcast machen, wir klären auf über A) Verschwörungstheorien, B) Volksmythen, C) urbane Legenden und so weiter, wo kommt das alles her, das machen die und so weiter. Und die sind halt inzwischen relativ groß geworden. Die machen auch zusammen mit dem Tommy Krappweis, also mit dem Erfinder von Bernd dem Brot, machen die so ein Ding, das heißt, wie heißt es nochmal, #Ferngespräch. Hat aber auch in der Corona-Pandemie angefangen, wo sie halt wirklich immer faktenbasiert mit Expert:innen, die halt immer da sind, reden über bestimmte Sachen, wie eben Corona und Letztens war es halt über die Verkehrswende oder sowas und so weiter. Die hören wir also sehr gerne.

Markus: Haben die auch schon aufgeklärt, ob es Bielefeld nun gibt oder nicht gibt?

Phil: Ja, das war, glaube ich, sogar mal eine Erster-April-Folge

Markus: Ja, weil Münster ist ja nicht so weit weg…

Phil: Eben, ja, genau. Und ansonsten, ich höre noch immer, die heißen Kack- und Sachgeschichten, die sind auch lustig.

Markus: Okay.

Phil: Die machen quasi, ja, das ist, total banale Themen werden hier seziert. Also die reden über Filme, Serien und so weiter und so popkulturelle Sachen an sich und gehen da halt ins Detail und reden dann so einen Quatsch wie, würde Ironmans Anzug wirklich funktionieren oder würde man dabei sterben und sowas so. Also ich höre sehr viel so Popkultursachen halt einfach im Podcast.

Steffi: Ja und bei mir sind es halt auch diverse Interview-Podcasts. Also Hotel Matze zum Beispiel, von Matze Hielscher, der halt diverse Gäste zu Gast hat und da halt über deren Leben, Lebensgeschichte Interviews führt und halt auch zum Beispiel ungewöhnlichere Fragen stellt und da eben sehr psychologisch agiert. Und man da Persönlichkeiten erlebt, wie man es halt sonst nicht mit bekäme oder abseits von diesen klassischen Interviews, die halt sonst auf irgendwelchen Bühnen geführt werden, sondern wirklich, wie wenn man mit einem Freund, einer Freundin im Wohnzimmer quatscht.

Markus: Ja, nee, das finde auch, also das ist das Schöne, das diese Podcast-Welt, ja, einfach so ein großes Potpourri hat, was man machen kann und man kann sich wirklich so ein bisschen das aus der Schublade jeweils ziehen, was einem grade passt. Also ich muss sagen, bin durch Zufall über die Supernasen gestolpert. Also fand ich von der Idee her schon irgendwie krass. Das war tatsächlich, als ich in Amerika war, weil ich dann immer im Hotel, Jetlag und sowas, hatte ich einfach viel Zeit, wo ich irgendwie nicht so recht wusste, was ich tun soll. Und dann habe ich eben entdeckt, es gibt einen Podcast mit Mike Krüger und Thomas Gottschalk…

Steffi: Das wäre hier auch meine Intention.

Phil: Ja, genau, sind das wirklich die beiden?

Markus: Es sind wirklich die beiden. Also das ist, auf der einen Seite ist es so krass teilweise geschrotet, dass man sich schon wieder drüber lustig machen kann, wie es gemacht hat. Aber auf der anderen Seite sind sie immer noch so konfus, dass sie sich auch ständig da drüber hinwegsetzen und dann ist das Innendrin irgendwie auch lustig. Also ich glaube, dass das bei der Hörerschaft vielleicht gar nicht so gut angekommen ist, weil sie es eben mittlerweile auch eingestellt haben. Aber es war auf jeden Fall eine lustige Geschichte, um mal da auch ein bisschen in meine Jugend zu reisen, weil das ja tatsächlich auch so die Filme waren, mit denen ich so groß geworden bin. Und wenn es stimmt, dann haben sie tatsächlich mal eine Fortsetzung zu ihren beiden Filmen geschrieben, die aber nie als Film rausgekommen ist und die beginnen sie in diesem Podcast dann auch Stück für Stück zu lesen. Und das fand ich auch sehr interessant, also so eine Mischung dann aus Hörbuch und Podcast und was weiß ich was. Also, ja und ich höre auch viel so aktuelle Politik ein bisschen, weil man wenig vertiefende Informationen, die man normalerweise über die normalen Medien bekommt und das finde ich ganz interessant.

Phil: Stimmenfang höre ich da zum Beispiel vom Spiegel, ja, der ist tatsächlich echt gut. Und ansonsten auch viel so Retrosachen eben auch so, also meine Retrosachen dann so. Radio Nukular zum Beispiel, heißen die. Da geht es halt viel so um später 80er-, früher 90er-Nerd Stuff, also halt lauter Filme, Spiele, Serien, alles so aus der Zeit, sowas höre ich dann auch immer.

Markus: Ja.

Phil: Um nochmal gleich weiterzukommen, von Popkultur-Nerding zum Bier-Nerding, wollte ich gleich mal fragen. Wie ist denn das, du als Sommelier, vielleicht Kenner von den Sachen, wie stehst du dazu, dass es halt Leute gibt, die immer sagen, ja, äh, dieses Craft Beer und hm, weil du bist ja auch Botschafter dafür das halt viele Leute hergehen, ja und in Franken brauchen wir das eh nicht und das ist doch eh schon alles Craft Beer in Franken? Also mein Vater ist zum Beispiel so jemand also.

Markus: Ja, das ist schwierig. Also ich sage, ganz grundsätzlich ist das Tal der Ahnungslosen ziemlich groß und zwar in beide Richtungen. Also man hat die einen Verrückten, die Craft Beer per se in den Himmel loben und davon ausgehen, dass Craft Beer alles nicht reinheitsgebotskonform ist und dass die Brauer endlich mal all das machen, was alle anderen nicht dürfen und das ist alles super und spitze und genial. Und dann gibt es halt die anderen, die sagen, das einzig Wahre ist das, was ich seit 500 Jahre trinke, gefühlt und alles, was auch nur ein My davon abweicht, ist grundsätzlich Mist. Und erst recht, wenn es dann noch sowas Modernes ist und sowas Komisches und noch so einen englischen Namen hat und überhaupt. Und das ist natürlich ein Spannungsfeld, in dem man sich bewegt. Auf der anderen Seite ist das ja auch ein bisschen das, was Bier so interessant macht. Ich meine, ich sage immer, wir haben in Deutschland 85 Millionen Bundestrainer und wir haben auch 85 Millionen Biersommeliers. Jedes Bier polarisiert, jeder hat seine Meinung, jeder hat sein Lieblingsbier, das ist jeder sofort getriggert. Auf der anderen Seite bringt Bier aber auch zusammen. Also ich versuche dann halt immer ein bisschen aufzuklären. Also Erstens, hat Bier in Deutschland nicht mal eine Definition für Craft Beer, damit fängt es ja eigentlich an. Deswegen können wir gar nicht da drüber reden, weil wir gar nicht wissen, was das eigentlich ist. Weil, hat nie jemand definiert und das kann auch keiner definieren. So, wenn man dann guckt, wo wurde das definiert, dann kann man nach Amerika gucken und kann sagen, okay, was war das da?

Steffi: Und dann ist Oettinger Craft Beer.

Phil: Ja, genau.

Markus: Ja, ja, aber man muss mal überlegen von der Idee her, was war das da? Da hatte man dieses Mainstream, sage ich mal, Bud light und was es halt da so alles gab. Und dann eine Gegenbewegung aus denen, die endlich wieder brauen durften und dann eben sich ausprobiert haben. Und wie der Amerikaner so ist, viel hilft viel, da ist man in die Extreme gegangen was Hopfen angeht, was Alkohol angeht, was Aromen angeht. Und oft, meistens sogar ganz bewusst nach dem Reinheitsgebot, weil man ja weg wollte von diesen billigen Zutaten wie Reis oder Mais oder sonst irgendwas. Und das, also dieses, über das Reinheitsgebot hinausgehen, ist ja dann erst wieder gekommen, als man dann mit Sauerbieren und so weiter experimentiert hat. Und einfach auch aufgrund der Nichtverfügbarkeit von Dingen, was weiß ich, ein Joghurt in sein Bier gegeben hat, um eben Milchsäure zu haben, weil das eben anders nicht geht in der Situation. Also das muss man alles auch ein bisschen verstehen. Und dann ist diese Experimentierfreudigkeit halt nach Europa gekommen. Und was ich gut finde ist, das es unsere Brauereien inspiriert hat einfach, also Erstens über ihr Bier anders zu reden, es zum Teil anders zu nennen, sich auch mal Gedanken über Rezepturen zu machen und dann eben auch mal ein bisschen zu spielen und auszuprobieren. Und es gibt eben nicht Craft Beer als Bierstil, sondern es gibt halt klassische einheimische deutsche Bierstile. Wenn man überhaupt von Bierstilen reden kann, das wäre das nächste Kapital. Und dann gibt es halt ausländische Bierstile, sage ich mal in Anführungsstrichen, also Biere, die halt üblich sind in Belgien, in England, in Tschechien, in den USA, wo auch immer. Und wenn wir jetzt in unserer globalisierten Welt halt zum Beispiel in Deutschland ein Bier machen nach einem englischen Rezept mit einem neuseeländischen Hopfen und weiß ich, einer belgischen Hefe, dann ist das ein ganz faszinierendes tolles Produkt, wo ganz viele Welten miteinander verbindet und ganz tolle Aromen hat und man das als solches auch versteht. Und es hat natürlich nichts damit zu tun, dass ich von diesem Bier dann 10 Halbe zur Fußballhalbzeit trinke. Dafür ist es auch nicht gedacht, das muss man auch immer sehen, dass es halt nicht nur die eine Trinkgelegenheit gibt, die man hier so vermutet. Also es ist wirklich Grundaufklärungsarbeit. Aber, ehrlich gesagt, mir ist jeder lieber, der überhaupt schon mal Bier trinkt, weil den kann ich wenigstens abholen, als man so einen oder eine, die da komplett dagegen ist. Geht manchmal auch, also wenn die generell dem Alkohol nicht abgeneigt sind, geht es irgendwie auch immer, dauert halt ein bisschen länger, die Schleife muss man drehen. Aber schön ist jedenfalls, man kriegt am Ende fast alle irgendwie beim und mit einem Bier und schafft immer so einen Aha-Effekt. Und auch aus so einer Verkostung gehen auch die Schlimmsten meistens mit mindestens einem Bier raus, wo sie sagen, Mensch, jetzt habe ich was kennengelernt, was ich doch auch interessant find und mag und der Horizont ist erweitert. Und letzten Endes ist das knallharte Horizonterweiterung, die man in unserer Bevölkerung, glaube ich, ständig in jeder Hinsicht machen müsste und ich mache es halt mit Bier. Und insofern …

Phil: Ist schon mal eine gute Idee.

Markus: Ja, naja, bei Büchern ist es ja, glaube ich, ähnlich oder?

Phil: Ja, richtig.

Markus: Also habe ich noch nie drüber nachgedacht, aber wo ihr das jetzt so sagt, kann ich mir vorstellen, auch ich selber, wenn ich überlege, so früher hatte ich so meine Lieblingsautoren und ich bin dann halt immer hin und habe geschaut, gibt es was Neues. So wie ich irgendwo in der Musik, damals noch in der Schallplattenzeit halt hingegangen bin und geschaut hab, hat meine Lieblingsgruppe eine neue Platte rausgebracht. Da ist man nicht automatisch in die anderen gewechselt und so.

Phil: Ja, stimmt schon.

Markus: Also Menschen sind halt auch Gewohnheitstiere und insofern, ja.

Phil: Ja, das auch mit einem Buch, das ist richtig. Ich meine, allein von den Büchern, die Steffi jetzt auch liest, das hat mir so viel mehr Horizont geöffnet in letzter Zeit, muss ich ganz ehrlich sagen. Also grad jetzt auch, was halt Sachtexte angeht und so weiter da und …

Steffi: Also, ja, weil ich komplett irgendwie Richtung Sachtexte umgeschwenkt bin jetzt und Gesellschaftsliteratur, wo ich vorher auch eigentlich mehr Fantasy gelesen hab.

Phil: Also das tue ich auch bis heute immer noch sehr, sehr, sehr gern. Aber, nee, es ist halt einfach spannend, sich dann mal auch was anderes anzuschauen und einfach mal da, sowohl beim Buch, als auch bei mir, als auch so Allgemein, immer mal ein bisschen über den Tellerrand zu gucken, so im Allgemeinen. Du hast noch was.

Steffi: Was uns da tatsächlich noch fehlt, auch auf unserer Bucket List quasi, wir waren noch nie zusammen auf einem Bierfestfestival.

Phil: Stimmt, stimmt, ist richtig.

Steffi: Also ist natürlich auch dem geschuldet, das wir uns eigentlich seit Corona kennen und das es halt seitdem relativ spärlich war. Aber was ich da immer super schön fand, war halt die Braukunst Live in München.

Markus: Ja.

Steffi: Was gibt es von die da so Tipps, welche Festivals gefallen dir besonders gut?

Markus: Also es kommt immer ein bisschen drauf an, weil irgendwie sind sie alle schön, aber natürlich auch alle irgendwie besonders. Und das ist halt eine Frage, mit welchem Ziel gehe ich dahin und was mag ich gern? Und bei mir ist es halt ein bisschen speziell mittlerweile, weil ich halt tatsächlich viele Biere kenne und auch selber also relativ selten sage, ich trinke bewusst jetzt mal 3, 4, 5, 6, 7 Bier, sondern ich probiere lieber und bin dann meistens eher nicht betrunken. Ist dann so, aber mein Gott. Aber grundsätzlich, also ich hab grad ein T-Shirt an, sehen jetzt wenig Leute, aber ich kann einfach sagen, ist aber Zufall, hab ich heut Früh rausgesucht, das ist vom Kerstbierfestival in Essen. Und jetzt denken viele Leute, Essen ah ja, das ist diese große Stadt in Deutschland. Stimmt nicht, es gibt auch noch ein kleines Essen in Belgien. Das ist so ein Grenzdorf zwischen Belgien und den Niederlanden. Und der Funfact dahinter ist, es gibt so eine Gruppe von Holländern oder Belgiern, also beides irgendwie zusammen, die da so in Essen, also es sind Belgier, glaube ich, mehr. Und die wohnen da und haben vor vielen Jahren mal beschlossen, wir machen ein Party, so um die Weihnachtszeit und trinken da halt die Weihnachtsbiere, die es gibt so zu Zeit, also vor 20 Jahren, sowas ungefähr, da waren das halt 5 oder so. Und dementsprechend hatten die einen schönen Abend und haben dann halt beschlossen, das machen wir jetzt jedes Jahr, machen wir so eine Art Verein und verpflichten uns, das wir immer alle verfügbaren Weihnachtsbiere trinken.

Phil: Das ist cool.

Markus: Womit sie nicht gerechnet haben ist, dass die Bierwelt auch in Belgien explodiert ist. Und mittlerweile gibt es gefühlt mindestens 250 Weihnachtsbiere jedes Jahr und eben nicht nur aus den großen Brauereien, sondern aus jeder Kleinstbrauerei. Und dieser Freundeskreis ist aber immer noch zugange. Und mittlerweile sind die tatsächlich ein Vierteljahr damit beschäftigt, durch ganz Belgien zu fahren in jeden kleinen Winkel, um dann, sobald sie verfügbar sind, diese Weihnachtsbiere zu holen, damit es die an diesem Festival zwei Tage lang gibt. Und da ist total faszinierend. Das Festival ist dann in so einer alten Schulturnhalle. Und die haben sich auch überlegt, ob sie es zwischendurch verlegen sollen, weil, wie gesagt, das ist am Ende der Welt irgendwie und wären natürlich wahrscheinlich viel besser aufgehoben irgendwo in Brüssel oder Gent oder so. Aber nein, sie wollen es da lassen.

Phil: Nee, das ist cool.

Markus: Und in so einer Turnhalle, da stehen dann die Leute in der Schlange an, gefühlt Kilometer, wenn es früh losgeht. Die Tickets werden online verkauft, gibt es dann für ein, zwei Stunden, dann sind die weg. Also es gibt, glaube ich, an beiden Tagen jeweils so 3-, 400 Tickets, dann ist das ganze Thema durch. Und dann, vor Ort hat man dann so ein großes U, da stehen dann diese Jungs dahinter und dahinter sind diese ganzen Biere, teils in Fässern, teils in Flaschen. Und dann hat man halt Tokens und kann sich dann die alle holen. Und das ist sehr interessant, weil die Biere natürlich alle ein Thema haben, also irgendwie Weihnachten, aber natürlich die verschiedensten Bierstile. Und da gibt es halt Lambic-Brauereien, die dann eben schöne Lambic Gösse machen mit irgendwie einem Weihnachts-Touch oder einfach nur Weihnachten drauf schreiben, bis hin zu welchen, die dann halt sich ein Quadrupel machen mit Zimt und Orangen und Piment und was weiß ich was allem, um das dann sehr weihnachtlich hinzubekommen. Und das ist immer wieder ein ganz großes Erlebnis und eine sehr tolle Veranstaltung. Also das kann ich nur empfehlen, wobei es tatsächlich nicht so einfach ist, Tickets zu bekommen. Könnte man aber mal schauen, ob ich da eine Lösung finde. Also auf jeden Fall, das ist spannend, ist aber sehr abgefahren. Dann der Gegensatz dazu wäre ja eins unserer nächsten Bierfestivals, das Bierfest in Nürnberg im Burggraben.

Steffi: Stimmt, ja.

Markus: Das ist im weitesten Sinne auch ein Bierfestival und …

Steffi: Das ist immer um Pfingsten rum oder?

Markus: Das ist immer um Fronleichnam.

Steffi: Fronleichnam.

Markus: Gena. Also das ist das Problem mit diesen christlichen Feiertagen, da wandert das nämlich immer hin und her, und ist aber von der Location spektakulär im Burggraben in Nürnberg.

Phil: Ja, das ist schon cool, ja, genau.

Markus: Bedeutet vor allem auch, wenn es sehr heiß ist, was es um die Zeit oft ist, ist es da unten immer sehr angenehm kühl. Bedeutet aber auch, wenn es sehr regnerisch ist, ist ein Teil eine Schlammhölle. Also wir hatten schon Festivals, wo man Bierbänke ausgelegt hat, damit die Leute durch den Schlamm laufen konnten.

Steffi: Juhu.

Phil: Okay, ein Spaß.

Markus: Aber, ja, also gab es auch schon. Und es ist das einzige Bierfestival, das ich kenne, wo es schon auch um einen Konsum geht. Also beim normalen Bierfestival hat man ja dann so kleine Gläschen und 0,1 oder 0,2 und nippt sich da so durch. Und das ist natürlich für den Brauer so ein grenzwertiges Vergnügen. Da muss man mal realistisch überlegen, weil der schenkt dann halt an so einem Festivals, wenn es hoch kommt, 50 Liter aus, das ist für einen Brauer ein Fass. Und wenn man überlegt, wie viel kann ich an so einem Fass verdienen, hat er vielleicht am Ende 2-, 300 Euro. Und dafür fährt er dahin und muss vielleicht noch eine Standgebühr bezahlen und muss übernachten, hat vielleicht noch Personal dabei. Also das ist eigentlich immer ein Draufzahlgeschäft letzten Endes, so ein klassisches Bierfestival. Und das ist in Nürnberg eben anders, da gibt es halbe Liter und, ja, da sind auch sehr viele Leute. Und das ist im Grunde einfach riesen großer Biergarten, sehr gemütlich, sehr viel Bierkultur, also kaum jemand, der über die Stränge schlägt, aber eben, man hat auch einen Absatz. Also der Brauer geht halt raus und hat dann 10 Hektoliter ausgeschenkt und dann macht es auch irgendwie Sinn. Und man hat 50 Brauereien plus Gastbrauereien, die organisiere ich immer. Und da haben wir schon sehr Exotische gehabt, aus Finnland zum Beispiel oder aus Kanada oder dieses Jahr hatten wir aus Südtirol die Batzenbräu aus Bozen, letztes Jahr hatte ich ein ukrainisches Bier. Das darf ich gar nicht so laut sagen, das haben wir mit einem niederländischen Schmuggler, hinter rum sozusagen nach Nürnberg gebracht, aber das hat ja jetzt keiner gehört.

Phil: Moment.

Markus: Naja, weil das ist, es war nicht einfach, es war Anfang des Krieges und dann ein Bier aus dem Land rauszukriegen. Und was macht ein Zoll mit einem ukrainischen Bier, also krasse Geschichte. Aber war schön, weil wir haben das ganze Geld dann gespendet, wir haben ja über 6.000 Euro an die Ukraine, Und es war auch total krass, wenn man die Geschichten gehört hat, die die einem erzählt haben.

Phil: Ja, das glaube ich.

Markus: Also das war auf jeden Fall etwas, was einen auch nochmal so ein bisschen erdet in gewisser Weise, weil man immer so leicht redet, das ist schon auch was, was wichtig ist. Und das war auch das Festival gut, fand ich auch in Nürnberg gut, dass die Leute sich auch beschäftigt haben damit …

Steffi: Richtig, richtig und da auch nochmal drüber geredet, ja.

Markus: … die haben dann auch mit den Ukrainer:innen sich unterhalten. Und da waren natürlich zu dem Zeitpunkt auch schon andere ukrainische Flüchtlinge da, die dann da auch kamen. Also das war schon auch in der Hinsicht eine tolle, also so schlimm das ist, aber irgendwie auch eine tolle Situation. Insofern, also man kann viel mit dem Thema Bier machen. Also das, die Braukunst Live wird, glaube ich, nicht mehr stattfinden.

Steffi: Ich glaube nicht, nee.

Markus: Und da muss man aber sagen, der Frank Böer, der die ja ins Leben gerufen hat, der hat einfach genau zum richtigen Zeitpunkt das Ganze abgegeben und verkauft und lebt mittlerweile in Kanada und dem geht es gut.

Steffi: Ah, okay, das ist geil.

Markus: Aber deswegen ist die Braukunst Live eben weg, weil dann der nachfolgende Käufer einfach keinen großen Sinn, glaube ich, drin sieht, die weiterzumachen. Aber es gibt, also ich war zum Beispiel jetzt bei einem kleinen Bierfest, dass sich für euch aber vielleicht auch lohnen könnte, das war die Bierköste in Neumünster.

Phil: Okay, ja.

Markus: Hört sich jetzt irgendwie schräg an, aber, also Neumünster ist ja nördlich von Hamburg, so irgendwie in Schleswig-Holstein mitten drin. Ist tatsächlich eine alte Bierstadt, also da war mal eine richtig große Brauerei mit einem richtig großen Ausstoß und hat also eine gewisse Biertradition. Und das Allerbeste ist, es gibt einen ICE, der von Bamberg dahin durchfährt.

Phil: Wann ist denn das?

Markus: Na, das war jetzt, oh Gott, wann war das denn, im Juni oder so?

Phil: Juli?

Markus: Juni, glaube ich.

Phil: Dann müssen wir unseren nächsten Amrum-Urlaub so planen, dass wir zuerst dahin fahren.

Steffi: Ja, richtig.

Markus: Genau. Also und da …

Steffi: Wir haben ja eh gesagt, wir fahren nicht mehr an einem Tag durch.

Phil: Ja, richtig, genau, eben, dann machen wir das so, wir fahren erst rein und fahren dann rüber zur Insel.

Steffi: Genau.

Markus: Also, ja und das ist toll, weil du halt da ganz viele Brauereien da so aus dem Norden hast, also kleine auch, die man ja so nicht kennt und super tolle Atmosphäre, super liebe Leute. Ein bisschen so wie am Anfang dieser ganzen Craft-Beer-Zeit, weil halt da alles noch eher neu ist. Und wie gesagt, eben die Möglichkeit einen Zug, wo man hier in Bamberg einsteigt und egal, ob der Verspätung hat oder nicht, aber man wird irgendwann aussteigen und ist da, wo man hin will.

Phil: Meistens, ja. Ich sage nur so, ganz kurz da eingeschoben, wir sind zurückgefahren aus dem Urlaub von der Nordsee und haben es bis Berlin geschafft. Auch mit dem ICE, von dem wir gedacht haben, wir können von Hamburg bis Bamberg drin sitzen und durchfahren. Und dann hieß es in Berlin, ja, dieser Zug wird heute hier nicht mehr weiterfahren, schauen Sie mal, wo Sie bleiben.

Markus: Und dann hattet ihr eine Übernachtung in Berlin?

Phil: Nee, wir haben es dann doch noch irgendwie geschafft, einen Ersatzzug zu finden, aber das war tatsächlich so, woah, danke, okay.

Markus: Ja, man muss man dann das Beste draus machen. Also ich habe dann auch schon eine Übernachtung in Berlin dann gemacht in solchen Fällen. Das kann man ja auch machen, dort gibt es auch schöne Brauereien.

Steffi: Wir hatten im Zug dann zwei Weißbiere.

Phil: Ja, genau, da ging es mir gut, ja.

Markus: In Köln ist mir das auch mal passiert, da bin ich dann unverhofft zu einem schönen Abend im Gaffel gekommen. Also manchmal muss man die Dinge dann so nehmen wie sie sind. Also die Deutsche Bahn ist da schon eine Wundertüte, aber ich lasse nicht nach, alles was geht, mit dem Zug fahren, einfach aus Prinzip und aus guter Hoffnung.

Steffi: Ja, das sehen wir ähnlich.

Phil: Ja, genau.

Steffi: Wobei ich auch sagen muss, wir hatten tatsächlich noch nicht so viele schlechte Erfahrungen mit der Deutschen Bahn.

Phil: Ja, stimmt eigentlich, das war das Einzige.

Steffi: Also ich fühle mich dann immer so ein bisschen in Zugzwang, da mal eine Lanze dafür zu brechen, weil ich sage, ej, wir hatten echt noch nicht so oft Pech, wie ich es von manchen Leuten höre. Haben halt dann einfach wirklich Pech gehabt, bei denen passiert es ständig und bei uns war es eigentlich überschaubar.

Markus: Man neigt auch dazu, das zu überdramatisieren. Ich meine, natürlich ist das Mist, wenn man im Zug dann irgendwo feststeckt oder der dann tatsächlich nicht mehr weiterfährt. Oder ich hatte auch schon Situationen, da kam ich dann bis Würzburg und musste dann tatsächlich in Würzburg ein Hotel nehmen, weil ich keine Chance mehr hatte, nach Bamberg zu kommen, das gibt es schon. Aber man muss mal andersrum sehen, wenn ich die ganzen Strecken, die ich mit dem Zug fahren würde, mit dem Auto fahren würde, wie oft wäre ich im Stau, wie oft wäre mein Auto irgendwie grade kaputt, was weiß ich was für ein Scheiß. Da würde ich mich auch immer wieder ärgern und mich wirklich aufregen und ich müsste fahren und das ist eigentlich auch super nervig. Selbst wenn man alles mit rein rechnet, also da habe ich kein Problem damit, im Zug auch mal ein bisschen länger unterwegs zu sein. Zu mal …

Phil: Und arbeiten.

Markus: Ja. Also ich finde, also ich plane es halt mittlerweile ein. Also ich plane halt nicht mehr so, dass ich sage, wenn ich um zwei irgendwo sein soll, bin ich um halb zwei da, sondern dann bin ich halt …

Kellner: Habt ihr noch einen Wunsch?

Markus: Ja, ich nehme ich noch so ein Hansla.

Phil: Ich würde gern noch ein Märzen nehmen.

Steffi: Für mich auch bitte.

Markus: So, seht ihr, habt ihr hier automatisch die Live-Situation, wie man im Schlenkerla ein Bier bestellt.

Phil: Ja, genau.

Markus: War jetzt auch relativ unspektakulär, muss man sagen.

Phil: Was mir jetzt noch eingefallen ist, jetzt sind wir von abgekommen, aber vorhin bei dem Craft Beer und so weiter. Wie war das mit dem nicht Reinheitsgebot, sondern wie hieß das?

Steffi: Natürlichkeitsgebot von Kehrwieder…

Phil: Genau. Kennst du das?

Markus: Ja, ja, natürlich.

Steffi: Boah, ja.

Markus: Also ich sage einfach meine ehrliche Meinung.

Phil: Klar.

Markus: Ich finde es von der Idee her gut, vom Namen und von der Umsetzung her schwierig.

Phil: Okay. Was würdest du besser machen?

Markus: Also der Punkt ist, also sagen wir mal so, man muss ein bisschen vorne anfangen. Beim Reinheitsgebot an und für sich geht es ja darum, dass man sagt, wir haben eben die Rohstoffe, die wir vorschreiben, um ein Bier zu brauen. Am Ende, also seit Anfang des 20. Jahrhunderts auch den Gedanken zu haben, da eben ein reines Bier zu haben, ohne das irgendwelcher Schnickschnack da drin ist. Vorher war das ja eher so eine Steuergesetzgebung, aber gut, dann haben wir das so. Und das hat sich durchaus auch bewährt in vielerlei Hinsicht und zwar an dem Ende, an das wir heutzutage kaum denken, wenn wir drüber sprechen. Also wir sprechen immer drüber, das Reinheitsgebot ist ein Problem für den Brauer, der gerne einen Apfel in sein Bier schmeißen will und es nicht darf oder eine Zimtschnecke oder sonst irgendwas. Wobei Rauch zum Beispiel, weil das grade kommt, erlaubt ist.

Phil: Aber der Rauch wird ja nicht quasi nach dem Brauen infusiert.

Markus: Richtig, richtig, richtig. Wobei es auch eine Diskussion gab zum Beispiel am Anfang, ob die Holzfasslagerung reinheitsgebotskonform ist oder nicht.

Steffi: Stimmt, ja, ja.

Phil: Okay.

Markus: Mittlerweile ist sie es, aber das waren eben auch schon so Themen.

Phil: Krass. Echt?

Steffi: Ja. Ja, ja.

Markus: Ja, ja, am Anfang war das schon eine Frage. Auch bei Hopfenstopfen war das eine Frage.

Steffi: Genau.

Phil: Okay. Echt? Okay, echt krass.

Markus: ja, aber, wie gesagt, da sind wir drüber hinweg, Gott sei Dank. Also um das kurz, wo das Problem liegt, ist eben nicht das kleine Ende, sondern das große Ende. Denn wenn ich dieses Gesetzes, sage ich mal, jetzt einfach abschaffen würde und dann in andere Länder und Kulturen schaue, wo es das nicht gibt und dann schaue, wie schaut dort die Bierlandschaft aus, dann sehen wir, dass die Brauereienlandschaft überall ganz anders ist als bei uns. Das heißt also, in jedes andere Land, wo ich schaue, besteht der Biermarkt aus zwei oder drei großen Playern, die zusammen ungefähr 80 bis 95 Prozent des Marktes beherrschen, das ist AB InBev, Heineken und Carlsberg. Also ohne denen was Böses zu wollen, das sind alles Firmen, die machen Biere und sind grundsätzlich okay, aber das ist natürlich was, wenn die den Markt zu dominieren, ist das ein gewisse Problem. Und das einzige Land, in dem das nicht so ist, ist Deutschland. Hier haben wir die 10 größten Brauereien, sind eines AB InBev und der Rest sind mehr oder weniger noch Familienunternehmen, also zumindest wo Familien dahinterstehen, wo noch Brauer dahinterstehen, also wo ich eben nicht diese ganze Konzerngeschichte habe. Und da muss man sich überlegen, woran liegt das? Und das hat eben was damit zu tun, dass ich außerhalb des Reinheitsgebots eben mit vielen, vielen Dingen arbeiten kann, die Bierbrauen schneller und billiger machen. Und das würde eben bedeuten, wenn wir jetzt zum Beispiel sagen von heute auf morgen, wir lassen das Reinheitsgebot weg, dann kriegen wir an diesem Ende enormen Druck. Also dann kommen Brauereien, die im großen Stil billigere, schnellere Biere produzieren und damit von oben aufräumen. Also das heißt, den kleinen Brauer mit seinem Apfel könnte das egal sein, aber alles, was wir so kennen, Warsteiner, Veltins, auch wenn manche Leute vielleicht sagen würden, brauchen wir die überhaupt, das wäre eine andere Diskussion, aber die hätten alle ein riesen Problem und am Ende würde unser Biermarkt da genauso ausschauen. Deswegen, muss ich sagen, also es gibt schön Gründe, auch für dieses Reinheitsgebot zu sprechen und auch mal das grundsätzlich auch in einer positiven Seite zu sehen. Was für mich das größte Problem mit dem ist, ist, dass wir in Deutschland kein wirklich einheitliches Reinheitsgebot haben. Sondern die Umsetzung heißt ja immer, also im Grunde ist es ja auch so, in Deutschland darfst du eigentlich jedes Bier brauen, du musst nur, wenn du das Reinheitsgebot verlässt, ein besonderes Bier beantragen. Das heißt …

Steffi: Ja und aufpassen, was du drauf schreibst.

Markus: Genau. Und das heißt, du musst in eine lokale Behörde gehen und musst eben den Antrag stellen. Und je nachdem, was der oder die dann, der darüber zu befinden hat oder die meint, kannst du dann dein Bier verkaufen oder eben nicht. Und das ist blöd, wenn eine Brauerei dafür bestraft wird, dass sie einen Kilometer weiter links oder rechts von irgendwo ist und dann eben im falschen Gebiet und irgendetwas nicht darf. Und da, finde ich, das ist sogar fast ein Grundgesetzthema, dass es nicht sein kann, dass du einfach für dasselbe Produkt in unterschiedlichen Teilen desselben Landes anders bewertet wirst und das ist schwierig. Aber das, finde ich, ist ein Problem, dass man vielleicht irgendwie lösen kann. Und wenn wir dann zu einem Gesetz kommen, dass für alle einheitlich ist und das wieder richten kann, finde ich das grundsätzlich okay. Also so, wie gesagt, ich bin nicht dagegen, das Reinheitsgebot zu reformieren, aber ich fände es zumindest grenzwertig zu sagen, wir müssen es von heute auf morgen abschaffen, auch weil es schlicht und einfach ein Markenthema ist. Also wenn man in der Welt fragt, ist das Reinheitsgebot mindestens Nummer zwei, wenn man die Leute fragt, was kennt ihr aus Deutschland, was steht für Deutschland? Und dann ist es einfach in gewisser Weise auch dumm, dass einfach zu verlassen, weil deutsches Bier dafür auch einen Ruf irgendwo hat.

Steffi: Ja.

Markus: Auf der anderen Seite muss man natürlich dann dieses Natürlichkeitsgebot auch noch anschauen. Was ich da kritisch finde, ist halt dieser Begriff. Also wenn es um Gesetze und Gesetzgebung geht, brauche ich ja immer Dinge, die ich klar definieren kann. Und natürlich ist nicht klar definierbar. Denn im Grunde haben wir auf unserer Welt nichts, was nicht natürlich ist, weil alles aus Dingen entstanden ist, die in der Natur in unserer Welt vorkommen.

Phil: Ja, klar.

Steffi: Ich meine, du kannst nach dem Verarbeitungsgrad gehen, aber trotzdem ist es halt immer noch natürlich, auch wenn es über 5, 6, 7 Ecken verarbeitet ist.

Phil: Die Chemie ist auch letztendlich natürlich entstanden.

Markus: Ja, ja, eben, eben. Ja, vor allem, ich meine, in unserer lockeren Konversation haben wir alle, glaube ich, kann man sich auf was einigen, aber in dem Moment, wo du halt sagst, das soll ein Gesetz sein, dann muss es ein Begriff sein, der irgendwie handfest ist. Und das kann leider Gottes Natürlichkeit nicht sein, so schön die Idee ist. Also, wie gesagt, ich finde es okay, sich Gedanken zu machen, da zu reformieren, zu vereinheitlichen, finde ich gut, aber dieser Vorstoß, den finde ich schwierig. Und was mir persönlich am meisten aufgestoßen hat ist das Logo. Weil, also da haben sie, meiner Meinung nach, einfach nicht aufgepasst.

Phil: Ich weiß es nicht jetzt.

Steffi: Hab ich auch nicht mehr grad auf dem Schirm.

Markus: Ja, also da muss man immer schauen, das entstammt einfach einer Design-Denke aus den späten 30er-Jahren. Also sicherlich ist das nicht bewusst. Also ich würde es niemanden vorwerfen. Der Olli ist ein guter Freund von mir, ich mag die alle gern, auch der Chef vom Pax Bräu ist ein guter Freund, ich hab die alle ganz lieb, aber das ist wirklich was, da hätten sie vorher mal drüber nachdenken müssen, weil das muss ich nicht machen in der heutigen Zeit, mit solchen Symbolen auch ein bisschen zu spielen, also das …

Steffi: Oh, ja, ja, ja.

Phil: Jetzt bin ich gespannt, zeig mal her.

Steffi: Ja, ja, ja.

Markus: Also jetzt wurde es grade auf dem Handy entdeckt, für die Hörer.

Phil: Hm, ja, hm, na.

Markus: Und da hätte man mal mit der beteiligten Agentur …

Phil: Es erinnert leicht an einen Reichsadler.

Markus: Ja, also insgesamt das Symbol, also das, finde ich einfach, ist …

Steffi: Warum ist denn das vorher noch nie aufgefallen?

Markus: Naja, ist vielleicht auch …

Steffi: Ich habe es auch tatsächlich noch nie so genau angeguckt.

Markus: Ja und das ist auch ein Generationenthema, glaube ich. Also meine Generation ist halt dafür noch ein bisschen sensibilisiert. Und wie gesagt, es ist aber, nochmal, also der Olli ist wirklich ein ganz lieber Mensch, ich mag die alle sehr, sehr gerne und auch alle, die hier im Umfeld sind, gibt es ja auch einige, alles in bester Ordnung und wie gesagt, auch der Andreas vom Pax Bräu. Ja, wie gesagt, also das ist alles kein Ding, aber da, muss ich sagen, da, ist ein bisschen schwierig. Und sie haben halt auch damals, als sie das gelauncht haben, einfach strategisch viele Fehler gemacht. Also haben dann das Release gemacht und beim Pax Bräu in Oberelsbach, wo halt niemand, kein Journalist fährt dahin. Das ist einfach von der Strategie her, wenn ich sowas launche, dann muss ich das wo machen, wo die Medien das auch mitbekommen und so. Und das war halt von vorneherein schwierig.

Phil: Follower…

Markus: Ja. Naja, klar, also das war ja zu einer Zeit, da waren die social Medias noch gar nicht so groß. Aber generell ist es halt so, also sagen wir mal so, in den 50er, 60ern da ist ein Journalist wirklich noch, weiß ich, von Bamberg nach München gefahren zum Termin…

Phil: Ja, ja, klar.

