BierTalk 53 – Interview mit Günther Thömmes, Bierzauberer und Autor aus Brunn in Niederösterreich

Geboren in Bitburg, startete der frisch gebackene Brauergeselle Günther Thömmes nach Bayern, um dort neben dem akademischen Braumeistertitel in Weihenstephan auch noch die bierologischen Weihen der legendären Schwester Doris zu erlangen. Anschließend zog er aus in die weite Welt, um überall auf dem Globus Brauanlagen zu verkaufen und einzurichten. Mit dem Umzug nach Österreich kamen die Liebe und das Verlangen, endlich eine eigene Brauerei einzurichten: Die „Bierzauberei“ war geboren. Nebenbei fand Günther Thömmes auch einen Verlag für seine Bierzauberer-Romanreihe und schaffte es, im ZDF 100.000 Euro bei einer Quiz-Show abzuräumen. Im BierTalk erzählt er seine Geschichte, ein wirklicher Podcast-Höhepunkt…

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Holger: Herzlich willkommen zum 53. BierTalk, auf den ich mich persönlich besonders freue. Am Mikrofon ist der Holger und der …

Markus: Markus.

Holger: Unser Gast ist eigentlich unbeschreiblich. Vom Namen her Günther Thömmes, also da gehe ich davon aus, dass viele der Hörer den Günther kennen, vielleicht persönlich sogar. Aber sicher haben sie schon mal von ihm gehört. Was kann man zu ihm sagen? Eben zwei Dinge sind voll im Vordergrund: Braumeister und Autor. Wer jemals schon mal vom Bierzauberer gehört hat, der Günther ist derjenige, aus dessen Kopf der Bierzauberer entsprungen ist. Und: Was man auch noch sagen könnte, er hat sogar mal in der TV-Sendung „Der Quizz-Champion“ 100.000 Euro gewonnen. Das finde ich auch bemerkenswert. Günther, also herzlich willkommen und schön, dass du Zeit für uns hast. Sag doch mal was zu dir, stell dich selbst einfach mal unseren Hörern vor.

Günther Thömmes: Hallo! Danke Holger, danke Markus! Es ist schön, mit euch hier mal zu plaudern. Ich freue mich über die Einladung. Kurze Vorstellung, und wie gesagt Günther Thömmes ist mein Name, ich bin 1963 im schönen Kreis Bitburg auf die Welt gekommen. Bitburg ist natürlich jetzt auch für Bierfreunde auch ein Begriff. Ich bin auch in Bitburg dann aufgewachsen, habe da nach dem Abitur und Wehrdienst eine Brauerlehre in der Bitburger Brauerei gemacht. Und habe dann in Weihenstephan weitergemacht, habe dann meinen Abschluss als Diplom-Braumeister gemacht. Ich bin dann ziemlich viele Jahre in der Zulieferindustrie unterwegs gewesen in der ganzen Welt. Ich habe also für Ziemann und für GEA, für zwei wirklich große Anlagenbauer in der ganzen Welt Projekte gemacht, zuerst in der Projektierung und dann im Vertrieb. Ich war also wirklich in Ländern, wo man normalerweise brautechnisch nicht hinkommt, wie Usbekistan, Vietnam, hinteres Sibirien, Eritrea, Rumänien, Bulgarien, habe ich damals viel gemacht und in Ex-Jugoslawien. Ich bin dann für die GEA drei Jahre nach Amerika gegangen, zuerst an die Westküste und dann an die Ostküste. Ich habe da meine ersten Erfahrungen mit Craftbier gemacht, also mit dem amerikanischen Craftbier. Das war 1997. Da habe ich dann mein erstes Sierra Nevada Pale Ale getrunken, das war mein persönliches Erweckungserlebnis. Ich habe mir sofort eine Hobbybrauanlage zugelegt beziehungsweise selber gebaut und habe dann angefangen, selber meine Pale Ales, IPAs und so weiter zu brauen. Also zu einer Zeit, da hat in Deutschland eigentlich niemand mit dem Begriff IPA was anfangen können. Ich bin dann 2000 zurück erst nach Deutschland und dann knapp zwei Jahre später nach Österreich, wo ich dann geheiratet habe. Ich habe dann weiter in der Zulieferindustrie gearbeitet. Wir haben die Regionalvertretung gehabt für meine früheren Arbeitgeber Ziemann und GEA. Da war ich viel in Ex-Jugoslawien unterwegs. Und ich habe dann aber beschlossen, ich will mir den Traum meiner eigenen Brauerei erfüllen. Ich habe Ende 2009 mein Geld zusammengekratzt und habe mir meine Bierzauberei gebaut mit einem kleinen 2-Hektar-Sudwerk. Was damals in Österreich so ziemlich das erste echte Craftbier-Projekt war. Also sprich, kleine Brauerei, nur Flaschenbier, spezielle Biersorten, die erste rein obergärige Brauerei war ich ja auch noch. Ich habe als erstes ein IPA in Österreich auf den Markt gebracht, als erster auch eine Gose dann gemacht im 2-Hektar-Sudwerk ohne Gastronomie. Und das war ziemlich heftig. Danach gingen leider ein paar Sachen schief. Deswegen habe ich 2013 die eigene Brauerei wieder verkauft, trotz voller Auslastung. Ich bin dann noch drei Jahre als Wanderbrauer durch die Welt gezogen, habe also in Salzburg gebraut, in (unv. #00:03:41.1#), habe in Budapest viel gebraut, sogar mal in Brasilien eine Gose. Ich habe auch in Deutschland gebraut in der Nähe von Bamberg beim David Hertl. Mit dem habe ich zusammen Biere gebraut. Ich bin dann noch mal in die Zulieferindustrie gegangen hier in Österreich, habe aber letztes Jahr endgültig beschlossen, ich möchte mich als Autor selbstständig machen, weil das ist, was mir am meisten liegt. Das macht mir am meisten Freude. Und die Auftragslage ist auch gut, mit dem Autor, hast du vorhin schon angesprochen. Oder rede ich jetzt zu viel?

Holger: Es ist auf jeden Fall so, die kurze Vorstellung ist jetzt einfach zu einer etwas längeren geworden. Aber in deiner Biografie gibt’s ja auch wirklich so viele spannende Stationen, da reicht wahrscheinlich ein BierTalk sowieso nicht aus. Aber was für mich wirklich immer schon eine Frage war, die ich dir schon immer stellen wollte, ist: Wie hat man sich als Brauergeselle bei der Schwester Doris aus der Klosterbrauerei Mallersdorf eigentlich gefühlt?

Günther Thömmes: Das war eigentlich eine recht lustige Geschichte. Da war ich in Weihenstephan und wollte natürlich in den Ferien auch jobben gehen. Und ich hatte ja schon einen Gesellenbrief in der Hand, im Gegensatz zu vielen anderen Studenten, die ja eher Praktika gemacht haben. Und dann wollte ich in der Freisinger Brauerei arbeiten, bin dann damals zu dem Herrn Mühlbauer gegangen, der war da Chef-Braumeister. Ich habe ihn gefragt und er sagt, bist du in einer Verbindung? Sage ich, Nein. Sagt er, dann ist es schwierig, weil wir nehmen Leute von unserer Verbindung von Bavaria oder so, wo auch der Professor Narziss drin ist. Aber, sagt er, ich weiß, meine gute Freundin, Schwester Doris, sucht eine Urlaubsvertretung. Die hat noch nie Urlaub gemacht, seit sie in der Brauerei arbeitet. Das war 1988. Dann bin ich dahingegangen und habe bei der Schwester Doris mal angerufen. Sagt sie, ja, komm mal vorbei. Da bin ich halt hingefahren. Dann sind wir zur Schwester Oberin gegangen und dann hat sie mich mit den Worten vorgestellt: Ich habe hier einen Brauer für Urlaubsvertretung, er ist zwar ein Preiß, aber Hauptsache, er ist katholisch.

Markus: Musstest du da was unterschreiben, dass du nicht die ganzen Nonnen irgendwie abspenstig machst?

Günther Thömmes: Nein, nein, das nicht. Aber es war dann insofern eine recht lustige Einführung. Dann war das so, dass die Schwester Doris mich zwei Wochen eingewiesen hat und dann ist die tatsächlich mal für vier oder sechs Wochen verschwunden auf Urlaub. Und die hatte wirklich noch niemals Urlaub gehabt vorher. In der Brauerei, mittlerweile ist sie ja recht modern und neu, damals war die wirklich, die hatte noch ein altes Kupfer-Sudwerk, die Austreberung hat auch nicht mehr funktioniert. Das heißt, ich musste zum Austreben dann in diesen kleinen Bottich reinklettern. Was mit meinen 2 Meter plus ja nicht ganz einfach ist. Und da war es heiß und es war eine Herausforderung.

Holger: Normalerweise ist Schwester Doris da reingeklettert? Nein?

Günther Thömmes: Ja genau, genau!

Holger: Echt?

Günther Thömmes: Normal ist Schwester Doris da reingeklettert. Es ging ja nicht anders, weil die beiden anderen Nonnen, die da noch geholfen haben, die waren schon viel, viel älter. Das waren der Schwester Doris ihre Vorgängerinnen. Eine war damals schon 80 Jahre alt fast. Die hat mir dann geholfen bei der Arbeit, ist dann morgens zum Beispiel, damit ich nicht um vier Uhr aufstehen muss oder in der Brauerei sein muss. Ich habe dann da nebenan im Gasthof übernachtet. Die ist dann morgens um vier Uhr gegangen und hat schon mal die Schroterei angeworfen und so weiter. Und wenn ich dann kam, lief die Maische schon. Und musste ich schon im Sudhaus noch weitermachen. Und zum Beispiel beim Schlauchen, die Tanks musste man auch von Hand schrubben und die haben auch nur kleine Satteltanks gehabt, 20-Hekto-Tanks. Das war auch sehr knifflig, da reinzukommen. Aber da habe ich gelernt den alten Brauerspruch: Wenn du mit dem Kopf reinpasst oder mit den Schultern drin bist, dann geht der Rest auch. Und da bin ich dann wirklich in dem Tank, wo ich mich kaum bewegen konnte, habe ich mich dort hingesetzt mit einer Bürste und habe die Tanks geschrubbt. Das war eine Art von Brauen, die ich halt in der Bitburger so nicht gelernt hatte, aber es war eine wirklich spannende Zeit.

Holger: Sehr schön!

Günther Thömmes: Da habe ich wirklich handwerkliches Brauen gelernt.

Holger: Das ist doch wirklich eine sehr schöne Geschichte. Und darauf jetzt ein Bierchen. Günther, was hast du auf dem Tisch oder was hast du in der Flasche?

Günther Thömmes: Ich habe ein Weißbier auf dem Tisch. Ich trinke eigentlich im Moment nur Weißbier. Das ist irgendwie mein Lockdown-Bier. Das läuft am besten.

Holger: Selbst gebraut, oder?

Günther Thömmes: Nein, nein! Das ist ein gekauftes.

Holger: Dann berichte doch mal. Was ist es denn und wieso?