Markus: Da hatten die die Zeit und das Geld. Heutzutage fahren die nicht mal mehr von Bamberg nach Bischberg, sondern lassen sich die Pressemitteilung schicken und das sind einfach andere Geschichten. Also da hat man, meiner Meinung nach, eine gute Idee nicht so schön umgesetzt und dann nicht so clever präsentiert und dadurch ist es so ein bisschen zum Rohrkrepierer geworden. Und man hat natürlich auch das Problem, was mir auch immer am Herzen liegt, ich finde, erst mal sollte die Bierwelt erkennen, dass sie eine Bierwelt ist und zwar egal, ob wir jetzt einen Brauer bei Oettinger haben oder eben den Andreas Seufert bei der Pax Bräu. Das sind beides Menschen, die mit Herzblut bei ihrer Sache sind, die ihr Handwerk gelernt haben und die grundsätzlich gerne ein gutes Bier machen wollen. Und das darf man denen nicht versagen, nur weil sie unterschiedliche Arbeitgeber haben. Also da muss man einfach die Kirche im Dorf lassen und muss sagen, okay, es gibt halt Bier, das trinke ich, was weiß ich, zur Fußballhalbzeit in großen Mengen. Wenn jemand das so haben will, soll er das tun. Das sind Biere, die wir eigentlich nie in der Verkostung nehmen, weil sie dafür viel zu wenig differenziert sind, aber die haben ihren Zweck und offensichtlich ja auch ihren Markt. Also ich muss ja auch ehrlich sein, wenn es Menschen gibt, die diese Biere in diesen großen Mengen kaufen, dann haben die auch ihre Berechtigung. Also wenn ich die nicht mag, ist das okay, dann kaufe ich sie halt nicht. Aber deswegen ist es kein schlechtes Bier, deswegen, es ist halt nicht mein Bier. Und das ist das Schöne, dass die Bierwelt dann eben für mich zum Beispiel sowas hat wie so ein Hansla, wo halt 90 Prozent der Menschen sagen, das kriegen sie nicht runter, ich mag das und so ist das eben. Und das ist, glaube ich, ganz wichtig, dass wir versuchen müssen, erst mal auch innerhalb dieser Bierszene der Brauwelt zu versuchen, uns als Eins zu begreifen, um auch mit einer gemeinsamen Botschaft rauszugehen, auch an die Verbraucher:innen und überhaupt da. Weil wenn wir anfangen, uns selber zerpflücken, also ein Letztes, dann höre ich auch auf zu reden. Aber was da immer so passiert, ist dieses Thema Hopfenextrakt. Dann hast du das Thema, dass das dann kleine Brauer den Großen vorwerfen, sie brauchen mit Extrakt, weil das ja so böse ist und so Industrie und so Chemie. Letzten Endes ist es einfach nur eine höhere Verarbeitungsform von Hopfen, die ihre Schwächen und Stärken hat, unbenommen, aber es ist nix Böses, es ist einfach ein Naturprodukt halt auf einer etwas anderen Stufe. Und wenn diese kleinen Brauer größer werden, fangen die auf einmal auch an, mit Hopfenextrakt zu brauen, weil es halt Gründe dafür gibt und dann werden sie auf einmal ganz leise. Und das finde ich dann immer ganz schwierig. Auf der Hälfte der amerikanischen Craft-Brauer-Biere steht Hopfenextrakt drauf, Sierra Nevada braut damit. Und dann fange ich an, gegen alle zu wettern, weil das in Deutschland irgendwo verwendet wird. Also ich finde, da ist viel Emotion, viel Polarisierung, viel, ja, unnötige Sachen da, die man nicht braucht. Und da war eben auch am Anfang bei den Natürlichkeitsbrauern so ein bisschen, die haben das Feuer auch ein bisschen geschürt. Und da muss man auch vorsichtig sein, weil das schnell auch wieder zurückkommt und dann haben ja beide nix gewonnen.

Steffi: Ja, grade von diesem Übergang von wirklich kleine Craft-Beer-Brauer, die vielleicht auch aus dem Hobby-Brewing gekommen sind, dann hast du die alteingesessenen Mittelstandsbrauereien wie zum Beispiel bei uns in Franken und du hast die Großbrauereien. Und ich hatte es halt auch auf Craft-Beer-Messen immer so wahrgenommen, dass wirklich dieser Zusammenhalt unter den Brauer:innen selber sehr, sehr eng war, also grade was Craft-Beer-Brewing anging. Aber es waren halt immer die Großen, die bösen Großen und die Mittelständler waren auch schon, dass man die schon ein bisschen skeptisch beäugt hat und dass da wirklich ein komplettes Zusammensein stattgefunden hat. Das war ja auf der Braukunst, wenn ich das wieder als Beispiel nehme, das da Braufaktum stand, also von Radeberger. Das war ja auch schon so, naja, die, hähhäh, die hängen ja an den Großen dran, da gehen wir mal nicht so hin. Und das die dann immer, also die Brauer von dort total begeistert rumgelaufen sind, oh, wir möchten gern Bier tauschen dann so nach Messeschluss, wir möchten Bier mit euch tauschen. Jeder so, äh, nee, nee, aber eigentlich von euch nicht. Das fand ich dann auch wieder so schade, weil es ist trotzdem irgendwie eine Bierwelt und eine Begeisterung und warum kann man das dann nicht so teilen?

Markus: Absolut. Und grade Braufaktum finde ich ein gutes Beispiel, weil sie halt auch ganz viel letzten Endes für die Branche getan haben durch ihre Lautstärke. Also weil dadurch, dass sie halt im Hintergrund die große Firma hatten, waren sie auch in der Lage zu kommunizieren und haben dieses Craft-Beer-Thema massiv nach vorne gebracht. Und haben auch mindestens als einer der Einzigen, vielleicht sogar der Ersten, aber vielleicht auch die Einzigen, das ganze Thema Kühlkette zum Beispiel einmal thematisiert auch, in dem sie überall diese Kühlschränke hingestellt haben. Auch wenn dann leider Gottes in den Kühlschränken mittelfristig nur noch die Verpflegung der jeweiligen Mitarbeiter drin gelegen. Aber von der Idee her zu sagen, wir müssen da drauf achten und Bier ist eben ein Lebensmittel, das auch entsprechend behandelt werden muss, das fand ich schon großartig. Ganz am Anfang haben sie auch tolle Biere importiert aus den USA, die niemand sonst bekommen hat. Also ist echt ein gutes Beispiel, wo man eben so sehen kann, wie blind dann auch viele auf dem ein oder anderen Auge waren. Und selbst, wenn man dann sagt, einem schmeckt vielleicht das Pale Ale oder IPA von denen nicht so gut, dann heißt das noch lange nicht, dass der ganze Laden schlecht ist und die Brauer doof.

Phil: Nee, das ist ja Schmarrn.

Markus: Und das ist ja auch immer, also das haben wir ja auch in diesen ganzen Frankenbiergruppen, immer das Thema. Die kaufen sich irgendeine Falsche von irgendeiner Brauerei, trinken das, finden das irgendwie nicht gut und dann wird sich elegisch in einem Facebook-Beitrag geäußert, dass das alles Mist ist und die ganze Brauerei und überhaupt. Und wenn man dann mal versucht, ein bisschen aufzuklären, man weiß ja gar nicht, was mit der Flasche überhaupt passiert ist, bis die zu denen gekommen ist. Vielleicht war das ja ein perfektes Bier, als es die Brauerei verlassen hat und ist dann einfach auf dem Weg dahin zerstört worden, vielleicht war er oder sie sogar selber schuld. Und natürlich dieses Thema, dass dann auch immer mal was passieren kann. Auch das kann sein, grade bei kleinen Brauereien. Aber dann muss ich denen ja genau deswegen auch noch eine Chance geben und nicht gleich sagen, wenn da einmal was schiefgegangen ist, dann ist das alles Mist. Und da, also diese ständige Überaufgeregtheit und dieses sofortige knallharte Aburteilen, das finde ich total schade und …

Phil: Halt dieses, was es auch in der Popkultur und so gerne gibt, dieses Gatekeeping. Dass du halt immer sagst, ja, nur das und das ist das Wahre und der echte Fan ist nur das und das. Und du musst so und so sein, sonst bist du kein Fan und sonst gehörst du nicht zu. Und das ist so, ah, das ist furchtbar, finde ich das, ja.

Steffi: Es ist halt auch schade, dass es teilweise an manchen Wörtern einfach nur scheitert. Also wir hatten mal eine Runde in der Brauerei, wir hatten Indian Pale Ale und es war eine dabei, die hat lang in England gelebt und sagt so, ah, nein, also Ale mag ich nicht. Ja, weil sie in zwei Brewpubs halt war, wo sie halt einfach so dieses abgestandene Ale getrunken hat und hat das sofort auf das nächste Bier bezogen, nur weil es Ale hieß.

Markus: Ja. Ja und dann sind sie am Ende auch Weißbier-Fans. Aber das ist eben der Punkt, also oft ist einfach auch viel Unwissenheit dabei. Also ich hatte es erst gestern wieder, da war ich mit einer Gruppe unterwegs und man hat wirklich die Hälfte der Zeit damit verbracht, mit Vorurteilen aufzuräumen. Also ist dann irgendwie auch schön und spannend und zu sehen, wie sich da so die Augen öffnen teilweise, aber es ist harte Arbeit. Und ich würde mir da wirklich wünschen, dass die Leute da einfach ein bisschen offener sind und auf der anderen Seite auch einfach sagen, okay, wenn ich was nicht mag, dann mag ich es halt und kaufe mir ein anderes. Aber ich muss deswegen niemanden erzählen, dass mir das jetzt nicht geschmeckt hat und schon gar nicht allen Leuten erzählen, dass der Laden ein Scheißladen ist, weil mir das nicht geschmeckt hat und da …

Phil: Das ist so spannend grad so. Also ich war mal mit einem Kumpel auf so einem Treffen von so einem Forum von ihm und da sind die Leute natürlich aus ganz Deutschland hingekommen. Das war dann irgendwo in Hessen, weil das halt direkt in der Mitte war. Und wir hatten halt gedacht, wir bringen mal für diese gesamte Runde aus ganz Deutschland 6 verschiedene Biere aus Franken mit und sagen, tolle Biere und so weiter hier, soundso. Und wir haben gesagt, ja, jetzt probiert sie mal alle durch und so weiter und hier und da. Und das war dann echt so irgendwie, wir waren halt völlig konsterniert, dass da alle so, ja, hm, ja, passt schon. Ja, genau. Das Einzige, und das war das Lustigste dann quasi, haben wir halt auch ein Schlenkerla dabei gehabt. Und der Einzige, der das dann richtig geil fand, war der aus Schleswig-Holstein, der hat gesagt, das ist doch mega geil, das ist wie so ein leicht rauchiger Whisky und so. Alle anderen fanden es scheiße.

Markus: Ja, also das polarisiert durchaus, ja. Oder auch noch, um was Aktuelles auch zu erzählen, wir machen auch Verkostungen ab und zu auf Kreuzfahrtschiffen, also auf Flusskreuzfahrtschiffen und wir sind dann immer regional,. zum Beispiel in Bamberg oder in Nürnberg. Und wenn wir hier in Bamberg sind, dann habe ich halt Bamberger Bier und in Nürnberg habe ich halt dann Nürnberger Bier. Und dann gibt es halt noch dazu die Herausforderung, jetzt ist Sommer. Das heißt, wenn ich dann mit meinem Bier aufs Kreuzfahrtschiff gehe, muss dieses Bier kalt sein, weil sonst muss ich da ja ewig vorher hin oder mitfahren oder so, alles schwierig. So, das heißt also, ich muss dann immer eine Möglichkeit finden, wie dieses Bier vorher zu kühlen ist. Und hier in Bamberg zum Beispiel, dankenswerter Weise darf ich das hier im Schlenkerla immer abstellen im Kühlhaus. Und dann hole ich das halt hier ab und fahre raus in den Hafen, alles super. Und in Nürnberg zum Beispiel habe ich den Deal mit Tucher, dass ich es da mache. Und dann habe ich dann eben für Nürnberg mir mal überlegt, was man da so erzählen kann und habe dann 4 Biere ausgesucht. Und die sind dann halt tatsächlich alle aus dem Hause Tucher gewesen, sage ich auch gleich warum. Und habe dann die Verkostung gemacht und habe auch so ein Bild da gepostet auf Facebook. Und dann kommt sofort, also praktisch wie so eine Autoreaktion, was trinkt ihr für eine Plörre und was für eine Scheiße und das braucht doch kein Mensch, rauf und runter. Und da muss ich auch wieder sagen, also Erstens, allein die Umstände bedingen, dass man manchmal auch grade auf die größeren Brauereien zurückgreifen muss, weil die kleineren manches nicht leisten können oder wollen. Was auch okay ist, aber was dann eben bedeutet, dass man sie bei manchen Sachen nicht verwenden kann. Und der andere Punkt ist natürlich, ich wollte mit den Bieren einfach die Nürnberger Biergeschichte erzählen. Und dadurch, dass die Biergeschichte in Nürnberg so ist wie sie ist, ist die Tucher Brauerei schlicht und einfach die einzige, die diese Geschichte in einer langen Perspektive repräsentiert. Und weil halt alle sich aufgekauft haben und am Ende nur ein Laden übriggeblieben ist. Und dementsprechend kann ich ja nun nix dafür, dass das ehemalige Nürnberger Weißbier Brauhaus mittlerweile Tucher Brauereien ist und das ich natürlich, wenn ich da drüber was erzählen will und das Weißbier entsprechend hab, dann natürlich ein Tucher Weizen nehme. Oder das eben die Reif Brauerei, oder wie auch immer, dann in der Industrialisierung auch aufgekauft worden ist. Und wenn ich über die Dampfmaschine spreche und die ersten Pilsbiere, die da gebraut worden sind, dann bin ich natürlich auch wieder bei einer Tucher Brauerei und so und selbst, wenn ich dann jetzt hier beim Rotbier bin. Und da machen sie halt einfach wirklich mit ihrem alten Sudhaus was Einzigartiges mit ihrem fassgelagerten Doppelbock, den sie dann zumischen zu einem Bier. Das ist einfach was, was eine kleine Brauerei gar nicht machen kann, weil das so teuer ist, das niemals das kostendeckend ist. Das ist einfach ein Spiel, was man da macht für die Stadt, so ein kleines Geschenk an die Stadt. Und auch das mit den Leuten zu verkosten, ihnen dann solche Aromen zu geben und diese geschichtliche Dimension und das Blending von Bieren und man kann über diese Biere halt einfach sehr, sehr lange reden. Auch wenn jetzt das Weizen einfach ein schönes normales Weizen ist, jetzt nichts Sensationelles, aber wunderbar für den Zweck und das Pils eben genauso und das Kennerbier aus Zirndorf auch. Und da finde ich einfach schade, dass man da so diesen automatischen Reaktionen bekommt, ohne dass die ein bisschen reflektieren. Für uns ist das ja auch ein Job. Also ich gehe ja da nicht hin, um als Craft-Beer-Fan zu missionieren, sondern ich bin da gebucht als Sommelier und muss eine gute Leistung abliefern und muss das auch wirtschaftlich irgendwie sinnvoll abbilden. Und dann gehören diese Dinge halt auch in dieses Kalkül.

Phil: Ja.

Steffi: Und da reicht halt schon, einfach nur den Brauereinamen irgendwo in einem Header zu haben und schon heißt es so, äh, Moment, nee, geht gar nicht, ohne sich überhaupt reflektiert damit mal zu befassen.

Phil: Das ist ungefähr das Gleiche wie, also wir haben mehrere Bekannte und Freunde, die spielen halt in Bands, lokale Bands und das ist dann immer so ungefähr wie so, ja, äh, wollt ihr nicht bei uns spielen? Ja, bezahlen können wir euch nicht, aber ist doch super Werbung für euch, so.

Markus: Genau.

Phil: Da ist irgendwie, das ist, ja, das ist dein Job, dass du das machst und das ist halt nicht irgendwie, ja, kommst du da mal vorbei, trinkst ein paar Bier, das passt schon. Also, ja, nee, das ist halt nicht.

Markus: Ja, das ist immer das Beste, wenn sie sagen, du musst auch nix für dein Bier bezahlen.

Phil: Ja.

Steffi: Ja, genau.

Markus: Das ist, naja, gut. Aber mal andersrum gefragt, was nehmt ihr denn für Bücher und Biere mit in Urlaub?

Phil: Uh.

Steffi: Mit in Urlaub?

Phil: In den Urlaub?

Markus: Also wenn ihr in einen Urlaub, ich weiß ja nicht, ihr habt grade gesagt, ihr macht Amrum-Urlaub. Da kann man ja auch schön lesen oder?

Steffi: Genau, das war letztes Jahr.

Phil: Da waren wir letztes Jahr, dieses Jahr fahren wir auf Festival tatsächlich.

Markus: Oh, okay.

Phil: Aufs Elbenwald Festival.

Markus: Und was gibt es da?

Phil: Also ist eine Mischung aus klassischen Musikfestival und Fantasy-Lesungen, Panels, Cosplay, das gibt es da alles.

Markus: Woah!

Phil: Genau. Also ich glaube, da nehmen wir dieses Mal tatsächlich wenig zu Lesen mit. Wir kaufen vielleicht eher was dort wahrscheinlich.

Steffi: Das ja, andersrum. Wobei ich das im Amrum-Urlaub auch gemacht. Also da hatte ich irgendwie ein Buch dabei und meinen Kindl, den ich halt immer zur Sicherheit dabei habe, also mein E-Reader, falls mir der Lesestoff ausgeht und ich lasse ihn dann meistens doch im Koffer liegen. Und dann habe ich mir eigentlich in der einzigen Buchhandlung auf Amrum dann immer, ich glaube, die haben zwei Filialen …

Phil: So eine schöne kleine Buchhandlung.

Steffi: … und habe mir da halt immer Nachschub besorgt. Aber da jetzt im Urlaub sind es wirklich einfach leichtere Romane, also teilweise Jugendbuch, teilweise Liebesromane.

Phil: Ich bleibe bei meiner Fantasy und Science Fiction.

Steffi: Ja, genau.

Markus: Aber man lässt sich da manchmal auch verführen, also mir ging das so. Ich habe auch vor vielen, vielen Jahren mal, haben wir so einen Nordsee-Urlaub gemacht und dann waren wir irgendwo da in the middle of no where und dann lag in so einem Laden so ein runtergesetztes Buch. Und irgendwie fand ich das ganz interessant, habe gedacht, das nehme ich jetzt einfach mal mit. Und das war dann von Kobr und Klüpfel, Milchgeld.

Phil: Ach ja. Ja, okay.

Steffi: ja.

Markus: Also muss man sich überlegen, dass man der Nordsee sich einen Roman über die Allgäu-Krimis kauft. Und seitdem bin ich da aber auch Stammhörer oder Leser, beides, weil ich das einfach als eine schöne eingängige, leichte, angenehme, witzige Literatur. Da gibt es ja mittlerweile auch so ein paar Parallelkommissare, Kluftinger und was es da so alles gibt. Und das ist einfach so für Menschen meines Alters auch mal eine leichte Kost, also braucht man ja auch mal.

Phil: Das ist witzig, man findet dann an der Nordsee Alpenromane und man hat ja bei uns dann auch wieder die Romane von Klaus-Peter Wolff zum Beispiel, die Ostfriesenkrimis.

Steffi: Ja, genau.

Phil: Das ist auch das Witzige, der ist zufälligerweise der Onkel von meinem ehemaligen Mitbewohner und deswegen …

Markus: Oh.

Phil: Genau und deswegen hatten wir den eben auch mal in Bamberg und deswegen war er auch beim Literaturfest und so weiter. Und das ist schon ganz cool. Der hat tatsächlich sogar mal, ich glaube, sogar auch das Schlenkerla in einem Roman erwähnt tatsächlich hier und dann noch den Live-Club vorne und da war er dann bei einer Band von meinem Mitbewohner, also die Hauptfigur im Roman. Und ist noch zum Giecher Bäck raus und hat sich da noch Leberkäs geholt.

Markus: Ach was.

Phil: Ja.

Markus: Gibt es den eigentlich noch, den Giecher Bäck?

Steffi: Ja.

Phil: Freitag und Samstag immer, ja, genau.

Markus: Okay. Ja, das ist schon legendär. Also für alle Hörer … wobei, ich weiß gar nicht, sollte man für sowas Werbung machen, ich weiß es nicht. Aber, doch, kann man schon. Also da kann man nachts hinfahren und sich dann eben einen richtig schönen genialen Leberkäs in verschiedensten Variationen …

Steffi: Wirklich verschiedensten …

Phil: Ja, den besten Leberkäs der Welt, also das ist wirklich so.

Steffi: Ja.

Markus: Ja.

Phil: Also da waren sogar schon Leute mit dabei, die sagen, nee, das mag ich eigentlich nicht und waren völlig begeistert. Es war sogar ein Kollege dabei, der eigentlich Vegetarier ist, der hat gesagt, das ist super. Der Jakob.

Steffi: Ah, okay, okay.

Markus: Ja, das ist dann eine überraschende Wendung auf der kulinarischen Seite, das ist ja auch mal schön.

Phil: Genau, genau. Hast du noch Fragen an uns?

Markus: Habe ich noch eine Frage, ja, das ist jetzt eine sehr strategische Frage.

Phil: Haben wir noch eine Frage? Ich bin eigentlich ganz zufrieden.

Markus: Oh.

Steffi: Die Frage mit der Frage.

Markus: Na, also ich meine, was mich noch interessiert hat, war eben, was ihr so mitnehmt, wenn ihr mal nicht podcastet sozusagen. Aber, ich meine, gut, du bist ja beruflich sowieso immer am lesen.

Phil: Genau, richtig.

Markus: Wie ist das eigentlich, darf man dann Mittagspause machen und sich mit einem Buch in die Ecke setzen oder ist es dann …

Phil: Ich habe ja immer eine Stunde Mittagspause, es wäre sehr gut, wenn ich dann auch noch was lese in der Mittagspause. Ja, genau, also in meiner Pause lese ich dann auch häufig. Leider inzwischen bin ich auch relativ häufig am Handy. Aber oft, es ist dann quasi so, wie war jetzt der Vormittag, war es anstrengend, war es nicht anstrengend? Und wenn es nicht anstrengend war, dann lese ich und wenn es anstrengend war, dann hocke ich irgendwo am Handy.

Markus: Ein bisschen berieseln.

Phil: Ja, genau.

Markus: Und wie ist es mit dir und dem Bier, bist du Hobbybrauen, vielleicht noch irgendwie dabei oder ab und zu mal irgendwo in einer Brauerei, wie ist das so?

Steffi: Ich würde gern, es ist halt zeitlich im Moment einfach schwierig. Also in der Brauerei, wo ich mitgearbeitet hab, da bin ich dann ab und zu schon noch. Wir waren jetzt im Mai da tatsächlich mal wieder unten.

Phil: In Niederbayern.

Steffi: Es ist halt die Fahrtstrecke, eben Niederbayer, das ist jetzt nicht so …

Markus: Es gibt ja hier auch so ein paar Brauprojekte in und um Bamberg, wo Mann vielleicht eventuell oder sogar Frau sich einbringen könnte sozusagen.

Steffi: Ja, bei mir ist es im Moment wirklich die Zeitfrage. Also mir hat damals im Praktikum mein Chef zu mir gesagt, naja, wenn du braust, dann musst du da einen Batscher haben, wenn du dann da so dicht mit dabei bist. Und da gehe ich voll mit, aber ich sage halt auch, ja, wenn man schreibt, muss man genauso einen Batscher haben. Und das ist halt so, wenn ich mit 2 Batschern im Leben rum laufe, dann wird es doch schon am Ende schwierig.

Markus: Ja, also ich muss sagen, was ich immer so krass finde beim Schreiben, es geht halt nicht auf Knopfdruck. Also ich kann mich nicht hinsetzen und kann sagen, ich schreibe jetzt, dann geht es in der Regel schief oder es ist sehr mühsam und meistens gefällt es einem am Ende nicht. Und dann gibt es so den Punkt, das kann manchmal eine Woche dauern oder zwei und dann auf einmal geht es irgendwie und dann ist man aber auch am Stück tagelang damit beschäftigt und so. Und das ist halt so ein Prozess anscheinend, ich weiß nicht, warum das so ist, den man nicht steuern kann und dann muss man der Dinge eben auch den Lauf dann irgendwie lassen oder auch verstehen, dass es halt mal nicht geht. Das ist dann auch für das Umfeld manchmal sehr anstrengend, aber das ist so.

Steffi: Ja, Zurzeit kannst du ein Lied davon singen, ne?

Phil: Alles gut. Nee, was wollten wir jetzt noch? Weil du grad gesagt hast, in Bamberg und Umgebung. Ich weiß, also zum Beispiel ein Kumpel von mir wohnt direkt neben dem Hopfengarten zum Beispiel und so, die machen ja auch immer so Kurse und so weiter. Wie findest du die?

Markus: Also den Kris mag ich sehr, sehr gerne vom Hopfengarten. Das ist, also ich finde das Projekt so spannend, weil sie das Bier andersrum denken. Also weil die kommen ja aus einer …

Phil: Aus einer Gärtnerei, genau, ja.

Markus: Genau, sie kommen aus einer Gärtnerei und haben ja damit angefangen sich zu überlegen, wir kaufen einfach mal Bierwürze, also haben gar nicht wirklich Bier gebraut, sondern sich vom Käsmarkt Würze geholt und haben dann einfach ihre verschiedenen Kräuter dann damit versetzt und dann einfach angefangen zu spielen. Und das Schöne ist, wenn man da eben auch hingeht und man hat ein Bier mit Eukalyptus, dann kann ich halt auch die Eukalyptuspflanze sehen, kann das Blatt in die Hand nehmen, kann es riechen, schmecken und kann dann im Bier sehen, wie äußert sich das. Und mittlerweile sind sie auch Brauerei und auch Brennerei und machen tolle Sachen. Also ich mag es ganz gerne.

Phil: Ja.

Markus: Und ich muss auch sagen, ich habe sie auch schon ganz bewusst strategisch genutzt. Wir hatten vor zwei Jahren einen Kongress hier, für Europa Bierleute, den ich ja organisiert hab. Und dann war so das Thema, natürlich kommen die nach Bamberg und man muss für die ein Programm machen. Und das Programm, was die erwartet hätten, wäre ja einfach gewesen, okay, du machst halt Schlenkerla Spezial, Fässla, was weiß ich was, Mahrs Bräu, alle durch und du schwelgst halt in der typischen Bamberger Bierseeligkeit sozusagen. Und ich habe mir dann gedacht, nee, also muss man natürlich auch machen, aber wir durchbrechen das mal. Und ich habe dann am ersten Abend ganz bewusst in den Drei Linden den Anfangsabend gemacht, wo es zu der …

Phil: Direkt bei Weyermann.

Markus: Direkt bei Weyermann, genau. Genau, zu der Zeit gab es da auch noch die ganze Weyermann-Palette, also mittlerweile haben es immer nur noch ein paar, aber das gibt es auch noch. Und ich mag das Team dort auch sehr gerne, sind ganz liebe Menschen und sind auch sehr offen. Aber wir hatten dann eben schon mal eine völlig andere Umgebung. Und wir hatten dann die Weyermann Biere und gegenüber halt die Weyermann Häuser und das war natürlich schon da sehr, sehr spannend. Und dann sind wir von da aus nachts zum Hopfengarten gelaufen und haben da eine Nachtführung im Hopfengarten gemacht.

Phil: Das ist cool.

Markus: Und das war dann cool, durch dieses ganze Gestrüpp und sowas zu wandern, ein Bierchen in der Hand. Und das war halt genau nicht das, was sie von Bamberg erwartet haben, mit Graffiti und was es da. Das ist ja, das könnte auch in Berlin sein.

Phil: Stimmt, ja, ja.

Markus: Und das war cool. Und dann am nächsten Tag sind wir dann natürlich Schlenkerla und so weiter. Aber das war dann auch das Feedback, dass das eigentlich ein guter Icebreaker war, um einfach diese ganzen Leute, die aus jedem europäischen Land kamen, auch ein bisschen zusammenzubringen, weil wir hatten echt ein Thema, worüber sie sich alle unterhalten konnten am ersten Abend, dass das nicht das ist, womit sie gerechnet haben. Und das war dann auf jeden Fall cool und der Kris hat das auch sehr gut gemacht. Und in dem Fall, also, ja, also, wie gesagt, auch da wieder, ich hab die Bamberger Brauereien alle auf ihre Art und Weise ins Herz geschlossen, ich persönlich bin nicht Fan jedes dieser Biere, aber das liegt halt an mir und das ist auch okay. Und was ich koche, mag auch nicht jeder und finde ich auch in Ordnung. Aber deswegen sind das trotzdem einfach tolle Menschen. Und ich habe viel Ehrfurcht also einerseits vor den Unternehmen, vor der Lebensleistung und der Generationsleistung von den alten Läden, aber auch vor dem Mut von so jungen Leuten jetzt wie beim Kris eben. Oder wenn man sich das Ahörnla anschaut, wie man das schafft, mitten die Stadt eine Brauerei, oder das Sternla auch, zu stellen, da gehört unheimlich viel Mut dazu und Durchsetzungsvermögen gegenüber aller Ämter und da muss ich echt sagen, da habe ich ganz viel Respekt vor. Und ähnlich ging es mir in Berlin, ich habe auch schon zwei Bücher über die Berliner Brauereien geschrieben. Und die sind auch so vielfältig, so unterschiedlich, jeder auf seine Art und Weise und die kann man alle ins Herz schließen. Auch da wieder, nicht jedes Bier ist toll, aber die Menschen sind toll und dass ist das, was mir an der Bierwelt an sich gefällt. Also dass man fast nie ein Arschloch trifft, sage ich jetzt mal so und das ist sehr angenehm. Und egal wo du auf der Welt bist, du kriegst immer eine offene Tür, du wirst immer irgendwo empfangen und das ist schon, ja, eine Ersatzfamilie auch so ein bisschen.

Steffi: Ja, das stimmt.

Markus: Und insofern, das macht schon Spaß, ja. Das ist ja fast ein schönes Schlusswort.

Phil: Ja. Bier bringt zusammen.

Markus: Bier bringt zusammen.

Phil: Jetzt stoßen wir nochmal an.

Markus: Wir stoßen nochmal an.

Steffi: Genau, ja.

Phil: Prost.

Markus: Und wir haben auch ganz im Sinne der Bamberger Bierkultur in diesen anderthalb Stunden nur zwei Biere getrunken. Also als Letztes noch, das war meine letzte Diskussion, die ich gestern auch hatte, dass ich glaube, das es einfach ein riesen Missverständnis gibt, was das Thema Bierkultur angeht. Weil, wenn man so den klassischen Bamberger fragt, was ist Bierkultur, dann heißt das, naja, wir gehen zum Beispiel im Sommer nachmittags auf den Bierkeller, haben da ein, zwei Bierchen, haben unsere Brotzeit, haben unseren Spaß. Wenn es dann vielleicht kälter wird, wechseln wir noch in eine Braugaststätte, trinken noch ein oder zwei Bierchen, haben da wieder Spaß und irgendwann gehen wir Nachhause.

Phil: Genau.

Markus: Wir hatten einen schönen Abend, wir haben das tolle Ambiente genossen, wir haben die Biere genossen, wir haben das Essen genossen, wir haben wieder neue Freunde kennengelernt und all das zusammen, das ist die Bierkultur.

Phil: Richtig.

Markus: Und das wäre auch eine Bierkultur, wenn ich ein alkoholfreies Bier oder sogar eine Limo in meinem Becher gehabt hätte …

Steffi: Ja.

Phil: Stimmt.

Markus: … trotzdem kann ich diese Bierkultur erleben. Und das hat nix damit zu tun, sich die Hucke vollzusaufen.

Phil: Ja, genau.

Steffi: Das stimmt.

Markus: Und das ist das Problem, was eben in der Botschaft, die oft in der Werbung gemacht wird, so Bierstadt Bamberg und so. Dann lesen da die Leute und grade die aus einer anderen Kultur kommen in Sachen Bier, die denken dann wirklich, man muss …

Phil: Saufen.

Markus: Genau, man muss das Bier so schnell wie möglich und so viel wie möglich, weil es billig ist. Und das ist es eben nicht.

Phil: Nee.

Markus: Und das ist was, was wir, glaube ich, echt promoten müssen, weil sonst haben wir hier in Bamberg auch ein Problem, wenn das weiter zunimmt.

Steffi: Ja, genau.

Phil: Richtig.

Markus: Und da muss man drüber reden. Aber gut.

Phil: Das sagen wir auch in jeder Folge von unserem Podcast auch mal …

Steffi: Das musst du jetzt nochmal sagen, das ist jetzt klar.

Phil: Natürlich. Wir rufen nicht zum Saufen auf, ganz bewusst, sondern zum genießen von Bier.

Steffi: Ja, richtig.

Phil: Ganz wichtig.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 121 – Interview mit Daniel Schappert, Head Brewer bei Mondo Brewing in London, Großbritannien

Daniel Schappert lernte in einem Urlaub auf Mauritius bei einem Freund die Arbeit als Braumeister von ihrer schönsten Seite kennen. Fasziniert vom Strandfeeling war der Lebensplan gemacht, und er beendete sein Studium nach Praktika in Berlin und Kopenhagen mitten in der Pandemie. Kurz ausgebremst, fand sich dann doch recht schnell der Job als Headbrewer bei Mondo Brewing in London. Dort zeichnet er für eine große Palette verschiedenster Biere verantwortlich, in und außerhalb des Reinheitsgebotes, teils mit sehr experimentellen, wegweisenden Neuentwicklungen aller Ingedienzien. Wir haben ihn vor Ort in seiner Brauerei besucht und mit ihm eine kleine Reise durch sein Leben und seine Biere gemacht…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcast BierTalk. Heute was Besonderes, weil wir sind live in London, also wirklich mal ganz woanders. Und zwar vor Ort bei Mondo Brewing und dort haben wir einen faszinierenden jungen Braumeister, Daniel Schappert. Also wie ihr schon hört, ein deutscher Braumeister, der hier arbeite und sich nach einem Braumeisterstudium eben bei uns in Deutschland hier dann in England wiedergefunden hat und wiederfindet. Und, ja, wird gleich ein bisschen was dazu erzählen. Mit dabei ist auch der Erik, Erik Schnickers, den kennt ihr ja auch schon vom Podcast und wir machen ja gemeinsam die Biersommelierkurse bei uns in der BierAkademie und, ja, wir sind hier zusammen unterwegs. Und vielleicht erst mal, Daniel, schön, dass du hier bist oder wir bei dir sein dürfen, so rum ist ja eher richtig. Und vielleicht stellst du dich nochmal ganz kurz unseren Hörern selber vor.

Daniel: Ja, vielen Dank. Ja, wie gesagt, mein Name ist Daniel Schappert, ich bin seit ein bisschen mehr als drei Jahren hier jetzt bei Mondo Brewing der erste Braumeister. Kurz zu meiner Vergangenheit, ich habe von 2013 bis 2020 in Weihenstephan Brauwesen, Getränketechnologie studiert, dann meine Abschlussarbeiten bei Stone und White Labs gemacht, also Berlin und Kopenhagen. Dann kam leider Covid genau zu der Zeit, als ich mein Studium abgeschlossen hab. Und die erstbeste Möglichkeit habe ich dann ergriffen und bin nach London hier, um den Job bei Mondo anzufangen und seitdem bin ich hier und sehr glücklich.

Markus: Ja, das merken wir auch und tolle Biere.

Daniel: Erik, ganz kurz, wir haben ja schon mal ein bisschen vorverkostet, was sagst du?

Erik: Ja, absolut. Also was man halt sagen kann, ist schon auch englisch angehaucht. Was ich aber auch gut finde, deswegen sind wir ja hier. Man merkt deutsche Einflüsse auch des Öfteren, aber es liegt nicht nur, ja, am ersten Braumeister, sondern halt auch an den beiden Founder, also sprich, einer Führungsriege hier, die einfach auch ein Fable für deutsche Biere haben und da immer, ja, auch Wert drauf legen, den Einfluss zu haben. Und man merkt auf jeden Fall, es sind alles sehr, sehr runde Biere und, ja, sie passen sich dem an, was grade gefragt. Also das sieht man halt schon beim Blick auf die Karte, also man hat da Biere mit 3,4%, was jetzt grade aktuell ist, da gehen wir aber später noch drauf ein. Aber ansonsten auch eigentlich für alle Geschmäcker alles da. Und, ja, schön zu sehen auf jeden Fall.

Markus: Ja, also ein sehr rundes Programm. Und wie gesagt, London, das heißt also schon einerseits natürlich eine große Stadt, dann eben auch eine Stadt, die für das Bier sehr bekannt und berühmt ist mit traditionellen Brauereien wie Fuller`s zum Beispiel, aber dann eben auch mit früheren Craft-Brauereien, Beawertown nur mal zum Beispiel, Camden Town, Meantime und so weiter, wenn man da so spricht. Die natürlich mittlerweile alle ihre Geschichte haben und sich weiterentwickelt haben und eben in einer neuen Riege von Brauereien, über 100, die jetzt in der Stadt eben auch sind und wieder praktisch das Thema neu interpretieren, neu leben und, ja, ganz viele spannende Geschichten machen. Und vielleicht, Daniel, bevor wir da jetzt kurz noch zu Mondo Brewing gehen, zu dir. War das schon immer ein Thema für dich im Leben, Bier zu brauen oder Bier zu genießen?

Daniel: Ja, also ich war immer sehr experimentierfreudig. Also ich komme ursprünglich aus Mainz, da war es natürlich fast nur Pils. Aber generell, was man so als Junge oder als Teenager, die Neuesten, seine es Energydrinks, Limonaden oder so, das konnte nicht verrückt genug sein, deswegen war ich, glaube ich, immer so ein bisschen da hingezogen. Ich habe mich dazu entschieden Brauwesen zu studieren, als ich Urlaub auf Mauritius gemacht hab und da einen Brauer kennengelernt hab. Aber eigentlich waren dass dann auch nur sehr simple Beweggründe, weil alles, was ich von ihm gesehen hab, war am Strand surfen mit so einem kleinen Bierbauch und einer relativ hübschen Freundin. Und ich dachte mir so, hm, das könnte auch mein Leben sein. Und mein Bruder hat eh schon in München gewohnt, ich wollte nach München und dann hat sich das ganz gut ausgegangen. Und dann habe ich da dann festgestellt, dass ich Bierbrauen ja eigentlich doch auch ganz gern mag.