Günther Thömmes: Ich trinke Weißbiere quer durch die Bank eigentlich. Anfang Dezember war ich noch mal in Deutschland und da ist mein Lieblings-Getränkemarkt und da hole ich mir immer ein Weißbier-Sortiment mit. Hier habe ich jetzt im Moment ein Huber Weisses aus Freising. Das sind Biere, die kriege ich in Österreich im Handel nicht. Da habe ich mir so ein bisschen quer durch mal gekauft. Und das hier sind jetzt noch Restbestände. Ich habe nicht mehr viel vom Huber Weisse. Sehr gerne trinke ich halt Weihenstephaner, das ist ein sehr schönes. Und auch das Benediktiner finde ich auch ganz okay, was die Bitburger jetzt da vor ein paar Jahren angefangen haben. Ich kaufe mir aber immer auch mal so ein bisschen ein Sortiment durcheinander und probiere bei Weißbieren eigentlich immer alles durch. Und ansonsten, wenn ich mal ein Pale Ale zum Beispiel möchte, so ein richtiges Craftbier, bin ich im Moment von der Schiene ein bisschen weg. Das Atlantik-Ale vom Störtebeker mag ich sehr gerne, weil das für mich so ein Benchmark Ale aus deutscher Produktion ist. Und ab und zu mal ein schönes Pils oder ein böhmisches oder Budweiser oder so trinke ich auch mal ganz gerne.

Holger: Sehr (unv. #00:08:36.4#)

Günther Thömmes: Aber so richtig Craftbier ist bei mir im Moment eher nicht so. Also das würde ich gerne bei dem Craftbier-Fest noch mal machen. Wenn man älter wird, dann lassen die Geschmacksnerven einen da auch ein bisschen im Stich. Mir sind viele Sachen einfach zu intensiv, die sprechen mich nicht mehr an.

Holger: Das ist ja wirklich interessant, einfach mal zu erfahren, was der Bierzauberer trinkt. Wenn man dann Holger Hahn heißt und der Protagonist, der ja dann 1248 in dem schönen Ort Hahnfurt geboren ist und dann Niklas von Hahnfurt heißt, dann ist das natürlich was Besonderes. Wie bist du denn da drauf gekommen?

Günther Thömmes: Der erste Entwurf ist schon uralt. Das war so, ich habe immer eigentlich schon sehr viel gelesen, ich habe auch sehr viele Romane, historische Romane gelesen. Und mir ist dann irgendwann aufgefallen, es gibt über jeden althergebrachten Beruf irgendeinen historischen Roman, sogar über Physiker, Mathematiker, Wanderhure, Steuerberater der Wanderhure, der Anwalt der Wanderhure, die Hebamme und allem möglichen Scheiß halt. Und da habe ich gedacht, müsste man doch auch mal was über Brauer schreiben. Ich habe aber angefangen mit dem schon in den, ich glaube, Anfang der 90er Jahre. Da gab‘s noch nicht mal Word, da habe ich das noch in dem alten WordPerfect in der DOS-Shell geschrieben, die ersten Textfragmente. Dann lag das mal wieder, dann habe ich mal wieder weitergeschrieben. Und Anfang der 2000er Jahre habe ich mich dann ernsthaft mit dem Thema befasst, habe gesagt, jetzt ist die Textverarbeitungs-Software so gut, da kann ich auch mittlerweile als Laie da mal weiterschreiben. Man konnte auch besser recherchieren, weil es im Internet auch immer mehr gab. Ich bin am Anfang wirklich noch in die Orte gefahren, um mir das anzuschauen, auch für den zweiten und dritten eigentlich, weil es wahnsinnig schwer war, wirklich im Internet früher noch die Sachen zu finden. Das ist mittlerweile überhaupt kein Problem mehr. Ich habe dann die Geschichte weiter ausgewalzt und mir ausgedacht, die Protagonisten habe ich mir ja ausgedacht, und das Drumherum habe ich gedacht, das sollte aber so ziemlich handfest recherchiert sein. Also auch mit ein paar Prominenten, die es damals wirklich gab, wie den Albertus Magnus zum Beispiel und so. Aber für mich war es wichtig, die Brauereisachen authentisch darzustellen. Da hat mir natürlich schon mein Hintergrund, meine Ausbildung so geholfen, über Sachen, über Hopfen und Malz zu schreiben, wie die damals behandelt wurden, wie man damals das weiterentwickelt hat. Der Sprung halt vom Heimbrauen, wo damals die Frauen gebraut haben zu Hause, weil das erste Kapitel heißt ja auch „Bier brauen ist Weibersache“. Und wo dann die Männer übernommen haben praktisch und das in ein Gewerbe überführt haben. Das war ja so die Zeit 12., 13. Jahrhundert. Und das fand ich sehr spannend, weil da gerade die Klöster und die Städte angefangen haben, das halbwegs professionell zu betreiben. Und habe mir die Geschichte dazu ausgedacht. Ich habe das dann fünf Mal, zehn Mal überarbeitet, weil immer noch was nicht gepasst hat. Irgendwann hat mir jemand gesagt, der Gmeiner Verlag hat da eine neue Reihe, historische Romane, historische Krimis. Schau mal, ob das passt. Denen habe ich das Manuskript angeboten und die haben auch gleich zugeschlagen, obwohl es von meinem Konzept her kein Krimi war. Aber die haben es als historischen Krimi anfangs mal vermarktet. Es gab ein paar Leichen, es gab ein bisschen Ärger, und ja, hat denen gereicht für einen Krimi. Und das wurde dann für den Gmeiner Verlag ein wirklich irrer Erfolg. Wir sind jetzt bei der 10. Auflage mittlerweile beim Bierzauberer. In den ersten zwei Jahren bin ich auch kreuz und quer durch Deutschland gefahren und habe Lesungen gemacht. Weil das war für die Brauereien wirklich eine tolle Sache, dass sie gesagt haben, endlich mal ein Buch über einen Brauer. Ich habe zum Beispiel allein dreimal hintereinander beim Krimifestival in Braunschweig gelesen, in der Wolters Brauerei. Wo die mir in der Verladehalle ein richtiges Amphitheater aus Bierkisten gebaut haben. Richtig schön mit Sitzplätzen und Freibier dazu und einer Bühne und Ton und Licht, alles ganz perfekt. Das war 2009, 2010 und 2011 oder so habe ich da gelesen. Ausverkauftes Haus jedes Mal, das war echt toll. Ich habe dann halt den zweiten und dritten relativ schnell nachgeschoben, weil die Rechercheunterlagen hatte ich da. Weil ich habe gedacht, ich mache dann immer Sprünge von 200 Jahren, weil das meiner Meinung nach die wichtigen Epochen sind, wo da was passiert ist. Also der erste war halt der Übergang zum gewerblichen, der zweite war die Entstehung der diversen Gesetze bis zum Reinheitsgebot im 14., 15. Jahrhundert bis Anfang 16. sogar, also Spätmittelalter. Und dann halt in der Barockzeit im 17. Jahrhundert der Niedergang des Bieres über 30-jährigen Krieg und neue Getränke wie Kaffee, Tee, Kakao, die halt das Bier nicht mehr attraktiv gemacht haben. Und außerdem waren die Hopfenfelder und die Getreidefelder ja alle zerstört. Danach habe ich ein paar Jahre Pause gemacht, andere Sachen geschrieben. Und dann jetzt 19. Jahrhundert wieder draufgelegt mit dem Wiederaufstieg des Bieres als Volksgetränk in der Industrialisierung. Da habe ich einen zweibändigen gemacht, ein Duell der Bierzauberer. Und das aktuelle ist jetzt letztes Jahr rausgekommenen im Herbst, „Tage des Hopfens, Tage des Zorns“. Über im Prinzip den Sedlmayr Spaten-Brauerei und englische Brauereien, eine Rivalität. Da habe ich mit dem Sedlmayr zum ersten Mal eine Figur genommen, die es wirklich gegeben hat. Ich habe den aber fiktiv ausgewalzt, weil es ist Roman, da darf ich das.

Holger: Der Markus und ich, wir sind ja wirklich sehr bier- und brauhistorisch begeistert. In allen Verkostungen ist das ein Thema, auch in allen Ausbildungen ist das ein Thema. Markus, was hast du dir denn jetzt für diesen Termin für ein tolles Bier ausgesucht?

Markus: Werde ich gleich lüften, dieses Geheimnis. Vorneweg noch, ich freue mich natürlich, wenn du jetzt dein nächstes Buch schreibst, weil dann gehen wir ja in die Zukunft. Und das könnte durchaus spannend werden, wenn wir dann im 21., 22. Jahrhundert sind und du vielleicht dann den brauenden Raumschiffkapitän durch die Gegend fliegen lässt, der den Aliens dann mit Bier den Hintern versohlt. Oder irgendwie so.

Günther Thömmes: Na, so weit, also wenn ich jetzt noch einen sechsten schreibe, dann würde der im 20. Jahrhundert spielen. Weil da ist so viel passiert. Ich habe aber jetzt grad noch einen anderen in Arbeit, jetzt auch fertiggestellt, gerade ein Krimi, der nichts mit Bier zu tun hat. Der erscheint im August. Das ist ein Wien-Krimi. Und jetzt habe ich gerade einen historischen Roman in Arbeit, der aber mit Bier jetzt soweit nichts zu tun hat. Aber ich komme wieder zurück auf das Thema.

Markus: Okay! Oder wir machen das dann zusammen. Das fände ich ja auch mal lustig. Auf jeden Fall habe ich mir natürlich ein besonderes Bier ausgesucht und ich habe eine besondere Flasche einer besonderen Brauerei, auch die letzte Flasche und vielleicht überhaupt die letzte Flasche, weiß ich gar nicht. Und zwar ist das eine relativ junge Brauerei aus Nürnberg, den Brauer kennst du, glaube ich, den Felix. Es ist …

Günther Thömmes: Vom Orca?

Markus: Genau! Vom Ocra Brau.

Günther Thömmes: Ja, ja.

Markus: Ganz genau! Er hat ein schönes Bier gemacht, wo ich mir gedacht habe, das passt gut zu dir. Da steht nämlich drauf: Es ist alles Gold, was glänzt. Besonderes Bier. Da drin ist dann eben nicht nur Wasser und Gerstenmalz und Hopfen, sondern auch Kakaobohnen und Orangenschalen und Zimt und Ingwer. Also im Grunde ein sehr, sehr spannendes, vielfältiges, vielschichtiges Bier. Das habe ich gedacht, passt gut, wenn wir mit dem Günther reden. Und das mache ich jetzt mal auf.

Günther Thömmes: Ihr seid ja politisch Bayern. Wird man da nicht gesteinigt?

Markus: Nein, in keinster Weise. Also erstens ist es ja da. Grundsätzlich, was in einer Flasche käuflich erwerbbar ist, das darf auf jeden Fall getrunken werden.

Günther Thömmes: Der Felix ist ja ein unglaublich mutiger und auch kreativer Typ und vor allen Dingen seine Begeisterungsfähigkeit, das finde ich immer wieder klasse. Er ist so ein netter Kerl, der lässt sich ja nicht unterkriegen, egal was dem da an Widrigkeiten missfallen, mal unterkommen kann. Und das finde ich wirklich bewundernswert.

Markus: Das finde ich auch total klasse. Er ist ja nicht immer der, der alle Herzen im Sturm sofort erobert, aber er hat es tatsächlich geschafft, jemanden zu finden, der eben mit ihm da jetzt gemeinsam streitet und auch ein bisschen investiert hat. Und sie haben jetzt eine Kaspar-Schulz-Anlage, ein richtig nobles Teil dastehen.

Günther Thömmes: Ja, ja. Ich habe abgesehen, (unv. #00:15:51.4#)

Markus: Macht tolle Biere. Und er hat es wohl auch geschafft, seinen zuständigen Behördenmenschen davon zu überzeugen, dass seine besonderen Biere eben besondere Biere sind und deswegen auch sein dürfen. Also zumindest ist der aktuelle Stand der Dinge, dass da vieles geht. Und wenn ich mir das Ganze anschaue, was ich jetzt hier im Glas habe, dann habe ich so ein richtig, ja, schon fast kaffeebraunes Bier. Es ist nicht ganz blickdicht, ein bisschen sieht man noch. Also richtig schön braun, leichter rötlicher Schimmer. Obendrauf steht auch ein ziemlich schöner etwas grobporiger brauner Schaum, der also auch relativ dunkel ist. Es bildet schon so ein bisschen Schlieren im Glas, da merkt man, mit 6,5 oder so ähnlich ist das schon ein etwas kräftigeres Bier. Und wenn man reinriecht, dann kommen einem tatsächlich die Orangenschalen und der Ingwer und so ein bisschen malzige Noten entgegen. Probieren wir das mal. Also sehr, sehr schön. Das ist ganz moussierend auf der Zunge. Der Zimt kommt dann auch richtig schön raus, bleibt auch lange, lange da. Und dazwischen kommen dann so diese Kakaobohnen. Das schmeckt fast ein bisschen auch wie Tonkabohne, also eine ganz schöne erdige Note mit dabei.

Günther Thömmes: Also ein richtig schönes Winterbier, oder?

Markus: Richtig schönes Winterbier, auch ein bisschen frisch. Also das gefällt mir richtig gut. Wenn ich schon mal jetzt das Mikrofon quasi in der Hand habe, dann nutze ich die Gelegenheit, dich auch was zu fragen. Wir hatten ja jetzt gerade drüber gesprochen oder du hast erzählt, dass du ja bei unserem lieben David warst. Da denke ich mir immer, der David ist ja so einer, der hat auch viele Worte und sagt die auch alle. Ist ein ganz lieber Mensch.

Günther Thömmes: Schön gesagt. Ja.

Markus: Aber wie läuft das? Du hast mit ihm einen Collaboration Brew gemacht. Also ihr beide an einem Braukessel stelle ich mir interessant vor auf jeden Fall.

Günther Thömmes: Wir haben schon zwei gemacht, schon zwei.

Markus: Ah ja! Dann sogar schon zwei gemacht, umso besser. Ich habe das English Burton Ale noch im Kopf. Das weiß ich …

Günther Thömmes: Genau, genau! Das war von meiner Bierzauberei, denke ich, mein bestes historisches Rezept. Das war einfach ein unglaubliches Bier. Als ich dann aufgehört habe mit meiner Brauerei, habe ich gedacht, mit dem David machen wir das mal. Es ist nicht ganz so gelungen, wie das Original war. Das höre ich immer wieder von Leuten, die das aufmachen. Aber heute hat noch einer auf Facebook gepostet, dass er noch eine Flasche von der (unv. #00:17:49.8# Herzog?) Koproduktion aufgemacht hat, sagte: Der Hopfen ist ein bisschen weg, aber sagt er, immer noch, auch nach fünf Jahren oder ich weiß gar nicht mehr, wann wir das gemacht haben, vier, fünf Jahre ist das schon her, sagt er, immer noch ein tolles Bier, sehr schön zum Trinken. Da lief dem David seine Anlage nicht ganz rund, weil das Burton Ale ist vom Maischen und Läutern und Kochen ein sehr anspruchsvolles Bier. Das haben wir nicht ganz so hingekriegt. Er hat mittlerweile, glaube ich, aufgerüstet, da geht das besser. Und wir haben danach noch eine Quitten-Gose gemacht. Da habe ich ein Rezept gemacht und der David hat damals, ah komm, das besondere Bier, das kriegen wir jetzt durch, wir lassen uns einfach nicht erwischen. Das haben wir 2016, glaube ich, gemacht. Das war auch ein sehr spannendes wirklich tolles Bier, habe ich noch ein paar Flaschen da. Das haben wir in so Prosecco-Flaschen abgefüllt.

Markus: Da hatte ich damals auch ein Fläschchen, das fand ich auch total genial. Zumal Quitte auch eine meiner absoluten Lieblingsfrüchte ist. Ich habe dieses Jahr zum ersten Mal dank des Lockdowns Zeit gehabt, also letztes Jahr genauer gesagt, Zeit gehabt, eine Quitten-Marmelade selber zu machen, was mir echt viel Spaß gemacht hat. Tolle Geschichte! Aber ich glaube, wir müssen unbedingt den Holger noch zu seinem Bier kommen lassen, sonst wird der noch ganz vertrocknet.

Holger: Ja, unbedingt! Und vor allen Dingen muss ich sozusagen mir die Moderation wieder zurücknehmen. Das ist ja immer sehr gefährlich, wenn man mit dem Herrn Raupach quasi in einem Podcast steckt.

Günther Thömmes: Ja, die Gefahr läufst du bei mir aber auch, Holger.

Holger: Ja. Ja, ja. Aber ich bin dem, glaube ich, gewachsen. Jetzt ist ja auch noch mal das Quizzen ein Thema. Jetzt hast du in der ersten Lockdown-Phase ein Quizz-Buch quasi kostenlos zur Verfügung gestellt im Internet. Und jetzt gibt’s da also eine Frage, die heißt: Woraus besteht die Nudel in Loriots (unv. #00:19:24.6#) Nudel-Sketch?

Günther Thömmes: Ja!

Holger: Jetzt ist für mich natürlich die Frage: Warum beschäftigt diese Frage so einen Menschen wie dich so unglaublich? Sag das doch mal.

Günther Thömmes: Das ist nicht unglaublich, aber ich quizze halt gerne. Also das heißt, aber nicht organisiert, nicht im Club oder so. Aber ich schaue gerne Quizsendungen und ich denke mir auch selber gerne Fragen aus. Meine Familie nervt das schon ein bisschen, wenn da irgendwas läuft. Eine Zeit lang habe ich auch immer „Wer wird Millionär?“ geschaut. Mich beschäftigen einfach so Trivia-Fragen und ich merke halt auch, dass es viele Leute gibt, denen das auch Spaß macht. Deswegen habe ich gedacht, jetzt ist Lockdown, jetzt schreibe ich das mal zusammen. Und habe da gar nicht vorgehabt, da ein Buch daraus zu machen. Ich habe nur mal Fragen einfach aufgeschrieben und irgendwann waren es so viele, dass es genug war, wo ich gedacht habe, ich mache da jetzt ein PDF und stelle das mal zur Verfügung, wer Lust hat. Es freut mich aber, dass du dich damit beschäftigt hast. (unv. #00:20:13.6#)

Holger: Wir können ja den Markus, und Markus, das ist jetzt quasi eine Ansage an dich, du darfst jetzt eine Antwort formulieren und danach geht es wieder zurück an mich. Also woraus besteht die Nudel in Loriots legendärem Nudel-Sketch? Erstens, aus einer echten Nudel, aus gedrehtem Papier oder drittens, aus Kartoffelstärke? Bitte sehr.

Markus: Da würde ich sagen, aus der Kartoffelstärke.

Günther Thömmes: Falsch, falsch! Die Nudel besteht …

Holger: Die war wahrscheinlich dann aus gedrehtem Papier, oder?

Günther Thömmes: Die Nudel besteht aus Papier. Ja.

Holger: Ja.

Markus: Da war ich aber nah dran. Ich hatte es zuerst gedacht. Dann habe ich doch gleich mal eine Frage an euch.

Holger: Das gibt’s doch gar nicht. Also jetzt …

Markus: Doch!

Holger: Du bist ja wie ein ungezogenes Kind.

Markus: Jetzt darf ich auch eine Frage …

Holger: Jetzt muss man dich doch wirklich mal zurechtweisen. Das geht doch nicht. Das geht doch nicht. Außerdem habe ich noch nicht mal mein Bier aufgemacht, du unverschämter Kerl.

Günther Thömmes: Ja, Bier. Mach mal dein Bier zuerst jetzt.

Markus: Also gut!

Holger: Unglaublich! Ich sage ja immer, der Raupach, ein ganz besonderes Tierchen. Ich mache jetzt mal mein Bier auf.

Markus: Voran, voran!

Holger: Was habe ich jetzt hier für ein Bierchen? Ich habe mir jetzt gedacht, was trinke ich jetzt, wenn ich jetzt mit dem Günther Thömmes da so sprechen darf und zusätzlich noch einen Oberfranken habe? So habe ich ganz viele Dinge einfach miteinander vereinbart. Erstens habe ich gedacht, wir reden jetzt natürlich über Historie und Bierhistorie und über den Bierzauberer und wir gehen total in die Moderne. Also möchte ich jetzt fast behaupten, das modernste Craftbier, was es im Moment gibt in der Dose. Das ist das erste Thema. Dann habe ich gedacht, es muss natürlich ein Bier aus Oberfranken sein. Und das dritte Thema ist: Es muss natürlich von jemandem sein, mit dem der Günther schon mal ein Collaboration Brew gemacht hat. Jetzt ist doch klar: Was habe ich in der Dose?

Günther Thömmes: Impfstoff.

Holger: Ganz genauso ist es.

Günther Thömmes: Doppelt oder einfach?

Holger: Es ist ja noch nicht ganz so spät, ich muss ja irgendwie meinen Abend gestalten. Deshalb habe ich jetzt einfach gedacht, nein, einfach, ganz normal einfach.

Günther Thömmes: Und kann das was? Ich höre nur, dass das ausverkauft ist, dass die Leute so begeistert sind.

Holger: Innerhalb von drei Stunden war alles ausverkauft. In dem Fall ist es ja ein Collaboration Brew mit Munich Brew Mafia, das Einfache und das Doppelte. Ich finde sie beide ganz großartig.

Günther Thömmes: Was ist das für ein Bierstil? Da wird nämlich nie darauf eingegangen. Ich lese immer nur Impfstoff hier, Impfstoff da.

Holger: New England IPA.

Günther Thömmes: Ein NEIPA. Okay!

Holger: Ja, genau! Ein NEIPA. Und dann auch in der modernen Dosengröße 0,44 Liter. Auch nochmal so ein Phänomen, finde ich. Was habe ich jetzt also hier schon in der Nase? Auf jeden Fall ist es eine totale Fruchtbombe, die man da mitbekommt. Also Maracuja und Mango, ein bisschen Erdbeere sogar, finde ich. Und wenn man dann trinkt, dann bestätigt sich eben dieser fruchtige Körper. Es kommt dann auch noch so eine Vanillenote dazu. Im Abgang feine Gewürze, finde ich. Es ist auch ein richtig schönes komplexes Bier. Er hat einen relativ neuen Hopfen, Aromahopfen verwendet, der so gerade, oder was heißt so neu ist der gar nicht, aber der wird gerade so modern, Motueka.

Günther Thömmes: Motueka. Ja, der Motueka ist aber nicht so neu. Den habe ich vor sieben Jahren oder so bei meinem Jahrgangsbier schon verwendet.

Holger: Nein, nein. Deshalb sage ich ja, der ist gar nicht so neu, aber er ist gerade so im Kommen. Also der wird jetzt oft verwendet und man hört ihn immer an jeder Ecke. Und das war früher nicht so oder ich habe nicht genug aufgepasst, das kann sein.