Markus: Also jetzt weiß ich, was ich im Leben falschgemacht hab, ich hab nicht rechtzeitig genug einen Urlaub auf Mauritius verbracht, sonst hätte ich jetzt vielleicht auch so eine Brauereien und einen Bierbauch sowieso, das ist mir nicht ausgeblieben. Naja, alles andere besprechen wir danach, auf jeden Fall ein spannendes Thema. Und das heißt, also gut, dann studierst du in München Brauwesen. Und wie kommt man dann auf die Idee, grade zu Stone zu gehen, die ja zu der Zeit eher so ein bisschen das Enfant Terrible sozusagen waren in der deutschen Bierwelt?

Daniel: Ja, also wie gesagt, ich war, glaube ich, immer so auf Kreativität und das Besondere in Getränken aus. Und zum einen war natürlich das Enfant Terrible, aber halt auch Avantgarde zu einem gewissen Punkt und sehr viel Ausprobieren. Zu dem Zeitpunkt waren IPAs überhaupt kein Ding in Deutschland oder wirklich sehr wenig und das war, ja, die beste Möglichkeit, das zu entdecken und auch eine wunderschöne Brauereien glücklicherweise ja jetzt immer noch in Betrieb bei Brewdog. Aber, ja, das hat sich dann da einfach ergeben. Und außerdem, als Student ein halbes Jahr in Berlin, da braucht man, glaube ich, auch wenig Gründe, warum man das dann annimmt.

Markus: Ja, also klar, das erinnert dann wieder ein bisschen an die Mauritius-Geschichte, aber natürlich und ich sehe da, hat eine gewisse Parallele. Die Stammhörer werden sich bestimmt erinnern, wir haben ja mit Thomas Tyrell auch schon einen BierTalk gemacht und über das Thema gesprochen, der bei Stone damals auch der Headbrewer war. Und ich persönlich habe ja viel damals mit Greg Koch auch zu tun gehabt, als er dann hier nach Deutschland kam und erst mal einen Standort gesucht hat für seine Brauerei und dann eben sich so Stück für Stück darein gewurschtelt hat. Hast du denn mit Greg selber dann auch zu tun gehabt?

Daniel: Wenig. Also ich war wirklich, als die Brauerei dann aufgemacht hat, also nach der Inbetriebnahme, dann vor allem grade im Labor das mit aufgebaut, da war Greg natürlich noch sehr viel in anderen Sachen beschäftigt, genau. Aber mit Thomas habe ich viel zu tun gehabt, ja. War eine sehr schöne Zeit.

Markus: Hast du die Eröffnung miterlebt, wo Greg da dieses Holzfass angestochen hat und so?

Daniel: Ja, ja, ich erinnern mich daran, nächstes Thema.

Markus: Ja, nein, also coole Geschichte auf jeden Fall.

Daniel: Nein, war schön, ja.

Markus: Schön, dass du dich immerhin noch dran erinnerst. Also der ein oder andere soll das vergessen haben aufgrund seines persönlichen Alkoholkonsums. Aber lassen wir das mal auch wieder beiseite. Und, ja, dann also Kopenhagen, wieder anderes Thema, wie war das?

Daniel: Ja, genau, also da war ich bei der Hefebank White Labs, die ursprünglich aus den USA sind und dann ihre Europa-Dependance da aufgemacht haben. Das war vor allem, weil ich mich in die Stadt verliebt habe, vor allem über die vielen Male von dem Mikkeller Bierfestival und da sehr oft als Volontier mitgemacht und dann dabei auch die Stadt kennengelernt und bin immer noch in großer Liebe mit dieser Stadt. Und, genau, es ist ein sehr, sehr großes Mekka, was Bierfermentation angeht. Und White Labs ist eine sehr coole Firma und ich hatte da die Möglichkeit, meine Abschlussarbeit über Hefen für alkoholfreie Biere zu machen und das war wunderschön.

Markus: Ja, also dem kann ich auch nur zustimmen, also Kopenhagen, eine wunderbare Stadt in vielerlei Hinsicht, also was das Bier angeht sowieso, aber auch, was die Menschen, die Kultur angeht. Und was ich so toll finde, es ist halt die Hauptstadt eines Staates, eines alten früheren Weltreiches und hat aber trotzdem nur so viel Einwohner wie Nürnberg. Also das heißt, es ist ein bisschen familiärer, es ist ein bisschen kleiner, aber man hat eben trotzdem Botschaften von allen Leuten, ein sehr internationales Publikum unterm Strich und damit eben auch eine sehr internationale Atmosphäre, eine sehr offene Atmosphäre. Und dann sowas wie Carlsberg in der Stadt, die mit ihrem Labor ja auch die Welt geprägt haben, was das Thema Bier angeht. Also schon auf jeden Fall eine tolle Stadt, wo ich auch selber oft und gerne und regelmäßig bin. Ja und wie ging es dann ach London?

Daniel: Ja, dann kam Covid und den letzten Teil meiner Masterarbeit, konnte ich dann leider nicht mehr zurück nach Kopenhagen, habe es dann mit Ach und Krach irgendwie in diesen verrückten Zeiten in Deutschland fertiggemacht. War dann aber ein bisschen müde von München. Und außerdem war es natürlich auch zu der Zeit dann einfach super schwierig, einen Job zu finden als Neueinsteiger. Und dann glücklicherweise Tom unser Erfahrener, hat immer, wie gesagt, ein Fabel für deutsche Biere, deutsche Brauer gehabt, glücklicherweise ist da der Stereotyp ganz gut für uns. Und vorher war ein Studienkollege von mir hier schon als Praktikant, der ist dann grade zu Beginn von Covid auch zurück. Und dann war die Stellenausschreibung in unserem Uni-Newsletter und ich habe mir gedacht, ja, warum denn nicht, geben wir halt London mal eine Chance und schauen, was passiert. Und, ja, nach drei Jahren immer noch hier.

Markus: Ja, magst du uns vielleicht ein bisschen einen Eindruck geben, Mondo Brewing, was ist das, was passiert da, was ist so ein bisschen das Konzept?

Daniel: Ja, genau, also Mondo Brewing wurde 2015 gegründet von unseren beiden Directors Tom und Todd, beide Amerikaner, die sich über Umwege bei London Fields kennengelernt haben, beide in der Brauerei gearbeitet. Das ist, wer sich da ein bisschen einlesen will über London Field, das ist eine sehr spannende Geschichte und sehr zwielichtig, wie es damals abgelaufen ist. Aber da könnt ihr gern ein bisschen Selbstrecherche machen, das sind jetzt nicht so Alltagssachen.

Markus: Und da entsteht ja grade so eine neue Biermeile in London?

Daniel: Genau, ja. Aber, genau, aber das war so ein bisschen auf dem absteigenden Ast da grade und dann haben sie sich überlegt, dass sie das doch dann doch besser könnten und haben dann hier ihre Brauerei im Süden von London gegründet. Mondo, was italienisch für Welt ist, womit sie zeigen wollten, ihre Einflüsse. Also Todd hat in den USA und in Deutschland in Brauereien gearbeitet bei Weyermann. Tom war illegaler Weise Homebrewer in Japan. Es ist immer noch verboten heutzutage, aber da hat er vor allem seine Einflüsse bekommen, dann in Frankreich, Spanien als Brauer gearbeitet und dann beide hier in England. Und so wollten sie zeigen, genau, dass sie ihre Einflüsse aus der ganzen Welt haben. Ja, heutzutage sind wir eine, ja, vernünftige Größe. Inhouse produzieren wir so circa 5.500 Hektoliter, dann nochmal 2.000 Hektoliter Contract-Brewing, da wir einfach hier an unserer Kapazitätsgrenze sind im Moment. Vor allem Fassware für Pubs in, ja, circa 10-Kilometerradius das Meiste, aber auch viel Dosen und Flaschen. Wir sind über die Jahre ein bisschen weggegangen davon, Cask-Bier zu machen. Weil, ja, zum einen ist es schwierig, wenn man sich nicht voll darauf spezialisieren will, weil es dann doch einfach wirklich ein anderes Produkt ist. Und zum anderen ist auch einfach der Markt sehr gesättigt. Die Biertrinker, die Cask trinken, sind sehr traditionell. Glücklicherweise ändert sich das grade so ein bisschen, dass auch immer mehr kleine Brauereien mehr Cask-Biere und als Pale Ales und IPAs produzieren. Aber nichtsdestotrotz ist es immer noch ein sehr traditioneller Markt und deswegen sind wir davon so ein bisschen weggeblieben. Also so unser USP heutzutage ist, dass wir relativ viele Biere machen, also vor allem IPAs, die wir gar nicht kochen. Das war für mich auch erst mal ein großer Schock als ich hergekommen bin. Das heißt, ja, wir bringen es zu so 95 bis 98 Grad nach dem Läutern, um einfach sicherzugehen, dass alle Mikroorganismen tot sind. Und dann fahren wir es rüber in den Whirlpool, kühlen es auf 80 Grad für unseren Whirlpool, geben den Hopfen dazu und fermentieren es dann.

Markus: Und was ist da der Vorteil, das Hopfenaroma oder?

Daniel: Nee, also der Vorteil ist, dass wir relativ viele Proteine im Bier behalten, die einen sehr schönen Körper bringen und das Bier wirklich sehr weich machen. Warum man das in Deutschland nicht macht oder generell sehr wenig macht, ist die Gefahr, dass man DMS, also das Fehlaroma, was als Kohl oder Mais beschrieben wird, bringt, wenn man das nicht macht, da DMS dann nicht ausgetrieben wird. Deswegen ist das relativ nicht verbreitet. Was wir festgestellt haben ist, das englische Malz ist so überlöst, das man fast kein DMS da drin hat. Das heißt, glücklicherweise, bisher hatten wir nie Probleme damit.

Markus: Ja, das klingt auf jeden Fall total spannend. Und ist natürlich auch energieschonend, denke ich mal, unterm Strich, ne?

Daniel: Genau, ist energieschonend, ist effizient, zeitmäßig. Also wir sind bisher sehr zufrieden damit. Und ich glaube auch, dass man das mehr und mehr sehen wird in den nächsten Jahren, ja.

Markus: Ja, es gab ja auch Zeiten in Deutschland, wo man Biere eben nicht gekocht hat. Zum Beispiel Berliner Weisse früher war ja so ein Thema und insofern, ja, sehr interessant. Und, ja, Erik, willst du gleich mal in die Verkostung einsteigen? Worauf freust du dich am meisten?

Erik: Ja, ich bin sehr gespannt, weil es gibt hier verschiedene Pale Ales, IPAs und New England IPAs und die haben alle irgendeine Besonderheit dabei. Aber ich habe schon drei Sours gesehen und die interessieren mich sehr, weil Stachelbeere hat man jetzt beispielsweise selten als Sour. Also ich kenne es zum Beispiel nicht und Preiselbeere auch eher selten.

Markus: Ja und Stachelbeere, muss ich auch sagen, ist was, was ich gerne mal bei Bierwettbewerben, wenn es drum geht, Bieraromen zu beschreiben, verwende ich das ganz gerne mal, weil viele Juroren das gar nicht auf dem Schirm haben. Und dann gucken die immer so, wenn man so ein Aroma schreibt, was sonst so keiner hat, das ist so ganz witzig. Ja, zwischenrein müssen wir uns auch noch eines Themas annehmen, was in England hier jetzt relativ neu ist. Und zwar gibt es eine gesetzliche Änderung, dass eben von der Steuer her Biere mit unter 3,5%, glaube ich, so ungefähr jedenfalls, deutlich begünstigt werden und die Brauer  natürlich jetzt versuchen, alle in diese Richtung zu stoßen, was ja auch nicht so einfach ist. Vielleicht kannst du uns da nochmal kurz ein bisschen was dazu sagen und wir haben hier ja auch ein Bier dazu, was das schon so ein bisschen vorwegnimmt. Also was für Gedanken sind das und was genau steckt da bei diesem Gesetz dahinter?

Daniel: Genau, also die haben nur die Biersteuer einfach ein bisschen geändert und es wird einiges günstiger, Biere zu brauen, die unter 3,5, also 3,4 und niedriger sind. Und deswegen versucht grade jede Brauerei auf diesen Markt zu stoßen. Es ist generell so, es gibt einen Platzhirsch grade hier in London mit The Corner, die ihr Table-Bier haben, was extreme Popularität genießt und was auch genau diesen Alkoholgehalt hat. Und die es aber über die letzten Jahre sehr gut geschafft haben, trotzdem ein sehr balanciertes und wirklich einen schönen Körper in diesem Bier hinzubekommen. Und das versucht grade jede Brauerei so ein bisschen hinzubekommen. Genau und unsere Sud dazu ist das Hambar, ist ein 3,4-Pale Ale. Wir wissen noch nicht so genau, wie wir es vermarkten, das war jetzt der erste Versuch, ob es jetzt ein Tale-Beer ist oder Pale Ale, im Endeffekt ist das ja reine Marketingsache. Aber damit ihr euch was vorstellen könnt, ja, es ist ein Session Pale Ale, genau. Und wie gesagt, also man sagt ja immer so, dass das Lager das Schwierigste ist zu brauen, einfach weil man nichts kaschieren kann und jedes Fehlaroma direkt auftreten würde. Ich habe jetzt in den letzten Monaten gemerkt, dass sehr niedrig alkoholische Biere noch einiges schwieriger sind. Also man kennt es ja von alkoholfreien Bieren, da kommt so eine stechende Würznote durch, eine Süße, die man einfach nicht so haben will. Die natürlich auch immer so ein bisschen dableiben wird, weil es ist einfach nicht so viel Körper da durch den fehlenden Alkohol und dadurch kann man nicht so viel Hopfen mit rein geben, weil sonst wird es sehr schnell unbalanciert. Und, genau, wir haben das versucht so ein bisschen auszugleichen, zum einen haben wir ein Maris Otter als Malzgrundlage genommen. Nennt sich Heritage Malt hier in England, wurde in Cambridge gezüchtet und hat so ein bisschen mehr Körper, ein bisschen Biskuit-Aromen, die einfach ein bisschen mehr Fülle bringen als ein klassisches Pale Ale oder Lagermalz. Dazu ein bisschen Carapils, was auch ein bisschen mehr Körper bringen sollte. Eine relativ große Menge an Hafer und dazu noch ein bisschen Unique Malt. Wir sind davon weggeblieben, Weizen zu benutzen. Normalerweise würde sich das da auch sehr gut anbieten, aber wir wollen uns die Möglichkeit offen halten, dass wir das später dann noch als glutenfrei vermarkten können. Was ja hier relativ einfach glücklicherweise möglich ist, indem man nochmal ein Enzym dazu gibt und dann die geringen Mengen, die man durch das Gerstenmalz rein bekommt, kann man da ganz gut dann mit austreiben. Aber, genau, deswegen sind wir von Anfang an vom Weizen weggeblieben. Im Moment ist es noch nicht glutenfrei, aber wir halten uns die Möglichkeit offen. Um sonst ein bisschen mehr Körper rein zubekommen, haben wir eine relativ hohe Einmaischtemperatur. Also generell ist es üblich, hier nur einen Maischschritt zu haben, so einen Kombirast bei 68 Grad, da das Malz hier sehr gut vorgelöst ist. Wahrscheinlich müsste man auch gar kein Rast machen, du würdest trotzdem da den Zucker rausbekommen. Aber, genau, da sind wir ein bisschen höher gegangen. So klassisch wie auch bei alkoholfreien Bieren macht man dann nur eine 72-Grad-Rast. Und dadurch, dass die Schüttung relativ niedrig ist, konnten wir dann auch mit einem relativ hohem Hauptguss arbeiten, der dann trotzdem noch in unseren Maischbottich gepasst hat. Und so mussten wir dann nur einmal einen Nachguss machen, um möglichst wenig Tannine rauszubekommen, was dann einfach auch das Bier ein bisschen weniger bitter, ein bisschen leichter und dann auch später vollmundiger machen soll. Genau, das ist unser Ansatz dabei. Wir haben versucht, hier ein bisschen auf die deutschen Hopfen zu gehen, was wir sonst nicht so viel machen. Also, ich meine, unsere beiden Besitzer sind amerikanisch, das heißt, die Hopfen, die wir vorwiegend benutzen, sind aus Amerika und, ja, der Großteil ist sowas wie Citra, Simcoe, Amarillo natürlich. Wir sind hier ein bisschen mehr auf Hüll Melon und Hallertau Blanc gegangen. Einfach zum einen, weil das wird ein sehr kompetitiver Markt und deutsche Hopfen sind einfach günstiger, muss man ehrlich sagen. Zum anderen ist es auch zumindest ein bisschen nachhaltiger, weniger Transport oder, ja, kürzere Wege. Und wir sind auch sonst sehr zufrieden grade mit Hüll Melon im Heißbereich und dann auch wieder als Maischehopfung und geringen Mengen von Hallertau Blanc. Wenn auch, das ist, ich meine, derselbe Hopfen wie Nelson Sauvin, das ist einfach nur die deutsche Version mehr oder weniger, also das ist jetzt nicht ganz korrekt. Aber, ja und deswegen, das bringt auch wieder diese Stachelbeer-Weißwein-Aromen, wenn man das in geringen Mengen einsetzt. Genau, das ist unser Ansatz da.

Erik: Finde ich ziemlich spannend. Weil, bevor du den Hopfen erwähnt hast, hätte ich jetzt gesagt, ihr hättet eher englische Hopfen genommen, weil es so ein bisschen was von diesen gealterten Hopfen hat. Aber jetzt, wo du es gesagt hast, diese Mischung aus Melon, also diese Melone mit, ja, so einer vergorenen Traube, das ist eigentlich der Geruch, den ich grade in der Nase hatte. Also finde ich jetzt echt spannend, jetzt kommt nämlich die Melone da durch. Ja, also ich kenne es beispielsweise von so Kinder-Melonensäften, die gehen in diese Richtung. Und, ja, das ist so, ja, ich bin sehr gespannt.

Daniel: Ja, ich muss jetzt dazu auch ganz ehrlich sagen, das war einfach nur der Salespitch, was sich rausgestellt hat oder was wir jetzt über die Zeit gemerkt haben, man muss mit Hallertau Blanc sehr, sehr vorsichtig sein und das wirklich nur in geringen Mengen dazugeben. Wir haben dann die angereicherte Version genommen T45 und sobald man nur ein bisschen zu viel nimmt, geht das sehr in dieses Grasige, was du grade mit englischen Hopfen beschrieben hast. Das ist jetzt der erste Versuch zu diesem Bier. Wir werden ab dem nächsten Mal den Hallertau Blanc ein bisschen reduzieren, leider dann wieder zu den altbekannten einfachen Hopfen wir Citra, das so ein bisschen substituieren, einfach weil wir wissen, dass es da funktioniert. Wir sind trotzdem nicht super unglücklich mit dem Ergebnis, es ist einfach ein bisschen grasiger als erhofft.

Erik: Ja, gut, natürlich hast du die Grasigkeit, aber auch da, wie du grade schon gesagt hast, der T45, hast du natürlich auch wieder diesen Pflanzenanteil, der da auch auf eine gewisse Weise zumindest diese Harzigkeit et cetera mitbringt. Also, ja, ich bin gespannt, was ihr draus macht, aber ich bin auch gespannt, wie es jetzt schmeckt. Aber wie gesagt, ihr seid nicht ganz so unzufrieden, dann bin ich, ja, wie gesagt, gespannt, was da rauskommt jetzt.

Markus: Es hat ja auch viel mit Erwartungshaltung zu tun und wir haben natürlich auch jetzt die anderen Biere schon verkostet. Und wenn wir jetzt sagen, wir haben Biere, die zum Beispiel aufgrund der Hefe und der Thiole von dieser eigentlichen grünen grasigen Hopfennote komplett weg sind, warum dann nicht ein paar Biere haben, die grade das wieder spielen. Also weil das ja dann, was sich normalerweise bei einer normalen Brauerei durch alle Biere durchzieht, fehlt ja dann praktisch an diesem Ende der IPAs und New England IPAs und so. Und dann kann man ja vielleicht grade an der Stelle, wo man sagt, man hat vielleicht ein bisschen weniger Körper, wo das Bier einfach auch ein bisschen was braucht, was ihm noch was gibt, warum nicht da ein bisschen mit dem Aroma spielen. Und ich muss sagen, was mir sehr gut gefällt, ist das Mundgefühl mit dem Hafer, das macht sich echt toll. Und das ist was, was ich in Deutschland immer schade finde, das es relativ wenig Biere gibt, die mit Hafer und Mals in unserem Fall dann eben arbeiten, weil mir das oft gut gefällt, weil das Biere sehr schön vollmundig, sehr angenehm, sehr weich macht. Und dieses Thema glutenfrei ist hier schon ein größeres in England bei Bieren?

Daniel: Ja. Also wir haben gemerkt, es ist gar nicht so der Endverbraucher, der es wirklich sucht, aber es sind die Barbesitzer, die denken, sie müssen ein Angebot haben und sich deswegen ganz gut verbreitet. Also es gibt hier eine Brauerei, die ein sehr populäres Bier hat, was glutenfrei ist und weshalb dann unser Sales-Marketingteam entschieden hat, dass wir da auch ein bisschen in die Richtung gehen sollten. Und glücklicherweise ist es, wie gesagt, hier relativ einfach, man wirft einfach ein Enzym rein während der Fermentation und dann kann man sich relativ sicher sein, dass es glutenfrei ist, also unter dem Schwellenwert. Natürlich wird es dann auch immer noch getestet, sonst würden wir es natürlich auch nicht drauf schreiben. Aber, ja, es ist relativ simpel, es hat nicht super viele Nachteile. Das nimmt so ein bisschen den Körper raus, aber es sind nur Nuancen und es bringt dann doch nochmal ein USP mit rein, ja.

Markus: Ja, nee, auf jeden Fall ein wichtiger Punkt. Also ich erlebe es nur insofern bei uns jetzt schon, weil wir ja auch Verkostungen zum Beispiel auf den Flusskreuzfahrtschiffen machen und da gibt es zunehmend viele britische Gäste. Und da ist in der Tat die Frage, wenn wir da das Bier-Tasting machen, schon jetzt mehrmals aufgetaucht, ob wir auch eine glutenfreie Variante haben? Und es wird auch erwartet, also es hat auch mit der Erwartungshaltung was zu tun. Und natürlich kann ich jetzt nicht sagen, wir haben jetzt hier ein Schlenkerla ohne Gluten. Das wird auch noch ein bisschen dauern, dass es das gibt, aber, ja, auf jeden Fall spannend. Also danke für dieses Bier und wir wünschen euch da ganz viel Glück und Erfolg, dass ihr auch diesen neuen Markt dann schön mit bespielen könnt. So, jetzt haben wir hier das Dennis Hopp`r, was ist das denn für ein Bier?

Daniel: Also Dennis Hopp`r ist ein klassisches Westcoast IPA oder zumindest hier in England kann man es Westcoast IPA nennen, weil 5,3% in den USA wäre wahrscheinlich eher ein Pale Ale.

Markus: Wahrscheinlich, ja.

Daniel: Aber hier in England kommt man da ganz gut mit weg. Genau, ganz klassische Malzschüttung mit einem englischen Base Malt, ein bisschen Weizen, ein bisschen Carapils und das war es auch schon. Dann, als Bittergabe haben wir Columbus, Whirlpool, dann Citra, Galaxy und Ekuanot und als Dryhop Amarillo, Citra und wieder Ekuanot und dann mit einer ganz klassischen Westcoast-Hefe vergoren.

Erik: Also den Westcoast-Charakter hat man auf jeden Fall, das merkt man ziemlich gut. Jetzt bin ich gespannt, also vom Geruch her würde ich unterschreiben, dass es ein Westcoast ist. Jetzt bin ich beim Geschmack mal gespannt.

Markus: Ja, also ich finde auch, extrem fruchtig im Geruch. Ich finde, was man schön merkt, ist der Ekuanot, also der hat da so diesen leichten Guave-Touch, das ist hier wirklich sehr, sehr schön und sehr frisch auch, ja.

Daniel: Muss man immer ein bisschen aufpassen mit Ekuanot, das es dann nicht doch hin zum Green Pepper geht.

Markus: Ja.

Erik: Ja.

Markus: Ja, wobei, auch nicht schlimm.

Daniel: Aber vielleicht jetzt nicht so gewollt im Westcoast, aber, ja.

Erik: Cheers.

Daniel: Cheers.

Markus: Sehr intensiv auf der fruchtigen Seite.

Daniel: Ja, genau. Also dadurch, dass es unser Core-Beer ist, wir wollen natürlich, das Leute relativ viel davon trinken. Und auch, ich glaube, einfach diese sehr bitteren Westcoast-Zeiten vorbei sind, ist es jetzt nicht volle Pulle Westcoast-Bitterness, sondern möglichst trinkbar.

Markus: Ja und wir sind ja auf der Insel, also ich meine, das muss man ja auch immer sehen. Dann ist es ja auch völlig legitim, wenn man eben bei der Bittere ein bisschen da bleibt, wo der Gaumen hier vielleicht auch ein ist, die Leute kennen ja IPA vielleicht auch ein bisschen anders. Wobei ich sagen muss, im Nachgang ist die Bittere schon schön präsent, also da merkt man schon, dass da was da ist.

Daniel: Ja, genau, das war, was wir versucht haben, damit zu erreichen.

Markus: Und das ist ein Rezept, dass du mit entwickelt hast oder weiterentwickelt hast oder wie ist das?

Daniel: Weiterentwickelt, ja, also, genau, das war von Anfang an, von 2015 Teil der Corerange hier bei Mondo. Und dann natürlich, jeder Braumeister bringt so seinen eigenen Touch mit rein. Und, genau, das heißt, ab und zu wird halt wieder daran gefeilt, wir setzen uns hin, überlegen, was wir so verbessern könnten, schauen, was es Neues auf dem Markt gibt. Verändern manchmal die Hefe, wenn wir denken, wir können daran wieder was optimieren und so entwickelt sich das über die Jahre.

Markus: Also ich mag das Mundgefühl sehr.

Erik: Ja, das ist es, also ist richtig schön weich. Und Zweitens ist es dann halt auch noch, am Anfang kommt so eine Bittere, dann kommt eine schöne Süße, die wirklich, würde ich halt für die Region auch als passend bezeichnen und dann kommt halt nochmal diese Bittere, die du grade schon beschrieben hast. Also insgesamt, ich finde, das ist ein sehr trinkbares Bier, hat diesen Westcoast-Charakter. Und mit 5,3%, finde ich, kannst du da, und das ist echt das Schöne, da den ganzen Abend von trinken.

Daniel: Ja, das ist der Plan.

Markus: Und es erzählt aber trotzdem viel. Also es gibt ja solche Biere, die dann auch eher leer sind, wo auch zwischendurch dann man sich so ein bisschen fragt, wieso? Aber hier ist wirklich, die Hopfen sind alle da, sie sind sehr schön präsent, sie spielen miteinander und man hat dieses schöne Mundgefühl. Man hat ein angenehm schönes Finale in diesem Bier, was auch wirklich wieder Lust macht auf den nächsten Schluck und es ist eben was, was man bewusst trinken kann. Also, klar, man kann es auch nebenbei trinken, aber man kann es auch ganz bewusst trinken, das ist doch wirklich spannend. Hast du IPA brauen hier so richtig gelernt oder ist das auch Teil des Studiums gewesen, wie ist das?

Daniel: Nee, also leider gar nichts im Studium dazu. Wir hatten einen Kurs, der so ein bisschen stiefmütterlich internationale Braumethoden behandelt hat. Da wird einem dann erzählt, dass man mal auch Reis reinwerfen kann, wenn man ganz verrückt ist. Aber sonst alles hier und, ja, learning by doing und von anderen lernen, von unserem Director lernen und dann weiterentwickeln.

Markus: Und der Name Dennis Hopp`r, ist da eine bestimmte Idee dahinter?

Daniel: Also Tom und Todd sind beide sehr popkulturaffin und sind große Fans von Dennis Hopper.

Markus: Klasse.

Erik: Ja, absolut.

Markus: Also prima, wunderbar, das war schon mal ein super Auftakt, schönes Bier, freuen wir uns auf das nächste. Ja, jetzt haben wir hier was ganz Spannendes, nämlich gleich drei Biere, also praktisch die nächste Stufe gleich gezündet und zwar alles drei Biere, die man wahrscheinlich mehr oder weniger in die Sour-Richtung einstufen würde. Und auch von den Farben her sehr interessant. Also eines heißt auf jeden Fall Blueberry, dann haben wir Gooseberry und dann haben wir Lingonberry, also Blaubeere, Stachelbeere und Preiselbeere. Und da sind wir mal sehr gespannt. In welcher Reihenfolge, würdest du denn sagen, sollen wir die verkosten?

Daniel: Wir fangen mit der Stachelbeere an.

Markus: Okay.

Daniel: Ja, machen wir einfach das Beste draus, das wir hier kein Deutsches Reinheitsgebot haben und wir reinwerfen können was wir wollen, mehr oder weniger. Genau, also das ist ein 4,2%, ja, sommerliches Sour-Beer. Malzbasis relativ simpel, ein bisschen Lagermalz, ja, relativ viel Weizen und dann ein bisschen Spitzmalz, weil der Proteingehalt hier in den Malzen leider nicht so hoch ist und deswegen ist es relativ schwierig, Schaum zu bekommen. Gut, ist jetzt nicht super wichtig bei Sour-Beeren, aber wir versuchen das immer so ein bisschen auszugleichen.

Markus: Ist auf jeden Fall gut gelungen.

Erik: Ja.

Daniel: Genau und dann also ist es, zu Beginn der Fermentation geben wir eine Lactobaciluskultur dazu, lassen das für ungefähr 24 Stunden fermentieren, um den ph runter zubekommen. Und sobald wir dann unter 3,7 ph sind, geben wir einen Kveig-Hefestamm dazu. Zum einen weil sehr einfach zu behandeln, kann man genau bei den gleichen Temperaturen, bei 35 Grad vergären lassen, ohne das total komische Gärungsnebenprodukte rein kommen. Zum anderen bringt das immer auch so eine schöne leichte Joghurtnote mit. Was wir eigentlich ganz nett finden in unseren Fruited Sour Beers.

Markus: Ja.

Erik: Ja, klingt auf jeden Fall spannend. Und, ja, ich habe mich grade schon gewundert, weil ich finde, beim Riechen hast du nicht so eine extreme Säure. Aber, ja, hast du ja grade schon erklärt, auch Kveig, so ein bisschen Joghurt. Und grade durch den Lacto, ja, kann ich mir schon vorstellen, das wir gleich aber beim Schmecken das ein etwas anders sehen.

Markus: Ja, auf jeden Fall optisch schon auch die Stachelbeere so ein bisschen mit drin, also golden, aber mit so einem kleinen Schimmer, wie man das eben von den Stachelbeeren kennt, sehr schön. Wunderschöner Schaum und den Geruch finde ich auch also sehr interessant auf jeden Fall, eine schöne Mischung. Man hat so von der Stachelbeere so ein bisschen was Weiniges, so ein bisschen, wenn man so Richtung einer sehr reifen Ananas denkt oder so, so ein bisschen sowas in die Richtung ist auch da. Und dann, ja, wenn man es weiß, hat man auch die Stachelbeere. Ist immer schwierig zu sagen. Wenn man das vorher nämlich nicht weiß, würde man anders drüben denken. Aber so ist es klar da. Und, ja, okay, na dann.

Daniel: Cheers.

Markus: Prost.

Daniel: Genau und dann, also die Frucht geben wir am zweiten Tag der Gärung mit dazu, einfach um sicherzustellen, dass auch die Zucker der Früchte mit vergoren werden und das wir dann später keine explodierenden Dosen irgendwo haben. Und dann am Ende der Fermentation dryhopen wir diese Biere auch nochmal nur ganz leicht. Einfach um sicherzustellen, dass der Lactobacilus da noch mit durchkommt und wir kein Problem haben in der Brauerei, genau.

Markus: Und den Lactobacilus tötet ihr vorher den in kurzer Erhitzung ab oder wie macht ihr das?

Daniel: Nee, gar nicht. Den Stamm, den wir benutzen, hat eine EBU-Toleranz von 2 bis 3.

Markus: Oh!

Daniel: Genau. Das heißt, also wahrscheinlich müssten wir gar nichts machen, weil all unsere anderen Biere natürlich viel mehr haben. Aber einfach um sicherzugehen, werfen wir dann nochmal ein bisschen Hopfen rein. Und bisher ist das auch ganz gut gelungen.

Markus: Also wenn man böse wäre, würde man sagen, die EBU-Toleranz eines durchschnittlichen Amerikaners, nein.

Daniel: Genau.

Markus: Das war jetzt natürlich ein gewollter Gag, aber sehr würzig auf jeden Fall. Also interessant finde ich vom Geschmack her, dass ihr es tatsächlich geschafft habt, hinten raus diese Stachelbeere zu haben. Also grade im Abgang, im Finale, wenn dann so der Schluck runter getrunken ist, dann ist sie da. Und ich finde das gar nicht so einfach, muss ich sagen. Also weil Stachelbeere jetzt auch was ist, das isst man nicht jeden Tag und mal eben so nebenbei, sondern das ist ja wirklich was, was man bewusst hat. Und auch die Beere ist ja verhältnismäßig groß und hat viel Fleisch und hat viel Säure auch, also das finde ich schon eine Herausforderung, mit sowas zu arbeiten. In welcher Form nutzt ihr die, sind das die Beeren oder Saft?

Daniel: In Püreeform, genau. Ich glaube, ja, irgendwo aus England haben wir eine Firma gefunden, die uns das als Püree anbietet. Und dann werfen wir in die 2.000 Liter 100 Kilo Stachelbeerpüree rein und, ja.

Markus: Ist bestimmt nicht billig oder?

Daniel: Ist nicht günstig, aber glücklicherweise ist der Rest des Bieres relativ günstig und dann kommt man da doch noch irgendwie mit und das Sales-Team ist dann doch noch zufrieden.

Erik: Ja, also auf jeden Fall wirklich spannend. Und das mit den Weißweinnoten, die du vorhin genannt hast, die gehe ich auch mit. Und wie ich grade schon angekündigt habe, man merkt eine deutliche Säure im Antrunk auch schon direkt, was ich aber cool finde. Die Stachelbeere holt dann quasi die Säure ab, bevor du quasi dann, ja, trinkst, bevor du runterschluckst. Und das finde ich eine gute Sache, weil Sauerbier kann halt einfach auch zu sauer sein.

Daniel: Ja, genau und das versuchen wir mit drei bis vier Fruchtbieren im Jahr, dass wir da trotzdem noch so eine Balance haben. Ich meine, es sind auch nur 4,2%. Das heißt, der Plan ist da auch wieder, das relativ süffig zu machen und dann möchte man da natürlich nicht zu viel Säure.

Markus: Und wie war das für dich, als du das erste Mal, so frisch aus Deutschland kommend, mit dem Reinheitsgebot sozusagen aufgewachsen, dann hier vor der Aufgabe gestanden hast, okay, jetzt machen wir es mal ganz anders, wie ist das?

Daniel: Ich fand es ganz cool. Also glücklicherweise meine Zeit vorher bei Stone Brewing hat es mir da so ein bisschen oder hatte ich schon ein bisschen Erfahrung mit. Glücklicherweise ist es ja in Berlin relativ einfach, wie nennen sie es, besondere Biere zu brauen, deswegen war es jetzt keine komplette Umstellung. Das, wo ich wirklich schlucken musste, waren die Biere, die wir hier machen, weil das hat überhaupt nicht mit meiner bisherigen Erfahrung mit Bier zusammengepasst oder mit, was ich in der Uni gelernt habe. Aber, ja, so entwickelt man sich immer weiter.

Markus: Ja. Das sind also die nichtgekochten Biere, da kommen wir dann auch gleich noch dazu, bin ich auch schon sehr gespannt. Jetzt sind wir hier in unserer Range, also wirklich nochmal auch an euch Zuhörer:innen nochmal gesagt, probiert auch ruhig mal die Früchte. Versucht euch mal zum Beispiel Stachelbeeren, Preiselbeeren, all diese Dinge mal zu besorgen, dass auch mal im Original zu verkosten, damit ihr eben, wenn ihr dann zum Beispiel ein Bier damit habt, dass dann auch mal vergleichen könnt. Und das ist wirklich immer eine Schulung, muss ich sagen, sensorisch. Und echt sehr, sehr spannend, wie ihr das geschafft habt, dass hier umzusetzen, also großes Kino. Womit geht es weiter?

Daniel: So, das nächste Bier ist gleiche Malzgrundlage, gleiche Biergrundlage, aber diesmal mit …

Markus: Preiselbeeren.

Daniel: … Preiselbeeren, genau.

Markus: Lingonberry.

Daniel: Lingonberry, genau. Die Preiselbeeren kommen sogar wirklich aus Deutschland, weil Preiselbeeren kann man hier nicht so wirklich bekommen in großen Mengen. Das heißt, das war, wie man sich vorstellen kann, Dank Brexit relativ schwierig, jetzt die Früchte zu bekommen, aber glücklicherweise haben wir es geschafft. Gleiche Herstellungsart, gleiches Malzprofil, wie gesagt, Fermentation dasselbe. Der einzige Unterschied außer die Früchte sind dann andere dryhop, einfach mit Hopfen, der unserer Meinung nach ganz gut zu den Früchten passt. So wie jetzt bei der Stachelbeere das mit Nelson Sauvin war, was so in diese Richtung gehen soll, was hier Mosaik. Genau, aber sonst sehr ähnliche Biere, nur total anders schmecken.

Markus: Okay.

Erik: Was mir hier auf jeden Fall schon auffällt, ist der Schaum, weil der ist noch prägnanter. Der ist wirklich schön da, die Gläser stehen ja jetzt halt auch schon seit vor der Aufnahme und der ist wirklich schön. Wird wahrscheinlich dann an der Frucht liegen, dass die sich ein bisschen anders verhält, dass da wahrscheinlich mehr Eiweiße oder wie auch immer drin sind, oder?

Daniel: Wahrscheinlich, ja. Ich habe leider keine Wissenschaft dahinter gemacht, aber ich würde das jetzt mal unterschreiben.

Markus: Und was ich interessant finde ist, dass diese Joghurtnote hier viel intensiver ist als bei den Stachelbeeren. Und Preiselbeere ist ja überhaupt so eine Frucht, also da ranken sich ja auch in Deutschland ganz viele Mythen drum rum. Also es heißt ja immer, die ist giftig, ist sie eigentlich gar nicht. Also man kann die durchaus essen, hat sehr viel Vitamin C. Dann heißt es immer, die muss mindestens einmal eine Frostnacht erlebt haben, bevor man was mit ihr anstellen kann, ist auch nur bedingt richtig. Aber, weiß ich gar nicht, wie ist das, importiert ihr die tiefgefroren oder wie kommt das hierher?