Günther Thömmes: Wir müssen ja, jeden Monat muss die Craftbier-Szene ja eine neue Sau durchs Dorf treiben. Das ist ja leider so.

Holger: Die Craftbier-Szene, die hat ja auch viel bewegt und hat letzten Endes auch dazu beigetragen, dass wir hier so wunderbar über Bier sprechen können. Also das haben die ja hoffähig gemacht. Und ich muss dir recht geben, klar, ich bin jetzt auch jemand, der immer wieder, auch gerade so in der letzten Zeit, immer wieder predigt, vergesst mir die Klassiker nicht. Aber heute war das für mich ideal. Also einfach so ganz hochmodern eben dieses Thema Impfstoff, dann der Härtl und dann noch Oberfranken. Und mir schmeckt‘s wirklich hervorragend.

Günther Thömmes: Das ist schön. Ja, ich würde es auch mal gerne probieren. Aber ich habe das nicht als Kritik an den Brauern gemeint mit der Sau durchs Dorf treiben. Die Brauer sind ja im Prinzip die armen Schweine. Das war eher Kritik an den Craftbier-Fans, die einerseits nicht genug kriegen können von den Neuerungen. Und wie du sagst, vergesst mir die Klassiker nicht, dann kommen die zum Händler und fragen so den Händler: Was gibt’s Neues? Der Händler sagt: Ja, das. Das hatte ich ja letzten Monat schon. Ich will was richtig Neues. Das ist beim Craftbier schon seit Jahren aber ein Dilemma, aus dem ich da im Moment nicht sehe, wie wir da rauskommen sollen.

Holger: Wie kommen wir da raus?

Markus: Da kommen wir gar nicht raus. Weil ich denke, das sind kommunizierende (unv. #00:24:48.2# Röhren?). Ich meine, auf der einen Seite ist es eben so, dass die Brauer das natürlich auch nähren und fördern dadurch, dass sie ständig neue Biere raushauen. Und dann hat man auch das Problem, dass es immer die Bubble ist. Also das heißt, man hat diesen Craft-Brauer, der hat dann seine 20 Jünger. Denen gibt er dann sein neues Bier. Die sind total begeistert. Er denkt, er ist der Größte. Und dann wird er animiert, das nächste zu machen, zeigt das wieder seiner Bubble. Die Bubble ist natürlich wieder entsprechend begeistert. Und so ist das ein Teufelskreislauf, der einfach dazu führt, dass dieses Rad sich immer weiterdreht, so lange, bis halt kein Geld mehr da ist. Das ist sehr, sehr schade, weil da eben auch viele gute Leute so ein bisschen in die Falle tappen und (unv. #00:25:22.2#)

Günther Thömmes: Ja, die verheizen sich selber und die werden verheizt.

Markus: Genau! Weil das Problem ist ja, du musst als Brauerei irgendwann mal Geld verdienen.

Günther Thömmes: Ganz genau!

Markus: Und mit dieser Geschichte, dass du immer mal wieder was Neues raushaust und das dann immer nur deinen besten Freunden am besten noch umsonst oder zum Sonderpreis gibst, davon wirst du sicher nicht überleben können. Aber ich habe mal eine Frage an euch beide, wenn wir schon beim Quizzen sind. Bin ich mal gespannt. Was passierte am 1. Oktober 1907 in Bamberg?

Günther Thömmes: Am 1. Oktober 1907?

Markus: Ganz spektakuläre Angelegenheit.

Holger: Ach so! Ah, ich weiß. Ich weiß doch. Das ist der Bamberger Bierkrieg.

Markus: Hat damit zu tun. Aber was passierte an diesem Tag?

Günther Thömmes: Da gab’s eine Bierpreiserhöhung, oder?

Markus: Genau! Richtig! Da wurde der Bierpreis erhöht von 10 auf 11 Pfennig, zum ersten Mal seit über 200 Jahren. Muss man sich das vorstellen und da gingen natürlich die Bamberger auf die Barrikaden. Also so viel nur mal kurz zum Thema Quizz. Ich bin da leider nicht ganz so drin, finde das aber auch immer ganz spannend und muss sagen: Ich habe auch die Sendung wirklich eifrig verfolgt, also wurde ja erst ausgestrahlt, nachdem sie ja schon abgedreht war. Aber trotzdem wusste ich ja in dem Moment noch nicht wirklich, wie es endet. Und das war sehr, sehr spannend. Vielleicht mal so aus erster Hand von dir erzählt: Wie fühlt man sich da und wann hattest du Lust auf das erste Bier?

Günther Thömmes: Das war eine ganz großartige Erfahrung. Ich war ja vorher schon mal dagewesen im November, war schon fix und fertig verkabelt und wäre als nächster Kandidat drangekommen. Dann der Kandidat vor mir aber hat so lange gebraucht und der hat dann auch die Show gewonnen. Da haben sie mich wieder unverrichteter Dinge nach Hause geschickt und haben gesagt: Darfst du im Frühjahr wiederkommen. Da hatte man schon mal ein bisschen Erfahrung. Deswegen war dann im Frühjahr die Nervosität nicht mehr ganz so groß, als ich dann drankam. Und es hat einfach an dem Tag alles gepasst. Es hilft ja nichts, wenn du selber denkst, du weißt alles. Es muss alles passen. Die sind unglaublich nett da beim ZDF, auch die Produzentenfirma. Du arbeitest ja mit mehreren Firmen. Die einen machen den Imagefilm, dann gibt’s einen Veranstalter, gibt’s eine Casting-Firma, ZDF ist die Hülle drumherum. Und dann die Promis dabei. Und sind alle total nett zu den Kandidaten und machen dir das Leben wirklich leicht. Als ich dann dran war, war die Nervosität eigentlich relativ schnell weg halt mit dem ersten Bier. Ich durfte als einziger Kandidat vorher schon ein Bier trinken. Da war ich wirklich nervös. Und der Casting-Chef hat gesagt, der ist Braumeister, der darf ein Bier trinken. Die anderen haben nur einen alkoholfreien Kühlschrank in unserem Casting-Zimmer. Mir hat er zwei Flaschen Becks hingestellt, die ich dann trinken durfte. Und sagte, sag’s aber nicht weiter. Das hilft dann schon ein bisschen. Und es war abgemacht mit dem Kerner, dass, wenn ich es nicht zu plump mache, dass ich ein Bier bekomme während der Show. Es war ja auch unüblich. Aber da hat’s halt zum Thema gepasst. Und weil dann auch der Horst Lichter noch da war, mein entfernter Verwandter, haben wir da halt das Ganze ein bisschen klamaukig aufgezogen. Das war also ein bisschen scripted schon mit dem ersten Bier, aber danach ist das bei den anderen Shows leider eingerissen, dass jeder nur noch Alkohol gefordert hat. Und deswegen haben sie das dann wieder eingestellt. Am Schluss wollten die ja sogar Wetttrinken mit den Promis machen. Das war dann schon ein bisschen daneben. Aber ich fand das sehr, sehr schön, war ein ganz toller Tag, also hat einen Riesenspaß auch gemacht. Und in der nächsten Folge im Herbst bin ich ja nochmal hin. Da habe ich ja einen Bekannten gecoacht, mit dem ich früher zusammen in der Schule war. Und der hat ja auch gewonnen. Das war ja wirklich dann besonders klasse.

Markus: Richtig! Das habe ich auch gesehen. Letzte Frage zu dem Thema, von mir zumindest: Wie ist das dann, wenn man auf sein Konto guckt und da ist so ein Zahlungseingang von 100.000?

Günther Thömmes: Wahnsinn, Wahnsinn! Total geil! Ich habe mir den Kontoauszug auch ausgedruckt und mit einem Bild zusammen eingerahmt, diesen Zahlungseingang. Das war schon irre, echt geil.

Holger: Wann machen wir noch einen BierTalk mit dir? Man könnte jetzt sagen, wir machen den 106., also einfach verdoppeln wir, oder ist das zu mutig, Markus? Ich weiß nicht. Kommen wir auf 106 BierTalks? Keine Ahnung.

Markus: Ja, warum nicht? Also ich habe genügend Bier im Keller, sagen wir mal so.

Holger: Ich glaube, das trifft für den Günther und für mich dann auch zu. Günther, wärst du damit einverstanden, dass wir dich …?

Günther Thömmes: Ja, natürlich! Gerne! Macht ja Spaß. Bierkeller ist bei mir auch kein Problem.

Holger: Sehr gut! Dann tragen wir das in die Tabelle ein: Der BierTalk 106 ist dann Günther Thömmes Teil 2. Die abschließende Frage, die ich an dich habe, ist: Was ist eigentlich dein Lieblingsbuch?

Günther Thömmes: Jetzt von allen oder (unv. #00:29:25.1#)

Holger: Ach, du kannst dir das aussuchen. Du kannst jetzt (unv. #00:29:27.4#) generell …

Günther Thömmes: Oder von den Büchern, die ich geschrieben habe, welches gefällt mir da am besten?

Holger: Das kannst du dir jetzt aussuchen. Das lasse ich offen.

Günther Thömmes: Oh, das ist schwierig. Ich habe eigentlich viele Lieblingsbücher, weil ich halt wahnsinnig viel auch querbeet lese. Aber ich sag mal, zu meinen absoluten Lieblingsbüchern gehört oder erst mal als Autoren, John Irving lese ich wahnsinnig gerne. Und da war mein erstes von ihm „Garp und wie er die Welt sah“. Das war ein Buch, was ich, glaube ich, dreimal hintereinander gelesen habe, so fasziniert war ich davon damals. Ist ja auch schon ziemlich lange her. Dann ist eins meiner absoluten Lieblingsbücher auch von Harry Mulisch „Die Entdeckung des Himmels“. Sprachlich ganz toll, auch ein bisschen ein philosophisches Buch. Spielt in Holland, der Harry Mulisch ist ja Holländer. Ich finde das total irre, also von der Idee her. Ich weiß nicht, ob jemand von euch das kennt?

Holger: Ich kenne es nicht.

Markus: Nein, ich auch nicht.

Günther Thömmes: Vor einigen Jahren gab‘s mal so eine Samstagabend-Serie, „Die beliebtesten Bücher der Deutschen“ oder so. Da ist es tatsächlich in den Top 10 gelandet. Also da war ich ganz überrascht, dass das wirklich so erfolgreich war. Im Moment lese ich so ein historisches Lesebuch, ein bisschen flapsig von einem Engländer über Deutschland geschrieben, das ist recht lustig, von Simon Winder. Da hatte ich gerade das vorher „Herzland“ gelesen. Von meinen eigenen Büchern mag ich mir kein Urteil erlauben. Ich empfehle halt nur, wenn jemand mich fragt, wenn es nichts mit Bier zu tun hat, empfehle ich den „Limonadenmann“, weil ich denke, dass der von der Story vom Plot, weil da auch eine Liebesgeschichte drin ist, dass der eher Leser erreicht, die nicht bieraffin sind. Der Bierzauberer war natürlich für mich der große Türöffner. Und insofern hänge ich an dem Buch persönlich halt sehr, weil das für mich die Eintrittskarte war, als Autor zu arbeiten.

Holger: Ich habe ihn auch geliebt und liebe ihn auch immer noch. Vielen, vielen Dank für deine schöne Art zu berichten und die tiefen Einblicke in deine spannende Biografie. Und ich freue mich schon auf den 106. BierTalk.

Markus: Ich freue mich da auch sehr drauf. Dann gibt’s bestimmt bis dahin auch noch mal ganz spannende Geschichten. Und wer weiß, vielleicht machen wir das dann ja sogar live, besuchen entweder dich in Österreich oder du bist gerade mal hier irgendwo zwischen Bamberg und München. Auf jeden Fall hat mir auch viel Spaß gemacht und ich freue mich immer von dir zu hören, mit dir zu sprechen. Und das war heute wirklich ein ganz besonders schöner BierTalk.

Günther Thömmes: Danke schön! Hat mir auch großen Spaß gemacht. Dann macht’s gut, Jungs! Bleibt gesund!

Holger: Ja, tschüss!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 19 – Interview mit Gui Hollanda vom Griesbräu in Murnau

Er ist schon einmal komplett um die Welt gereist, von seinem Heimatland Brasilien über Kanada nach Europa, wo Gui Hollanda schließlich an der VLB in Berlin in der Braumeisterklasse landete. Beseelt von der Mission, gutes Bier für die Deutschen zu brauen, zog es ihn an den Rand der bayerischen Alpen ins Blaue Land, wo er den Braukesseln der Murnauer Griesbräu neues Leben einhauchen sollte. Doch dann kam der erste Lockdown – und es sollte noch ein paar Tage dauern, bis der Brasilianer endlich das Brauerpaddel in die Hände nehmen und ans Werk gehen konnte. Das Ergebnis konnte sich sofort sehen und vor allem schmecken lassen – und ist wegen des zweiten Lockdowns mittlerweile auch aus der Dose in Münchner Spezialitätenläden zu bekommen. Im BierTalk erzählt Gui seine Geschichte und von seinem neuen Alltag an der Wirkungsstätte von Gabriele Münter und Wassily Kandinski…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres BierTalks. Diesmal wieder ein Special, Nummer 19. Ein ganz besonderes, weil wir gleichzeitig in Deutschland sind und ein bisschen auch in Brasilien und uns über viele unterschiedliche Aspekte dieser beiden Welten natürlich unterhalten wollen. Wir, das sind wie immer der Markus und …

Holger: … der Holger.

Markus: Genau! Und wir haben uns diesmal den Gui eingeladen, wobei das ein sehr kurzer Name ist. Eigentlich hat er einen sehr viel längeren Namen, den wird er uns wahrscheinlich gleich noch mal kurz verraten. Gui, vielleicht magst du dich unseren Hörern mal ganz kurz vorstellen.

Gui Hollanda: Servus zusammen! Wie gesagt, mein Name ist Gui. Den ganzen Namen, kann fast kein Deutscher sagen. Deswegen gehe ich immer mit Gui. Der ganze Name ist Guillermi.

Markus: Du bist jetzt in Murnau gelandet, an den Alpen, wo es kalt ist, also ganz anders. Und vielleicht erzählst du mal kurz, wie du als Brauer überhaupt dahin kommst und was dich so bewegt.

Gui Hollanda: Wie ich zum Bierbrauen gekommen bin, das war so 18. Dann bin ich eigentlich nach Europa gekommen, um einen Monat Backpacking durch Europa zu machen. Dann habe ich eigentlich echt gutes Bier hier getrunken in Deutschland, in Belgien, in Niederlanden, in Dänemark. Und ich wollte dieses Bier auch in Brasilien trinken, aber sie waren auch sehr teuer. Und habe ich einen Kollegen von mir gefragt, der (unv. #00:01:25.4#) war, hat gesagt, hey, weißt du, wie man Bier braut? Und ich habe gesagt, eigentlich nicht, aber ich habe schon einen Wochenendkurs für Hobbybrauer gefunden. Willst du mitmachen? Dann haben wir angefangen, so zusammen zu brauen. Ich habe mich entschieden nach dem Gymnasium, dass ich nach Deutschland kommen wollte, um Bierbrauen zu lernen. Dann ich habe so erstmal ein Jahr Deutsch gelernt hier, dann habe ich mein Abi geschrieben, dann war ich sechs Monate in Berlin in der VLB. Da habe ich in der Versuchsbrauerei gearbeitet. Danach habe ich erst mal mit Bierprozess-Technologien angefangen. Dann habe ich zum Brauwesen und Getränketechnologie gewechselt. Und in den letzten zwei Semestern von dem Studium habe ich gewechselt zum Diplom-Braumeister, weil ich bemerkt habe, dass ich kein Brauingenieur sein wollt. Ich wollte eigentlich Bier brauen, in einer Brauerei arbeiten als Baumeister. Und dann habe ich diesen Job hier kurz nach dem Studium gekriegt.

Markus: Das ist ja ganz spannend. Also einsteigen an den Alpen sozusagen. Holger, was sagst du? Traum-Lebenslauf?

Holger: Unbedingt! Ich finde immer toll, wenn man sich aus seiner Komfortzone rauskatapultiert. Und das ist ja hier absolut passiert. Also ihr müsst euch jetzt vorstellen, so ein Land wie Brasilien, vollkommen anders als Deutschland, dann die Sprache hier zu lernen, einfach dieser Wille, hier gutes deutsches Bier zu brauen und das dann einfach auch noch durchzuziehen, ist schon sehr beeindruckend. Du hast ja gesagt, ins kalte Deutschland. Damit meinst du ja jetzt den Winter, aber eigentlich ist ja Murnau eine ganz tolle Gegend, also das blaue Land am Staffelsee. Die Menschen sind ja alles andere als kalt, sondern sind ganz großartig. Du weißt ja, ich bin begeisterter Exil-Oberbayer sozusagen. Meine Eltern wohnen ganz in der Nähe von Murnau und ich bin oft eben auch da in der Region und liebe das. Und Gui, liebst du das auch? Also liebst du auch da diese schöne Landschaft und die Leute? Wie geht es dir jetzt hier bei uns?

Gui Hollanda: Ich (unv. #00:03:25.2#) eigentlich super gerne, dann hier eigentlich in der Mitte von den Alpen und neben dem Staffelsee zu sein, das ist echt voll schön. (unv. #00:03:33.4#) ziemlich entspannten Stammtisch zu setzen mit ganz vielen von unseren Stammgästen zu reden. Und manche von denen kann ich auch nicht so gut verstehen, weil sie eben echt bayerisch reden. Aber ab und zu habe ich dann die Kellner und die Kellnerinnen zum Übersetzen da für mich, weil Bayerisch habe ich noch nicht gelernt.

Markus: Ist die Frage, ob man das überhaupt lernen kann. Gute Frage. Aber bevor wir weiterreden, du hast uns natürlich auch drei tolle Biere geschickt, alle aus deiner Feder schon. Also du bist ja schon über ein halbes Jahr beim Griesbräu. Für alle Hörer, die das noch nicht kennen, es gibt in Murnau zwei Brauereien, das eine ist die Karg Brauerei, die sich eben auf Weißbier spezialisiert, und das andere ist das Griesbräu. Auch eine alte Brauerei, die war zwischendurch mal geschlossen, ist jetzt seit einiger Zeit wieder offen. Eine schöne historische Brauerei, heute eine Gasthaus-Brauerei. Viel natürlich mit Touristen und Wanderern, man kann da auch toll übernachten. Aber eben auch eine ganz spannende Bierpalette und viele Bier-Veranstaltungen, Seminare und Verkostungen und so. Und das ist immer ganz toll, dort zu sein. Du hast uns drei Biere geschickt. Mit welchem wollen wir denn anfangen, Gui?

Gui Hollanda: Ich glaube, erst mal mit dem Grünhopfen-Pils, oder?

Markus: Das können wir gerne tun. Dann machen wir es doch mal auf. Jetzt werden sich die Hörer schon gewundert haben. Das klingt anders, als man das so kennt. Genau, das ist nämlich eine Dose. Aus der fließt allerdings ein wunderschönes Bier ins Glas. Ich nicht, Holger, magst du es uns beschreiben oder wollen wir dem Gui den Vortritt lassen? Das war das erste Grünhopfen-Bier von Griesbräu. Das habe ich mit dem Kollegen von mir von (unv. #00:05:02.6#) organisiert. Wir haben Grünhopfen Diamant gekriegt. Wir sind eigentlich die erste Brauerei überhaupt, um ein Grünhopfen-Bier mit Diamant kommerziell zu machen. Weil ich habe es sofort von dem ersten Bauer, der das letztes Jahr geerntet hat. Das ist ein ganz einfaches Pils mit so ganz leichtem Körper, leicht fruchtig und bitter. Ich habe 11 Kilo Diamant-Hopfen benutzt für die 1000 Liter.

Markus: Und Grünhopfen heißt, ihr habt das direkt vom Feld geholt, oder wie kam das zu euch?

Gui Hollanda: Ja, wir sind erst um 7 Uhr von Murnau losgefahren, sofort zum Hallertau, kurz vor neun waren wir da. Wir haben die 11 Kilo abgeholt und sofort wieder nach Murnau gefahren und gebraut.

Holger: Man muss vielleicht auch noch mal erklären für die Hörer, Grünhopfen-Bier oder in dem Fall Grünhopfen-Kellerpils, was ist da eigentlich los? Wenn man mit Grünhopfen arbeitet, dann holt man den Hopfen ganz frisch vom Bauern direkt vom Feld und bringt den dann so schnell wie möglich in die Brauerei. Und der Schritt der Darre, also die Hopfendolden werden ja geerntet und dann werden die ja getrocknet, und dieser Trocknungsschritt, der fällt weg. Und dadurch, dass man das eben dann von der Pflückung her direkt in die Brauerei bringt, hat man natürlich noch diese ganz frischen, grünen Aromen, die in so einem Grünhopfen eben auch drin sind. Und das ist ein saisonales Bier, gibt’s natürlich immer nur zur Erntezeit. Und dann natürlich mit der Reifung und so, dann ist es meistens so, dass die Biere dann ab November zur Verfügung stehen. Also vielleicht noch mal ganz allgemein erklärt, was ist jetzt so ein Grünhopfen-Bier.

Markus: Danke Holger für diese Erklärung von Grünhopfen. Das ist schon ganz wichtig, das überhaupt mal auf dem Schirm zu haben, wie das funktioniert. Und ich finde, das hat man hier auch sehr schön in der Nase. Das heißt, wir haben eben so richtig schöne grasige, grüne Aromen wie man sich so chlorophyllige Aromen vielleicht auch einfach vorstellt. Und wie man es auch, wenn man andere Grünhopfen-Biere kennt, von denen eben auch kennt. Und spannend ist natürlich der Diamant-Hopfen als neuer Hopfen, der ja so ein bisschen auf dem Spalter-Hopfen basiert. Hat sehr viel Zitrus-Aroma und verstärkt auch nochmal diesen grasigen Eindruck. Sehr, sehr schön umgesetzt. Gui, wieso ausgerechnet dieser Hopfen? Wie kamt ihr darauf?

Gui Hollanda: Mein erster Vorschlag war ein Grünhopfen-Pils mit (unv. #00:07:13.7# Perle?) zu machen. Weil das ist ein traditioneller, ich war nicht ganz sicher, wie würden die Bayern auf ein Pils reagieren, besonders mit dem neuen Hopfen oder so. Aber dann hat der Johann mir so vorgestellt den Diamant und ich fand das Aroma so geil. Und habe ich gesagt: Okay! Das ist ein perfektes Hopfen dafür.

Markus: Und das hat auch ordentlich Bittere, oder Holger? Das macht dir doch Spaß?