Daniel: Genau, also das Püree wird in Deutschland hergestellt und dann gefroren über Lieferkette hierher. Und dann wärmen wir es hier auf in einem Wärmebad einfach, damit wir es ungefähr auf die 35 Grad bekommen, was grade in der Fermentation ist, um nicht die Hefe oder die Bakterien zu schocken. Genau und dann werfen wir es einfach in den Fermenter.

Markus: Ja, also so geht es. Jetzt müssen wir mal probieren.

Erik: Also im Geruch ist die schon wirklich stark da und, ja, anders als bei der Stachelbeere. Und das würde mich jetzt beispielsweise auch nicht wundern, dass das mit dem Geruch, was du beschrieben hast grade, einhergeht, ist es natürlich nicht so eine krasse Säure, weil die Frucht auch nicht ganz so viel Säure mitbringt wie beispielsweise eine Stachelbeere. Also kann sie, ja, aber in dem Fall ist es definitiv nicht so, es ist weicher. Finde ich aber sehr angenehm, also auch ein super trinkbares Bier.

Daniel: Vielen Dank.

Markus: Ja, das finde ich sehr erstaunlich. Also ich kenne die Preiselbeere normalerweise auch eher als ziemlich sauer, also weil ja auch viel Vitamin C zum Beispiel drin ist, aber hier ist das tatsächlich sehr weich, sehr rund. Wir kennen es in Deutschland ja normalerweise über die Marmelade, die man zum gebackenen Camembert zum Beispiel bekommt, ist so der Klassiker eigentlich.

Daniel: Oder von Ikea.

Markus: Oder von Ikea, natürlich, Lingonberry-Marmelade, die man da hat. Und ich muss auch sagen, ich kenne es auch eher aus den skandinavischen Ländern. Aber hier dieses Bier hier ist wirklich toll, weil die Balance stimmt. Also man hat wirklich ein schönes Spiel zwischen der Säure, die man in der Nase mehr wahrnimmt, dann im Mund eher zurückhaltend ist. Dann hat man da eine Süße und hinten raus kommt dann auch eine kleine Bittere, die das Ganze wieder so ein bisschen aufhebt und das ist echt spannend. Was ich bei Preiselbeeren sonst also zum Beispiel von Bränden kenne ist, dass auch die Kerne viel Aroma machen. Das ist hier ja gar nicht so der Fall, aber die sind wahrscheinlich beim Püree entweder raus oder halt zerkleinert oder irgendwie so, ne?

Daniel: Genau, raus, weil wir da, glaube ich, auch ein bisschen Angst vor den Tanninen dann hätten, dass es dann einfach auch zu bitter wird, genau.

Markus: Also, ja, sehr schön. Also ein gefährliches Bier, muss ich auch sagen, weil das könnte ich jetzt wirklich trinken wie Limo.

Daniel: Das war der Plan, ja.

Markus: Und das man da 4% dahinter hat, das ist jetzt eher unauffällig, muss ich sagen. Also schön.

Erik: Ich mag es auch sehr gerne, also wirklich ein schönes Bier, schön umgesetzt. Und ist halt von der Säure nicht ganz so krass, sodass man es wirklich auch eher langstreckenmäßig trinken kann. Echt, coole Sache, ist momentan mein Favorit.

Markus: Aber wir haben ja noch eins, also.

Erik: Ja, genau.

Daniel: So, kommen wir zu dem Nächsten, ein Blaubeer-Basilikum-Bier. Wie der ein Sour-Beer, aber diesmal ein bisschen anderer Ansatz. Wir haben versucht, mehr das auf einer Pale-Ale-Basis, das heißt, einfach mehr Malzkörper, mehr Süße dazu. Ein bisschen Maltodextren dazu gegeben, um einfach ein paar unvergärbare Zucker drin zu haben, damit man wirklich dann, auch wenn es hier nur 4,6% sind, trotzdem noch einen schönen Körper im Hintergrund hat. Dann Fermentation, wieder das Gleiche wie die anderen beiden Sour-Biere. Dann wieder 100 Kilo Blaubeerpüree dazugegeben und dann Basilikum in einer Tinktur in der Lagerung mit dazu in den Tank gehängt.

Erik: Also hier finde ich ganz spannend, beim Geruch hast du so eine Art Eukalyptus, der da so mitkommt.

Markus: Ja.

Erik: So eine leichte Schärfe, ein bisschen so in Richtung Minze, Menthol, Eukalyptus, so diese Richtung. Das finde ich sehr spannend, unterstützt die Frucht auf jeden Fall. Ja, sehr spannend.

Markus: Ja, weil ja auch Blaubeeren so ein bisschen so eine Gewürznote haben, ähnlich wie Wacholder zum Beispiel ja auch, so in diese Richtung. Das mischt sich gut mit dem Basilikum.

Daniel: Genau und dazu haben wir dann noch als dryhop relativ viel Polaris mit darein gegeben.

Markus: Ah.

Daniel: Ja, weil, wenn man den richtig einsetzt, hat man da eine sehr schöne Minznote. Was, ich finde, ein viel zu unterbewerteter Hopfen, könnte viel öfters genutzt werden. Genau und wir fanden, der passt da ganz gut rein.

Markus: Ja.

Erik: Ja, finde ich auch.

Markus: Na dann, prost.

Erik: Ja, zum Wohl.

Daniel: Zum Wohl.

Erik: Das ist richtig spannend.

Markus: Woah!

Erik: Da hast du eine Süße, du hast wieder das, was du grade gesagt hast von Polaris, was ich vorhin als Eukalyptus, Minze beschrieben hab. Dann hast du die Säure und dann hast du hinten raus noch die Fruchtsäure, also so ein Wechselspiel, aber trotzdem Hand in Hand. Also das ist echt, das ist auf jeden Fall das spannendste Bier von denen, zumindest von dem Aromenwechsel, so würde ich es jetzt mal nennen.

Markus: Ja, ist wirklich. Also es geht süß los, dann kommt die Säure, dann kommt dieses Fruchtige, die Gewürznote, dann kommt die Minze. Dann hat man ein bisschen auch eine Adstringens, so eine gewisse Bittere hinten raus, die aber eben nicht nur vom Hopfen ist, sondern, ich glaube, auch eben aus den anderen Zutaten. Also, ja, wie du sagst, also auf jeden Fall das Komplexeste. Und man merkt auch eben, dass ihr euch da natürlich Arbeit macht, das auch zu kompensieren. Weil, du sagst jetzt so lapidar, nehmen wir halt 100 Kilo von dem und 20 von dem, aber da muss man sich ja Gedanken machen, damit am Ende auch was rauskommt, was irgendjemand gerne trinkt. Also insofern, das ist dann schon auch ein bisschen ein Kunststück. Und grade mit dem Basilikum, finde ich, ist die Grenze immer ganz schwierig. Weil, wenn man das übertreibt, dann ist es schnell untrinkbar, also dann kann man es vielleicht noch zur Pizza nehmen, aber das franzt dann auch. Aber das hier ist wirklich schön, grade mit diesem Wechselspiel.

Erik: Habt ihr hier die Kerne drin gelassen? Weil ich würde jetzt mal drauf wetten, dass die drin sind, aber es kann natürlich auch vom Basilikum sein.

Daniel: Nee, genau, da ist in der Tat, war das noch in dem Püree mit drin. Und wir haben dadurch, dass wir das auf einer Pale-Ale-Basis gemacht haben, wollten wir das ganze Bier auch einfach ein bisschen hazier, das deutsche Wort?

Erik: Ja, so ein bisschen trüber.

Daniel: Trüber, das ist es, genau. Und, genau, das war der Plan da. Der Fairness halber muss ich dazu sagen, dass es eine Kollaboration mit unseren Freunden von Wiper & True genau und, ja.

Markus: Ja. Also eine Frage hätte ich noch, ihr nehmt ja jetzt da die Kveig-Hefe, das heißt, die ist jetzt eigentlich richtig in der Brauwelt angekommen oder? Also weil, vor ein paar Jahren war das ja noch eher exotisch und da irgendjemand vielleicht mal das Buch vom Lars gelesen oder so, aber jetzt mittlerweile habe ich so den Eindruck, dass sich das schon durchsetzt oder?

Daniel: Ja, ich glaube schon. Also speziell mit Sour-Bieren bekommt man das immer öfters aus den vorher genannten Gründen. Wir persönlich haben ein paar Versuche, ja, in dem letzten Jahr auch für andere Bierstiele, waren aber nicht so 100 % überzeugt von den Pale Ales und die IPAs, die wir damit gebraut haben. Waren interessante Ergebnisse, aber diese Johgurtcharakter, der da doch immer mehr oder weniger durchkommt, ist schon sehr speziell, ja, muss man mögen.

Markus: Ja.

Erik: Also in dem Fall kann ich schon mal ein Fazit ziehen, die sind alle drei wirklich gut, haben alle was Eigenes. Also für mich ist die Stachelbeere so mit das sauerste, aber frisch für den Sommer beispielsweise so auch als Durstlöscher tatsächlich. Die Preiselbeere ist für mich das am meist Trinkbarste, also da kann man wirklich mehr von trinken. Und am spannendsten ist auf jeden Fall die Blaubeere, weil die einfach so viele verschiedene Aromen da drin hat. Aber ich mag sie alle drei, ich würde halt wirklich einfach gucken, was habe ich grade für ein Thema, was habe ich für einen Moment, was habe ich zu essen, wie auch immer und mich dann entscheiden, aber ich würde keins ausschließen.

Daniel: Vielen Dank.

Markus: Ja. Und was mir gefällt, ist dieses, dass ihr dann eben versucht, mit der Frucht noch ein bisschen was anzufangen. Also wenn ich bei der Stachelbeere sage, okay, das kann man irgendwie als Frucht rein bringen, das hat eine gewisse Säure, das hat so sein Aroma, ist aber dann vielleicht nicht so ganz komplett. Und dann nimmt man eben noch die passenden Hopfen, rundet es ab und gibt dem dann insgesamt ein richtig schönes komplexes Aroma, was dann wieder Spaß macht, genauso eben bei den anderen beiden. Vor allem eben auch bei der Blaubeere, da gefällt mir grade, man muss ja erst mal auf den Gedanken kommen, Blaubeere mit Basilikum. Hat man jetzt auch nicht alle Tage, finde ich auch sehr schön. Und bei der Preiselbeere, muss ich sagen, finde ich das sehr schön gelungen, dieses Fruchtaroma umzusetzen, sehr schön die Cremigkeit im Mund, also, ja. Ja, weiter geht es mit unserer lustigen Reise hier durch die Biere von Mondo Brewing und jetzt haben wir hier, ja, ein New England IPA. Also der Bierstil, den man heutzutage quasi haben muss in gewisser Weise, der sich aber auch massiv weiterentwickelt hat. Und ihr habt hier einen ganz spannenden Ansatz gewählt, ihr habt gedacht, mein Gott, KI in aller Munde, warum nicht auch mal beim Bier, oder?

Daniel: Genau. Also das ist nur ein kleiner Versuchssud, haben wir 200 Liter von gebraut. Die Grundlage ist von unserem Core-Pale-Ale Road Soda. Normalerweise hat es eine Stammwürze von 12%, wir haben es ein bisschen stärker eingebraut mit 14 Grad Plato. Und dann haben wir eine Hefe genommen, die Thiol Precursor verarbeiten kann. Und dann haben wir es uns leicht gemacht und einfach nur in ChatGPT eingegeben, welche Hopfen wir dafür benutzen sollten. Und das hat uns rausgehauen, dass wir, wenig überraschend, Nelson Sauvin, sorry, Idaho 7 und Citra. Und, genau, das haben wir gemacht, dazu ein bisschen Cascade und Mittelfrüh in die Maischehopfung. Weil, was die aktuelle Forschung sagt, dass diese beiden Hopfen zusammen mit Saaz sehr viele Thiol Precursor in der Maische schon mit reinbringen, die dann von der Hefe ganz gut verwendet werden können.

Markus: Also wir reden da jetzt vom Nelson Sauvin, vom Idaho 7 oder auch …

Daniel: Genau, also die generell haben sehr viel, aber vor allem Cascade, Mittelfrüh und Saaz scheinen sehr gute Veranlagungen dazu zu haben, diese Precursor schon im Maischebereich mit rein geben zu können. Soweit ist es leider noch nicht aufgeschlossen von der Forschung, zumindest nicht, dass ich weiß, warum grade die sich dazu eignen. Aber das ist im Moment, was die Brauer so verfolgen. Und, genau, damit sind wir dann auch gegangen.

Markus: Ja. Also vielleicht noch ganz kurz für alle Hörer, die jetzt da noch große Fragezeichen im Kopf haben, es ist eben praktisch der neue Trend, zu sehen, was die Hefe mit Hopfenbestandteilen noch so anstellen kann, die eben normalerweise sensorisch nur wenig sich auswirken. Und da gibt es eben Hopfenbestandteile, die dann umgebaut werden zu Thiolen und die dann wiederum zum Beispiel sehr fruchtige vor allem Citrusaromen haben können, aber auch eben verschiedenste andere und damit nochmal eine Hopfenwirkung verstärken können, insgesamt das Bier nochmal intensiver, komplexer machen und damit praktisch einfach nochmal aus demselben Material mehr rausholen. Und das ist schon interessant und werden wir mal sehen, wie das jetzt hier sich gleich auswirkt. Eine Frage habe ich, habe ich es richtig erklärt oder habe ich irgendwas vergessen?

Daniel: Ja, genau. Also ich bin jetzt einfach so ein bisschen rübergegangen, weil ich dachte, die Hörerschaft kennt sich da …

Markus: Ja, vielleicht auch.

Daniel: Aber, genau, das ist alles richtig erklärt. Die Hauptaromen, die man versucht zu bekommen, ist natürlich klassisch tropisch, viel Passionsfrucht, dann wieder so Weißwein-, sogar ein bisschen Stachelbeerrichtung und Pfirsich, genau. Und wir haben versucht, da sehr in diese Pfirsichrichtung diesmal zu gehen.

Markus: Ja, absolut, hat man auch in der Nase, total, also wirklich.

Erik: Komplett, also habt ihr gut umgesetzt, zumindest im Geruch.

Markus: Und das ist auch so ein ganz spezielles Aroma, was diese Biere haben, wo man dann auch schon eben feststellen kann, okay, da ist jetzt eine Hefe am Werk, die das eben kann. Und, ja, wirklich sehr intensiv fruchtig, so eine schöne Citrus-Pfirsich-Mischung, ein schönes Bukett und dazu noch so weinige Noten, die dann so im letzten Riechvorgang so da sind, also spannend. Schaut auch schon toll aus, super cremiger Schaum. Bier selber, wunderbar geheimnisvoll, sehr trüb, sehr faszinierend. Also gut, probieren wir das mal.

Daniel: Zum Wohl.

Erik: Zum Wohl. Ja, also Pfirsich ist drin quasi, geschmacklich auf jeden Fall, sehr weich, sehr rund, süße Frucht, also reife Frucht. Aber sehr schön umgesetzt, also sehr entspannt, kann man gut trinken.

Markus: Ja. Also diese süße Note auf jeden Fall auch sehr, sehr schön. Also das New England IPA soll ja auch in der Hinsicht eben so ein bisschen anders sein und soll dann auch das ganze nochmal runder machen und natürlich trotzdem auch eine Bittere haben. Auch die ist ja da, aber diese Fruchtigkeit ist wirklich unglaublich intensiv im Vordergrund, wirklich sehr schön. Und, ja und da merkt man eben diese Kraft der Hefe, die da nochmal richtig was rausholt und das ein sehr einzigartiges Getränk macht. Also Easy C´rider, steckt da was dahinter irgendwie?

Daniel: Genau, also wir haben das mit einem Freund aus den USA, die 2nd Shift Brauereien in St. Louis und sein Name ist Steve Crider. Und da er uns ein bisschen inspiriert hat, haben wir es dann Easy C´rider genannt, genau. Aber das es eh nur ein kleiner Versuch ist, bleibt das alles hier in unserem Taproom leider, deswegen konnten wir einfach den Namen draufgeben, genau. Also was ich dazu noch sagen will, deswegen die Maischehopfung, um ein ganz klein bisschen Bittere, um das Süße auszubalancieren. Normalerweise würden wir unseren New England IPAs leicht in der Kochung eine Hopfengabe geben, aber wenn wir versuchen, auf diese Thiol Precursors abzuzielen, dann zeigt die Forschung, das es relativ viel Sinn macht, das schon bei Maischehopfung zu machen. Da muss man da nur beachten, dass da nicht alle Bitterstoffe durchkommen, also man muss ungefähr die dreifache Menge geben, als wenn es jetzt zu Kochbeginn wäre. Genau und sonst, die meisten unserer Biere relativ geringen Kohlensäuregehalt, Carbonation.

Markus: Karbonisierung.

Daniel: Karbonisierung, genau, das war das Wort. Also zum einen, weil es zum Bierstil ganz gut passt. Zum anderen, weil wir hier immer noch in England sind und das Land des Cask-Bieres. Und es ist relativ schwierig, mehr als irgendwie 4,8 Gramm pro Liter in Bier rein zugeben, ohne dass sich die Leute beschweren. Deswegen sind all unsere Biere relativ leicht karbonisiert.

Markus: Ja.

Erik: Finde ich aber auch recht angenehm, macht auf jeden Fall ein schönes Mundgefühl und ich finde es auch nicht so anstrengend zu trinken und passt zu den Bieren. Also ich vermisse da nix, ist jetzt kein Bier bei gewesen, wo ich gesagt hab, könnte ein bisschen mehr Kohlensäure drin sein. Von daher finde ich es grade beim New England IPA, wenn es schön weich ist vom Mundgefühl her, auch angenehm.

Markus: Ja und auch wieder sehr gefährlich, weil du merkst den Alkohol null und es trinkt sich wirklich sehr schön. Und hat auch dadurch, dass man dieses schöne Süße-Säure-Bitter-Spiel hat, wieder eine sehr hohe Drinkability hinten raus, wo man sagt, Mensch, da nehm ich gern den nächsten Schluck. Ist auch ein Bier, was alleine geht. Also das kann man wirklich bewusst trinken, genießen, jeden Schluck sich überlegen, was da so alles passiert. Und was ich auch interessant finde ist, dass das ja praktisch so der next Leven wieder ist, also wo man sagt, okay, am Anfang hat man dann probiert mit Dryhoping was geht und dann über die Menge. Und dann, später hat man dann die Gerätschaften entwickelt wie die Hop-Gun, den Hop-Torpedo und so weiter. Und jetzt ist man ja praktisch nochmal eine Stufe weiter und überlegt, okay, wie kann ich jetzt durch eben Veränderung der Hopfengaben, durch Veränderung des ganzen Prozesses und dann eben auch der richtigen Hefeauswahl, nochmal mehr aus diesem Hopfen rausholen. Und hat natürlich auch jetzt viel mehr Hopfensorten zur Verfügung, das kommt ja auch noch dazu und entdecke vielleicht alte Hopfensorten wieder neu. Also damit, glaube ich, wird es auch einfach viel komplexer, was auch nochmal, glaube ich, an dem Brauer oder die Brauerin einfach mehr Herausforderungen letzten Endes stellt, oder?

Daniel: Das ist korrekt. Aber ich glaube, grade auf der Ebene der Hefe sind wir wirklich erst am Anfang. Weil, ich meine, diese Hefen sind uns jetzt auch zugänglich hier in Europa, aber in den USA sind wir dann schon an dem Punkt, wo wir mit CRISPR / Cas die demodifizieren können und es erlaubt ist. Und dadurch kriegt man nochmal viel mehr die gezielten Aromen raus, die man haben will. Und auch da, glaube ich, ist so der Aktuelle, ich meine, sobald man das gen kennt, das ein bestimmtes Aroma expremiert, dann kann man das einbauen und jede Hefe das beliebig herstellen lassen. das heißt, irgendwann glaube ich nicht, dass wir noch Hopfen für eine Bittergabe brauchen, sondern wir lassen einfach die Würze ungehopft mehr oder weniger vergären und lassen Hefen, die so modifiziert sind, dass sie die Bittere, dass sie all die Fruchtnoten, die du haben willst oder nicht haben willst, genau so modifiziert arbeiten lässt, dass Hopfen irgendwann nicht mehr so nötig sein wird, glaube ich.

Markus: Klingt ein bisschen wie Himmel und Hölle gleichzeitig.

Daniel: Ja, aber ist doch viel nachhaltiger. Ich meine, wenn man sich anguckt, was Hopfen, was er verbraucht. Und, ja, außerdem, wie schwierig das auch mit der Klimaerwärmung in den nächsten Jahren werden wird, denke ich, da geht die Reise hin.

Markus: Auf jeden Fall. Also Hopfenanbau wird zunehmend schwieriger, vor allem in Europa, weil wir hier viel weniger bewässerte Hopfengebiete haben sozusagen und damit einfach mit der Trockenheit massive Probleme sind, wie wir es letztes Jahr auch zum Beispiel wieder hatten. Und, ja, interessant auf jeden Fall. Und ich muss sagen, ich war ja erst in den USA, also mindestens jede zweite Brauerei, mindestens, haben mir erzählt, dass sie eben genmodifizierte Hefen benutzen, vor allem eben auch für leichtere Biere, für alkoholfreie Biere, was weiß ich. Und da ist das eigentlich, gehört das zum ganz normalen Werkzeugkasten, den sie halt haben in ihrer Brauerei und wo sie eben dann auch schon Hopfen zum Beispiel ersetzen oder Aromen gezielt produzieren. Und ich meine, ja, letzten Endes, warum auch nicht? Ich meine, das Brauen hat sich in seiner Zeit ja immer irgendwie verändert. Und, klar, wir haben dann in Deutschland noch ein Problem mehr, weil das Reinheitsgebot ja schlicht und einfach Hopfen erfordert, also muss man dann einfach ein paar Gramm irgendwie hinzufügen.

Daniel: Ja, dürfen mal ein paar Gramm sein.

Markus: Und natürlich ist Genmodifizierung bei uns aktuell auf jeden Fall natürlich auch eine große Hürde. Nichtsdestotrotz kann man durch ganz normale Züchtung von Hopfen auch viel erreichen also oder auch letzten Endes von Hefe natürlich. Und dementsprechend sind wir mal gespannt, was da so kommt. Und auf jeden Fall, das Ergebnis auch hier schon ist wirklich faszinierend. Und was ich wirklich interessant finde, ist eben, wie viel man noch rausholen kann, wie angenehm und rund das dann ist. Und, ja, es ist halt, was ich auch toll finde, es ist ein klassisches New England IPA, aber ohne diesen Pellets-Geschmack, den man manchmal hat. Wo man dann einfach noch viel dieses grasig grüne Kräutige, als würde man fast Pellets kauen, manchmal da drin ist. Das hat man hier ja gar nicht, da bin ich voll auf der fruchtigen Seite, alles schön, total rund, die Welt ist schön und bunt. Also, nee, sehr faszinierend, tolle Geschichte. Aber wird es dann auch eine Fortsetzung geben, weil du sagst, das ist ein kleiner Sud, 200 Liter, gibt es da auch noch mehr davon?

Daniel: Ja, also ich denke, dass wir in Zukunft schon saisonal das ab und zu größer brauen werden. Also wir sind sehr zufrieden damit, aber wie du ja auch vorhin schon gesagt hast, jeder arbeitet damit jetzt, also grade in den USA und das bringt auch einen sehr einheitlichen Geschmack. Oder auch das, was man im letzten Jahr immer in den USA mit diesem Traubenprodukt, Traubennebenprodukt gemerkt hat, die Biere schmecken relativ schnell sehr gleich. Und es ist sehr entspannt für uns, damit zu arbeiten im Moment, aber, ich glaube, das in Zukunft sehr viel in diese Richtung wird und dann ist es dann auch irgendwann ein bisschen übersättigt. Also mal schauen, wie weit wir da mitgehen.

Markus: Ja und es kommt natürlich immer auf die Komposition an, also wie du es grade schon sagst, weil sonst werden die Biere eben sehr gleich. Aber man kann auch sowas wie dieses Phantasm, was letzten Endes die Traubenschalen sind, die dann verarbeitet werden, kann man halt in Nuancen einsetzen, um einem Bier noch so einen Kick in eine Richtung zu geben. Wenn man das richtig macht, ist das auch spannend. Aber, wie gesagt, das ist da, der Werkzeugkaste wird einfach ein bisschen größer, ein bisschen komplexer und die Brauer müssen einfach nochmal ein bisschen mehr lernen, Erfahrungen sammeln, sich austauschen, weil das eben auch was ist, was man eben wahrscheinlich im normalen Brauerstudium in Deutschland aktuell nicht wirklich berührt.

Daniel: Leider nicht, nein.

Markus: Gibt es denn was, wo du sagst, das hast du mitgenommen aus deinem Brauerstudium, was du hier einsetzen konntest, was den Laden auch irgendwie weitergebracht hat?

Daniel: Ach, glücklicherweise habe ich noch Ludwig Narziß miterlebt in Weihenstephan und die eine Sache, die ich von ihm gelernt habe, ist W34/70 in jedem Lager zu benutzen. Ich weiß jetzt nicht, wie weit das die Brauerei hier weitergebracht hat, aber ich finde es ein schönes Mitnehmsel. Sonst generell, denke ich, ist es einfach die, so sehr es Klischee ist, ist es auch ein Stück Wahrheit, dass wir, glaube ich, dann doch schon relativ akkurat sind und das möglichst wissenschaftlich angehen wollen. Und das versuche ich hier in einer täglichen Basis mitzugeben.

Markus: Das heißt auch Reproduzierbarkeit zum Beispiel, also das so ein Bier dann eben klar dokumentiert ist und auch wieder neu gemacht werden kann in der gleichen Qualität?

Daniel: Genau, Reproduzierbarkeit. Das wir solche Versuche wie jetzt zu Laboren schicken. Und dann, glücklicherweise habe ich ein paar Freunde, die bei Hopfenfirmen arbeiten, dass man dann auch mal die analysieren lassen kann. Das wir schauen, ob wir auch wirklich in diese Richtung gehen oder gekommen sind, die wir gehen wollten, genau, so.

Markus: Ja, na, also auf jeden Fall sehr, sehr schön. Und ein Lager haben wir ja auch schon probieren können, zum Beispiel das Helle hier. Und da muss ich sagen, es ist zwar typisch englisch, ein bisschen leichter vom Alkoholgehalt, aber nicht desto weniger, trotzdem voll im Geschmack und auf jeden Fall auch gut getroffen. Und der Herzbrucker ist, ja, mir als Franken, natürlich freut das, wenn das auch verwendet wird. Und insofern, also prima, wunderbar. Wie sind deine weiteren Pläne hier so? Also du bist drei Jahre da, hat man so sich ein Ziel gesteckt, wie das weitergeht?

Daniel: Ja, ach, das ist eine gute Frage. Also brauereimäßig oder arbeitsmäßig kann ich mir das schon noch sehr gut lange vorstellen, es ist mehr die Umgebung. Ich weiß jetzt nicht, wie sehr politisch wir hier werden wollen im Podcast. Jeder kann sich vorstellen, wie die englische Politik ist und ich weiß nicht, wie lange ich das noch mitmachen will. Aber, ja, da schweifen wir zu sehr ab. Also an sich …

Markus: Wir sind ein offener Podcast. Und, ich meine, das Schwierige ist natürlich, das wir europaweit gewisse Tendenzen haben und sich man manchmal auch überlegt, ob man nicht überhaupt auswandern kann. Aber wir haben halt keine Erde Nummer 2, also insofern müssen wir irgendwie da zurechtkommen, wo wir sind. Und ich kann dich da schon gut verstehen, ja.

Daniel: Aber, nee, also arbeitstechnisch bin ich hier sehr zufrieden und es ist eine schöne Stadt. Also man muss jetzt auch, wenn man jetzt mal den ganzen Kosmos drum rum wegnimmt, es ist auch wirklich eine schöne Stadt.

Markus: Wenn Leute jetzt hierherkommen wollen und gerne die Biere probieren wollen, was müssen die tun? Also ihr habt ja einmal den Taproom, ihr habt einmal den Pizza- und Bierladen sozusagen. Kannst du da noch ein bisschen sagen konkret, wie kommt man dazu, eure Biere hier zu genießen?

Daniel: Zum einen muss man erst mal auf die südliche Seite der Themse kommen, weil, also wir sind im Süden gelegen in Battersea und unser Bier- und Pizza-Taproom ist grade auf der südlichen Seite bei London Bridge. Aber dadurch, dass es glücklicherweise auch so eine große Bierkultur und viele Brauereien, zumindest vorletztes Jahr waren es noch 150 Brauereien in London. Das ist leider grade ein bisschen am Zurückgehen, aber es sind immer noch, ist eine extrem große Menge. Was aber auch bedeutet, dass wir jetzt nicht so vertreten sind im Norden oder im Osten, weil es einfach viele gute andere Brauereien gibt in den jeweiligen Regionen. Also, ja, das ist das Hauptding, kommt in den Süden, setzt euch in den Pub und dann findet ihr das auch schon.

Markus: Ja, auf jeden Fall, wir werden es in den Shownotes auch verlinken. Und letzten Endes, man hat dann auf jeden Fall natürlich das Bier und Pizza, den Laden da am Borough Market, wo auch viele Leute, glaube ich, gerne hingehen, um einfach mal Streetfood zu genießen und insofern kann man das ja auch gut verbinden. Ja, dann dir auf jeden Fall schon mal vielen Dank für das Tasting und für den Einblick in die Brauerei und natürlich alles Gute weiterhin und das wir uns bald mal wieder in London sehen.

Daniel: Danke schön.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk English 30 – Talk with Bill Owens, founder of Buffalo Bill’s Brewery from Hayward, California, USA

Bill Owens established Buffalo Bill’s Brewery as the first brewpub in America since Prohibition on August 2, 1983. His book How to Build a Small Brewery (1993) opened the door to the brewpub movement and he kind of reinvented Pumpkin Ale. Owens sold Buffalo Bill’s in 1994 continuing to publish American Brewer Magazine which he sold in 2001. Owens used the proceeds from the magazine’s sale to photograph America and this journey planted the seeds for his next venture, the American Distilling Institute, and Distiller Magazine. ADI was established in 2003 as a professional membership organization and publishing house to promote the art of craft distilling. Artifacts from Buffalo Bill’s Brew Pub were acquired by the Smithsonian Institute and sit alongside Owens’ photographs previously collected by the Smithsonian American Art Museum. He has received a Guggenheim Fellowship and two National Endowment for the Arts grants. Bill’s current book is The Delco Years, a dystopian novel of life after a pandemic kills everyone but people who drink unpasteurized beer. He is also working on his memoir and a book of his collected poetry…

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Zusammenfassung auf Deutsch:

Bill Owens, den Gründer der Buffalo Bill’s Brewery in Hayward, Kalifornien. Owens, bekannt für seine vielfältigen Talente als Brauer, Fotograf und Autor, gründete 1983 die erste Brauereigaststätte in Amerika nach der Prohibition und trug maßgeblich zur Wiederbelebung des Kürbisbiers bei. Nach dem Verkauf der Brauerei im Jahr 1994 widmete er sich dem Fotografieren Amerikas und gründete später das American Distilling Institute und das Distiller Magazine, um die Kunst des Craft-Destillierens zu fördern. Owens hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter ein Guggenheim-Stipendium und zwei Stipendien des National Endowment for the Arts. Aktuell arbeitet er an seinen Memoiren und einem Buch mit gesammelten Gedichten​​.

Owens‘ Leidenschaft fürs Brauen begann in seiner Jugend auf dem Bauernhof, wo er erste Versuche mit der Weinherstellung unternahm. Später, während seiner Zeit im Peace Corps und als Lehrer, entwickelte er ein Interesse am Fotojournalismus, was ihn zu einer 16-jährigen Karriere bei einer Zeitung führte. Nachdem er seinen Job verlor, kehrte er zum Heimbrauen zurück und experimentierte mit verschiedenen Techniken und Geräten. Owens‘ kreative Ansätze umfassten unter anderem die Verwendung von Kürbis und Gewürzen zur Herstellung von Kürbisbier​​.

Owens betont die Bedeutung von Selbstbildung und Reisen für das Erlernen des Brau- und Destillierhandwerks. Er hebt hervor, dass eine erfolgreiche Destillerie heute nicht nur hervorragende Produkte herstellen, sondern auch ein einladendes Ambiente für Besucher bieten muss​​. Owens erklärt, dass sowohl Bier als auch Whisky Kunsthandwerke sind, die aus Rohstoffen alkoholische Getränke schaffen, und betont die magischen Aspekte dieses Prozesses. Er diskutiert die historische Entwicklung des Bierbrauens und die zunehmende Bedeutung von Erbstückgetreide und Mais für die Geschmacksvielfalt in Bier und Whisky​​.

In Bezug auf die Entwicklung der Craft-Brau- und -Destillationsindustrie bemerkt Owens, dass er zwei Industrien ins Rollen gebracht hat: das Craft-Brauen und später das Craft-Destillieren. Sein Ziel war es immer, funktionierende Produkte zu schaffen, anstatt Ruhm oder Reichtum anzustreben​​. Owens beschreibt auch, wie er das Konzept der schnellen Bierproduktion entwickelte, was für Brewpubs von Vorteil ist. Seine Methoden erlauben es, in kürzester Zeit frisches Bier zu produzieren​​. Abschließend erklärt Owens, dass seine ersten professionellen Biere Ales waren, obwohl die Definition damals vage war und die verwendete Hefe nicht den traditionellen Charakteristika von Ales entsprach​​.

 

Interviewtext:

Markus Raupach: Hello and welcome to another episode of our podcast, BierTalk. Today I’m very honored. I’m sitting in Aalborg in Denmark. We are just the front of whiskey tasting. And I’m sitting here together with Bill Owens. He’s a very famous person, not only in the beer world, also as a photographer, as an author, and in many other ways, the whiskey world, for example. And I’m very happy to have him here and talk about his life and his beer life, which is very interesting, as I said. So great to have you here. Maybe you introduce yourself shortly.