Holger: Unbedingt! Das macht mir sehr viel Spaß. Und das Tolle ist ja, dass es schon dazu beiträgt, dass das Bier so richtig schön trocken ist. Aber es beißt eben nicht. Also der Diamant-Hopfen hat eben so eine fruchtige Note, so vor allen Dingen auch eine Zitrusnote. Und der Hopfen beißt aber in der Bittere nicht, aber macht trotzdem das Bier so schön schlank, so wie wir es hier auch im Glas haben. Und es macht natürlich bekanntlich Lust auf den zweiten Schluck. Und Pils, ihr wisst es ja alle, also das ist mein Bierstil. Absolut!

Gui Hollanda: Ist mein liebster Bierstil, besonders Grünhopfen.

Markus: Gibt’s denn in Brasilien Grünhopfen-Bier? Nein, oder? Gibt’s da irgendwo Hopfen?

Gui Hollanda: Brasilien, so die großen Teile von Brasilien ist außerhalb der Region, wo Hopfen eigentlich wachsen kann, vielleicht ganz, ganz im Süden Brasiliens kann man schon, aber soweit ich weiß, es wird nicht gebraut da. Meistens Brauereien in Brasilien können das nicht, kriegen weniger als 24 Stunden, sonst hat schon der Grünhopfen schon sein Aroma verloren, wenn er das nicht (unv. #00:08:32.9#) ist.

Markus: Gui, vielleicht erzählst du uns noch kurz, wie das war. Also du kommst im Juli nach Murnau, dort ist die Brauerei, du musst überlegen, was du für Biere machst. Und wie war das? Hast du einfach losgelegt oder war da schon ein Rezept fertig gelegen und du hast es einfach nur gebraut? Oder hast du ganz neue Sachen entwickelt? Wie müssen wir uns das vorstellen?

Gui Hollanda: In den ersten drei, vier Wochen habe ich nicht gebraut, ich habe es erst mal organisiert, wie ich die Brauerei wollte, so dass ich mich damit verstehen kann. Weil ja der alte Brauer, der war erst mal krankgeschrieben, weil er hat sein Knie verletzt. Ich musste alles dann allein machen. Dann wollte ich erst mal alles in Ordnung haben, wie ich wollte zum Arbeiten. Und dann ein Mitarbeiter von Kaspar Schulz ist zu uns gekommen, hat mir gezeigt, wie die Anlage läuft. Dann habe ich mit ihm (unv. #00:09:17.6#) ein paar Mal gebraut. Und so die Kleinigkeiten von der Lage zu lernen. Ich habe erst mal die alten Rezepte befolgt, weil die Zutaten und Sachen waren ja schon da. Aber ich habe schon das Rezept von allen Hauptbieren schon ein bisschen gewechselt von, was meiner Meinung nach ein bisschen besser schmeckt. Und was ich gehört von unseren Gästen auch, meine Änderungen sind ziemlich gut gekommen für unsere Gäste auch.

Markus: Das hat natürlich dann den Michael und die Barbara, das sind die beiden Chefs, sicherlich auch gefreut, oder?

Gui Hollanda: Ja.

Markus: Dann wollen wir vielleicht das nächste Bier in Angriff nehmen, oder?

Gui Hollanda: Ja, gerne!

Markus: Okay! Dann jetzt das Helle, oder?

Gui Hollanda: Ja.

Markus: Perfekt! Wunderbar! Also auf zu dieser Dose. Na wunderschön! Die Farbe schon mal gefällt mir ganz gut. Das ist so ein, ja, wie soll man sagen, so ein reifes Getreide. Das ist so ein Goldbraun.

Holger: Ich würde sagen, ein sattes Goldorange, oder?

Markus: Ja, oder Goldorange. Genau! Also sehr tolle Farbe. So ein bisschen leicht trüb, sehr geheimnisvoll, leichter Rotstich. Obendrauf schöner, fester, weißer Schaum. Also steht wie eine Eins. Wunderbar! Riechen wir mal rein. Und riecht wie ein ganz klassisches Helles, schön ausgewogen. Auch wieder so leicht grasige Aromen, aber dann kommt auch so ein bisschen Malziges rüber, ein bisschen brotig.

Holger: Ich habe fast so eine kleine Honignote auch, die ich wahrnehme so ganz hinten dran.

Markus: Und im Mund ist auch der Honig noch mal ganz intensiv, finde ich.

Holger: Ja.

Markus: Hm! Ich glaube, auch wieder verhältnismäßig viel Bittere, aber sehr schön mit diesem malzig, Karamell, Honig ausbalanciert, so dass es dann am Ende wieder rund ist. Und sehr angenehm vom Mundgefühl her, sehr weich, samtig. Spannend! Also ein ganz anderes Helles, als man es sich vielleicht vorstellt, aber ein sehr leckeres.

Holger: Unfiltriert. Das muss man vielleicht auch noch mal sagen. Ja, ganz anders, so wie du sagst. Also so eine leichte Hopfenbetonung ist da. Und es ist nicht ganz so langweilig süß, also wenn ich das jetzt sagen darf. Wir flüstern es nur, weil ja das der absolute Bierstil hier ist in der Region, Helles, ne. Und muss ja immer ganz malz-aromatisch und fast süß sein. Aber hier haben wir eine total schöne ausbalancierte Zitrus- und Malzaromen-Kombination. Also mir taugt das sehr. Lecker!

Markus: Wie kam es zu dem Rezept? Ein neues oder gab’s da auch eine Basis?

Gui Hollanda: Ich hatte erst mal ein Rezept von dem Bierstil in der Brauwelt durchgeschaut. Und dann, ich habe so ein bisschen mir auch überlegt, was für ein Malz ich bestellen könnte. Da habe ich von der Liste von den besten Malzen ein bisschen gelesen, (unv. #00:11:47.2#) von dem Geschmack so. Und dann habe ich ein paar neue Malze gewählt. Das ist ein bisschen mehr leicht, aber karamellig. Und dieser (unv. #00:11:55.5#) da sind, weil ich war für meine Meinung nicht so ganz zufrieden mit dem alten Rezept. Das war mir ein bisschen erst mal zu dunkel, ein bisschen zu süß für mich. Ich wollte ein bisschen bitterer haben, weil ich bin so ein (unv. #00:12:07.5#) von Bittere, deswegen das Pils ist mein liebstes Bier.

Markus: Das kann man nur bestätigen, weil ich kenne die Biere ja ziemlich gut. Und das waren vorher im positiven Sinne klassische Gasthaus-Brauerei-Biere. Also ein sehr rundes helles Kellerbier, würde man vielleicht sagen. Und dasselbe dann in einer etwas dunkleren Variante, also gut trinkbar, und natürlich auch für die Touristen und sowas alles schön. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass du als Braumeister gesagt hast, Mensch, da muss ein bisschen eine eigene Note, ein bisschen anderer Charakter rein. Das hast du wirklich gut hinbekommen, weil ich glaube, auf der anderen Seite ist eben diese Drinkabilty, wie die Amerikaner zum Beispiel dazu sagen, immer noch sehr schön erhalten geblieben. Also man hat jetzt einen eigenen Charakter, aber trotzdem eben ein Bier, was sehr schön trinkbar ist. Gerade im Sommer im Biergarten in Griesbräu gibt’s auch eine große Theke mit ganz vielen so frisch gegrillten Sachen und so, und da schmeckt das natürlich wunderbar dazu. Also sicherlich eine ganz spannende Geschichte. Holger, du bist doch so ein Etiketten- und überhaupt Dosen-Aussehen-Spezialist. Was mir auffällt, wenn ich mir die Dose anschaue, da steht ja oben der Begriff Bier in ganz vielen verschiedenen Sprachen drauf, und die zweite Sprache, da steht Manna. Kannst du dir vorstellen, zu welcher Sprache das gehört?

Holger: Manna ist halt Brot, flüssiges Brot. Manna heißt Brot.

Markus: Ach so! Du meinst, da hat man dann praktisch einfach mal das vorweggenommen. Weil ich dachte, so Bayern, Oberbayern, Grundnahrungsmittel Bier, dass man da vielleicht einfach mittlerweile vom Manna spricht. Könnte ja sein.

Holger: Ja, kann sein. Ich kenne Manna, also ich kenne es nur aus der Bibel. Das ist ja das Himmelsbrot. Das war sozusagen die Nahrung der Israeliten, wenn sie auf der Wanderschaft durch die Wüste waren. Ich kenne es nur aus der Bibel eigentlich. Und ich finde es eigentlich cool.

Markus: Gui, vielleicht noch eine Frage: Wie ist es denn, als du in Brasilien erzählt hast, dass du jetzt in Murnau anfängst, wie haben denn so deine Leute, deine Familie, deine Freunde reagiert? Hattest du schon Besuch vielleicht?

Gui Hollanda: Ich bin jetzt in Murnau seit Mitte von der Pandemie, also bis jetzt hat keiner von meiner Familie hier mich besucht. Momentan geht’s nicht.

Markus: Aber hast du ihnen erzählt, wie es ausschaut und wo du jetzt da so bist und vielleicht Fotos geschickt oder so? Wie finden die das?

Gui Hollanda: Ja, das mache ich. Ich gehe ziemlich oft wandern hier. Also ich mache schon viele schöne Fotos von der Region hier und von der Stadt. Das habe ich schon meinen Eltern und meinen Großeltern schon geschickt.

Markus: Und aus welcher Ecke von Brasilien kommst du überhaupt?

Gui Hollanda: Ich komme von der Stadt, die heißt Curitiba. Das ist im Süden, circa 500 Kilometer südlich von São Paulo.

Markus: Ziemlich Richtung Uruguay ist das dann schon fast, oder?

Gui Hollanda: Na ja, zu Uruguay fehlen noch 2000 Kilometer.

Markus: Liebe Hörer, das ist auch so ein Thema. Brasilien, wenn man sich anschaut, das ist so groß wie ganz Europa. Also dementsprechend ist etwas, was da um die Ecke ist in unserer Beziehung, sind gleich ein paar tausend Kilometer.

Gui Hollanda: Ein Bundesland in Brasilien ist ungefähr so groß wie Deutschland.

Markus: Und jetzt schneit’s gerade in Murnau. Ihr habt bestimmt eine Tonne Schnee. Kanntest du das aus Brasilien?

Gui Hollanda: Heute bin ich aufgestanden, das war 30 oder 40 Zentimeter Schnee heute. Alles weiß hier jetzt.

Markus: Das hast du in Brasilien noch nicht erlebt?

Gui Hollanda: Ich habe in Kanada gewohnt, als ich noch im Gymnasium war für ein Austauschjahr. Da habe ich doch viel Schnee schon gesehen. Aber seitdem habe ich auch fast keinen Schnee hier in Deutschland gesehen.

Markus: Nun haben wir noch ein drittes Bier, das ist in einer ganz großen Flasche. Das sind so die Literflaschen, die es auch vom Griesbräu früher schon gab. Da ist ein Weizenbock drin. Vielleicht kurz bevor wir den aufmachen: Wie kam es dazu, dass du den Bock gemacht hast? Oder wann hast du den eingebraut?