Bill Owens: Thank you. You start when you’re very young, maybe 14, 15, you’re on a farm. And you go to Bible school, and you learn that Jesus turned water into wine. So I go home and I say, if Jesus can do this, I can do this. So I got together with a neighbour kid, we picked some grapes, we had wash tanks in the barn. We crush up the grapes and went away for a couple of months and come back. And we look in the tank and it’s got a green mould on it. So I dip it in with a jar, I said to Keith, you drink it first. Well we couldn’t drink it. We didn’t dare. So we drained the tank, took all the musk and stuff and dug a hole and buried it and we didn’t want my father to catch me, catch us. And then we poured the wine if you want to call it that into buckets and took it out to the pasture and poured it out on the pasture. And then went back and we took the garden hose and then we’re washing out the tanks. I look at the bottom and they’re all very bright and shiny. It was a galvanized tank and the wine had eaten all the galvanized offs. It was zinc. So whatever we made was rat poison with zinc in it. So the months go by, and finally one night at supper, my father turns to me and said, Billy, there’s these big rings of dead grass in the pasture. What’s that about? And I kind of rolled my eyes and I said the flying saucers landed. So that was my first experience. Then in college, I would buy malt syrup and pour the kind of syrup into a white bucket, add yeast, stir it up and make beer and drink it. In those days as a young man, you could drink three gallons of beer in three days pretty easily. We didn’t take up any refrigerator. And years later, I had a degree in industrial arts and was in the Peace Corps and taught school and wanted to become a photojournalist. I studied journalism and got a job at a newspaper out in Livermore and I worked there for 16 years. And then finally myself and reporters get laid off and you can’t find another job. And so the months are going by and I need beer, you don’t have any money. But I was a home brewer so I started home brewing again. And for the first time there was beer clubs. So I drive across town to go to these beer club and meet these geeks. And these guys were idiots. They just didn’t have any idea of chemistry or whatever they were, they were basically using malt extract, I wanted to go all grain. And there was one little booklet published out of Portland, Oregon that talked about all grain and how to do it. As a matter of fact, I remember they would take a pan and fill it with water and barley grain and put it in the oven overnight to mash overnight. Then I was told during fermentation that him and the owner, his name is Cartwright and the owner, Tom Burns, who now is deceased, I’m sorry to say, he said they would get down on their hands and knees and pray to God that the fermentation would occur. So they made pretty, pretty raw beer. And I’m looking at this and saying, I don’t understand, the books are German and they talk about decoction, which means you have to have a vessel. You heat it, the grain is mixed with water and you heat it to 130 and wait an hour. Then you heat it to 140 and wait an hour. You heat it to 150 and you wait an hour and then you boil it off. And there’s no way could I create a vessel where I can heat, rest, heat, rest, heat, rest. So I went to, took an extension course at the University of California, Dr. Michael Lewis who changed the world. And he would go to the chalkboard, and like a professor he just starts writing at this corner all the way across. And he talked about what the English shared which was simple infusion, which was revolutionary. And the point of that, and I sat there all day to raise my hand to say, what temperature you must have? And he says, if you add the water and you add the grain and you mash in at 152, you will get starch conversion in a matter of minutes. So I went home and I knew I could learn how to mash. But we had a problem. I couldn’t, I go and look at mash tons, and they have what was called a V-wire in the bottom and there’s no way I could find V-wire. There was no internet. I could look in a phonebook. But there’s no listing for V-wire. And so I didn’t know what to do about that. But finally, and I had to almost be a spy, there was a distiller in Sacramento who had used a dairy tank that opened on the bottom. And I go there one time and talk to him and he had the bottom open, and I could take a photograph and see what he was doing. Because he didn’t have a V-wire bottom. He had taken a copper pipe with a hacksaw and made slots. And a slot is 32,000, which is the same as when you mill barley. And he just mounted that pipe there, filled it with, closed the doors, put in the foundation of water, usually come over 170, add the water at 170, it drops to 160. You add the grain, it drops to 152. Then with a wooden canoe paddle stir it up, walk away. We used to mash for about an hour, and then come back and then you turn on your valve and a little bit of trub will spit out. If you want, you can put that back. People get into crazy on recirculating the first wort. They’re wasting their time. Just throw it away, it’s only a pint. But with into sparge we just run water on top of it. We didn’t have the equipment or the time. Eventually you make a spray ball. Just spray a tiny bit of water on it to get the maximum yield. And you just, you learned then not to run the wort too fast. Because if you run it too fast, the bed will collapse. And so you learn to run the wort at the right speed and you add the water to the right speed. And when I wrote a small booklet on I just call it slip and slide. You slip the water on and you slide the wort off to the kettle. So my mash time was up high on a platform. And I could just run by gravity into my kettle and then close the lid. But also I did something that when other distillers found out what I was doing, they hated me. I used sugar. I would buy 50 pounds of sugar to bump the alcohol and showed. People who know brewing you get good mouthfeel and you’d bump your specific gravity by a good five points very cheaply. So I was a homebrewer. And when I read the instructions, they say you boil it for an hour and I look in the vessel, I say, hey, there’s nothing in here. Why do you have to boil for an hour? This is stupid, right? But pretty soon you read the books and there’s certain, it’s called a hotbreak. And there’s chemistry that happens and I would learn to boil for an hour. I bought a simple heat exchanger from New Zealand. Then for my fermentation tanks, I used dairy tanks, open dairy tanks, refrigerated the room, one dairy tank was high. So I pump into the high dairy tank for four or five days, then the yeast would drop out. I drop it into the bottom tank or I pump it to the back room which is even more refrigerator, into English grundy tanks which changed the world. You could buy these three-legged grundy tanks for $400 or $500, and that’s where I connected my pipeline. So when I came out the door we brewed three kinds of beer, lager, amber and dark. There was no definition, no books, no magazines. I remember I went to a trade show with a friend of mine who makes equipment. He says, go sit by that guy over there. I said, he’s kind of scruffy-looking. Who is he? And he says, well, that’s Michael Jackson. Just go sit by him. I got acquainted with Michael Jackson. But they’re on the other side of the fence from me. I’m in love with the process, mashing and the chemistry of it. Today, both brewing and distilling is really exciting to see the innovation of this next generation coming along and making flavourful. I just say watch out scotch distilling industry. There’s some wonderful whiskies out there that are only aged one year. But in Europe you’ve still got to do three years which is stupid. Do it like in Japan, let people do whatever they want to do. So I had the, I soon expanded I think to a fourth beer. I did do some bottling. Oh one of my creative efforts was, again I like books. I picked up a history of brewing book and there’s George Washington, the President of the United States got very wealthy after he retired from being president. And he had a still. And there’s a photograph of the still and it’s at the Smithsonian Institute still today. And there’s a photograph of it. So I took the photograph and with a pencil traced it, and I made a little coat pin. We’re ripping off George Washington. But in reading about him, he used pumpkins and gourds and squash in the mash because you got a starch, you got insides and you can convert it. So I’m going to put squashes in. I’m a gardener. I grew a pumpkin. So I grew this, oh, you go buy the special pumpkin seeds for $1. And you can grow the 300-pound pumpkin. So I grew the big pumpkin, I could pick it up. It was about 80 pounds. Take it down to the brewery, chop it up, pop it into the pizza oven, bake it, so I can get at the starches, and then during mash, I would drop the pumpkins in, stir it up. And then there was a door in the bottom and I would drop it all into buckets and get it hauled away. And the pig farmer every Monday, whenever I did the pumpkin ale, the pigs were really happy because they got a little different flavour in there. But what I realized after you finish your boil, and you add some hops, if you do your boil, cool from it, you taste it, there’s no pumpkin flavour. Pumpkin comes from spices. How do I solve this problem? Wait a minute, wait a minute. Across the street is a supermarket. In the supermarket there’s a shelf called pumpkin pie. So I take the pumpkin pie spice home to a coffee pot and perk one quart of juice, right? And so when I’m all finished with the beer and I’m ready to carbonate, you add the quart of pumpkin flavour, you stir it up and you serve pumpkin ale. So everybody went crazy when somebody came out using an additive like pumpkin. And so when I see somebody claiming they didn’t add spices to it, I know they’re lying. Because there’s no flavour. That starch will, during, you’ve cooked it and you fermented it, those flavours or volatiles, they’re gone and there’s no mouthfeel from pumpkin in beer. The only thing you have to do is adjust your grain bill so you have a pumpkin colour, which is amber. So I did that for a number of years. I had the dreams. I wanted to build the mothership, a big brewery and three or four satellites and feed them, I have the mother brewery feed training, buy grain in bulk and put that together. So I did another limited partnership, raised $300,000 on that. Then people are jealous of you and you have your lawsuits. And pretty soon you lose it all. And I always thought screw you. You could take me, kidnap me. You could take me, kidnap me, take me to Bamberg Germany drop me off and I don’t speak German. I promise you come back in a year, I’ll have a car, a girlfriend, a house and a job. I know I have that personality, I will find work. And so I just moved on with my life. And so after I finally decided to sell Buffalo Bill’s Brewery after 16 years, sold it for $92,000 and the owner was driven the business, poor management and he’s now trying to sell it for $6 million. Good luck. I don’t care, I won’t go back. He was not a good brewer. I go to the local pub where I have a huge selection of wonderful clean beers, and Buffalo Bill’s became a restaurant serving some beer. So one day I’m sitting in a coffee shop talking to a typical kid with long hair, blah, blah, blah. And he says yeah, I’m going to go into real estate. I said, you ever look in the mirror? You don’t look good. They wear a white shirt and a tie. I said, I got this idea. So I just get in my car and drive to Oakland, California, go to the city hall. It’s called DBA, doing business as. You stand in line, you pay your $20, you fill it out, and you get permission to use the word microbrewery. So, then you write off to the federal government. This is pre-internet. You write off to the federal government, you get an EIN number, which is your federal license and pay taxes. The other thing you do is you take $100, you go to the bank and you do a bank account. And by then I dreamed up the name Buffalo Bill’s Brewery. I put $100 in the bank and I had a business called Buffalo Bill’s, pardon me. I said Buffalo Bill’s brewery. I went to the city hall and got the license to be the American Distilling Institute.

Markus Raupach: Okay.

Bill Owens: You have to talk to the real estate kid. And when I came back, I had this license and I said to myself, how do you make money? You do conferences. And I knew Jörg a German at St. George, who came to America and was making eau de vie, and I had beer wash. And so I would take beer wash to Jörg and he’d make whiskey for me. And so I went to Jörg and I said, can I have a conference, big space in front of the stills? And he said, sure. So I had then to, I think I spent $400 to rent 75 chairs and a couple of tables. And then I didn’t know anybody. I contacted Forsyths to see if they would be interested. And Richard Forsyth flew from Scotland to come to my conference. I didn’t even ask him to speak. But he was smart enough to put up a sign Forsyths. So every photograph was taken, his sign is in the background. But Vendome, the other coppersmith, and America has been doing it for hundreds of years, they were already advertising in my beer magazine. And then when I switched over to the distilling magazine, I had Forsyths and Vendome. Immediately then Carl and Holstein, and now the guy from China. And I’ve yet to get a couple of the Italian steel manufacturers to come advertise with me. And so now celebrating our 20th anniversary of the American Distilling Institute, about five years ago, I said to my son, take it. It’s yours. I’ve still got to go figure out if I have to sell it to him or not, and what’s the best legal way. And so I, kind of a spokesman, I travel looking for new distilleries, new marketing ideas, and he does the daily operations. So our conference will be in August, in Las Vegas. The cover photograph for the magazine for that issue will be the master distiller at Lost Spirits in San Diego, in Las Vegas, is a woman, master distiller and she will be on the trapeze upside down pouring a shot of whiskey for the cover. And so we’ll be there and we will draw from this 86 people, 20 years ago, I’m predicting will draw about 2500 people. Most important is we’ll have about 200 vendors. So if you’re looking to do a label bottles, Cooper’s still manufacture, heat exchangers, whatever, all those vendors are there and consultants. And then one afternoon, you can walk by and pick up all the literature and see who you want to do business with. But those are the people that pay our bills because we drive the next generation to them. Eric, my son has done a wonderful website. So you can go to the website and find a huge amount of information that we just give away. And so people are now inspired. When I first, I’ve driven America three times visiting distilleries. Once I drove across, just to get people to support HR 777, which is a federal thing to legalize brew pubs. Because in a lot of states brewpubs were illegal. And we finally got that law changed to allow brewpubs to be legal. And what’s really wonderful about California though, when the law changed, it says you can serve, we’ll give you this beer license and you can serve the beer, regardless of the source, means you can brew it yourself. And that’s what changed the law. You didn’t have to put all that other language in there regardless of the source. So you can buy all the beer. There are German pubs in America bringing nothing but German beers in. So now, when I do a small road trip, this year, Eric and I have done Dallas and Seattle, and I go to visit people I’ve known over the years. Now I walk in and it’s a 32-plate column. Big 2000-gallon fermentation tanks. And if you’re really hip you can ferment on Monday and distil on Friday. Five-day beer is real common, real clean. And the major difference from where I come from and in a world is all American beers are based on corn. And I’m not a corn person. I’m a barley person. Barley has more mouthfeel. But corn is our basic starch. So the trouble with the corn is you got to cook it and then use enzymes as you cook it as it goes up. Then as it starts to cool, you have to use a second set of enzymes to get your starch conversion. And so that’s a big difference. So I just, people with the laws just require you have 51% corn make the other 49% barley. But now the rye has arrived. And I’m amazed. At first I couldn’t even tell the difference between a rye and a bourbon and whatever. Now, these guys have learned how to, with enzymes, convert rye and make some rye whiskies that are fabulous. But mostly you do have to have the enzymes from barley to make that conversion so that, I actually want to do a map of the five rye states, North Dakota, Minnesota, Michigan, like that, and just visit rye distilleries, because that’s here to stay. And the other project I’m working on is the most difficult whiskey trail in the world. I have that website. It’s 3000 miles in Alaska and only 12 distilleries. And if you complete the trip, we have to set up with the website. So you post the photograph that you’ve been in, you will receive a big belt buckle like the cowboys have that has a map of Alaska on it. So we’re about ready to get that launched again. But last year, we tried to get it out and we got screwed over by the website from China. No, pardon me, India.

Markus Raupach: India.

Bill Owens: Yeah. So we lost a lot of time on that. But the idea to have these distilleries that are a thousand miles apart, and you want to go there, and I just know that it’ll be two Germans on their bicycles, right? That’ll do it. Because I’ve hitchhiked all over Europe and the best travellers in the world are the Germans. I don’t care what remote village in the Himalayas, the only people I’ve ever met were German hitching backpackers and I’ve done a lot of backpacking. So that’s about the back history of how the whole Renaissance came about. Now there’s 9000 brewpubs and microbreweries in America. So I went back to the big AHA homebrewing convention in Denver, and I walk in and it’s all tattoos, Ziggy top beards and nose rings. There’s not my crowd anymore. I walk into the distilling thing and we got aeroplane pilots, and a lot of women involved, a whole level of sophistication to be in the whiskey business because you have to make a big capital investment for a long time. And you can’t be, where breweries, you could put together a brewery for nothing. To do a distillery, you can’t find any used equipment at all. All the used dairy tanks are all gone. And so for you to go the manufacturer, I just recently bought a still from, still drag it out of Missouri, no in Florida, for $18,000. Five plates, 50 gallons, and I bought it and had the steam boiler put on it, which you just plug into the wall. So I don’t have to get any kind of permits to run a small boiler on 50 gallons. It’s a beautiful still from China. We built the shed for it and I don’t have any time.

Markus Raupach: Yes, you’re travelling a lot. So and that was a very quick ride through your history.

Bill Owens: Yes.

Markus Raupach: Maybe let’s highlight some points. So you mentioned you started in professional brewing when you founded the Buffalo Bill’s Brewery. This was in 83, as far as I know. How did that come? So how did it, did it really get professional? How did you get the equipment? How did you get the permission for that? How did you get the name?

Bill Owens: You use self-education. You just buy books and magazines and you read them and you keep them and you look back and you put together the ideas. But also the best way to learn the industry is to travel. And I tell people if you’re going to build a distillery, go to not to two distilleries, go to five. Because today, if you build a distillery, you better build a fabulous tasting room because you’re going to make 40 to 50% of your profit off of the people who walk through the door. And now more are becoming restaurants and have tacos or whatever you want, lots of pizza places. Because to go into the bottle, we can bottle, you can buy bottle machines. You can do gravity-feeding 5000 bottles pretty easily in a week, right? Without automation, just by gravity feed. But to go then to wholesale and retail, that’s the black box, because that’s controlled by major corporations and businesses. And they have a pipeline and they keep that pipeline fed. And you come along and you only have 200 bottles, you better find a nice bar that specializes in eau de vie or something to sell your product. But that’s changing now too, because we’re working really hard on allowing to get FedEx to deliver a bottle of whiskey. So I can buy whiskey from Japan. And that will happen eventually. So you can make a business doing mail order, have your customer base, and then do some local distribution to supermarkets and maybe a wholesaler to a bar in Chicago that loves whiskey, he wants every bottle ever made. You can have one of your bottles be there. And here in Denmark, Denmark’s whiskey crazy. There’s lots of lots of whiskey bars or lots of whiskies and a lot of interest in it. It’s fun to see in society. Whiskey has the magic more than, and gin has gone through the Renaissance. But to be a gin distiller it’s pretty easy. You just buy a neutral grain spirits and you could just bottle it, or you buy neutral grain spirits and do it the right way and redistill it and pick the herbs yourself and really take some care into manufacturing delicious gins.

Markus Raupach: What would you say if I asked you what is the difference between beer and whiskey?

Bill Owens: All whiskies are made from beer. The difference, of course, is I like to drink the barley wine, eight, nine per cent beer. I will sip a single shot of whiskey. But usually, I’ll do whiskey with a little bit of water and a little bit of ice, but I’m only going to do one ounce. I can’t, you can’t do five ounces of whiskey and you’re just going for that wonderful flavour. So I think that’s. But both of them require today is the craft. Because you’re starting with raw materials and you’re creating an alcoholic beverage. It’s truly magic. And you wonder about when you say oh, the Egyptians made the first beer, I say, baloney. They didn’t know how to boil, they didn’t have hops. The first beers were the monks who wrote down what they did, and they found out about hops, even flavoured stabilizing beer. That’s probably the 14th century is when real beer came out of Germany or wherever it came from, from the Europe here. And so it’s evolved a long way. In America, to make beer cheaper, to manufacture, they use rice and corn adjuncts just for flavor. They don’t use 100% barley. Barley is harder to grow, it has to grow in a northern climate. Now, believe it or not, they found a university in Michigan, they dug up a time capsule and found a jar of 100-year-old barley grain. So they know not to plan it locally because of the drift of the pollens of other plants. So they took it out to an island. And so the first patch is about as big as your table in your kitchen. And then next year, it’ll be twice as big. And eventually they’ll have real heritage grain because all the grains today had been modified by agriculture and the Cheerios and toast, Wheaties and everything watch. High yield, low costs, and the flavor profile in most of those things has long disappeared. So we are putting flavour back into our beers by the number of people heritage corn now, usually is number five. But guys are making whiskey from Indian corn, blue corn, popcorn, and really trying to get some flavours out of that. And it’s beginning to work because you will get if you use heritage corn from Peru, you know it’s going to be different. And so that’s really fun to see people figure that out. And I know two farmers growing corn in Mexico, different soil, different climate. That’s where corn really came from was the Incas. So it’s really fun to see the industry evolving.

Markus Raupach: And you were, in the first wave let’s say of the craft brewing in the US, would you say the craft distilling started maybe 20 years later or 30 years later? Or was the same, similarly thing?

Bill Owens: Yes, I had Buffalo Bill’s for 16 years. About three or four years later that I had been publishing some magazines and eventually got rid of the magazines. And did the American Distilling Institute. So in reality, I’ve kicked off two industries. But I never got really famous. I probably, I might be known, but I never made the money. I don’t think that was my purpose. My purpose was to make something to work. And that’s what’s fun is to figure out the timeline and how do I make a product that I can sell. And there’s nothing more exciting than to be on a boat here in Denmark with other whiskey geeks, right? And talk about everything that’s happening in the industry. And so it’s a major Renaissance. I just kept saying, I wonder if there’s a young person in China somewhere dreaming, usually about girls, but how to make beer or how do I make whiskey. And now on the internet, you can find all that information. But you can’t find the equipment. You’ve got to be able to find used equipment to put things together. Otherwise, you’re priced out of your range. And I wrote a book called The Nano Brewery, pardon me, The Nano Distillery, and I list 50 items, where to buy all 50 items. And if you totalled it up you can build a distillery for $46,000. That’s every piece of equipment from the scales to measuring or proof. Still from China. There’s only one problem with that $46,000. You need three times the amount of money for the building. You’ve got to go into the building, jackhammer out the floors, put in drains, pull electrical wires, paint, hire the architect if necessary, and put together a business. And then after you get the business open, you need some money to survive. So you can’t just say, oh, I got $46,000, I’m going to buy this equipment. You got a major problem on location, location, location, how many cars can fit into your parking lot, how many seats in your bar and do your spreadsheets and try to figure out will this be profitable. I just say, I’m just going to do it. I want to be a farm distiller, and there’s just a little sign on a tree that says whiskey. And you don’t even have to advertise. And when you go there, there’s some picnic tables where people sit outside, and you have a little pizza oven. And three or four days a year, you serve pizza. And you do floor malting, which I’m totally in love with, to mulch your own. I wouldn’t want to be able to grow. I don’t have, you can’t afford the land to grow your own, you have to contract that. That’s another man’s, another person’s job. But that’s the future is the farm distillery. But really the future is the marriage of the brewery distillery. Because when you brew beer, you’re 90% of the way there to whiskey. Because your beer, your wort can drop into the fermentation tank, probably you have to have hops and boiling in the fermentation tank. Or for whiskey just come right off the mash tun and ferment. Now some people will boil it, some people will even put hops in it. But you could run straight into the fermentation tank and you got overnight fermentation. And three days of flocculation you could rack and so you can mash on Monday and distil on Friday pretty easily.

Markus Raupach: And you also wrote a similar book on brewing. So few, what is that about?

Bill Owens: Draft beer in 10 days. So I had the brewpub in mind. I said, here’s how you could do a beer fast. You do this, this and this and you could, we had a distillery in San Francisco, they used to do a three-day beer. And it’s fresh and it was, they were just, what’s the word we used, shocked the beer by freezing it. Day three, the fermentation is over and you just turn the regulator down until the beer is really cool. That yeast will drop out and you just run the tap right to the bar or into a barrel. And they did great beer in three days. It could be done because the type of hops. I don’t know what the temperature of their fermentation. I don’t think they did hot fermentations. We stay away from hot fermentations. Rum guys can have that industry. That’s 90 degrees. I always fermented at 70. The Germans are all 50. It takes two weeks and the first German guy in that, says oh, you can’t drink our beer for 18 months. Yes, you can’t do it. It’s not ready. It’s not right, right? Well he didn’t last.

Markus Raupach: And when you started to do professional beers, it was ales or was it lagers?

Bill Owens: The definition was very vague because again, when you look at the ale books, all the yeast floats on the top. We were getting by on Red Star yeast at the supermarket, cutting the packets open, and when we fermented it flocculated to the bottom. So we’re not making that traditional warm ale at all. But we called it ale. Maybe because I was fermenting at 70 and not in 50. But who knows. It was just beer in my eyes.

Markus Raupach: Okay.

Bill Owens: Because the English ales have that top. As a matter of fact, a similar fermentation tanks have a place where you can pull the yeast off the top. Nobody in America messed with that. But most of them went to conical tanks and with temperature controls and let the yeast fall to the bottom, and pull the yeast off the bottom. I never liked that. I liked the open fermenters with a shallow pan bottom. And I repitched also for generations. People get paranoid that yeast will be infected, but I never had a problem. And I’ve known breweries who for years and years the same yeast strain and some of them will have a microscope to take a look. But in the beer business today over sanitation. They sanitize everything as if they’re in a operational room at a hospital. If you travel to Belgium, you’ll soon realize most of the distilleries that are embarrassingly dirty and they have coolships there with fermentation depending on when spiders or dust flowing in the front door. I’m not going to do that one. But I have built a coolship. The coolships work with cool down, but then I pitched my yeasts. I’m not going to mess with any wild yeast. It’s too scary. It’s a business. I want to do eight o’clock in the morning I strike and at five o’clock I want to go home because if you make any mistakes, you’re going to be there that evening. I don’t want to work ten hours. So you learn to regulate your business, regulate your life and pretty soon you’re able to come in on Saturday for a couple hours and not go to the brewery on Sunday. Stay away. But after 10 or 12 years, you burn it out because other people shooting by you who are better financed, better ideas and the thing that always embarrassed me was I have my instructions written down on a wall. Eight o’clock, push here. Twelve minutes to fill the tank, push here the buttons on a darkroom timer, it counts backwards. So I had the process down. So I teach a young person, they didn’t have to be a homebrewer, they just wanted to learn how to brew. And they follow my instructions, and I say, well, you watch me five times. So you come in on Monday, here’s what I’m going to do. You’ve got to be here all day. But we do that five times. And then I watch you two times, and on the eighth time I’m out of the room and let you brew on your own. And so I’ve taught a number of people how to brew. And every once a while somebody would come along who could brew better than me. And so wait a minute, my recipe, my water, my grain, my equipment, and you’re doing a better job than me. That’s magic. But it’s like being a chef, you’ve seen people who could turn the egg over perfectly. I can’t always get that egg exactly right or whatever. But there’s that magic of people that have real talent in cooking and beverages and whatever. So I’m not A or B, I’m just like in college, maybe a C plus. But I have other, I write and produce books and spreading Johnny Appleseed, spreading the gospel.

Markus Raupach: And that’s a good thing. You just told me that you’re writing a book, or you wrote a book at the moment. And it’s a novel, but beer plays some role. So maybe the end of the podcast you tell us a little bit about that. And then we put a link in the show notes so people can maybe also read your novel.

Bill Owens: Yes, it’s called The Delco Years, DelcoYears.com. It’s up on the web. And I’ve had this idea for about 20 or 30 years, 20 years, at least, about a virus killing people, but the antidote is beer. And so funny, when I got ready to do the book, I knew what to do. I take a Christian evangelical, Pentecostal, he wants to Jesus to come to take 177,000 to heaven. So he’s going to go to Russia to buy the virus and pick up a Russian bride at the same time. So he buys the virus on a fake credit card, because if you want a fake credit card, you go on the internet and you can buy one. He flies to Russia, he buys the virus, and the virus is called Nofi. I name it after the guy’s wife’s dog, right? And the Nofi virus, at Boston International, he releases it, drops the bottle out of his fanny pack. The virus gets into the air conditioning system to all the international flights, travels the world and the virus is a flesh-eating virus. So as soon as it attacks you, your arm starts to dissolve and you can be totally a pile o bones in two hours, or maybe two months. Because if you got a good antidote system, you will live longer. So the virus is spreading. But he was really mad to drop the bottle. He wanted to die at Disneyland. He wanted to poison people at Disneyland because they were hedonists. But he still goes down to Disneyland. And so the last image of him in the book is he’s at the teacup ride, going around in a circle. But he doesn’t know when he spreads this virus that the people who drink unpasteurized beer have the antidote. So there’s all of us survivors. So I just look at all the people in my bar, Buffalo Bill’s, and I just photograph them all. And they all become characters in my novel. So I send their photographs to Italy to have the drawing made of them. And so I have this gathering of people and I say, how in the hell am I going to govern people? The rest of the people are dead. We have cars. The car battery’s good for five years, hence the Delco battery. So we got five years before the real end comes, before we can eat out of a supermarket for five years easily. That food is fresh. And so I poopoo all the people that are survivalists. Oh I’m going to go out in the woods and kill animals and eat and live and build my log cabin. Forget that. We just move into suburbia, take over a house, but you break into a house, there’s nothing to steal of any value. The only thing of value is a propane tank and maybe the odd weapon. But what are you going to shoot? Who’s going to go out and shoot and knows how to skin and age meat? So we take over, go back to Livermore, where I’m from, and we take over a winery and we have now 23 million bottles of wine to barter. So my first barter is about 20 miles away to where there’s sugar beets to get sugar. And then my other barter is to the California coast to get salt. You need salt and sugar to preserve and to cook. And then you start trading for eggs. And you set up a community where I do a map and nine zones where all the people live. I say, what kind of law? You’ve got to have government. And so I started doing my research on government and I ended up using the Vikings all thing government from the 12th century, which gave individual rights to people. And I write up a constitution. Everybody has to sign the paper that they will be a good citizen. And banishment in my book, if you accidentally hit somebody with your car, you will be banished. And we just take you down to Bakersfield 200 miles away and drop you off. You cannot be in our community that is organized and has food. But the real struggle in a book and it’s really fun to write about is you have to have a weekly flea market or garage sale so you can barter with other communities. And people can get together to gossip, and meet women and have a community. But people today have no skills. I don’t know anybody who can drive a tractor. I think I could turn the tractor on. If it’s got a clutch, I could drive a tractor. I’ve driven tractors, but not the modern one. I don’t know anybody who would know the season, the year to plant wheat. And most of us have a raised garden bed. That’s good for two tomato plants. But to grow your own food it’s just simply out of the question. You couldn’t do it. You would starve. You’d have to go to steal. But you want to set your community up so you have values and barter back and forth. And one thing I liked about the Viking government is if you have your land and your indentured people who eventually become free, if you don’t like the person you’re working with, you can move to another farm. So you have to treat your people well. So it’s really about, what in the book at the end, we have a community dance where people can get together and have music and dance. But it has to be at the fairgrounds where you have an old museum with a tractor in it. So the last thing in the book, our electricity is still running because we’re very near to a dam. But I know the back of my mind, oh, we have the windmills, we have lots of windmills very near Livermore. And I know that windmills need maintenance. And after five years, half of them will be broken down. You have to maintain them. So we can tap the windmill. But I’m thinking to myself for the long run, for the communities to survive you need energy, you need electricity. So I’m looking in one of the books near Livermore was the Carnegie brickworks. And Carnegie built all these libraries in America, but they had to have a kiln and fire bricks, and near the Carnegie brickworks. And I found it looking on the internet was a coal mine. Oh, what luck to have a coal mine. And then you find the old photograph of the coal mine. So now I have to have a community meeting of all the elders running the community and say, at the museum is a steam boiler. And we can generate electricity off the generator off the steam boiler. Because electricity is going to go away in a couple of years. We have to start mining coal, getting reserves of it to fire our boilers to generate electricity for certain industries. People can be at home with no electricity. Someone can and some can’t. So we have a meeting of all the elders of the community and nobody wants to get involved in mining coal. It’s too hard work. Coal mining is not fun. So we have a real social dilemma of sending back people, back to the coal mine to do the dirtiest hardest work in the world. So that’s kind of the end of the book, having a meeting about the coal, how to save the world. But I do have drawings in the book of the virus going into the person’s stomach and the yeast cells eating the viruses. And I got that out of a scientific magazine and some big drawing. I just had my artists change it around so I have all these viruses eating other viruses. My son says to me, Dad, yeast cells can’t eat viruses. So there’s a couple lies in the book. That’s one of them.

Markus Raupach: But it’s a novel and I think people will be curious to read it. So we will put the link in the show notes. And so it’s perfect that you have the big circle again. So you started with beer and you have another beer. So thanks a lot for your time. Thanks a lot for this information.

Bill Owens: Let’s go drink some beer right now.

Markus Raupach: Yes, let’s go drink some beer. And also you listeners do the same, have some beers and maybe read the novel and yes.

Bill Owens: Yes, thank you very much.

BierTalk – Der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 120 – Interview mit Anna Sophie Tschannett, Gründerin und Geschäftsführerin von Muschikraft / Muschicraft, Wien

In den letzten Jahrzehnten gab es viele neue Marken und Biere, aber seit kurzem steht eine knallbunte Flasche mit einer Comic-Vulva und dem Label „Muschikraft“ in den Regalen in Österreich und Deutschland. Klar, dass das polarisiert – und auch klar, dass wir als BierTalk die Sache unter die Lupe nehmen wollten. Wir haben mit der sehr sympathischen und engagierten Gründerin Anna Sophie Tschannett gesprochen und uns nicht nur zum Thema Bier, sondern auch zu vielen anderen wichtigen Aspekten rund um Fairness und Gleichberechtigung in der Branche ausgetauscht. Herausgekommen ist nicht nur eine sehr unterhaltsame Episode, sondern auch eine, die zum Nachdenken anregen soll, will und (hoffentlich) wird…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute in vielerlei Hinsicht eine ganz spannende Reise, einerseits geht es ins Nachbarland nach Österreich, nach Wien, in diese wunderschöne Stadt. Und wir betreten in gewisser Weise ein ganz spannendes, ja, ich weiß gar nicht, ob man Neuland sagen darf, aber, ich meine, ich als Mann fühle mich da jetzt sowieso ein bisschen herausgefordert, denn wir beschäftigen uns mit einem spannenden Thema, nämlich mit Muschicraft, das macht die Sophie Tschannett in Wien. Und, ja, schön, dass du hier bist und wir sind ganz gespannt, deine Geschichte zu hören. Und, ja, vielleicht stellst du dich ganz kurz unseren Hörern mal selbst vor.

Sophie: Ja, also mal danke auch an dich, Markus, für die Einladung, ich bin auch sehr gespannt jetzt auf die nächste Dreiviertelstunde, die wir verbringen. Genau, ich stelle mich kurz vor. Ich bin, wie du gesagt hast, die Sophie aus Wien, bin 35 Jahre alt. Ich bin eigentlich im Quellenberuf Sozialarbeiterin, aber jetzt tatsächlich seit ein bisschen mehr als einem Jahr im Bier-Business, in dem ich das feministische Muschicraft-Bier in Österreich und jetzt auch schon in Berlin vertreibe, genau.

Markus: Ja und das hat auch ein ordentliches Presse- und Medien- und überhaupt Echo ausgelöst und da werden wir auch ein bisschen drüber sprechen, ich bin sehr gespannt. Ich finde es generell, muss ich aber sagen, wirklich gut und wichtig, sich das Thema anzunehmen. Ich bin ja schon lange in der Bierbranche unterwegs und das ist auf jeden Fall ein Defizit, dass Frauen da einfach viel zu wenig Beachtung finden in ganz vielerlei Hinsicht und insofern ist es immer gut, wenn jemand daran rührt und die Dinge nach vorne bringt. Aber bevor wir da einsteigen vielleicht überhaupt mal, wie stehst du denn zum Thema Bier? Magst du Bier, seit wann trinkst du Bier, was für Bier, wie ist es da so?

Sophie: Ja, ja, finde ich nett, weil da merkt man einfach wirklich, dass ich sozusagen jetzt in dieser Interviewform mit einer Person spreche, die wirklich auch von Bier irgendwie Ahnung hat, weil diese Frage habe ich so noch nie gestellt bekommen. Finde ich irgendwie cool, mal ein anderer Zugang, aber gut, in diesem Podcast geht es einfach auch um Bier. Also, ja, ich bin eben sehr, sehr pensionierte Biertrinkerin und das mittlerweile, ich bin 35, dann einfach auch schon seit 20 Jahren. Genau, ich habe gestartet so wie, glaube ich, ganz viele Personen, eigentlich mit dem klassischen hellen Bier, weil es einfach auch das Bier ist, dass es in Österreich, in Deutschland am meisten gibt und am meisten getrunken wird. Da möchte ich auch da gleich einhaken, weil das ist einfach so eine Beobachtung, die ich einfach auch sehr, sehr spannend finde, weil man ja irgendwie glauben würde, ah, interessant, als junges Mädel hast du immer schon Bier getrunken, ist das nicht eher untypisch? Und nein, ich glaube, eben nicht, dass es untypisch ist. Ich glaube, wenn man sozusagen sein Auge diesbezüglich auch ein bisschen schult oder offener ist, dass man ganz, ganz viele junge Personen, Frauen oder auch queere, diverse Personen sieht, die Bier trinken. Genau, dazu können wir dann später gerne auch nochmal mehr eingehen. Ich habe jetzt auch so in der Form kein Lieblingsbier, wenn es jetzt um eine Marke geht, da bin ich tatsächlich sehr offen. Ich bin jetzt auch, würde ich sagen, was den Geschmack betrifft, nicht wahnsinnig peaky, also nicht sehr, wie sagt man dazu, kritisch, sondern mich kannst du relativ schnell mit einem hellen Bier einfach sozusagen auch befrieden also, genau. Aber in dem Fall ist es ja bei Muschicraft-Bier so, dass es kein klassisches Helles ist, sondern es sich um ein Pale Ale handelt. Das habe ich schon auch bewusst so gemacht, dass es kein klassisches helles Bier ist. Da glauben viele, dass es damit zu tun hat, weil ich ein Bier extra für Frauen machen wollte und es deswegen fruchtiger gemacht habe. Das ist tatsächlich nicht der Hintergrund. Es ist spannend, das es, glaube ich, einfach tatsächlich vielen Personen schmeckt, die helles Bier nicht so gerne trinken. Aber ich habe dieses Bier deswegen in der Form so ausgewählt, weil mir es einfach gut geschmeckt hat. Ich bin da damals, wie ich begonnen hab sozusagen meine Recherche zu machen, welches Bier und in welche Richtung es gehen soll, eben mit keiner Ahnung im Hintergrund, weil ich einfach soziale Viperin bin, genau, in die Brauereien und habe mich durchgekostet. Und bei der Brauerei, bei der ich dann auch letztlich geblieben bin, bei der Schalken Brauerei in Wien, hat mir einfach das Pale Ale besonders gut geschmeckt.

Markus: Ja, das ist ja wunderbar. Und ehrlich gesagt, ist das schon mal der erste und ganz wichtige Punkt, man sollte auf jeden Fall ein Bier machen, was einem selber auch schmeckt, also das ist schon mal prima.

Sophie: Total, ja, absolut, ja.

Markus: Und ich bin gespannt, wenn du mich mal in Bamberg besucht, wir sind ja hier in Franken, ja, sage ich mal, nicht so die Liebhaber des klassischen Hellen, wir haben so ein bisschen andere Bierstile, auch welche mit Rauch zum Beispiel. Mal gucken, wie dich das dann anspricht, werden wir mal sehen, wenn es dazu kommt, bin ich sehr gespannt.

Sophie: Da bin ich gespannt, ja, ich freue mich auch. Ja, bin ich sofort open.

Markus: Und ansonsten, muss ich auch sagen, es ist eben so, also Bier ist ja eigentlich ein come-together-Getränk, wo man auch Menschen aller möglichen Bestände und was weiß ich was, Interessen zusammenbringt und warum soll das eben nicht auch so sein zwischen den Geschlechtern oder bei queeren oder bei allen möglichen anderen Leuten. Und ich habe auch viele Freude auch hier grade in der entsprechenden Szene, wo wir viel zusammen sind und wo das auch ganz viel Spaß macht und wo wir natürlich gerne ein Bier trinken, also das ist schon wichtig und ich finde es auch gut, das Bier diesen Effekt da eben auch erzielt. Und deswegen vielleicht auch gleich die Frage, diese Idee zu diesem ganzen Muschicraft-Projekt, kam das dann vielleicht auch bei einem Bier?

Sophie: Tatsächlich ja, genau, tatsächlich ja, es war wirklich so. Weil, ich war vor, mittlerweile sind es drei Jahre her im Sommer, mit einer wirklich sehr, sehr guten Freundin von mir, Tretbootfahren an der schönen Donau in Wien. Und das, ich kann sagen, ist eines meiner Lieblingshobbys, Tretbootfahren oder Elektrobootfahren an der Donau und das mit einem Bier. Ich finde, das ist einfach eine perfekte Kombination. Und mit guten Leuten halt irgendwie, mit denen man dann Gespräche führt, genau. Und an diesem besagten Tag oder Abend war es so, dass mit einer sehr guten Freundin an der Donau Tretbootfahren war und sie mir eine Geschichte erzählt hat, wo sie von ihrem Chefs aufgrund der Tatsache, dass sie eine Frau ist, ein Projekt nicht zugetraut bekommen hat. Das ganze Team war sich darüber einig, dass sie auf jeden Fall die beste Person dafür ist, ihre Chefs wollten aber auf Nummer sicher gehen und haben es ihrem Kollegen gegeben, der auf jeden Fall nicht so gut für dieses Projekt geeignet wie sie es war. Also diese Freundin hat sich das aber zum Glück nicht gefallen lassen und hat ihre Chefs wirklich auf eine sehr, ich finde, humorvolle, coole und auch kraftvolle Art, auflaufen lassen. In Österreich sagt man so, ich weiß nicht, ob es das bei euch gibt, so aufgemacht. Ich weiß nicht, ist das was, mit dem ihr was anfangen könnt oder muss ich es umschreiben, damit man versteht, was es heißen soll?

Markus: Also aufgemacht kennen wir zumindest jetzt hier bei mir in Franken nicht, aber auflaufen lassen, habe ich verstanden.

Sophie: Ja, passt, okay, super, okay. Und, genau, wie sie mir diese Geschichte erzählt hat, habe ich einfach wirklich sehr grinsen müssen und mir ist einfach ganz spontan über die Lippen gerutscht, also das ist eh klar, weil du halt die Urmuschikraft hast. Und so war dieses Wort geboren. Genau, ich hatte mein Ottakringer, mein Helles irgendwie Dosenbier in der Hand, das Wort war da. Und mir war auch irgendwie in dem Moment klar, weil wir uns beide einfach mal echt herzlichst darüber abgehaut haben, also da sehr lachen mussten über dieses Wort, dass ich damit was machen will. Und ich als Frau, also auch natürlich weiblich sozialisiert, kenne von mir selber das Phänomen, ich glaube, dass es keine grundsätzliche Geschlechterfrage ist, aber ich glaube, das es bei Frauen und weiblich gewesenen Personen einfach ein Phänomen ist, das öfter zutrifft. Ich hatte schon immer wieder in meinem Leben, finde ich, sehr gute Ideen, grad so im Bereich Social Entrepreneur, sicher auch aufgrund der Tatsache, die ich so den sozialarbeiterischen Hintergrund auch hab und mich nie getraut, eine meiner Ideen ernsthaft aufzugreifen, umzusetzen. Das hat mehrere Gründe. Also zum einen, glaube ich, dass ist sicher sehr stark diese Sozialisierung an die Weibliche, aber es ist auch, glaube ich, das Fehlen von weiblichen Vorbildern, dass ich mir das gar nicht so vorstellen konnte, dass das Frauen in der Form machen. Aber bei Muschicraft wusste, so, Sophie, du setzt dich jetzt schon solange, so konsequent mit dem Feminismus auseinander, dir ist Geschlechtergerechtigkeit ein riesen großes Anliegen. Du kannst nicht sozusagen in deinem Umfeld auch alle Personen empowern und irgendwie motivieren sozusagen, ihr Ding zu machen und es selber nicht machen. Das bist du jetzt den Feministen schuldig und mit dieser Idee machst du was. Und ganz am Anfang war es noch nicht die Bieridee, sondern mit Muschicraft habe ich mir einfach mal gedacht, okay, bei uns in Wien gibt es sehr, sehr viele Penis-Takes. Das sind so quasi wie Graffiti, große Penese einfach überall im öffentlichen Raum gesprayt. Und, ja, irgendwie so, ja, okay, gut, warum nicht? Aber auch das Phänomen, dass alles, was so mit der Vulva zu tun hat, einfach sehr ein Tabu ist, also sehr tabuisiert wird. Tabuisiert wird nur in einem wirklich sexualisierten Kontext, nicht gar die Vulva irgendwie, okay. Und das fand ich seltsam, aber dachte, okay, ich starte jetzt einfach mal mit so Vulvensticker und flute Wien mit diesen Stickern. Einfach um sozusagen die Menschen aufzurütteln, hej, wir haben ein Problem, nämlich dass der Penis einfach allgegenwärtig und super repräsentiert ist und die Vulva nicht. Und mir geht es, und das ist mir ganz, ganz wichtig, weil ich weiß, dass Feminismus für viele Personen ein totales Reizwort ist, weil es irgendwie gleichgesetzt wird mit, also dass man eine Männerhasserin ist oder eine Männermörderin ist. Nein, also das bin ich gar nicht. Ich bin auch mit einem Mann zusammen, habe jetzt auch ein Baby mit ihm, ich liebe diese Person sehr. Ich liebe ganz viele Männer, ich liebe die Menschen ganz grundsätzlich. Aber, und das kann man mir im ganzen Leben nicht nehmen, diese Beobachtung, diese Erfahrung und auch mittlerweile Studien, die das sagen, dass die Frau, Personen mit Vulva und eigentlich die Vulva als Solches viel weniger Möglichkeiten hat, in unserer Gesellschaft positiv wahrgenommen zu werden, aufzusteigen, erfolgreich zu sein, gesund zu bleiben, als es Personen mit Penis oder Männer haben. Und ich finde, das ist super, das es Penese gibt, ist gar kein Thema, genau wie ich super finde, das es Vulven gibt und alle Geschlechtsmerkmale dazwischen, ja. Aber das, was mir in diesem Gedanken des rechtlichen Diskurses sehr stark fehlt, ist diese Gleichberechtigung und auch diese Gleichbefähigung. Und, genau, deswegen waren mir diese Sticker eine Herzensangelegenheit. Und ich habe diese Herzensangelegenheit mit einer weiteren Herzensangelegenheit verknüpft, nämlich mit dem Thema Gewalt an Frauen und habe beschlossen, dass ich die Sticker, die ich verkaufe, dass ich den gesamten Erlös an Frauenhäuser in Österreich spende, genau. Und diese Sticker haben sich sehr schnell wirklich aller größter Beliebtheit erfreut und ich habe sie fleißig auch wirklich viel nach Deutschland und in die Schweiz geschickt. Und irgendwann hat so dieses Muschicraft-Ding einfach immer mehr Fahrt aufgenommen und ich habe gedacht so, da komme ich irgendwie auch selber gut mit so, ich glaube, da möchte ich mehr draus machen. Und dann kam wirklich glücklicherweise vor zwei Jahren dann im Sommer, wieder bei einem Bier mit meinem Freund aber, die Idee, hej, Muschicraft-Bier, fuck, das ist ja eine urgute Idee, wissentlich. Wobei, da war das noch eher Bauchgefühl und noch nicht so sehr Recherche und Hirnarbeit, das Bier irgendwie wirklich als das Männergetränk vermarktet wird. Und das ich es einfach ganz seltsam finde, dass wir uns halt heute immer noch in so einer sehr binären Welt befinden, die noch dazu das Gefühl hat, Produkte an ein Geschlecht festmachen zu müssen oder an Farben. Also das ist alles so, checke ich überhaupt nicht, also finde ich einfach ganz seltsam. Und, genau und wie dann diese Muschicraft-Bier-Idee geboren war, habe ich mir gedacht, gut, jetzt eben klappe ich mal den Computer auf und schaue mir die Zahlen an dazu. Und ich habe jetzt auch keine große Studie daraus gemacht, aber ich habe sehr schnell durch meine Recherchen den Eindruck gewonnen, dass das Bier-Business, wie auch einfach vermutet, wahnsinnig männerlastig ist, gut, ob das jetzt Brauer oder Brauerinnen sind. Also in Österreich war es echt schwierig, Brauerinnen ausfindig zu machen, in Deutschland eh deutlich leichter. Aber für mich war klar, ich beginne im österreichischen Markt. Und, genau, also wenn man sich so die Zahlen anschaut, ich habe sie jetzt nicht im Kopf, war aber da ein ganz, ganz starkes Übergewicht an Männern sozusagen die brauen. Und dann alles, was nach oben geht an Vorständen und Chefs von Brauereien und so, sowieso super männlich, da waren dann fast überhaupt keine Frauen mehr irgendwie im Spiel, zumindest in Österreich. Und dann auch noch interessanter Weise alles rund ums Bier, also so das Marketing, die Werbung, irrsinnig männlich. In Österreich, um ein Beispiel zu geben, ist von der beliebtesten Biermarke, die es in Österreich gibt, oder die hier am meisten getrunken wird, die Werbung eigentlich doch, du siehst immer so zwei Typen, die im Wald oder irgendwie wandern oder am Fluss sind und sich irgendwie grad bewegt haben und über die Natur ausgetauscht haben und dann ihr Bier öffnen. Und das ist gar nicht schlimm und schlecht, ja, aber klar spricht das natürlich auch in erster Linie, schätze ich, dann einfach auch Männer an. Und das, was ich schwierig finde und da, finde ich, hat man als Unternehmen einfach auch eine gewisse Verantwortung. Zumindest sehe ich das für mich so mit Muschicraft, ich möchte gewisse Klischees, die auch sehr ungesund sein können, ja, nicht reproduzieren oder bestmögliche versuchen auch zu machen. Und, genau und ich glaube, das gelingt mir mit Muschicraft ganz gut.

An dieser Stelle ein kurzer Hinweis in eigener Sache. Keine Angst, das ist ein werbefreier Podcast und das soll er auch bleiben, aber der BierTalk braucht trotzdem eure Hilfe, bitte bewertet ihn bei den Kanälen, über die ihr ihn hört. Vielen Dank und jetzt weiter viel Spaß mit unserem BierTalk.

Markus: Mir sind jetzt ganz viele Gedanken in den Kopf gekommen, ich versuche das mal alles ein bisschen zu sortieren. Aber ganz grundsätzlich, natürlich ist es ja auch eine geniale Idee oder ein genialer Zufall, dass man ja beim Bier eben seit einigen Jahren von Craft-Bier spricht und natürlich Muschicraft diese Analogie in sich trägt. Und man damit natürlich sehr, sehr schnell das Label auch rüber tragen kann und damit auch sofort die Leute abholen kann. Das ist natürlich super, können wir gleich weiter drüber sprechen, mir sind nur so ein paar andere Sachen noch gekommen. Ich muss auch sagen, ich beschäftige mich tatsächlich, also obwohl ich mit meiner Männlichkeit durchaus sehr zufrieden bin, aber sehr damit, ja, wie das eben grade mit und für Frauen in der Bierwelt und auch in meiner Bierwelt so ist. Und da sind so ein paar Schlaglichter, wenn ich so drüber nachdenke. Also eins ist zum Beispiel, ich habe viele Bücher über Bier geschrieben und habe da viele Brauereien auch besucht und habe da auch viele Fotos gemacht. Und wenn man dann in die Brauereien reingeht und geht dann zum Beispiel in die Braumeisterbüros und wo da halt da so die Sozialräume sind, dann hängt da halt in der Hälfte dieser Label, hängt halt ein Pin-up-Girl oder zwei oder drei. Und wenn man sich jetzt überlegt, da ist jetzt vielleicht eine Praktikantin oder irgendjemand, der halt da gerne mal anfangen will oder reinschnuppern will, dann ist das auf jeden Fall nichts, wo man sich willkommen fühlt, wenn Mann sofort dann damit oder Frau sofort dann damit konfrontiert wird. Also das, finde ich, ist zum Beispiel eine ganz unschöne Sache, die auch vor allem so einfach wäre zu lösen, wenn man da ein bisschen sensibilisiert wäre. Weil die meisten Firmen sich ja, zumindest in ihrem offiziellen Statements, natürlich da entsprechend auch äußern, aber eben dann im Kleinen das so nicht passiert. Das andere sind zum Beispiel auch die Bierwettbewerbe, das ist so ein Thema, wo ich sehr, sehr viel unterwegs bin. Wo es eine internationale Jury gibt. Also da geht es jetzt nicht nur um den deutschen Raum, sondern eben mehr oder weniger global. Und auch da ist es so, dass, in der Regel zumindest, 95 Prozent am Ende des Tages Männer sind. Und wir uns tatsächlich auch immer wieder Gedanken machen, wie man das fördern kann, wie man da mehr Frauen oder weibliche Personen in diesen Beer-Judge-Zirkus mit reinbringt. Und da ist einerseits die Sache an sich offensichtlich nicht so einfach, aber eben auch diese Hürden davor, dass jemand überhaupt dann soweit in der Branche eben kommt oder sich dafür soweit interessiert. Und das ist in der Tat ein Thema, weil wir einerseits es natürlich gerne haben am Jurytisch, weil Frauen einfach auch natürlich auch anders von der Sensorik aufgestellt sind, anders so über Biere auch sprechen, andere Bewertungen teilweise auch abgeben und das oft auch sehr wichtig ist. Und da natürlich einfach ein Großteil fehlt und wir dann halt wieder in dem Ergebnis das reproduzieren, das wir halt letzten Endes eine männliche Bierwelt darstellen. Und das sind so Punkte, die mir halt auch immer wieder begegnen und insofern kann ich das sehr gut nachvollziehen. Und wie war das denn, als du dann die Brauerei gesucht hast für dein Bier? Wie haben die da drauf reagiert, gab es da dann auch schon solche Berührungspunkte?

Sophie: Genau, also es war sehr unterschiedlich, aber insgesamt, muss ich sagen, es waren nicht viele Brauereien, ich war mit vier Brauereien in Kontakt. Und insgesamt, muss ich wirklich sagen, waren die Personen, mit denen ich telefoniert habe, von den vier waren drei Männer, mit denen ich telefoniert hab, wirklich freundlich und auch so auskunftsfreudig. Man muss aber auch dazu sagen, dass das alles so wirklich kleine Brauereien waren. Also so Craft-Bierbrauereien, wo ich schon ein bisschen das Gefühl hätte auch, dass das Mindset schon ein bisschen ein anderes ist, also das die durchaus aufgeklärter sind, als wenn ich mir jetzt, ich sage einfach, um jetzt irgendeinen Namen zu sagen, jemand von Gösser, Stiegl oder Zipfer genommen hätte, ja. Abgesehen davon, dass die das für mich nie gebraut hätten. Aber, genau, ich hätte das Gefühl gehabt, genau, dass das Mindset da vielleicht schon durchaus abgeschlossen ist. Aber da, denke ich, muss ich letzten Endes sagen, ich weiß es nicht, weil ich mit ihnen keinen Kontakt hatte, ist vielleicht unfair dann, egal. Aber, also grundsätzlich waren die Begegnungen total okay. Das, was halt sehr schnell gekommen ist, dass die Brauer das Potenzial nicht gesehen haben und nicht geglaubt haben, dass das wirklich gehen wird. Und ich habe dann schon gemerkt, okay, das verunsichert mich, ich bin ja gar keine Expertin und wenn jetzt die Leute die Experten sind, weil sie da wirklich im Bier-Business schon Fuß gefasst haben, nicht daran glauben, äh, okay. Aber ich habe mich zum Glück dann wieder drauf besinnt, hej, du kannst nicht bei der ersten Hürde aufgeben, nur weil Leute jetzt sagen, sie glauben nicht, heißt das nicht, nicht, das du es nicht probiert hast. Und habe dann weitergesucht und bin dann zum Glück über Umwege zu der Schalken Brauerei gekommen, bei denen ich jetzt eben bin und mit denen ich jetzt in Wien braue. Weil in Berlin braue ich ja mit jemand anderen, aber in Wien, genau, sind es die Schalken. Und ich glaube, der ganz große Unterschied, warum das dort funktioniert hat, war tatsächlich der, weil ich mit einer Frau telefoniert hab. Ich habe dann angerufen und es hat eine Anna abgehoben. Das ist mittlerweile die Frau vom Brauer, also Ann und Roland machen das gemeinsam, das Bier. Und sie hat sich diese Idee angehört und ich habe sofort gemerkt, oh, da tut sich was, also die geht anders in Resonanz, die fühlt sich anders angesprochen, weil sie ist eine der wenigen Frauen, die im Bier-Business sind und sie weiß, wie es ist. Und hat dann gesagt, ja, hej, super, das ist klasse, ich finde das Ding spannend, komm vorbei und schauen wir uns das einfach mal an. Und dann bin ich zu denen in die Brauerei in Ottakring auch, also im 16., wo ich auch wohne, also auch super praktisch und angenehm für mich. Wobei sie mittlerweile nicht mehr im 16. sind, sondern jetzt in Lobau, also im 22. sind, weil sie einfach viel mehr Bier brauen können mittlerweile zum Glück und deswegen einfach sozusagen die Brauerei wechseln mussten. Und, genau, ich war dann dort und habe dann eben beiden, also Roland und Anja von der Idee erzählt und habe gemerkt, dass die verstehen, um was es mir geht. Ich glaube, sie haben aber auch nicht unbedingt gesehen, dass das so viel Potenzial hat, aber sie haben so das gecheckt und gespürt, dass mir das wichtig ist und sie haben die Offenheit und auch die Frechheit sozusagen mitgebracht zu sagen, probieren wir es. Weil ich weiß, das andere Brauereien schon auch so ein bisschen Bedenken geäußert haben, ihre Stammkund*innen zu vergraulen. Und ich verstehe das, also ich verstehe halt, das man wirklich schauen muss, dass das eigene Business irgendwie gut bleibt, aber es sagt halt auch wahnsinnig viel aus, ja. Genau und dann, ja, haben wir uns mal drauf geeinigt, welches Bier es eben werden soll. Also sie haben mich so durchkosten lassen und ich habe dann eben beim Pale Ale, bin ich für mich geschmacklich hängengeblieben und habe gesagt, ich hätte gern was, was in die Richtung geht. Wir haben dann am Hopfen noch ein bisschen was verändert, damit das wirklich sozusagen exklusiv als Muschicraft rausgehen kann. Und das Bier war da und ich war so, okay, also ich habe mit 365 Bieren, habe ich gestartet, also 15 Kartons, also ganz, ganz wenig. Und ich weiß noch, wie ich das bestellt habe, habe ich zu meinem Freund gesagt, Scheiße, Thomas, also für mich war das auch viel Geld dann so, 700 Euro oder so, und was machen wir, wenn ich die Biere nicht los werde? Was machen wir mit so viel Bier? Und er hat gesagt, okay, bitte keinen Stress, das war im Oktober, es ist bald Weihnachten, im schlimmsten Fall verschenken wir es an Freund*innen und Familie. Und ich habe nicht schauen können, es war ich glaube, weniger als ein Wimpernschlag, ungelogen und die Biere waren alle weg. Genau und dann habe ich gedacht, okay, woah! Also das war am Anfang für mich auch noch schwer, irgendwie dann einzuschätzen, was es auf längere Sicht bedeutet, ich kann ja immer noch nicht von langer Sicht sprechen, aber auf längere Sicht bedeutet. Aber tatsächlich waren nicht nur diese 365 Biere schnell weg, sondern das erste halbe Jahr war ich einfach ausverkauft, ich konnte gar nicht genug Bier nachproduzieren. Ja, also ich muss wirklich sagen, also ich glaube, es hat uns alle ein bisschen überrollt, also sowohl Anna, Roland wie auch mich. Also ich habe schon dran geglaubt, dass das geht, aber ich habe es schon auch nischiger irgendwie einfach eingeschätzt. Es hat uns dann schon auch überfordert, also es war, dieses mediale Echo vor allem auch in Österreich und diese wirklich plötzlich Nachfrage, also das war schon so, woah! Okay, ich weiß gar nicht, wie ich das als Einzelperson, auch wenn das Bier wer anderes braut, und das waren auch nur zwei Personen, ja, also wie wir das jetzt irgendwie händeln. Das war schon auch einfach zu viel, kurz, genau, ja.

Markus: Und wie hast du das dann am Anfang beworben und wer waren dann so diese ersten Kund*innen?

Sophie: Genau, ich habe es echt nicht so viel bewerben müssen. Also ich habe schon so, wie ich diese 365 Biere dann hatte, bin ich mal irgendwie ganz mutig durch Wien spaziert und bin einfach in so Läden rein, wenn ich das Gefühl hatte, dass es interessant sein könnte. Also so, wo ich wusste irgendwie so, dass da queere Personen vor allem auch irgendwie viel sind oder dass es frauengeführte Lokale sind. Also, genau, da bin ich schon ein bisschen strategisch vorgegangen am Anfang und habe denen sozusagen das Bier hingestellt, ihnen von mir und dieser Vision und auch Mission irgendwie erzählt und zum Glück wirklich sehr schnell sehr begeisterte Abnehmerinnen gefunden. Und die dann auch sozusagen andere Gastroleute ins Spiel gebracht haben und gesagt haben, hej, bei mir in der Bar gibt es das schon. Das ist sicher was für dich, schau dir das mal an, mach einen Termin aus mit der Sophie. Das heißt, das ist dann wirklich irrsinnig schnell und sehr organisch, fand ich, also ich habe dann nicht mehr so viel tun müssen, außer vor Ort sein, mit Bier machen müssen, um dieses Biergut an die Personen zu bringen. Und werbemäßig habe ich auch wirklich nichts machen müssen. Weil, ich glaube einfach, dass ich einfach mit Muschicraft so ein bisschen den Zeitgeist auch getroffen hab, es ist halt ein Produkt, dass auch durchaus provoziert. Es ist eine Muschi drauf, ich nenne es noch dazu Muschicraft und dann ist es Bier. Also da sind auch so viele Emotionen im Spiel und das trennt und verbindet. Also es war irgendwie so ein, ich glaube, das war für viele so ein, das gibt es doch nicht wirklich, oder? Und dann so, glaube ich, auch meine Intention von dem Bier verstehend, so, okay, eigentlich ist das cool und das wollen wir gern unterstützen. Und das Einzige, was ich gemacht hab, und darüber bin ich heute auch sehr froh, auch wenn ich kurz nachher ein bisschen unglücklich drüber war, ich habe in so einem österreichisches Forum von Facebook, das heißt, die Wiener Wunderweiber, so den Post irgendwie abgesetzt, dass es dieses Bier demnächst geben wird und das ich mich freuen würde, wenn es hier in der Gruppe interessierte Personen gibt, die irgendwie Gastro oder was auch immer sind, ja, ich mich mit denen einmal zusammensetzen kann und schauen kann, ob das Bier für die auch interessant sein kann. Und in dieser Gruppe, weiß ich, sitzen sehr viele so Frauen aus der Wirtschaft, die schon auch in Österreich einfach recht weit oben sind und was zu sagen haben, auch viele Journalistinnen und so. Und habe halt schon gehofft, dass ich irgendwie den ein oder anderen Kontakt bekomme. Ich habe tatsächlich über diesen Post keinen direkten Kontakt bekommen für ein Lokal, aber 1.000 Meinungen und Bewertungen, ganz viel Shit und Hass, aber auch sehr viel Liebe. Das ist dann auch so wirklich der meist diskutierteste Post in dieser Gruppe gewesen und dieser Gruppe sind echt viele Personen. Und das heißt aber, was passiert ist, dass Journalistinnen auf das Produkt aufmerksam geworden sind und wirklich gesehen haben, dass das grad durch die Decke geht, mich angeschrieben haben und gebeten haben, ob sie eine Story machen können.

Markus: Ja, absolut, also letzten Endes gehöre ich ja da auch dazu. Und man muss auch sagen, ich wollte eben grad sagen, du hast einerseits diese Lawine an Verkaufserfolg erlebt, aber eben dann auch eine große Lawine an Feedback, sage ich jetzt mal, in alle möglichen Richtungen. Also wenn du magst, kannst du uns ja ein bisschen teilhaben lassen. Was waren denn so die Extreme in die eine und in die andere Richtung und wie geht man dann damit um?

Sophie: Ja, natürlich, also gerne. Also wie ich den Post damals in dieser Wiener-Wunderweiber-Gruppe abgesetzt habe und gesehen habe, dass da sehr, sehr viel Negatives kommt, war ich schon echt, puh, muss ich sagen, boah, ist es mir schlechtgegangen, also ich muss echt sagen, es ist mir wirklich schlechtgegangen. Und habe dann auch aufhören müssen, diese Post zu lesen. Ich muss auch dazu sagen, ich war damals im vierten oder fünften Monat schwanger und habe auch gemerkt, Sophie, du kannst dir diesen Scheiß jetzt nicht geben, weil du musst einfach schauen, dass das Baby und du irgendwie cool sind, ja. Und habe also wirklich aufgehört zu lesen, weil es mir wirklich schlecht gegangen ist und weil ich voll begonnen habe zu zweifeln, dass es eine gute Sache ist, weil ich vor allem so einfach, dass das Frauen sind, die das so zerreißen in alle Richtungen. Das hat begonnen von, also einer meiner Favorit-Aussagen war, also eine Frau, die sich fürchterlich, fürchterlich, fürchterlich und auch, finde ich, echt unter der Gürtellinie geäußert hat zu Muschi und zu mir als Person, also so auf der Art, ich muss ja komplett deppert sein und, also den nächsten nichtfeministischen Scheiß, den keiner braucht. Und dann aber vor allem interessant, die ganz große Sorge und das Bedenken, sie hat zwei Söhne, irgendwie 14 und 16, die jetzt in das Alter kommen, wo sie Bier trinken und ihre große Sorge ist, das sie Muschicraft-Bier trinken und dadurch versaut werden. Und ich habe auch wirklich herzlich lachen müssen, ich habe mir gedacht, wenn das deine einzige Sorge für deine Boys ist, hej, dann alles gut. Weil, ich glaube, du hast keine Ahnung von der Lebensrealität deiner Burschen, ja.

Markus: Allerdings, ja.

Sophie: Aber, okay. Also, genau, dann war schon auch so, genau, viele, die mir unterstellt haben, dass ich den Feminismus sozusagen ökonomisiere. Und da muss ich auch sagen, das stimmt bis zu einem gewissen Grade. Also diese Kapitalismuskritik ist sicher berechtigt, weil ich damit mein Geld verdiene, das stimmt. Gleichzeitig muss ich dazu aber auch sagen, das ist so etwas, was mich ganz, ganz wahnsinnig macht, dieses Argument, weil das, was dadurch die Aussage ist, ist, hej, es ist nicht okay, mit guten Sachen Geld zu verdienen. Also um ein Beispiel zu geben so, hej, den Regenwald abholzen, ja, ist kein Problem, kann man machen, damit Geld verdienen ist auch irgendwie nach wie vor kein Thema oder nicht wirklich Thema und auch absolut machbar. Aber wehe, du schützt den Regenwald und verdienst damit Geld, dann bist du das größte Arschloch. So und das geht sich nicht mehr aus, Leute. Also das, glaube ich, was einfach dadurch sehr problematisch ist, das wirklich viele Menschen, die, glaube ich, einen guten Kopf und ein gutes Herz haben, es nicht attraktiv gemacht wird, den auch so einzusetzen, dass man Sachen sozusagen invented oder halt rausbringt, die gut sind, ja, im Sinne von, weil sie Menschen vielleicht sozusagen ein Stück weit was bringen, im nichtkapitalistischsten Sinne und damit Geld verdienen. Also ich finde es einfach total problematisch, die Narrative ist einfach für mich sehr schwierig, genau. Und gleichzeitig verstehe ich aber auch das Argument oder auch diese Kritik. Weil ich auch finde, dass man natürlich viel, viel genauer hinschauen muss, wenn man sich feministisch labelt, dann hat man eine Verantwortung und die muss ich wirklich auch noch viel stärker erfüllen, wenn das mit ein Verkaufsargument ist und das ist es ja bei mir. Und deswegen, genau, deswegen, finde ich, ist es eine total berechtigte und wichtige Kritik, aber, ich finde, Narrative darf nicht sein, mach nix Gutes, weil Gutes muss man gratis machen. Und ich glaube, da sind wir in Österreich, und ich glaube, das gilt für Deutschland auch, durch die katholische Kirche auch irgendwie so ein bisschen brainwashed, würde ich sagen, weil sozusagen dieses Helfen und dieses Nächstenliebe gekoppelt ist an etwas, mit dem man kein Geld verdient. Was ja bei der Kirche eigentlich auch nicht stimmt, aber die Kirche würde das halt nie zugeben, Entschuldigung.

Markus: Ja und vor allem, in Deutschland bekommst sie ja auch eine Menge Kirchensteuer, also das muss man ja auch sehen, die man automatisch bezahlt. Ich weiß gar nicht, ob es in Österreich auch so ist.

Sophie: Ist in Österreich auch so, genau. Aber eben, sonst ist es ja so, ich glaube halt auch, ich sage jetzt mal, das Patriarchat auch würde sich ja in der Form nicht ausgehen, wenn, ich sage jetzt zum Beispiel Care-Arbeiten, Pflegearbeiten und all diese Geschichten, entsprechend entlohnt werden würden, ja. Dann würde auch der Kapitalismus so, wie er heute funktioniert, von einen auf den andren Tag niederfallen, das wäre für niemanden mehr in der Form leistbar, ja. Aber das sind andere Themen, die jetzt auch viel zu groß sind, um sie aufzumachen. Aber all das sind sozusagen so Hintergründe und mit-Gründe, warum ich es einfach schwierig finde, wenn man an Personen kritisiert, dass sie mit etwas Gutem Geld verdienen, genau. Und ich glaube, dass das ganz wichtig ist und dass es wichtig ist, dass Personen sich das grade auch in diesem Social-Entrepreneur-Wesen einfach noch viel mehr zutrauen, das zu machen und dass das total in Ordnung ist, aber man die Verantwortung hat natürlich mit all den Dingen, die man da verspricht und die man benutzt, ob das jetzt green ist oder eben feministisch oder was auch immer, dass man da halt auch ehrlich ist, ja, genau.

Markus: Ja, absolut. Und, ich meine, es ist ja auch so, du verdienst ja nicht Geld, um möglichst viel davon anzuhäufen und irgendwann auf einem Goldberg zu stehen, sondern du lebst ja letzten Endes davon. Und das ist ja nun mal das, was einfach heutzutage aufgrund unseres Wirtschaftssystems auch so ist, dass man von irgendjemanden was bekommen muss, damit man eben selber auch weiter existieren kann, um dann zum Beispiel auch so eine Arbeit zu leisten also, und das finde ich auch absolut wichtig. Ich glaube, bei uns in Deutschland ist es zumindest so, das halt, glaube ich, ein Teil der Vorbehalte daher kommt, dass es einfach viele Organisationen gibt, die vorgeben, nichts zu verdienen, aber es dann in Wahrheit eben doch tun und sich dadurch viele Leute dann getäuscht fühlen. Also grade von diesen ganzen Menschen, die einen im Supermarkt ansprechen oder anrufen oder sonst wie, dass man irgendwelche Mitgliedschaften machen soll oder Spenden machen soll und am Ende erfährt man dann, dass vielleicht zwei Prozent dieser Spenden wirklich irgendwo ankommen. Und, ich glaube, dadurch sind Menschen sensibilisiert. Aber das ist ganz, ganz entscheidend und ganz, ganz wichtig, dass natürlich auch ein Teil der Motivation sein muss, wenn ich sowas mache, dass die Anerkennung nicht nur in Worten, sondern natürlich auch in Geld besteht und dass dann eben einen auch motiviert, entsprechend weiterzumachen. Das ist ja auch eine Form der Zustimmung. Also wenn ich sage, ich kaufe dieses Produkt, dann sage ich ja, ich unterstütze das, ich finde das gut, ich bin da dafür. In deinem Fall ja auch noch dazu, ich leiste auch noch einen sozialen Beitrag. Also das ist ja auch alles etwas, was mit dazu gehört. Und logischerweise musst du ja in die Lage versetzt werden, das zu tun und das geht ja nicht, wenn du damit nicht ein Minimum an Geld verdienst. Also das ist schon was, wo ich hoffe, dass bei den Leuten einigermaßen im Kopf ankommt, dass der Vorwurf da wirklich völlig unangebracht ist. Und, ja, aber man muss natürlich drüber reden, drüber nachdenken und ich finde, auch wichtig, heutzutage wichtiger denn je. Es ist natürlich in so einem gesamtgesellschaftlichen Kontext, wo man auch viele Dinge hinterfragt und auch hinterfragt, wie vieles funktioniert, das passt natürlich da auch mit rein. Und da gehört natürlich auch das Verhältnis Frauen und Männer mit dazu, was eben auch seit vielen Generationen zementiert ist und eben auch hinterfragt wird. Und auch das ist letzten Endes ein ganz wichtiger Punkt und gut, dass es mal angegangen wird und grade eben auch beim Thema Bier. Du hast grade schon von dem Etikett gesprochen, das ist natürlich auch schon etwas, was viele Leute provoziert, in Anführungsstrichen. Also ich muss auch sagen, am Anfang habe ich erst mal geschaut, aber dann finde ich es auch schön und auch spannend und ist ja auch gut gemacht. Wie war da so die Reaktion? Und hast du da viele verschiedene Entwürfe gehabt oder hast du gleich diesen großen Wurf gleich am Anfang gemacht?

Sophie: Ja, also tatsächlich auch das, das muss ich wirklich sagen, ich glaube, das ist, warum mich Muschicraft auch so stark macht, das ich finde, dass der ganz, ganz große Teil relativ leicht von der Hand geht, und dazu gehört auch das Etikett. Also mit dem Etikett war es so, die Vulva habe ich selber gemalt, weil, genau, ich ja auch, bevor ich sozusagen mit dieser Bieridee raus bin, auch schon begonnen habe, unterschiedliche feministische Kunst auch zu verkaufen und Teilerlöse zu spenden. Und ein Resultat von diesen Kunstgeschichten oder von dieser Kunst, die ich auch produziere und gemacht habe, war dann einfach so, einmal diese Vulva ganz simpel gemalt, so wie sie auch auf den Stickern ist. Und habe dann mit einer Grafikerin Kontakt aufgenommen, die ich damals noch nicht so gut kannte, jetzt kennen wir uns ganz gut und habe ihr mal von der Idee erzählt. Sie fand diese Idee einfach auch wirklich gleich sehr, sehr gut und hat gesagt, sie würde sich total freuen, wenn sie es graphisch umsetzen darf. Und ich habe gesagt, total, ich würde mich auch freuen. Weil, also meine Skills waren auch per Paint und ich kann kein Etikett selber machen, also ich bin da wirklich auch auf professionelle Unterstützung angewiesen. Und das, was wirklich auch aber wieder sehr schön war, wir haben uns da in, weiß ich nicht, irgendwie 20 Minuten ausgetauscht, was irgendwie wichtig ist. Ich habe gesagt, ich möchte, dass es laut ist. Ich möchte, dass es ein bisschen wehtut. Ich möchte nicht so eine sanfte, weiche, warme Vulva und alles so, sondern ich will so peng! Ja und sie hat einfach verstanden, was ich meine mit, ich will so peng. Und sie hat von mir diese Vulva bekommen und den Namen und den Rest hat dann einfach sie umgesetzt. Und sie hat auch wirklich gesagt so, ja, ich freue mich jetzt total und ich habe jetzt eh grad so zwei Projekte, die so ein bisschen mühsamer sind, weil sie sich schon ein bisschen länger ziehen. Und sie würde das jetzt mal kurz einfach nur so ein bisschen angehen, weil sie selber interessiert ist, was draus kommt. Und sie hat wirklich einfach 45 Minuten gebraucht, hat mir diese ersten Entwürfe geschickt und ich habe gesagt, Stopp, mehr brauche ich nicht, ich will genau das! Und dann gab es drei unterschiedliche Farbmöglichkeiten. Also es gab eins, wo dann zum Beispiel mehr blau war oder mehr grün auch war und eben diese rosanere Variante. Und ich war selber total unschlüssig, also mein Favorit war, glaube ich, eigentlich so das Grüne. Aber ich habe dann die Instagram-Bubble abstimmen lassen und da war dann doch recht eindeutig das Etikett, wo halt einfach rosa am stärksten irgendwie ist, das Beste ist. Und habe dann auch einfach wirklich sozusagen auf die Croud gehört und es auch so dann ausgewählt. Und, genau und dann war das Etikett auch schon. Das heißt, das ist alles einfach irrsinnig schnell und leicht gegangen. Ich weiß noch, wie ich mir gedacht hab am Anfang, boah, wenn du jetzt ein Bier beginnst zu machen, ich hoffe so, ich habe den Atem dafür, ja, weil das aus so vielen unterschiedlichen Kleinteilen besteht, ja und dann geht das vielleicht nicht und dann stelle ich mir das aber so vor. Und ich muss wirklich sagen, vielleicht, weil ich auch keine wahnsinnig komplizierte Person bin, traue ich mich zu sagen, vielleicht ist es auch deswegen gegangen, dass ich diesen ganz argen Anspruch an Perfektion zum Glück nicht mehr hab und das dann einfach eine schnelle irgendwie runde Geschichte für mich war, genau. Und natürlich, die Reaktionen, sie waren so gut wie schlecht. Also es gab wirklich Personen, also deswegen ist es ja auch, ich weiß nicht, ob es sowas auch in Deutschland gibt, aber in Österreich gibt es den Werberat.

Markus: Ja, haben wir auch.

Sophie: Ja, genau, also ich weiß nicht, soll ich es kurz erklären, damit die Leute verstehen, was das ist oder ist das eh so gut?

Markus: Gerne.

Sophie: Ja, okay. Also in Österreich hat der Werberat sozusagen, ist es ein Gremium aus verschiedensten Personen, die aus der Werbung schon kommen, also irgendwie tätig sind im Bereich der Werbung, die abstimmen müssen, wenn es Personen gibt, die sich an dem Werbeinhalt stoßen. Und da gibt es sozusagen drei Pfeiler, das ist Diskriminierung, Sexualisierung und Falschaussage. Und wenn eines dieser drei Kriterien zutrifft, dann kannst du vom Werberat gewisse Auflagen bekommen, genau. Und es gab scheinbar Personen, die sich an dem Vulva-Etikett so stark gestört haben, dass sie es dem Werberat gemeldet haben und mit der Kritik, dass sie sich im Alltag belästigt fühlen. That´s it, mehr war es nicht, es war einfach, ich fühle mich von Muschicraft in meinem Alltag belästigt, Punkt, mehr war es nicht. Und ich habe gesagt, aha, interessant. Ich sage jetzt einfach mal Dieter, keine Ahnung, ich weiß nicht, wer die Person ist, vielleicht war es auch eine Frau, ich weiß es nicht, okay, Dieter, aber ich kann dir sagen, ich fühle mich im Alltag auch von so vielen Dingen belästigt und kann nichts dagegen tun. Und ich finde dann auch so diese unkonkrete Ausführung von Belästigung schon mal irgendwie eine Frechheit tatsächlich, aber okay. Und musste dann ein Positionspapier verfassen, warum dieses Bier nicht sexistisch und nicht diskriminierend ist und habe das auch verfasst, habe das auch dem Werberat gegeben. Und letztlich hat der Werberat zum Glück nicht wirklich eine Handhabe gehabt, weil weder der Fakt der Sexualisierung, noch der Diskriminierung gegeben ist, weil mein Produkt genau das Gegenteil sagen soll, ja. Und eine Vulva per se ist deswegen sexualisierend, weil unsere Gesellschaft das aus der Vulva macht. Das heißt, das sagt ja mehr über die Person aus als über die Vulva oder meine Intention. Eine Vulva ist eine Vulva, ein Penis ist ein Penis, der Kontext, den erstellen wir, ja. Und das fand ich einfach sehr spannend, also ich finde einfach so, das sagt einfach schon wieder so viel auch über unsere Gesellschaft aus und wie konsumiert wird und was man wie darstellt. Und wenn du eine Vulva irgendwo siehst und Personen sagen, das ist sexualisierend, dann haben wir ein Problem, weil, die Vulva ist in erster Linie ein Geschlechtsmerkmal. Und, genau, aber das heißt, da sind die Wogen halt auch rauf und runter irgendwie. Klar, das war mir auch bewusst, mir war auch klar, Sophie, sieh dich warm an, wenn du jetzt eine Vulva gemalt auf ein Etikett klebst, also gibst und dann auch noch es Muschicraft nennst, dann wird es ganz viele Personen geben, die das nicht packen. Und das ist aber auch zum einen okay. Und das ist für mich ja natürlich auch gut, weil es mir aufzeigt, dass mein Produkt eine absolute Berechtigung hat. Weil, wenn es jetzt niemanden gäbe, der sich daran stößt, dann hätten wir ja auch das Thema und das Problem nicht. Und das heißt, genau, ich habe das Gefühl, und das war dann auch das, was mir geholfen hat bei diesem ersten Shitstorm, den ich bekommen habe in dieser Wiener-Wunderweiber-Gruppe, letztlich konnte ich rausgehen mit dem Gefühl, okay, Sophie, das ist echt unangenehm, aber es zeigt dir auf, dass es das braucht, plus, um was geht es dir mit Muschicraft. Und mir geht es darum, dass Personen in Diskurs treten, also das einfach ein Diskurs losgeht und losbricht. Und das habe ich geschafft! Ob Leute jetzt da total positiv sich äußern oder negativ sich äußern, sie machen sich Gedanken. Und ich glaube, viel mehr kann ich auch nicht erwarten, ja. Also das ist schon mal, sich Gedanken über etwas machen oder das Wort Muschi einfach mal aussprechen, ist schon viel, finde ich, ja. Und deswegen, ich glaube nicht, dass ich jetzt die großen Rechten oder Radikalen oder auch Konservativen bekehre, das glaube ich eh nicht, aber ich glaube, dass ich schon durchaus Menschen mit Muschicraft erreicht hab, die am Anfang irrsinnig skeptisch waren und heute damit versöhnt sind. Die sind vielleicht noch keine Fans, aber sagen so, hej, ich verstehe, um was es da geht und deswegen hat es meine Unterstützung.