Gui Hollanda: Das Weizenbock habe ich Ende Oktober, Anfang November gebraut. Es war eigentlich geplant, unser Weihnachtsbier zu sein, aber wegen dem Lockdown konnten wir das Restaurant nicht aufmachen. Dann habe ich so ganz viel davon in Flaschen abgefüllt, dass wir Weißbier verkaufen konnten. Griesbräu hat pro Jahr circa 14 verschiedene Biere, die gebraut werden. Die drei Klassiker: Helles, Dunkles und Weißbier. Und dann es gibt schon unser Braunbier und Weizenbock, Maibock, Starkbier und Pale Ale, IPAs. Es gab schon früher auch ein (unv. #00:16:08.1#) Stout. Sie haben schon ganz großes Menü da für Bier.

Markus: Wunderbar! Dann lass uns doch den Weizenbock mal aufmachen. Und Holger, magst du vielleicht mal dich dem Bier nähern?

Holger: Ich habe ihn jetzt schon geöffnet und eingeschenkt. Wenn man jetzt so reinriecht und auch sieht, was man im Glas hat, dann ist das natürlich so eine naturtrübe Schönheit. Der Schaum ist feinporig und ist also so ein bisschen beige, würde ich sagen. Also passt sehr gut zur Bierfarbe. Und wenn man reinriecht, dann hat man so schöne fruchtige milde Aromen. Ich würde sagen, auch so ein bisschen Dörrobst da drin, Rosinen ganz stark. Ich trinke mal einen Schluck. Ah ja! Wunderbar! Ein ganz, ganz tolles schönes cremiges Mundgefühl. Wir haben hier eine ganz feine Rezenz. Und natürlich jetzt auch mit 7 % Alkohol gibt das so ein warmes Aroma, vollmundig, ein bisschen habe ich vielleicht sogar eine Lakritz-Note im Hintergrund und so kräutrige Noten. Die machen das Geschmackserlebnis so richtig komplex. Also ich bin verliebt, also wirklich verliebt in diesen Weizenbock. Ganz toll! Gui, also herzlichen Glückwunsch zu diesem tollen Bier.

Gui Hollanda: Danke schön! Wir haben jetzt dieses Jahr, seit ich angefangen habe, ich habe mit meinem Chef schon geredet, ich habe schon (unv. #00:17:30.8#) der zweite Lockdown Ende des Jahres kam, ich habe gesagt, Sie müssen dann mindestens unser Hauptbier in Dosen haben, damit wir das weiter verkaufen können während des Lockdowns. Weil Getränkemärkte sind noch offen im Lockdown, genau wie Craftbier-Shops. Ich habe gedacht, wir können schon mindestens unser Bier weiter verkaufen, dass das nicht einfach in unserem Lager bleibt, weil wir nicht offen sind. Weil ich finde schade, dass besonders mit dem Grünhopfen-Bier, das war genau fertig, als der Lockdown angefangen hat. Und das Weizenbock war ein bisschen später gebraut, dann haben wir die Etiketten noch nicht dafür gehabt. Die Dosen sind schon in München zu finden bei Biervana und Bierothek.

Markus: Das ist sehr gut zu wissen. Also lieber Hörer, da könnt ihr dann gleich schon mal die Bierothek kontaktieren. Da ist natürlich auch die Möglichkeit, dann das Bier auch zu bekommen. Beim Weizenbock finde ich, stört mich die Flasche gar nicht unbedingt, weil das ist ja dann auch so die Portion, die man braucht, um dann damit schön über einen Abend zu kommen. Ich finde auch das Mundgefühl wirklich grandios, also ganz weich, ganz samtig, dann eben Karamell, Rosine, sehr, sehr rund, sehr angenehm. Und auch ein bisschen gefährlich, weil den Alkohol merkt man wirklich erst so, na ja, so nach dem zweiten, dritten oder vierten Schluck. Ich habe auch das Gefühl, du hast da auch wieder mit Hopfen ganz schön gearbeitet, um das hinten raus ein bisschen trockener zu machen. Also gefällt mir sehr gut. Einerseits könntest du kurz was dazu sagen, wie du da den Hopfen im Weizenbock verwendest. Und andererseits vielleicht, wie kommt ihr denn dazu, überhaupt die Dose abzufüllen? Das gab‘s ja früher noch nicht.

Gui Hollanda: Von dem Hopfen-Weizenbock, da sind Brewers Gold als Bittere genutzt und der Tradition als Aroma (unv. #00:19:05.9#)-Hopfen genutzt. Ich wollte so ein bisschen mehr von dieser würzigen Tradition, wie der Name schon sagt, die traditionellen Bieraromen, die ich von früher gewohnt war. Weißbier war nie so mein liebstes Bier. Ich hatte vor meiner Arbeit auch nicht so viel Erfahrung damit zu brauen. Ich habe ganz viele Brauer angerufen und Tipps gefragt und ganz viel darüber gelesen. Dann habe ich mir echt extra Mühe gegeben besonders so ein Weißbier zu entwickeln. Etwas, das echt gut war. Besonders hier in Murnau, wenn die Karg schon hier haben mit einem der besten Weißbiere in Deutschland. Ich war ein bisschen so nervös und da zu Karg zu gehen.

Markus: Und du hast dann dein eigenes Rezept entwickelt da draus sozusagen?

Gui Hollanda: Ja. Dann habe ich so (unv. #00:19:51.7#) Weizenbock habe ich mir ganz viel Mühe gegeben, um ein tolles Rezept zu machen. Weil das von allen unseren Stammgästen und auch unserer Mitarbeiter der liebste Bierstil. Dann habe ich mir extra Mühe gegeben, dass ich ein echt geiles Weizenbock brauen könnte.

Markus: Ja, ist ja auch vollends gelungen. Und wie kam’s zur Dose?

Gui Hollanda: Die Dosen habe ich gedacht, die sind besser für das Bier erst mal, besonders für hopfenbetontes Bier wie das Grünhopfen. Die sind länger haltbar, sie haben keinen Sauerstoff, kein Licht. Und die sind auch schon besser für die Umwelt, weil die Dosen sind schon recyclebar, meistens. Weil die Dosen, die wir gekauft haben, sind schon aus 70 % recycleten Aluminium. Auch zu transportieren, ist auch leichter. Deswegen auch weniger CO2-Emissionen, wenn das transportiert wird.

Markus: Also durchaus auch der Nachhaltigkeitsgedanke. Holger, es ist eine 440-Milliliter-Dose. Das ist jetzt auch so ein neuer Trend. Wie ist denn da so das Echo in München, dass es jetzt keinen halben Liter mehr gibt, sondern 0,44?

Holger: Ich glaube, die meisten haben das noch gar nicht so richtig gecheckt, dass das so ist. Aber die Dose, die kommt immer mehr. Und nach wie vor habe ich den Eindruck, also hier ist es schon so, dass die Dose immer noch so ein bisschen ein Imageproblem hat. Und ich arbeite natürlich dagegen und sage halt auch, was sind die Vorteile der Dose. Aber ich glaube, hier in München ganz speziell mag man es doch so wie man es kennt. Also die Dose ist noch nicht so richtig, hat sich noch nicht richtig durchgesetzt.

Markus: Wobei ich mir denken kann, langsam aber sicher wird einfach die Qualität und der Inhalt überzeugen. Habt ihr selber eine Dosenabfüllung oder macht ihr das bei jemandem, Gui?

Gui Hollanda: Wir haben die Dosenabfüller von True Brew gemietet. Die Jungs sind zu uns gekommen mit einer Palette Dosen und einem mobilen Dosenabfüller. Die haben für uns 2500 Dosen abgefüllt während dem Tag.

Markus: Das ist eine coole Geschäftsidee. Lustigerweise kamen wir da drauf schon, ich glaube es war 2014, in den USA und da haben wir auch Hopfen-Anbaugebiete im Yakima Valley besichtigt und auch einige Brauereien. Und da haben die uns eben erzählt, dass so die ersten anfangen, mobile Dosenabfüller zu haben und fahren dann mit einem Lkw von einer Brauerei zur nächsten und füllen dort vor Ort ab. Da haben wir uns so ein bisschen aus Spaß gedacht, Mensch, das müsste man doch eigentlich in Deutschland machen, müsste funktionieren. Und jetzt irgendwie scheint es jemand umzusetzen. Das finde ich schon eine ziemlich coole Sache. Konntet ihr auswählen, was für Dosen oder hatten die nur diese 440-Milliliter-Dosen?

Gui Hollanda: Die ersten Gedanken von meinem Chef war eine Halbe-Liter-Dose, aber die Jungs von True Brew hatten diese Dose noch nicht im Keller. Dann haben wir uns entschieden für die (unv. #00:22:28.7#) Dosen.

Markus: Ist dann praktisch eine Zwei-Schluck-Dose, könnte man so sagen. Aber nein, ich finde es wirklich eine gute Sache und vor allem, man hat halt einfach immer frisches Bier. Das finde ich auch gut. Das heißt, man kann ja einfach, wenn die Lose lehr ist, die nächste wieder aufmachen. Und es ist ja wie ein kleines Fass. Also deswegen ist das Bier da drin ja auch so gut aufgehoben, weil es da einfach lichtgeschützt ist und sauerstoffgeschützt ist und gut gekühlt und gelagert werden kann. Und das macht natürlich viel, viel Gutes.

Gui Hollanda: Außerhalb (unv. #00:22:54.6#) kriegen wir ganz viel Touristen hier. Und mit dieser Literflasche wie die Literflasche von Weizenbock ist es ein bisschen kompliziert. Wenn sie sie nach Hause nehmen wollen, weil die Flaschen haben schon 3 Euro Pfand drauf und die kann man nicht irgendwo anders zurückgeben, nur bei uns. Und mit den Dosen, sie können schon dann nach Hamburg, nach Berlin fahren und bei ihrem Supermarkt zurückgeben. Das war auch der Vorteil von den Dosen, wir gedacht haben.

Markus: Das stimmt, das ist auf jeden Fall ein großer Vorteil. Dann hoffe ich doch, dass da in diesem Jahr jetzt, wenn der Lockdown dann hoffentlich rum ist und die Saison wieder losgeht und dann vielleicht auch im März, April, Mai die ersten Gäste wieder bei euch im Biergarten sitzen, dass die dann auch ein schönes Erlebnis mit deinen Bieren haben. Dann werden wir dich sicherlich auch mal besuchen und persönlich dann das Ganze verkosten. Auf jeden Fall vielen Dank, dass du uns ein bisschen erzählt hast, einen kleinen Einblick gegeben hast in deine neue Welt. Und wir wünschen dir noch da viel Freude und eine schöne Zeit. Und grüße die beiden Inhaber von uns, die kennen wir gut.

Gui Hollanda: Danke!

Holger: Alles Gute! Und vielen Dank für deine Zeit und die spannenden Berichte. Mach’s gut!

Gui Hollanda: Danke schön! Hat mich gefreut.

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 52 – Interview mit Christof Pilarzyk vom Braugasthof Grosch aus Rödental

Christof Pilarzyk ist der erste Gast, der zum zweiten Mal bei einem BierTalk dabei ist – und das aus gutem Grund. Der Vollblut-Gastronom und Geschäftsführer der Privaten Braugasthöfe zieht eine bittere Corona-Zwischenbilanz, sowohl für seinen eigenen Betrieb, als auch für die Branche. Er rechnet mit gut 25% Geschäftsaufgaben in der Gastronomie und findet auch klare Worte für die Gründe, die dazu führen werden. Dennoch gibt es auch Lichtblicke für den Gastro- und Eventprofi – gemeinsam mit seinem Sohn plant er ganz antizyklisch den Neubau seiner Brauerei. Ein BierTalk der besonderen Art, der vielleicht in der Zukunft einmal als Zeugnis der aktuellen Geschehnisse dienen wird, doch hören Sie einfach selbst…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen BierTalk! Heute Folge 52. Und insofern etwas ganz Besonderes, als wir bei Folge 26 unserem Gast versprochen haben, wenn wir es bis 52 schaffen, dann laden wir ihn wieder ein. Und so haben wir es auch getan. Deswegen Hallihallo lieber Christof! Vielleicht stellst du dich trotzdem nochmal den Hörern vor, damit sie wissen, mit wem sie es zu tun haben. Und dann schauen wir mal, wie das heute so wird.