Markus: Ja, ich finde auch, also das Wichtigste, glaube ich, ist erst mal, es ist wirklich da in jeder Hinsicht einfach laut. Das heißt, es wird auch gehört und damit hat man auch eine Awareness, eine Aufmerksamkeit für das Thema und es kommt eben in den Diskurs. Und gut, ich meine, auf der einen Seite hat man dann eben die Diskussionen, aber auf der anderen Seite sorgen die ja dann auch nochmal eben letzten Endes für Öffentlichkeit und für Werbung unterm Strich und das ist dann natürlich am Ende auch gut. Also insofern, glaube ich auch, wenn du das jetzt so klein irgendwo mit einem mini Etikett ohne Vulva in die Ecke gestellt hättest, hätte es keiner wahrgenommen, dann wäre das auch nicht gut gewesen. Also ich glaube, da muss man schon ein bisschen auf die Kacke hauen, damit das auch funktioniert. Also was mir so aufgefallen ist und was ein nicht so unbeliebtes Argument in der Bierwelt wiederum ist, da gibt es ja zum Beispiel auch die brauenden Frauen und da gibt es aus Amerika kommend den Trend der Pink Boots Society. Und da wird halt immer wieder gesagt, warum muss es denn unbedingt pink oder rosa sein, ihr schlagt doch damit genau in diese Kerbe, in dieses Vorurteil, in das Klischee, wo euch sowieso alle hinhaben wollen. Und, ja, kam dieses Argument auch und was sagst du denen?

Sophie: Also interessanter Weise, ich habe mir dasselbe gedacht, warum ich nicht Pink will, weil so, oh, dann hat das gleich wieder so diesen eben sehr mädchenhaften, sage ich jetzt mal, Touch. Bis ich dann auch für mich gecheckt hab, boah, Sophie, wirklich, also wir müssen echt aufhören, Farben Geschlechtern zuzuordnen. Und ich meine, wenn man sich auch historisch anschaut, ich meine, das ist ja beim Bier wie auch bei Farben, also Bier eben historisch, muss ich dir eh nicht sagen, da kennst du dich ja viel besser aus als ich auch, aber dass das Brauhandwerkmal ein sehr weibliches war und dann ein sehr männliches geworden ist. Und das Farbe, also rot und rosa, war sehr lange Zeit nur Männern vorbehalten, weil es die edle Farbe war, die nur Männer tragen durften. Und dann gab es irgendwann halt sozusagen diesen Bruch und dann hat begonnen irgendwie durch diese Binärität auch, die ja auch viel später gekommen ist, also diese Vielfalt an Geschlechteridentitäten war ja schon vor vielen 1.000en Jahren oder 100en Jahren, war man viel offener diesbezüglich als man heute ist, ja. Also es hat sich viel irgendwie verschlechtert. Aber, genau, bei Farbe ist es für mich wirklich dasselbe Phänomen, dass ich wirklich immer wieder entsetzt bin. Ich erlebe es jetzt bei meiner Tochter, sie wird immer für einen Burschen gehalten, immer, immer, immer, weil sie nicht durchgehend in rosa gekleidet ist. Und ich kriege dann so Antworten wie, das, das ist ein Mädchen, warum hat sie eine blaue Haube auf? Und ich denke mir, wieso fragst du mich das, ist doch komplett egal. Aber ist es nicht, genau. Und diese Pink Boots, also eben auch diese Bewegung aus Amerika, ich finde halt und ich glaube, dass es da halt auch wirklich wichtig ist, dass man möglichst offen ist. Also ich habe dazu mehrere Meinungen, glaube ich, ja oder mehrere Zugänge vielleicht. Also das eine ist, ich finde ja nix am Mädchenhaften schlecht und ich finde auch nicht, dass es Mädchen genommen werden soll. Ich finde nur, und das, glaube ich, ist ein bisschen der Trugschluss, ich glaube, dass dieses Bedürfnis, sich zu schminken, sich hübsch zumachen, gut zu riechen, sich die Beine zu rasieren, all das zum einen schon ein doch von Männern gemachtes Phänomen ist, dass Frauen schon so ausschauen sollen. Auch wenn ganz viele Frauen jetzt aufschauen werden und sagen, das hat damit gar nix zu tun, ich will es, weil ich das traurig finde, wissen wir halt alle gar nicht, wie stark wir da einfach beeinflusst sind und sozialisiert worden sind, vor allem seit dem letzten Jahrhundert, wo Werbung einfach so, so stark greift. Und ich glaube einfach, dass es diese Attribute gibt, aber ich glaube nicht, dass diese Attribute grundsätzlich nur Personen mit Vulva zugeschrieben werden sollten oder nur Personen mit Vulva oder Frauen das empfinden. Ich glaube oder kenne immer mehr Männer, die sagen, sie wurden urgern einen Rock tragen, aber sie trauen sich nicht, weil die gesellschaftliche Ächtung ihnen zu steil ist, ja. Das heißt, ich glaube, es geht wirklich ganz, ganz, ganz stark darum, und das ist wirklich einer meiner größten Glaubenssätze aktuell, dass wir uns gesamtgesellschaftlich einen Gefallen tun würden, wenn wir diese Binärität aufbrechen. Und das heißt jetzt nicht, dass es nicht diese ganz, unter Anführungszeichen, klassischen Männer, wie sich klassische Männer halt outen, geben darf. Das heißt es gar nicht, das heißt nur, dass es vielleicht von diesen 50 Peters 20 Peters gibt, die sich gerne irgendwie mal schminken wollen und dann soll das einfach in Ordnung sein. Und dasselbe gilt für Frauen, Personen mit Vulva und für alle Geschlechtsmerkmale, die es dazwischen gibt, ja. Und, genau, also ich verstehe die Kritik bis zu einem gewissen Grad, hej, schaut, dass ihr nicht zu sehr reproduziert da, das es Frauen zugeschrieben wird. Weil, da gehört ja unter anderem auch dazu, dass ihr kein Bier trinkt und jetzt macht ihr ein rosanes Etikett und macht ein Boot drauf und Stöckelschuhe und Frauenschuhe. Also ich kann das schon verstehen, das Argument, dass das schwierig ist. Ich glaube halt, und das ist das, was ich halt schon auch in unserer Gesellschaft als sehr bedenklich empfinde oder halt auch beobachten muss, das man sehr schnell urteilt, ohne sich einfach auch Hintergründe anzuschauen. Und warum muss man immer bewerten, bewerten, bewerten? Warum kann man nicht einfach sagen, ja, dann machen wir das so, ist doch wurscht, passt, ja.

Markus: Also letzten Endes, für mich ist das Thema Offenheit da einfach ganz wichtig und ich habe für mich einfach beschlossen, für mich ist die Grenze da, wo es mir persönlich was tut. Und in dem Moment, wenn jemand anderes sagt, er möchte, was weiß ich, sich schminken oder sie oder wie auch immer oder Schuhe anziehen, die ich komisch finde oder was auch immer, solange ich persönlich davon nicht berührt bin, ist es mir schlicht und einfach egal, solange er oder sie sich damit wohlfühlt, dann ist das auch in Ordnung. Und umgekehrt erwarte ich das genauso, dass die Leute mich so annehmen wie ich eben bin, sein will. Und wenn sie damit nicht zufrieden sind, sollen sie es auch lassen, ist auch okay. Aber ich glaube wirklich, eine gewisse Gelassenheit und einfach, ja, den Punkt, nicht ständig anderen Leuten zu sagen, wie sie zu sein haben oder nicht zu sein haben oder was sie zu tun oder zu lassen haben, das ist leider Gottes, glaube ich, das größte Problem, dass in der ganzen Geschichte liegt. Was vielleicht auch seine Gründe hat, was Unsicherheiten angeht, was eben Erziehung angeht, was die jeweiligen Psychen und so weiter, also gibt es ja 1.000 Gründe, warum Menschen so …

Sophie: Total, total, total, absolut, ja, richtig, ja.

Markus: Aber gut, das kriegen wir heute nicht gelöst. Also ich finde, es ist auch immer wichtig, sich Gedanken zu machen. Wenn so jemand dann kommt und sowas sagt, versuche ich immer erst mal kurz innezuhalten und zu überlegen, warum sagt der oder die das jetzt. Und wenn ich dann nachvollziehen kann, warum das so ist, dann geht es mir schon mal anders. Ud dann fühle ich mich auch nicht mehr so persönlich betroffen, weil letzten Endes weiß ich, das geht dem oder der gar nicht um mich, sondern im Grunde ist das Problem eben sowieso auf der anderen Seite und äußert sich dann nur in der Richtung. Und damit kann man dann auch leichter leben, wenn man weiß, die Kritik ist gar nicht gegen mich persönlich gerichtet, sondern eigentlich …

Sophie: Genau, das finde ich sehr spannend, dass du das sagst, voll. Also wirklich, das finde ich auch ein sehr wichtig Punkt, weil das ist auch wirklich das, glaube ich, was zum Teil mit Muschicraft passiert ist, das Personen sich persönlich angegriffen gefühlt haben. Und das habe ich überhaupt auch nicht in Betracht gezogen, dass das passieren kann. Es ist nichts Persönliches in der Form, ja. Also, genau, es ist schön, wenn es ankommt und wenn Personen beginnen, drüber nachzudenken, aber es geht mir, also ich habe das jetzt nicht gemacht, um diese eine Person total zu verärgern.

Markus: Ja und du hast, was wir auch noch kurz besprechen sollten, du hast ja auch einen caritativen Aspekt mit dabei. Das finde ich auch noch sehr interessant, du hast ja schon gesagt, du spendest was an Frauenhäuser.

Sophie: Genau.

Markus: Da vielleicht nur, damit man sich das in etwa vorstellen kann, weil ich muss sagen, klar, ich habe jetzt noch nie ein Frauenhaus gesehen oder betreten, ist auch gut so, aber wie funktioniert das? Also wie spendet man an ein Frauenhaus und was machen die dann zum Beispiel mit diesem Geld?

Sophie: Genau, also grundsätzlich spendest du an Frauenhäuser so wie du an alle möglichen anderen Einrichtungen auch spenden kannst. Bei mir ist es so, dass ich die Chefin von den autonomen Frauenhäusern mittlerweile auch persönlich kenne, die Maria Rösslhumer. Und ich mich einfach für dieses Thema deswegen entschieden habe, weil es eines ist, das mich jetzt seit vielen Jahren begleitet, natürlich auch durch meinen Beruf als Sozialarbeiterin. Also ich habe lange im Bereich der Obdachlosenhilfe und Wohnungslosenhilfe gearbeitet und leider mit vielen Frauen zu tun gehabt, die von Gewalt betroffen waren und das oft einfach auch der Grund der Obdachlosigkeit war. Und das ist einfach ein Thema, ich weiß nicht, das hat sich so in mein Herz gebohrt und, genau, ich finde einfach auch so diese Zahlen an Femizide und so weiter in Österreich und auch in Deutschland … also Femizide, also das ist der Mord an Frauen, weil sie Frauen sind so, genau. Und da ist die Zahl in Deutschland ja extrem hoch, aber in Österreich ist sie jetzt sozusagen im Durchschnitt noch höher. Und, genau, ich komme da einfach nicht raus, aus der Wut und aus der Traurigkeit, das wir uns da so befinden und das die Politik so wenig macht, das ist so ein unattraktives Thema scheinbar. Und hatte einfach das Gefühl, okay, egal was ich mache, ich möchte all mein Wissen und mein Herz und auch so mein soziales Verständnis, was bei mir, glaube ich, recht groß ist oder recht hoch aufgerichtet, immer dafür einsetzen, etwas zu machen, um Personen auch zu unterstützen, die sonst wenig Beachtung und Geld bekommen. Und, genau, das heißt, wie funktioniert das? Bei mir ist es so, dass ich mir bei meiner Hochrechnung, die wie ich begonnen habe, so ein bisschen das Bier zu skalieren, angeschaut habe, okay, wie viel davon kann ich an caritative Einrichtungen geben? Und es war sehr schnell klar, es ist nicht viel, es sind zehn Cent pro Flasche, damit mir auch noch ein bisschen was hängenbleibt. Aber natürlich in der Hoffnung, wenn mal ganz, ganz viel Bier verkauft wird, dass es dann auch dementsprechend die Summe ist. Und gleichzeitig ist es aber auch so, das weiß ich eben auch von der Maria Rösslhumer, also von der Chefin von den autonomen Frauenhäusern, dass sie wirklich um jeden, jeden Cent froh sind, weil sie so wenig bedacht werden von der Regierung. Nicht nur, dass sie wenig bedacht worden sind in den letzten zwei Jahren, sind die Budgets für Frauenagenden, und darunter fallen auch die Frauenhäuser in Österreich, gekürzt worden. Es sind Frauenhäuser geschlossen worden, obwohl alle Frauenhäuser aus den Nähten platzen und sie Leute Heim schicken müssen. Also es geht nicht darum, dass man die Frauenhäuser geschlossen hat, weil sie nicht ausgelastet waren, also sie sind zum Platzen voll gewesen und man hat sie trotzdem einfach wegradiert, genau. Und, genau, das heißt, bei mir, also wenn du als Konsument oder als Konsumentin das Bier kaufst, dann gehen zehn Cent brutto davon an die Frauenhäuser in Österreich. Und in Deutschland ist es so, also in Berlin da sind wir auch noch nicht ganz so weit wie in Österreich. Muss man auch sagen, ist ein bisschen schwieriger in Deutschland als in Österreich, auch weil ich halt nicht vor Ort bin. Das, glaube ich, macht schon auch einen großen Unterschied natürlich. Und da haben wir uns noch nicht so festgelegt, welches Projekt es sein wird, aber da ist das Verkaufsversprechen genau dasselbe, das zehn Cent pro verkaufte Flasche an ein queeres oder an ein Female-Empowerment-Projekt gehen werden.

Markus: Mit wem braust du da zusammen?

Sophie: Den ersten Sud haben wir jetzt mit BRLO gebraut, sind auch total happy mit dem Bier, mit dem Ergebnis. Und da gibt es vielleicht, so viel kann ich schon mal vorwegnehmen, glaube ich, schon auch so die Idee, mit mehreren Brauereien in Deutschland zu kooperieren und die dann sozusagen das jeweilige Bundesland vielleicht abdecken. Weil das, was mir mit Muschicraft und auch der Marke, die hier Berlin betreut, sehr wichtig ist, ist einfach auch so diesen Umweltaspekt zu gut wir es können, da ist eh nicht alles möglich, aber so gut wir es können mit einbeziehen. Und da heißt es aber für mich ganz dezidiert, dass ich es nicht verantwortbar finde, Bier durch die Welt zu schicken und einfach wirklich darauf zu schauen, dass wir die Wege möglichst kurz halten. Deswegen war das für mich klar, wenn ich nach Berlin gehe, dann kommt das Bier nicht aus Wien, sondern es soll eine Brauerei aus Berlin sein. Aber es muss auch sozusagen sich von der Wirtschaftlichkeit dann so ausdrücken, dass mir was zum Leben über bleibt. Und dasselbe gilt halt für die Nathalie und da stehen wir grad noch so ein bisschen an einem Punkt, wo wir schauen müssen, wie wir das gewährleisten können.

Markus: Ja, finde ich aber auf jeden Fall einen guten Ansatz und auch eine gute Idee, da über Deutschland sich ein bisschen weiter auszubreiten. Wobei die Katharina Kurz sicherlich eine gute erste Ansprechpartnerin auf jeden Fall auch war für Berlin und die natürlich da auch eine gute Möglichkeit haben, allein aufgrund ihrer Verbreitung, da entsprechend auch was dafür zu tun. War das dann von der Rezeptur her auch ein anderes Bier oder hast du da dasselbe?

Sophie: Nein, genau, ich habe mit dem Brauer aus Wien so eine Lizenzvereinbarung treffen können. Also das heißt einfach, dass ich ihm das Rezept nicht abgekauft habe, sondern pro verkaufte Flasche in Berlin kriegt er einen Prozentsatz raus, der dann ihm gehört, dafür dürfen wir das Rezept verwenden. Und das wäre auch für alle anderen weiteren Brauereien, die noch dazukommen, dasselbe Prozedere, genau.

Markus: Das heißt also, die Idee ist schon eher, bei einem Bierstil oder Bier zu bleiben und jetzt nicht zu sagen, wir weiten das noch aus und machen dann vielleicht noch ein, keine Ahnung, Imperial Stout oder ein Dunkles oder einen Bock?

Sophie: Doch, doch, doch.

Markus: Doch?

Sophie: Doch, doch, doch, das noch, oh ja, oh ja, also unbedingt. Also mir wäre ganz wichtig, jetzt auch möglichst schnell eigentlich ein Alkoholfreies auch anzubieten. Weil das natürlich auch für all die, ich habe es jetzt ja selber erlebt, das Schwangere und auch stillende Personen und überhaupt, alkoholfreies Bier, ist so meine Beobachtung, jetzt wirklich so im Kommen ist oder mehr kommt oder mehr nachgefragt wird, genau, also da bin ich ganz offen. Aber mir war wichtig, mal für den Start sozusagen mit dem Signature Beer und das ist so das Originale grade, dieses Pale, mal mit dem zu beginnen und dann einfach weitere Sorten dazu zumachen so peu a peu.

Markus: Nee, also Alkoholfrei finde ich auch ganz, ganz wichtig und entscheidend und natürlich schon mal allein aufgrund des Themas eben Schwangerschaft. Aber es gibt ja auch viele andere Gründe, warum man grade keinen Alkohol will oder kann oder so, und es ist ganz wichtig, dass das Bier oder die Brauereien da drauf auch eine Antwort haben. Und da gibt es eben mittlerweile ja schöne Möglichkeiten, alkoholfreie Biere zu machen. Also freue ich mich schon drauf, trinke ich auch selber viel daheim, also insofern, das ist alles gut. Vielleicht mal vorneweg noch oder hinten raus, genauer gesagt, noch zwei kurze Fragen. Das Bier in Berlin, wie war denn da so das Feedback und wo bekommt man das?

Sophie: Genau, also das Feedback in Berlin war tatsächlich, und das muss ich echt sagen, hat mich auch sehr, sehr, sehr gewundert, aber auch dafür habe ich mittlerweile gewisse Hypothesen aufstellen können, also mir wurde gesagt, wie ich in Wien gestartet hab, von ganz vielen Personen, du musst mit diesem Bier nach Berlin. Weil, wenn das in Wien so einschlägt, dann wird das in Berlin noch viel stärker einschlagen. Und das war leider nicht so. Also ich muss sagen, klar, also wir haben voll die Fans in Berlin und die Nachfrage, die steigt auch kontinuierlich, was total schön ist, auch immer mehr coole so Female und Business melden sich jetzt, die irgendwie mit Muschicraft für Deutschland auch kooperieren wollen, aber, dieser arge Einschlag wie es in Wien war, ist ausgeblieben bis jetzt, ja. Und das überrascht mich insofern, weil es gab einen großen Artikel im Spiegel, es gab einen großen Artikel im Stern, genau, im Stern, der heißt Stern, ne?

Markus: Ja, ja.

Sophie: Ja, doch, genau, ja. Und habe mir gedacht, okay, also spätestens, wenn das da irgendwie auch sozusagen rausgeht, dann wird viel passieren, aber es ist in Berlin in der Form nicht passiert. Interessanterweise, die Bundesländer rund herum, gab es total große Nachfrage und da haben wir auch wirklich irrsinnig viel Lokalanfragen bekommen, dass sie das unbedingt wollen. Aber das Problem war, okay, wir sind damit in Berlin und wir haben keinen Vertrieb und die Nathalie kann jetzt nicht beginnen, dass Bier irgendwie durch ganz Deutschland zu schicken oder zu bringen. Also so Berlin, ja, war irgendwie ein bisschen verhalten interessanteweise. Ich weiß nicht, ob es damit zu tun hat, das so Berlin einfach eh insgesamt schon sehr cool ist und da einfach schon sehr viel progressiver einfach ist und da einfach dann das nicht mehr so das Aufsehen ist, woah eine Vulva. Weil, die haben wir eh überall schon und jeder macht irgendwas damit. Vielleicht hat es damit zu tun. Vielleicht hat es aber auch damit zu tun, das man vielleicht Muschi in Berlin nicht so sagt. Aber das glaube ich, weil Muschi Kreuzberg auch mit dem Film eigentlich durchaus ein Wort ist, das sehr geläufig ist auch in Berlin. Also, genau, ja, also so die ganz konkrete Antwort darauf habe ich noch nicht, vielleicht werde ich sie auch nie haben. Ich weiß aber, dass ich sehr gern in Berlin bin, weil ich einfach auch sehr gerne mit meiner Kollegin der Nathalie arbeite und auch wirklich, wirklich glaube, dass das in Deutschland totales Potenzial hat. Nur sind eben, und das ist, glaube ich, so das größte Problem, warum es in Berlin auch noch nicht so eingeschlagen hat, meine persönlichen und auch arbeitsmäßigen Ressourcen sind sehr erschöpft, weil ich ja für Österreich alleine bin und einfach auch Mama geworden bin in demselben Jahr und mehr nicht möglich ist, genau.

Markus: Ja, aber das kann sich ja entwickeln.

Sophie: Das kann sich entwickeln, genau. So langsames Wachstum, glaube ich, darf auch sein.

Markus: Sie haben auch viele Gründe, kann ich mir vorstellen, warum Berlin da ein bisschen zögerlich ist. Also einerseits eben, weil es da schon alle möglichen Sachen gibt und weil es da auch schon lange eine gewisse Offenheit für das Thema gibt, auf der anderen Seite ist das Bier ja da schon rauf und runter durch genudelt worden. Dann ist aber wiederum, glaube ich auch, die Bereitschaft jetzt für solche Dinge vielleicht ein bisschen mehr Geld auszugeben, nicht so groß und so. Also ich denke, da gibt es wirklich eine ziemlich große Gemengelage. Dann ist, glaube ich, die entscheidenden Zielgruppen, weiß ich gar nicht, ob die überhaupt Spiegel und Stern lesen.

Sophie: Stimmt auch, ja, das stimmt auch.

Markus: Wie gesagt, das ist halt einfach so. Ich glaube, mittelfristig, glaube ich, wird sich das schon durchaus lösen. Und ich muss sagen, ich habe hier mal bei uns vor vielen, vielen, vielen Jahren, mein Gott, das ist bestimmt schon 15 Jahre her oder so, habe ich mal ein Projekt mit initiiert, das hieß Holla die Bierfee. Und das war ein Bier von Frauen für Frauen, da haben sich vier Braumeisterinnen, über die habe ich jeweils Porträts geschrieben gehabt. Weil ich eben mal recherchiert hab, was gibt es denn für junge Brauerinnen bei mir in der Region in Franken und die vier waren da eben und die habe ich porträtiert. Und dann haben die sich aufgrund dieses Artikels zusammengetroffen und beschlossen, sie machen jetzt ein Bier von Frauen für Frauen und das gibt es auch heute noch. Und das war auch so ein Thema, was am Anfang grade hier bei uns in der ländlichen Gegend sehr eingeschlagen ist und dann auch wirklich viele Leute interessiert hat, aber auch eben zum Beispiel in Berlin nicht so. Also wir werden auf jeden Fall von dir noch viele interessante und tolle Sachen erleben, das habe ich schon irgendwie ein bisschen im Gespür und ich freue mich auch drauf. Und ich freue mich auch drauf, wenn wir uns mal persönlich sehen, also gerne entweder mal hier in Bamberg oder natürlich auch in Berlin oder Wien, bin ich jeweils auch ab und zu mal vorhanden. Also in Wien auf jeden Fall, wenn ich beim Bierwettbewerb bin und in Berlin sowieso immer wieder.

Sophie: Ja, wirklich gerne, also ich würde mich sehr freuen. Also wirklich, ja, wäre sehr schön, ja, wirklich Markus. Und ich fand auch, das war ein sehr, sehr feines respektvolles und schönes Gespräch. Und auch so eben, es ist nicht selbstverständlich auch, dass das Gegenüber da auch diese Bereitschaft da auch mitbringt, da so mitzugehen und auch so eben auch wirklich so im Ton und auch ein Verständnis und Wertschätzung und offen bleibt. Also auch wirklich dir ein großes Danke, hat Spaß gemacht, war schön.

Markus: Also den Dank kann ich nur zurückgeben. Und auch den Dank für dein Engagement, dafür, dass du das überhaupt machst und eben deine Nase da entsprechend auch raushängst und die Schläge dann auch einfängst, die dann eben da kommen. Also da noch viel, viel Kraft damit und, ja, alles Gute und ich freue mich schon auf die nächsten Storys rund um Muschicraft.

Sophie: Danke, ich auch, alles Liebe, super.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 119 – Interview mit Dr. Laura Dietrich, Prähistorikerin am Österreichischen Archäologischen Institut, Wien

Laura Dietrich forscht zur Urgeschichte der menschlichen Kultur und hat sich dabei fast ein bisschen zufällig auch dem Thema Bier gewidmet. Schließlich war sie bei den Ausgrabungen am Göbekli Tepe persönlich vor Ort und hat somit Hand angelegt an sehr frühe Funde von bewusst fermentierten Getränken auf Getreidebasis, landläufig „Bier“ genannt. Um ihre Thesen zu beweisen, begab sie sich mit ihrem Team auf das Feld der experimentellen Archäologie und braute selbst mit Kopien der gefundenen Gefäße und Materialien ein prähistorisches Bier. Das Resultat hatte gut 2% Alkohol und einen leicht rauchigen Geschmack – und bewies, dass es tatsächlich möglich war, mit den Verhältnissen und Gerätschaften von Gobekli Tepe vor über 10.000 Jahren ein Bier zu brauen. Im BierTalk lassen wir diese Reise nochmals Revue passieren und sprechen über die neuesten Forschungen von Laura Dietrich und ihre ersten Erkenntnisse daraus…

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Markus Raupach: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts BierTalk. Heute mal wieder eine Reise in eine andere Dimension und zwar in die historische Dimension, wir gehen weit zurück in die Geschichte, wir treffen die Prähistorikerin Dr. Laura Dietrich. Sie ist schon seit Langem unterwegs und forscht eben über die historischen Wege nicht nur Bier zu brauen, aber eben auch und hat viele Versuche schon angestellt und wir sind sehr gespannt. Erst mal vielen Dank, Frau  Dietrich, dass Sie hier sind und vielleicht stellen Sie sich unseren Hörern ganz kurz selbst vor.

Laura Dietrich: Hallo, vielen Dank für Ihre Einladung, Herr Raupach, ich freue mich, hier heute zu sein in diesem Podcast. Ich bin wissenschaftliche Mitarbeiterin an der österreichischen Akademie der Wissenschaften inzwischen geworden. Ich habe jahrelang in Deutschland gearbeitet, am Deutschen Archäologischen Institut in der Orientabteilung und bin auch Ernährungsarchäologin. Ich beschäftige mich insbesondere mit dem Thema Ernährung inklusive frühen Alkohol in der Vorgeschichte und mit dem Ursprung, ja, der Lebensmittelindustrie, der Cuisine, wie man so sagen würde.

Markus Raupach: Ja, na, das klingt ja spannend in vielerlei Hinsicht. Haben Sie denn persönlich eine Beziehung zum Getränk Bier zum Beispiel oder zum Alkohol überhaupt?

Laura Dietrich: Wenn Sie mich damit fragen wollen, ob ich trinke, dann würde ich eher nein sagen, ich trinke eher selten, aber ich kann durchaus ein gutes Getränk oder ein gutes Bier schätzen. Und ich glaube aber, dass es im Ursprung dieses Phänomens nicht nur um den Geschmack geht, sondern auch um das Zusammensein. Es geht auch um Co-Mentalität, es geht auch um Zusammensein und zusammen Feste machen, das ist ja, was uns Menschen zusammenbringt letztendlich und darum geht es. Deswegen bin ich durchaus in der Lage, ein gutes Bier zu kosten ab und zu.

Markus Raupach: Ja, wunderbar, das reicht ja auch völlig, also wäre auch völlig in Ordnung wenn nicht. Aber ich denke, es ist eben ein Thema, das grade Bier natürlich eine Möglichkeit ist, eben zusammenzukommen, Freundschaften zu schließen. Und es kann auch ein alkoholfreies Bier sein, also das ist überhaupt gar kein Thema. Aber interessant finde ich schon, wenn man so in die Geschichte zurückschaut, dass Menschen dann eben auch gezielt alkoholische Getränke gemacht haben, um eben zusammen zu feiern. Und ich habe dann auch gelesen, später ging es auch darum zum Beispiel den Göttern nähern zu sein, also ein religiöser Aspekt. Haben Sie dazu auch schon Forschungen gemacht

Laura Dietrich: Was heißt hier später, ich denke, das wichtig ist auch früher, früher Aspekt, Religionen oder Kult. Wir nennen das Kult, wir nennen das nicht Region, wir prähistorischen Archäolog*innen, wir nennen das Kult. Also kultische Aspekte haben schon von Anfang an eine wichtige Rolle in der Produktion der Nahrung überhaupt bei den frühen Sammlerpopulationen und auch in der Produktion des Alkohols. Es ging darum, Kohäsion zu verschärfen, um Momente für die, ja, wir nennen sie nicht ungerne Gottheit, aber um sakrale Monumente zu bauen, darum ging es von Anfang an. Und man kann Kohäsion schaffen, wenn man zusammen Nahrung produziert, wenn man zusammen feiert auch. Und wir, die Menschen heute, ja, wir sind ein Produkt einer Singularität und das ist der Übergang zu einer, ja, von Jägern und Sammlern und sammeln von Produkten zu Ackerbau und zur Viehzucht. Wir sind das Produkt einer Singularität, was ungefähr 9500 vor Christus im Bereich des fruchtbaren Halbmondes in Vorderasien auch vorgekommen ist. Was dazu geführt hat, das Populationen, das mobile Populationen von Jägern und Sammlern sich gesetzt haben, sesshaft wurden und angefangen haben, die Kontrolle über ihre Umwelt zu nehmen. Pflanzen zu domestizieren, Tiere zu domestizieren und letztendlich Nahrung zu produzieren. Das ist vorher nie passiert. Wir wissen nicht, warum. Alkohol ist ein Teil dieses Phänomens, frühes Bier ist ein Teil dieses Phänomens. Kult ist ein anderer Teil dieses Phänomens. Wir wissen nicht, warum das so vorgekommen ist, aber wir sehen, dass die erste, ja, massenhafte Produktion von Nahrung im Bereich von monomentalen Bauten auftritt, wie in Göbekli Tepe, wie in Karahan, aber es gibt mehrere solcher archäologische Städte mit frühen Monumentalbauten. Wir reden hier von einem Zeitraum von vor 11.500 Jahren und das ist erstaunlich. Wir reden von einer Arbeitskraft, die uns heute wundersam erscheint. Das ist passiert, weil die Menschen, die sich dort gesammelt haben, die nötigen Ressourcen zur Verfügung hatten auch.

Markus Raupach: Ja, das ist ein ganz starkes Bild. Und ich muss sagen, so habe ich das selber noch gar nicht gesehen, ist aber völlig richtig, dass die Menschen eben sagen, okay, ich nehme nicht das, was ich zufällig finde und ich suche, sondern ich sorge selbst dafür, dass es Nahrung gibt und das ich das anbaue, dass ich eben die Kontrolle übernehme. Das ist ein ganz, ganz interessanter Aspekt, der mir so gar nicht bewusst war, aber ist natürlich völlig richtig. Und ist ein absoluter Paradigmenwechsel, das kann ich total nachvollziehen und richtet ja auch den Fokus dieser Gesellschaften völlig neu aus, weil dann geht es eben drum, sich zu ernähren, diese Sesshaftigkeit zu standardisieren, langfristig eben zu erhalten. Da sind wir jetzt auch eben schon bei dem Göbekli Tepe, den Sie schon erwähnt haben als so einen Hügel oder einen Berg in der Grenzregion zwischen Syrien und der Türkei. Vielleicht, wenn unsere Hörer nicht alle so vor Augen haben, vielleicht könnten Sie mal beschreiben, was ist das überhaupt? Also wie schaut es da aus, was finde ich da, ja, wie muss ich mir Göbekli Tepe heute vorstellen?

Laura Dietrich: Also Göbekli Tepe ist eine prähistorische Städte im Südosten der heutigen Türkei an der Grenze zu Syrien. Ungefähr ein paar Kilometer von der heutigen Stadt Sanliurfa entfernt und es ist nur empfehlenswert, diese Städte, die ein UNESCO Weltkulturerbe ist, zu besuchen. Denn bis 1995 als die Städte entdeckt oder beziehungsweise das Deutsche Archäologische Institut angefangen hat dort zu graben, hat man nicht gerechnet, das solche Monumente in dieser Zeit, wir sprechen von 9500 vor Christus, gebaut werden können. Es ist eine Städte, die aus Monumentalgebäuden besteht, sie sind gebaut aus Monolithen in Form eines T-Pfeilers, also in Form eines T, die mit einer Mauer zusammengesetzt sind und in der Mitte befinden sich zwei weitere Monolithen mit von bis zu fünf Meter und tonnenschwer. Es gibt auf dem Plateau, das ist eigentlich das Plateau eines Gebirges, also ziemlich hochgelegen, mehr als 20 solcher Monumentalgebäude, mit Durchmesser von bis zu 30 Metern. Es ist eine erstaunliche Arbeit, die mehrere 1.000 Jahre gedauert hat im Übrigen, diese Gebäude mit den prähistorischen Mitteln zu bauen. Die monumentalen Gebäude, die sind voll mit Symbolen, mit Elementen von Kult. Sie sind voll mit Art, mit prähistorischer Kunst, was auch erstaunlich ist, sie sind Skulpturen mit eingeritzten Reliefs. Und sie sind umgeben von 100en, etwas späteren rechteckigen Bauten, die dazu gedient haben, verschiedene anderen domestische Arbeiten, wie unter anderem auch Kochen und Herstellung von Bier, durchzuführen. Es gibt sehr, sehr viele Interpretationen über Göbekli Tepe, aber so genau wissen wir Archäolog*innen bis heute nicht, denn es ist so erstaunlich. Und heutzutage werden mehrere solcher Städte erforscht, es sind fünf bis sechs andere solcher Städte. Wir denken, dass diese, für die damaligen Verhältnisse, sehr, sehr großen Fundstädte nicht zum permanenten Wohnen sozusagen diente oder nicht nur, sondern auch als Versammlungsort, ursprünglich als Versammlungsort mehrerer Gruppen von Jägern, Sammlern dienten, die verschiedene Kultelemente dort vollführt haben, die unter anderen gezielt Anlagen gebaut haben mit verschiedenen Symbolen. Jede Anlage repräsentiert in ihrer Symbolistik eine andere Tierart. Also das heißt, in jeder von diesen Monumentalbauten sind bestimmte Tiere dargestellt in Skulpturen und in Ritzungen auf den T-Pfeilern. Eine Anlage hat beispielsweise Vögel als Tier, eine andere Anlage hat Schlangen als Tier. Also jedes Tier dominiert in dem ein oder anderen Gebäude. Wir denken, das hat sehr viele Ähnlichkeiten mit dem modernen Scharmanismus oder mit dem traditionellen Scharmanismus eher, wo die Menschen sich als Nachfolger von Tieren identifizieren, ja, unter anderen. Ja, das ist ein Aspekt von Göbekli Tepe. Ein anderer Aspekt ist, wie ich auch schon erwähnt habe, die menschliche Arbeitskraft, die an der Errichtung dieser Städte involviert waren. Es ist nicht selbstverständlich, dass mobile Gruppen von jeden Sammlern sich einfach zusammentun, dazu braucht es eine Organisation, dazu braucht es permanente Nahrung. Es ist nicht selbstverständlich, dass sie sich zusammentun, um solche Städte, wir nennen sie Kultstädte, zu errichten. Dazu muss es ein wichtiger Grund gewesen sein. Wir finden das in dem Kult und wir haben zu dem sehr viele archäologische Befunde, die daraus hindeuten, dass die Teilnehmer*innen an den Ritualen da auch zusammen Feste gefeiert haben.

Markus Raupach: Also das finde ich eine total faszinierende zeitliche Dimension auch. Also wen man überlegt, der Kölner Dom, der hat ja 630 Jahre gedauert, bis man ihn fertiggebaut hat. Und das war aber in einer Zeit, wo die Menschen schon organisiert waren und wo man die ganze Infrastruktur und so weiter hatte. Und jetzt sagen Sie, das waren Monumente, die hat man über 1.000e von Jahren errichtet, das heißt also, ohne diese ganze Logistik, die es im späten Mittelalter ja schon gegeben hat. Das muss ja, wie Sie schon gesagt haben, ein Wahnsinns Apparat drum rum gewesen sein. Was mich da noch interessieren würde, wenn wir jetzt zum Beispiel den Kölner Dom nehmen, dann kann man ja in diesen 600 Jahren auch sehen, wie sich die Fähigkeiten verändert haben im Laufe dieser 600 Jahre. Kann man das in Göbekli Tepe auch sehen, dass über diese Zeitläufe die Abläufe sich geändert haben oder die Kunst sich verändert hat oder dass die Fähigkeiten besser geworden sind, sagen wir so?

Laura Dietrich: Also die Fähigkeiten sind von Anfang an erstaunlich auch. Ich habe auch vorhin erwähnt, die Monumentalbauten, die sind früher, die sind von Anfang da, die werden zuerst gebaut und sie sind voll mit einer wunderbaren Kunst, ja. Man sieht Künstler am Werk, man sieht dort Leute, die geübt haben, es sind erstaunliche Reliefs. Und wir machen das grade experimentell nach. Im Museum Asparn in Wien haben wir mit einer Experimentalreihe angefangen, diese Kunst zu reproduzieren und es ist schwierig, wir sehen das jetzt. Die frühen Monumentalbauten, man sieht, dass man daran sehr lange und sehr gezielt und sehr schön daran gearbeitet hat. Die späteren Bauten, die Rechteckbauten, die sind, ja, symbolärmer, wenn man es so nennen darf. Also sie haben nicht mehr diese ganzen Skulpturen, sie haben nicht mehr die Reliefs, die verzierten T-Pfeiler, die früher üblich sind wie in den Monumentalbauten. Es handelt sich dabei um Monolithen, die anthropomorphisiert sind. Also das heißt, Elemente der menschlichen Pracht und menschlicher Körper übernehmen. Sie haben Arme, sie habe Gürtel, sie haben andere Klamotten drauf, sie haben in ihrer Präsentation andere Kleidung drauf. Das kommt später nicht mehr vor. Das ist aber ein Phänomen, was oft vorkommt in einem Kult, dass das einfach abstraktisiert so, ja. Also das man weiß, früher ist dort was passiert und man stellt das bildlich dar und bleibt, in Anführungszeichnen, nur das Symbol, aber man weiß trotzdem, was passiert ist. Man kennt aus den Erzählungen dieser früheren szenischen Darstellungen, aber man benötigt ihre genaue Darstellung nicht mehr.

Markus Raupach: Ja, eine Entwicklung, die ja auch zum Beispiel unsere modernen Religionen schon genommen haben. Wenn wir jetzt sagen, wir haben einerseits diese Kultstätten oder diese Monumentalbauten und andererseits auch eine sesshafte Siedlung oder eine dauerhafte Siedlung, die da eingerichtet worden ist, kann man da sagen, wie lange es die schon gegeben hat und wie groß diese Siedlung war, wie viele Menschen da vielleicht gelebt und gearbeitet haben?

Laura Dietrich: Also darüber gibt es sehr, sehr viele Interpretationen. Und, ja, im Prinzip handelt es sich insofern nicht um übliche domestische Gebäude, es sind durchaus Menschen da, die leben. Man kann das nicht nachrechnen, das ist unmöglich. In der Archäologie kann man eine Population vor allem dann nachrechnen, wenn ein Gräberfeld in der Nähe der Siedlung vorhanden kann. Dann kann man ja ungefähr wissen, wie viele und so weiter, dann kann man ja nach den Haushalten rechnen. In Göbekli Tepe sind das nicht übliche Haushalte und die Gebäude sind auch nicht gleichzeitig gebaut worden. Die sind nach und nach, das kann man ja nachvollziehen, in dem man die Stadt analysiert, aber man kann das nicht so genau datieren, absolut datieren. Also es ist schwierig, mit den jetzigen Methoden nachzuvollziehen, wie viele Gebäude gleichzeitig am Göbekli Tepe sozusagen bestanden haben und wie viele verlassen wurden, wie viele bewohnt wurden. Das kann man ja nicht im Einzelnen nachvollziehen. Aber was man sagen kann, dass man damit rechnet, dass nur ein kleiner Teil der Bevölkerung da dauerhaft gelebt hat, weil es auch keine Wasserressourcen in der Nähe gibt. Die Lage des Göbekli Tepe ist nicht üblich für eine Siedlung. Normalerweise sind Siedlungen, also Dörfer, prähistorische Dörfer in der Nähe von Gewässern gelegen. Ist auch normal, man braucht ja Wasser in allen Bereichen des Lebens und Überlebens und Göbekli Tepe hat das nicht. Es hat einen kleinen Bach in der Nähe, das aber nicht genug decken kann. Man kann ja natürlich Wasser sammeln, aber man muss es zubereiten, wenn man nicht möchte, dass das Wasser giftig wird. Was sehr schnell in der Wärme des Orients passieren kann. Also wir rechnen momentan nicht damit, dass sehr viele Menschen dauerhaft dort gewohnt haben, sondern eher damit, dass ab und zu, und das haben wir nachgewiesen, sich Menschen dort versammelt haben und aus verschiedenen Entfernungen kamen, um Feste, Rituale dort durchzuführen und um weiterzubauen. Arbeit war für den Bau von Göbekli Tepe sehr wichtig. Wenn man das nachvollziehen möchte, wenn man die Arbeit in der Vorgeschichte nachvollziehen möchte, dann sollte man sich Göbekli Tepe als bestes Beispiel nehmen. Und eben, denke ich oder es ist, wir haben ja auch nachweisen können, dass Bier oder Alkohol ein bedeutender Teil der Arbeit war und wahrscheinlich auch ein Motor dieser Arbeit war oder auch rauschende Feste.

Markus Raupach: Ja, das auf jeden Fall. Und ich finde, das ist ganz interessant, ich meine, auch wenn es jetzt etwas später war, aber wir haben ja auch schon uns mit Matthew Adams aus Ägypten unterhalten und der hat ja auch erzählt, dass diese Städte, wo die große in Ägypten gelegen war, das war Mitten in der Wüste. Ganz weit weg vom Fluss, ganz weit weg von den Ressourcen auch für Holz zum Beispiel oder sonst irgendwas. Das heißt, die Menschen mussten wirklich alles dahin transportieren, das bedeutete unglaublich viel Logistik. Und auch überhaupt erst mal den Plan zu sagen, wir sagen das nicht an eine Stelle, wo es einfach ist, sondern wir gehen ganz bewusst irgendwohin, wo es sehr schwierig ist. Das ist ja auch eine Entscheidung, die irgendjemand bewusst gefällt haben muss. Also ich glaube, da gibt es noch ganz viel zu forschen, da bin ich auch sehr gespannt, was Sie da in der Zukunft noch herausfinden werden. Jetzt müssen wir aber ein bisschen natürlich auch auf unser Thema kommen hier als BierTalk. Würde ich aber vielleicht vorneweg nochmal sagen, es geht ja generell um das Thema Nahrung, also was haben denn diese Menschen damals überhaupt gegessen und getrunken natürlich? Ich habe bisher gehört, es gab irgendwie Antilopenknochen, die man gefunden hat und es gab eben Reste von Getreide. Können Sie da noch ein bisschen den aktuellen Stand uns erzählen?

Laura Dietrich: Also die Nahrung in Göbekli Tepe bestand aus Wildtieren. Gazellen waren bevorzugt, die migrieren, die sind dort anwesend im Frühling und im späten Herbst. Das wissen wir durch Isotopenanalysen genau, sonst nicht. Und Auerochsen in einem kleineren Anteil. Ein großer Teil der Nahrung bestand aus Wildgetreiden, die um Göbekli Tepe herum und allgemein im fruchtbaren Halbmond sehr reichlich vorhanden waren. Das wissen wir aus bioklimatischen Rekonstruktionen. Auch heute, wenn Sie Göbekli Tepe nicht in der Hauptsaison, sondern vielleicht im Frühfrühling oder Spätherbst besuchen, werden Sie überall grüne Getreide, grüne Wildgetreide dort sehen. Es ist ja auch wunderschön und der ganze Wüstenaspekt, das verschwindet, wenn man das schaut und man versteht ja auch viel mehr. Also Wildgetreide waren ein sehr wichtiger Teil der Nahrung. Das wissen wir weniger aus den erhaltenen botanischen Resten sondern viel mehr, weil die Konservierungskonditionen am Göbekli Tepe nicht gut sind. Und überhaupt, botanische Reste bleiben nur erhalten, wenn sie verbrannt werden. Wir wissen aber, weil Göbekli Tepe ein Inventar von 10.000 Reibsteinen hat. Das ist erstaunlich, das hat noch keine Fundstätte, keine neolithische Fundstätte bislang. Es ist die größte Sammlung der Reibsteine aller Zeiten, also aller neolithischen Zeiten. Normalerweise haben Siedlungen vielleicht 50 Reibsteine, mit Glück und die größten Siedlungen bis zu 200. Und Göbekli Tepe hat 10.000 davon. Und nicht nur 10.000 Reibsteine, sondern es hat auch ein paar 100 Steingefäße. Das heißt, vor den keramischen Behältern, die keramischen Behälter sind da noch nicht entdeckt worden, die kommen erst etwa 2500 bis 3000 Jahre später in der Region. Aber man benutzte in Göbekli Tepe sehr große, also sehr große bis zu kleinen Steingefäßen als Behälter für verschiedene Nahrungen oder verschiedenen Flüssigkeiten auch. Und wir haben Steintroge mit einem Umfang von bis zu 160 Liter. Auch ihre Herstellung ist erstaunlich, die sind fester Teil der Rechteckbauten. Und wir haben auch sehr viele sehr feine Steingefäße, die man in der Hand halten kann, die nicht größer als eine Schlüssel sind, von denen man beispielsweise sehr einfach trinken kann. Die sind auch sehr schön hergestellt, sehr kunstvoll. Sie sind poliert, wir sehen sehr viel Arbeit dort. Sie sind verziert auch, diese Gefäße, also sie sind eine besondere, ja, Tafelware.

Markus Raupach: Wie konnte man denn einen Stein dann so bearbeiten, dass er zum Beispiel zu einer Schale wird? Das erfordert ja auch Werkzeuge oder Instrumente oder so.

Laura Dietrich: Genau, das machen wir alles experimentell jetzt nach, die T-Pfeiler, die Steingefäße und so weiter. Es ist so, dass der Kalkstein am Göbekli Tepe sehr weich ist. Das ist eine Besonderheit der Region. Also das heißt, es kann sehr gut mit Steinwerkzeugen, mit härteren Steinwerkzeugen bearbeitet werden, wie zum Beispiel Silex oder anderen. Also wir haben beispielsweise sehr viele Steinbeilagen in Göbekli Tepe, die nicht nur zum Fällen von Bäumen benutzt wurden, sondern auch zum Steinschnitzen verwendet wurden. Das wissen wir jetzt genau, wir haben das experimentell nachgewissen. Und wir haben auch verschiedene Gerölle, Silexartefakte. Also man kann relativ leicht ein einfaches, ja, Steingefäß herstellen. Aber, das ist nicht nur das am Göbekli Tepe, sondern die Art, die Verzierung, die Kunst zeigt, dass dieses Geschirr besonders war, das einem besonderen Zweck diente. Das Trinkgeschirr, was ich erwähnt habe, das ist auch aus sehr vollkommenen Gesteinen gefertigt worden. Also das ist nicht aus lokalem Kalkstein, sondern aus Gesteinen gefertigt, die wahrscheinlich von 100 Kilometern hergebracht wurden. Die Sourcen haben wir nicht genau identifiziert, aber es wird dran gearbeitet. Und sind, wie gesagt, sehr kunstvoll verziert und man sieht, der Zweck war hier, einen Apparat herzustellen, die der Herstellung der Nahrung diente und der Getränke diente. Und das ist zum ersten Mal in der Geschichte so. Das ist eine Zeit der Revolution. Es ist eine Zeit, in der der Mensch zum ersten Mal anfängt, gezielt mit Nahrung zu experimentieren, das sieht man in archäologischen Befunden. Wenn Sie heute in einem Supermarkt gehen und Blicke so in die Regale werfen würden, dann würden Sie feststellen, das fast alles, was wir konsumieren, als Pulver oder als Flüssigkeit oder als Paste vorhanden ist. Also das heißt, Sie gehen selten in einen Supermarkt und kaufen sich ein Schwein oder eine Gazelle voll, sondern Sie kaufen sich verarbeitete, zu Pulver verarbeitete Sachen und das hat den Ursprung in dem akeramischen Neolithikum. Und wahrscheinlich auch in der Gewohnheit, Nahrung zu pulverisieren und sie miteinander zu vermischen, um neue Geschmackserlebnisse zu erzielen. Und da, hier kann der Alkohol, der frühere Alkohol wahrscheinlich auch verortet werden. Es geht um Geschmackserlebnisse auch, es geht um die Erfindung der Cuisine auch.

Markus Raupach: Also das finde ich unglaublich spannend, vor allem wirft es ja einen ganz neuen Blick auf diese Gesellschaften. Also weil, ich muss ja auch, um so Gefäße herzustellen und die zu verzieren, um mir dann Gedanken über Rezepte, über die Küche zu machen, da muss ich ja Zeit haben und nicht die ganze Zeit beschäftigt sein mit jagen und sammeln und Überleben und Fortpflanzen. Sondern da muss die Menschheit ja schon einen Schritt weiter gewesen sein in der Kultur. Und das bedeutet ja eigentlich, dass die Kultur an sich schon noch viel älter gewesen sein muss, um zu diesem Zeitpunkt schon soweit zu sein. Also da schauen wir doch sehr weit zurück in die Geschichte oder?

Laura Dietrich: Genau, genau. Also, natürlich, das hatte natürlich Vorsprung, also es ist nicht so, dass diese Innovation plötzlich auftritt. Es gibt ja durchaus vorherige Geschehnisse, das ist die Zeit vor dem akeramischen Neolithikum um 12500 vor Christus. Da wird auch experimentiert mit Reibsteinen, Mahlsteingefäßen. Wir haben, was ja zum Thema hier sehr gut passt, auch erste sehr frühe Nachweise, mögliche Nachweise, integrative Nachweise vom Bierbrauen in Israel, ja, sehr früh, also früher als Göbekli Tepe. Es ist ja eine Studie, die ist nicht ganz sicher, aber es ist wahrscheinlicher so, dass man in so einer Siedlung auch Bier hergestellt hat, ja. Wir haben natürlich diese früheren Nachweise, das ist ein Prozess, was wächst, was natürlich aber die Idee, Rezepte zu konstruieren, ja, die Idee, den Kochprozess inklusiven den Bierbrauprozess, ja, das gehört dazu und mehrere Schritte zu sequenzieren, um zu zusammengesetzten Mahlzeiten oder Flüssigkeiten oder Getränken zu gelangen. Das ist erst mal hier zu verorten, zeitlich im akeramischen Neolithikum. Und das ist im Kontext der Fundstätte mit Monumentalbauten zu verorten und im Kontext der Menschenversammlungen zu verorten, im Kontext der feste zu verorten.

Markus Raupach: Also total spannend, Sie haben mich schon völlig begeistert. Das merken wir auch daran, dass wir immer noch nicht über Bier reden. Aber eine Frage habe ich noch, bevor wir zum Bier kommen, Sie haben grade die Reibsteine erwähnt. Ich glaube, da können sich viele Hörer erst mal nichts drunter vorstellen. Also was ist ein Reibstein, wie schaut der aus und was hat man damit gemacht?

Laura Dietrich: Also einen Reibstein kennt man ja unter dem Begriff Mühlenstein. Und jeder, der mal in einem Museum war, weiß, was eine Handmühle ist, Handmühlen sind eine spätere Erfindung, ja. Mit Reibsteinen ist ein kompulsives Gerät gemeint. Er besteht auf aus einem Unterteil, das heißt Unterliege und ein Oberteil, das heißt Läufer, also es läuft, es läuft auf dem Unterlieger. Und damit kann man nicht nur Getreide zu Mehl verarbeiten oder zu Schrot verarbeiten, sondern alle Mengen Nahrungsmittel. Und das kennen wir aus ethnographischen Berichten und Beispielen so, dass Reibsteine quasi universelle, ich nenne sie, universal Crusher, universelle Zerkleinerer, sind, für alle möglichen Nahrungsmittel, für Nüsse, für Fleisch, für Fisch. Das ist alles nachgewiesen. Soßen, man kann direkt Soßen drauf machen, man kann Suppen machen, man kann Eintöpfe da drauf direkt mischen. Man macht alles mit diesem sehr, sehr nützlichen Geräten. Und später hat man auch Mineralien damit zerkleinert, um Metall herzustellen zum Beispiel. Also sind die ersten universellen Zerkleinerer der Menschheit, ja. Zuhause greifen wir heute auf Mixer, man kann ja sehr, sehr gut eine Suppe mixen, einen Handmixer benutzen. Das alles haben wir schon Tausende von Jahren vor uns mit den Reibsteinen gehabt.

Markus Raupach: Ja, ich wollte grad schon sagen, das ist so der Thermomix der Steinzeit, könnte man ein bisschen sagen. Ja und jetzt geht es natürlich drum, was wurde damit hergestellt? Und wir sind natürlich auch beim Thema Bier, aber man hat auch, denke ich mal, Urformen vielleicht von Brot oder Brei oder solche Sachen gemacht. Also wie hat die Nahrung so ausgesehen, die man zu dieser Zeit mit Hilfe der Reibsteine und der Getreide machen konnte?

Laura Dietrich: Also wir Archäolog*innen müssen das alles rekonstruieren. Das ist nicht so leicht, antike Rezepte oder, ja, alte Rezepte zu rekonstruieren oder überhaupt uns vorzustellen, was mit den Geräten gemacht wurde. Und es reicht nicht, das wir ethnographische, ja, Beispiele schauen oder traditionelle Gesellschaften schauen und sagen, das ist dafür benutzt worden, sondern es ist eine ganze Wissenschaft. Das ist Abnutzung von Rückständen. Wir versuchen, das alles wie ein Puzzle, mit kriminalistischen Methoden so zusammenzusetzen. Das heißt, wir schauen uns alle diese Geräte, wir schauen uns die Reibsteine an und wir schauen uns die Muster der Abnutzung an der Oberfläche makroskopisch, mikroskopisch, wir nehmen Proben von deren Oberfläche. Wir versuchen, das Rückstände zu identifizieren und das Gleiche machen wir auch mit den Steingefäßen. Und da versuchen wir, das alles in ein, ja, Konzept, uns zusammenzureimen und in ein sinnvolles Konzept zusammenzubringen, uns das vorzustellen, was dort passiert ist. Und es ist so, dass die Reibsteine aus Göbekli Tepe eindeutig Spuren, also mehrheitlich Spuren von der Herstellung von Schrot nachweisen aus Einkorn. Das haben wir auch experimentell nachgemacht mit den Spuren auf den Replikaten, mit den Spuren der Originalen verglichen. Also das heißt, man hat überwiegend nicht ein feines Mehl hergestellt, mit dem man normalerweise Brot machen kann, weil man damit die Stärke befreit und weil man damit einen Teig in Vermischung mit Wasser formen kann, das klebt, sondern in Göbekli Tepe hat man überwiegend Getreide, Einkorn in diesem Fall, grob zu Schrot verarbeitet. Wir denken, dass das für, ja, Breigerichte eher geeignet war und für Biere natürlich, eher als für Brotgerichte. Wir haben auch einen Anteil von etwa einem Viertel der Reibsteine, die auch zur Herstellung von Feinmehl beziehungsweise Brotprodukte verwendet wurde, aber das war nicht das Hauptgericht am Göbekli Tepe. So, man hat Schrot hergestellt, das wissen wir genau beim Analysieren der Reibsteine. Dann, was hat man mit diesem Schrot gemacht? Das wäre unsere nächste Frage gewesen. Wie kann man mit Steingefäßen Schrot verarbeiten, weiterverarbeiten? Wir haben Proben, wir haben uns die Abnutzungsspuren der Steingefäße angeschaut. Wir haben Rückstandsanalysen durchgeführt, in dem wir die Wandungen durchbohrt haben. Wenn man Glück hat, können sich dort Rückstände absetzen, wir hatten Glück in dem Fall, in Göbekli Tepe. Also wir haben große Steintröge analysiert und festgestellt, dass sie eindeutige Nachweise von erhitzten Getreide zeigen. Erhitzt, das ist ja da das Zauberwort hier, also die müssen erhitzt gewesen sein. Das schließt eine reine Funktion als, ja, Vorratsgefäße oder Vorratscontainer aus. Das heißt, die Getreide, die in diesen großen Steintrögen waren, die wurden erhitzt und wir haben Nachweise, dass sie mit einer großen Menge von Wasser vermischt wurden. Das ist ein zweiter Schritt. Wir haben auch mehrere verschiedene Nachweise, zum Beispiel, abgesehen von erhitzten Getreiden, in einigen von diesen großen Steintrögen kommen Fettsäuren von Pflanzen vor. Zum Beispiel von Vicia, das ist eine Hülsenfrucht oder auch von Kräutern, was ja auch interessant beim Bierbrauen wäre. Also von Artemisia, von Beifuß, vom Wermutkraut, wir haben aber auch Senf und wir haben Nachweise vom Baumharz da. Ja, das ist ein Puzzle erst mal für uns. Das ist so viel und so für mich, wie kann man prähistorische Rezepte kreieren und wir haben das dann experimentell. Also der dritte Schritt war, dass alles experimentell nachzumachen. Also aufgrund der Nachweise von erhitztem Getreide und Schrot war ja dann möglich, war dann sehr wahrscheinlich, dass man entweder Brei oder Bier hergestellt hat, wir wissen das. Wir haben auch sehr viele Nachweise von verbrannten Steinen um diese Steintröge herum im Original gefunden von Feuer. Wir haben das so interpretiert, dass das als Hitzesteine zur Erwärmung der Gefäßinhalte benutzt wurde, also zum Kochen im Kochprozess auch, ja. Und man kann das sehr leicht nachmachen, viel leichter, als man es sich vorstellt, in dem man Steine, so faustgroße Steine, insbesondere Basaltsteine, die sind gute Hitzeträger, in Feuer einlegt und ab und zu, wenn sie warm werden, die rausholt. Das kann man sehr leicht machen mit entweder mit Holzlöffeln oder auch mit längeren Knochen, die haben wir nämlich auch in den Gefäßen, Knochen-Spatula. Man kann sie rausholen und dann kann man sie in die, ja, Flüssigkeit rein tun, um das zu erhitzen. Wir haben also Getreide mit Wasser vermischt und diese Flüssigkeit mit Hilfe der Hitzesteine erhitzt, was man ja auch als Maischen sozusagen kennt. Also man kann Bier entweder aus vermälztem Getreide herstellen oder auch aus nichtvermälztem Getreide herstellen, das geht auch. Wir kennen traditionelle Biere, bei dem das Vermälzen nicht nötig ist, ja. Wir haben keine Hinweise auf vermälzte Getreide, die sind da nicht erhalten. Die Getreidekörner sind in den Funden sehr selten erhalten, das habe ich schon gesagt. Aber, wir haben Hinweise auf einen Kochprozess mit Hilfe der Hitzesteine, also auf einen Kochprozess, auf Erwärmung großer Menge Wasser mit Getreide.

Markus Raupach: Total spannend. Das erinnert mich natürlich an das mittelalterliche Steinbierbrauen, was wir kennen, wo man das ja teilweise aus anderen Motiven gemacht hat, zum Beispiel zum Brandschutz oder so. Das Spannende ist ja auch, dass man damit ja sogar die Temperatur in gewisser Weise steuern kann, weil man ja Erfahrungswerte hat, wenn ich jetzt meine Trog habe und ich habe so viel Flüssigkeit da drin, dann gebe ich einen Stein rein, dann passiert das, dann gebe ich noch einen rein, dann passiert das und wieder einen und so. Das heißt also, man kann zu dieser Zeit sogar schon die Temperatur in gewisser Weise regulieren. Das finde ich auch eine sehr spannende und interessante Geschichte, weil das ja vielleicht sogar ein bisschen besser geht als später, wenn man mit reinem Holzfeuer arbeitet, wo ich ja immer eine gewisse Spanne habe, wie heiß oder wie nicht heiß das eben wird und wann die Temperatur sich jeweils auswirkt. Also das finde ich auch einen total spannenden Aspekt. Jetzt haben Sie grade gesagt, man kann Bier herstellen aus vermälzten Getreide. Das ist klar, weil wir dann die Enzyme haben, die die Stärke umwandeln können in Zucker. Bei unvermälzten Getreide kenne ich das bisher aus der Forschung so, dass das dann zum Beispiel Reis war oder Maniok oder so, den die Menschen gekaut haben und wieder ausgespuckt haben und dann die Enzyme praktisch aus dem Speichel die Verzuckerung gemacht haben. War das dann da auch so oder gab es da noch andere Möglichkeiten?

Laura Dietrich: Ja, also, genau, was Sie auch gesagt haben, es geht auch so, nur halt nicht mit Malz sondern mit Einkorn. Aber das haben wir experimentell noch nicht ausprobiert, das haben wir vor. Die Experimente sind für Sommer 2024 geplant, ja. Ich rede gerne von den Ergebnissen, die ich persönlich experimentiert habe. Es gibt ja aber schon, genau, traditionelle Getränke, Biergetränke, die so hergestellt werden mit Hilfe der Amylase. Also man kaut die und damit kann man ja sozusagen auch Fermentation produzieren oder anstiften. Wir haben, wie gesagt, mit Malz experimentiert, zumal Malz auch, ich hatte vorhin die Entdeckung erwähnt, dort ist Malz vermutet worden, ja, die Existenz von Malz. Es ist nicht schwer, Getreide zu vermälzen oder es ist nicht ein so komplizierter Prozess, wie man es sich vorstellen würde. Man würde das solchen Jäger,- Sammlerpopulationen sehr gut zutrauen, die Göbekli Tepe errichtet haben, die die ganze, ja, Cuisine erfunden haben. Die erfunden haben, wie man pulverisierte Nahrungsmittel miteinander vermischt, um verschiedene Geschmackserlebnisse zu erzielen dann. Also es ist im Prinzip nicht schwierig, aber wir haben das nicht direkt nachgewiesen, bis jetzt, ja. Wir haben dennoch vermälzte Getreide benutzt und, ja, wie Sie auch gesagt haben, was ja auch richtig, stimmt, man kann das Maisen mit Hilfe der Hitzesteine sehr, sehr gut kontrollieren auch, was essentiell in der Produktion von Bier ist, in dem man entweder einen Stein rausnimmt oder einen Stein mehr rein macht. Man kann ab und zu die Temperatur des Wassers probieren, mit dem Finger probieren. Das bedarf einer gewissen Erfahrung, die aber nicht schwer zu erreichen war bestimmt. Und man kann auch, soweit ich weiß, hat man traditioneller Weise auch die Temperatur des Wassers durch Spiegelung kontrolliert. Also eine bestimmte Art und Weise, wie man sich das Gesicht da verspiegelt hat, das kann man ja auch machen. Aber im Prinzip ist das sehr leicht, die Temperatur für anderthalb Stunden, zwei Stunden zu kontrollieren, mit Hitzesteinen zu kontrollieren. Dann kann man ja alle Hitzesteine rausnehmen und auch mit dem Läutern beginnen, was wir auch gemacht haben. Wir haben zwei Experimente durchgeführt. Eines, in dem wir die Würze getrennt zuerst in ein Steingefäß eingefüllt haben und Hefe dazu gemacht haben, moderne Hefe dazu gemacht haben und eines, in dem wir die Würze in dem Steintrog, wir haben einen Steintrog, ein Replikat nachgemacht, der so ähnlich ist wie in Göbekli Tepe, aber ein bisschen kleiner. Aber es gibt ja auch durchaus diese großen da, 30 Liter Kapazität, die die Großen in Göbekli Tepe erreichen, in diesem Bereich von 30 Liter bis zu 160 Liter. Also das ist eher ein kleineres Exemplar, aber es kommt im Original davon vor. Und wir haben auch die Würze gelassen und das Gefäß mit einem Leinentuch und Erde bedeckt zur Fermentation einmal, ohne das wir Hefe zusätzlich dazu gemacht haben. Wir haben aber verschiedene Blätter, verschiedene Äste mit Blättern darein getupft, weil Hefe im Prinzip überall vorhanden ist, auf allen Obstbäumen. Es war ja auch nicht schwer dazuzukommen, dass das Bier so entstehen kann, für einen prähistorischen Menschen. Unser Produkt hatte 2% Alkohol, das haben wir nachgemessen auch. Es ist leicht rauchig im Geschmack, auch nicht schlecht.

Markus Raupach: Ja, das klingt doch auf jeden Fall sehr gut. Und für mich als Bamberger sowieso, weil wir ja das Rauchbier bei uns quasi als Hausbier haben. Und es ist ja auch zum Beispiel bekannt, dass durch diese Steine dann natürlich Zucker karamellisiert und ich da drüber natürlich auch nochmal Maillard-Reaktionsaromen habe und eben den Karamellzucker habe und auch eine gewisse Süße eben in dem Getränk. Und wenn Sie überhaupt beschreiben, also wie hat das geschmeckt, also wenn Sie sich daran erinnern, wenn Sie das versuchen, jemand nahezubringen, ist das ein angenehmes Getränk, ja, war das eher süß oder eher säuerlich oder beides, ja, können Sie dazu noch was sagen?

Laura Dietrich: Ja, also ich denke, ich bin als moderner Mensch auf jeden Fall voreingenommen. Geschmack entsteht in der Kindheit auch und unser Geschmack ist sozialisierend natürlich. Also ich kann jetzt nicht bestimmen, wie das prähistorisch geschmeckt hat. Mir hat das gut geschmeckt, es ist, wie gesagt, rauchig, aber mir schmecken rauchige Sachen eh. Und ich bin begeistert von dem Experiment gewesen und das es gelungen ist. Und ich bin begeistert von dem Thema und das beeinflusst natürlich meinen Geschmack auch, mein Geschmackserlebnis gewissermaßen, also ich bin da subjektiv. Wir werden auf jeden Fall nächstes Jahr, 2024, das Experiment nachmachen und Sie sind gerne eingeladen, wenn Sie das probieren wollen. Ich denke, Sie als Bierkenner werden das sehr gut beschreiben können.

Markus Raupach: Also da bin ich auf jeden Fall sehr, sehr gerne dabei, geben Sie mir einfach Bescheid, das wird gemacht, versprochen. Ich bringe auch ein bisschen Rauchbier aus Bamberg mit, dann haben wir noch eine andere Möglichkeit, etwas zu verkosten. Ja, Sie haben das ja alles selbst dann eben nachgebraut, gab es denn einen Unterschied zwischen dem Bier mit der Hefe, die Sie zugegeben haben und dem Bier mit der wilden Hefe?

Laura Dietrich: Ich denke, ich kann mich daran erinnern, dass die Wildhefe ein bisschen fruchtiger so geschmeckt hat. Aber, wie gesagt, das ist alles ein bisschen nach Empfindung auch. Aber sonst, so vom Alkoholgehalt her nicht und dominant ist auf jeden Fall der Rauchgeschmack.

Markus Raupach: Okay, gut. Also zwei Fragen habe ich noch, dann sind wir auch fertig, ich will Sie ja gar nicht zu lange hier aufhalten. Also eine Frage noch, wir haben ja schon drüber gesprochen, das Bier war ja eher dann auch ein kultisches Getränk, ein bewusst hergestelltes Getränk für Fete, für Feierlichkeiten. Gibt es trotzdem einen Zeitpunkt, wo Bier dann zum Alltagsgetränk wird, also wie wir es zum Beispiel in Ägypten kennen, dass das ein normaler Bestandteil der Nahrung war? Gibt es da irgendwie Funde, ab wann man das sagen kann?

Laura Dietrich: Das ist eine sehr gute Frage und es ist auch eine Frage, die ich mir jetzt selbst in meiner Forschung stelle auch. Also die Entwicklung ist eher kompliziert, wie auch die Menschheit ist, die entwickelt sich sehr kompliziert, die Beschreibung vom frühen Bier zum Brot. Denn es ist so, dass nachdem diese Revolution der Cuisine, der Küche, des Geschmacks, der Ernährung in akeramischen Neolithiken stattfindet, im Bezug, im konkreten Bezug auf diese Monumentalstädte, auf Versammlungen, Feste, Feiern, Kult, die Entwicklung eher 3000 Jahre später in Richtung der Brotherstellung läuft. Überraschender Weise setzt sich das Brot als Produkt 3000 Jahre später. Und das Brot als Produkt wird auch im Zuge der Neolithisierung, der neolithischen Migration, mit nach Europa transportiert. Und die Geräte, die, ja, Reibsteingeräte, die wir ganz konkret in Bezug auf Brotproduktion sozusagen einordnen können, die tauchen als Erstes auch dort also im Bereich der heutigen Südost-Türkei, Nord-Syrien auf, relevante auch, die tauchen da das erste Mal um 7000. Die werden dominant im Befund und werden langsam auf die anatolische Küste nach West-Anatolien, dann in den Balkan, dann in Zentraleuropa, mitgebracht. Also wir wissen, was von den neolithischen Migranten wird, ist Brot, das haben wir im archäologischen Bild, so. Der Nachweis von Bier, gibt es auch, ja, auch im eher 6. Jahrtausend vor Christus in Europa. Wir wissen aber nicht, zu welchem Maß, die Forschung ist sozusagen am Anfang, ja. Also die Entwicklung ist sehr sprunghaft so von dem frühesten Bier in Südost-Asien zu dem frühen Bier in Europa. Was nicht heißt, dass es nicht existiert hat, das heißt nur, wir wissen ja noch nicht so genau, zu welchem Maß das produziert wurde und ob diese beiden Phänomene direkt verbunden sind, ja, das entwickelt sich ja auch später im Neolithikum Mittel-Europas.

Markus Raupach: Ja, weil man ja auch dann später aus Brot oder zum Teil aus Brot auch Bier hergestellt hat. Und ich kann mir vorstellen, der Vorteil von Brot ist natürlich, man kann es wesentlich leichter aufheben und wesentlich leichter transportieren als ein fertiges Bier. Das ist auch ein Punkt, der dazu beigetragen hat, jetzt mal aus meiner Laiensicht heraus. Letzte Frage, was mich noch interessieren würde, es wird ja immer wieder auch kritisch angemerkt, dass man zwar immer wieder spricht vom Bierbrauen in Göbekli Tepe zum Beispiel, aber das es keinen 100-prozentigen Beweis gibt. Jetzt habe ich ja viele Artikel von Ihnen auch gelesen, da fällt unter anderem das Stichwort Oxalat. Jetzt wollte ich einfach mal fragen, was kann man denn diesen Leuten sagen, also gibt es sichere Nachweise, dass es Bier gegeben hat oder ist es aktuell eher noch eine Annahme?

Laura Dietrich: Also in der Wissenschaft und vor allem der archäologischen Wissenschaft gibt es sehr selten eindeutige Beweise. Aber es ist sehr wahrscheinlich, dass man in Göbekli Tepe Getreide zu Breien und oder zu Bieren erhitzt und zubereitet hat, das ist sehr wahrscheinlich, ja. Also es ist sehr wahrscheinlich, dass die ganzen Reibsteine nicht zur Produktion von Brot benutzt wurden, es ist sehr wahrscheinlich, dass die Steintröge nicht als Vorratskessel für Getreide benutzt wurden. Es ist sehr wahrscheinlich, es ist sicher, dass dort Getreide erhitzt wurde und zu verschiedenen Mahlzeiten nicht nur aus Getreide, wie ich ja vorhin erwähnte auch, aus Kräutern, die man durchaus auch in einem Brauprozess benutzte, Beifuß, Wermutkraut, aber auch Senf, aber auch andere pflanzliche Zutaten, ja, zugegeben hat. Es ist nicht sicher, dass das ganze fermentiert hat. Das können wir bis jetzt nicht nachweisen, das ist ja unmöglich. Es gibt ja bis jetzt kein archäologisches Verfahren, durch das man Fermentation nachweist, das ist der einzige Unterschied. Deswegen sagen wir hier vorsichtig, man hat Brei oder Bier zubereitet. Die ähnlichen Schritte, ja, bei dem ähnliche Schritte durchlaufen werden müssen, also ähnliche Schritte, ähnliche Kochschritte sozusagen beinhalten, ja. Es ist nicht 100-prozentig sicher, dass man dort Bier hatte, aber die Nachweise vermehren sich auch. Wir haben ein Beispiel, das ist ja noch früher und wir haben sehr viel kontextuelle Evidenz. Das muss man ja auch in Betracht nehmen als Archäologe, Archäologin, ja.

Markus Raupach: Ja, na, das auf jeden Fall. Also ich denke auch, da gibt es ja eben dann auch die Überlieferungen aus den ersten Schriftquellen und so weiter, aus den Geschichten, aus den Sagen, die ja auch schon lange Tradition haben, wo natürlich immer Bier oder Alkohol oder eben beides eine Rolle gespielt haben. Ja, vielen Dank, also das war ein ganz, ganz spannender Einblick in Ihre Arbeit. Vielleicht abschließend noch, wenn jemand jetzt zum Beispiel Sie einmal besuchen möchte oder Göbekli Tepe besuchen möchte, geht das einfach, kann man bei Ihnen in Wien vorbeischauen oder wie läuft das? Und wie kann man die Stellen in der Türkei beziehungsweise in Syrien anschauen, geht das?

Laura Dietrich: Ja, also zu Besuch in Göbekli Tepe würde ich auf jeden Fall raten, das ist ja sehr leicht geworden oder es ist jetzt sehr touristisch orientiert alles. Man kann ja via Istanbul nach Sanliurfa fliegen und dort gibt es sehr viel Organisation, heimische Organisation zum Besuch der Fundstätte und es werden Touren angeboten, nicht nur zu Göbekli Tepe, sondern auch zu den anderen T-Pfeiler-Städten wie Karahan Tepe und so weiter. Und 2007, als ich dort angefangen habe zu arbeiten, war das alles nicht, es ist ein riesen Fortschritt. Und ich würde auf jeden Fall die Gelegenheit nutzen, erst vielleicht nächstes Jahr, nachdem die Folgen des Erdbebens vorbei sind hoffentlich, würde ich die Städte in jeden Fall besuchen. Bei mir, man kann meine Arbeit, meine experimentelle Arbeit in jedem Fall im Museum Asparn, neben Wien, nachschauen. Dort habe ich eine Experimentalreihe mit meinen Studierenden, ich bin angefangen und wir werden die auch fortführen. Es gibt einen Tag der offenen Tür immer Ende Juni, Anfang Juli, da ist Publikum sehr gern eingeladen. Und nächstes Jahr wollen wir ein drittes Experiment zum Bierbrauen zu Göbekli Tepe machen und wir wollen zudem ganz große T-Pfeiler-Schnitten mit Hilfe von Steinballen. Das wird ja vielleicht für einige sehr spannend sein und man kann ja Bier kosten, wenn man möchte.

Markus Raupach: Ja, wunderbar, also vielen, vielen Dank, das wird spannend, das klingt toll also! Und ich werde es schon mal fest in meinem Kalender einplanen, freue mich dann schon, dieses Bier auch zu probieren. Und Sie haben auf jeden Fall ganz viel, ja, Lust gemacht und ganz viel Interesse geweckt und auch ein bisschen was, ich glaube, von Ihrer Begeisterung und von Ihrem, ja, von der Bedeutung, die die Kultur einfach damals schon hatte, wie weit Menschen damals schon entwickelt waren. Wir haben da immer so die Flintstones im Kopf, aber das ist einfach ganz anders. Und ich finde das ganz faszinierend und hat mir auch ein bisschen Gänsehaut bereit eben, wenn wir so die alten Kulturen wieder aufleben lassen und sehen, wie weit die schon waren und an was die alles schon gedacht haben. Also vielen, vielen Dank nochmal von meiner Seite für Ihre Arbeit und für die Zeit natürlich jetzt hier und gerne auch für ein weiteres Mal, wenn wir dann die nächsten Forschungen begleiten und vielleicht noch ein bisschen tiefer einsteigen.

Laura Dietrich: Vielen, vielen Dank für die Einladung, es hat mir sehr viel Spaß gemacht und sehr viel Freude gemacht, meine Überlegungen hier auch und meine Forschung vorstellen zu dürfen. Und ich wollte nur mal anschließend sagen, man soll den Erbauern von Göbekli Tepe die Herstellung von Bier ruhig zutrauen, diese Raffinesse zutrauen auch und nicht aus der reinen Perspektive des modernen Menschen auf die Vergangenheit schauen. Denn Göbekli Tepe und auch die anderen T-Pfeiler-Städte, die haben unser Paradigma zwar archäologisch völlig verändert zur Vergangenheit.

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