Christof Pilarzyk: Hallo, guten Abend! Ich bin der Christof Pilarzyk, Wirt des Brauereigasthofs Grosch in Rödental. Gleichzeitig bin ich auch geschäftsführender Vorstand von unserem privaten Braugasthöfen und in sonstigen Medien unterwegs. Meine Hauptaufgabe ist es zurzeit, und da freue ich mich jetzt riesig drauf, mit euch heute Abend ein bisschen bierzutalken und vor allen Dingen auch ein bisschen Bier zu trinken.

Markus: Das ist doch wunderbar. Und den Holger habe ich fast ein bisschen vergessen, der ist natürlich auch im Boot, oder? Hallo nach München!

Holger: Ich bin auch wieder dabei, auf jeden Fall, und freue mich auch sehr. Und der Christof ist ja jetzt schon mein Freund, weil er hat ja schon das Biertrinken angesprochen, dann muss ich es nicht tun.

Markus: Genau! Aber vielleicht, bevor wir das erste Bier aufmachen, die Frage an Dich, Christof, vielleicht bringst du uns mal kurz auf den Stand der Dinge. Wir haben jetzt zum Zeitpunkt der Aufnahme Mitte Januar 2021, wir haben uns letztes Mal im Sommer 2020 unterhalten. Damals waren eben die ganzen Corona-Maßnahmen gerade in vollem Gange, jetzt sind sie es wieder. Wie ist es euch denn ergangen und wie seht ihr aktuell in die Zukunft?

Christof Pilarzyk: Wir haben das große Glück oder auch Pech, was auch immer, gehabt, dass wir im April dann einen schönen Kredit aufnehmen durften, der uns dann erst mal über das Schlimmste hinweggeholfen hat. Die Sommermonate sind in der Relation zu Corona, muss man sagen, sehr gut gelaufen. Gut nur zu den Monaten vorher, die natürlich sehr schlecht waren. Wir haben im Sommer so um die 60 % des Vorjahresumsatzes gemacht. Da könnt ihr euch vorstellen, was gut bedeutet in dieser Zeit. Und haben das große Glück gehabt, in zwei Monaten mal kein Minus zu schreiben. Aber es ging im September schon los, also die Leute sind gern nach draußen, die Biergärten waren voll, auch unsere. Aber sobald dann das Wetter umgeschlagen hat beziehungsweise kühler geworden ist, ist dann schon der Besuch weniger geworden. Und naja, und dann kam es, wie es fast kommen musste, dass wir im Oktober schon einen richtigen Abschwung hatten, so ähnlich wie letztes Jahr Anfang März. Als dann klar war, dass wir wieder schließen müssen, da war erst mal bei uns großes Unverständnis, das muss ich sagen. Wir haben also den ganzen Sommer über das geübt, gemacht, getan mit unseren Gästen. Wir haben keinen einzigen Corona-Fall auch nur in Ansätzen in unserem Betrieb gehabt, weil wir uns natürlich auch an diese Vorlagen gehalten haben. Und dann war es natürlich ziemlich frustrierend, als Erster wieder geschlossen zu werden. Das erschließt sich uns auch jetzt nicht so ganz, aber wir sind ja auch keine herausragenden Politiker, sondern nur Bierbrauer und Gastronomen. Und jetzt geht’s uns eigentlich nicht wirklich gut. Das Geschäft ist zu seit jetzt zweieinhalb Monaten, das heißt, zweieinhalb Monate nur rudimentäre Umsätze. Das heißt, ein bisschen Bierverkauf, sonntags ein bisschen Außer-Haus-Verkauf, wobei der tendenziell jetzt auch stark nachlässt. Also das heißt, bis zur Weihnachtszeit war das noch eine halbwegs solvente Einnahmequelle. Aber auch da mal ein Hinweis, also wir, unser Betrieb hat im November und Dezember 15 % des Vorjahresumsatzes gemacht. Das macht das vielleicht klar. Vielleicht in Worten: Jeden Monat 250.000 Euro weniger als das Jahr zuvor.

Markus: Habt ihr denn überhaupt einen Anspruch auf diese November- und Dezember-Hilfen und habt ihr schon was bekommen?

Christof Pilarzyk: Unser Betrieb jetzt hat „Riesenglück“, in Anführungszeichen, weil unsere Brauerei so einen kleinen Anteil hat. Weil nämlich unser Gastro- und Hotelanteil so hoch ist. Wir sind mit 18 % knapp an der Grenze vorbei. Aber ich habe viele, viele Kollegen bei uns bei den Braugasthöfen, aber auch sonst hier in Oberfranken, die haben halt eben 22, 23 oder 24 % des Umsatzes und fallen da vollkommen aus dieser Förderung raus. Und das ist vollkommen unverständlich. Ein Unding. Also, dass da die Politik nicht sofort nachgesteuert hat, lässt doch tief blicken. Und ehrlicherweise, das ist Verzweiflung pur für viele Kollegen. Aber wir haben auch beantragt und haben tatsächlich schon 20.000 Euro bekommen von eigentlich 100.000, die kommen müssten. Und die würden auch grad mal die Kosten decken.

Markus: Trotzdem denke ich, sollten wir jetzt dem Holger folgen und zumindest mal ein Bier aufmachen.

Holger: Jetzt haben wir auf jeden Fall einen Grund sich zu betrinken, sozusagen man sich ja betäuben. Wenn man das alles hört, wenn ich auch hier durch München gehe, im Hacker-Pschorr, Stammhaus, in der Fußgängerzone, da Sendlinger Straße, da ist halt ein Schnelltest-Zentrum jetzt drin. In meinen Augen ist ja Kneipenkultur, Gasthauskultur deutsches Kulturgut. Und ich bin auch sauer, also ich bin wirklich mittlerweile sauer auf diese pauschalen Lösungen. Es war nicht so, dass die Gastronomie ein Herd des Ansteckens war. Die meisten zumindest der Gastronomen haben sich doch viel überlegt auch, dass das verhindert wird. Also ich bin wirklich sauer. Und jetzt kann man sich nur noch besaufen. Absolut! Ich mache jetzt das erste Bier auf.

Markus: Lass uns doch mal teilhaben.

Holger: Ach! Das ist ein widerspenstiger Kronkorken. Wahnsinn! Also wenn ihr euch jetzt vorstellen könntet, was ich hier habe, wie das schon riecht. Also da springt mich die Rosine aber nur so an. Jetzt lassen wir es mal einlaufen. In der Tat, ich habe mir heute ein besonderes Bier aufgemacht und habe einfach geschaut, was hat am meisten Alkohol bei mir im Schrank. Und dann bin ich auf ein Bier gestoßen mit 11,5 % Alkohol. Ist aber nur 0,33, also ihr müsst jetzt da nicht irgendwie euch fürchten vor mir, dass ich jetzt dann irgendwann noch viel lauter schimpfe. Sondern bei mir handelt es sich um ein Barrel One Stock Ale …

Markus: Oh!

Holger: … von BraufaktuM. Wenn man da so reinriecht, dann kommen schöne Vanillenoten, Karamellnoten. Es ist aber auch klar, dass es ein holzfassgelagertes Bier ist. Und in einem Whiskyfass, also das ist auch sofort in der Nase. Also es gibt eben dieses süßliche, fruchtige Aroma und auch diese leichte Whiskynote. Ich genehmige mir jetzt mal einen Schluck. Prost!

Markus: Prost!

Christof Pilarzyk: Prost!

Holger: Und das ist eben wahnsinnig harmonisch und umarmt einen fast. Wenn die Zunge jetzt aus dem Mund käme und könnte mich umschlingen, würde sie es tun. Das ist wahrer Genuss. Das ist wirklich so ein komplexes und schönes Bier. Ich glaube, das ist jetzt für den Anlass, den wir heute besprechen, genau richtig. Mindesthaltbarkeitsdatum ist übrigens am 1.9.2019 abgelaufen. Und ihr wisst ja, diese holzfassgelagerten Biere, auch bei solchen Alkoholgehalten, die kann man durchaus auch noch übers Mindesthaltbarkeitsdatum hinaus lagern und immer wieder probieren, wann sie im Zenit sind. Und hier möchte ich jetzt wirklich fast behaupten, so viel Harmonie und Malz-Aromatik in Verbindung mit diesen fruchtigen Aromen und Whiskynoten, besser geht’s fast nicht. Jetzt bin ich aber auch fertig.

Markus: Ich glaube, ich kann mich sogar erinnern, wann du diese Flasche bekommen hast. Ich glaube, das war 2016 oder sowas bei den Hopfentagen in der Hallertau, wo dieses Bier überhaupt auch kreiert worden ist von BraufaktuM. Und da haben wir so ein paar Flaschen bekommen. Das Haltbarkeitsdatum klingt für mich ein bisschen so, als wäre es vielleicht eine von denen. Aber wer weiß. #00:07:18.0#

Holger: Du hast recht. Du hast recht. Wahrscheinlich hast du recht. Ich weiß es selber nicht mehr ganz genau, aber auf jeden Fall habe ich mir das lange aufbewahrt für besondere Momente. Und jetzt ist ja so ein Moment. Der Christof ist ja der erste, der jetzt zum zweiten Mal im BierTalk ist. Wir haben ja was zu feiern. Wir haben gesagt, Mensch, schaffen wir überhaupt 52 BierTalks und so? Und wenn man jetzt die Specials noch dazu zählt, dann sind wir, weiß ich gar nicht, bei 68 oder 69 oder so. Wer hätte das gedacht? Das hat ja auch Corona mehr oder weniger angerichtet. Das ist ja daraus entstanden, dass wir gesagt haben, komm, was kann man machen, um weiter eben auch über Bier zu sprechen.

Markus: Apropos über Bier sprechen, vielleicht sollten wir dafür sorgen, dass auch der Christof nicht zu lange auf dem Trockenen sitzt. Magst du deins auch aufmachen?

Christof Pilarzyk: Ich habe eigentlich zwei mir gleich mitgebracht, zufälligerweise natürlich auch etwas größeres Kaliber, ein Bockbier, was auch sonst in dieser Jahreszeit eben (unv. #00:08:15.3#). Als ich zu meinen Kisten im Keller gegangen bin, ist mir dann zufällig noch ein zweiter Bock noch in der alten original Plop-Flasche, mittlerweile sind wir wieder auf unsere schönen alten Euro-Flaschen zurück. Haltbarkeitsdatum ist der 11.7.2014. Während unser schöner Bock vorneweg immer so eine Honignote hat, eine wirklich schöne Honignote, leuchtet auch so schön rotgoldig, hat einen schön feinporigen Schaum, aber nicht zu viel Kohlensäure, also wie die ganzen Biere von Grosch. Wir machen eigentlich unsere Biere mit relativ wenig Kohlensäure. Heißt natürlich, die haben einen guten Lauffaktor, sie laufen richtig schon hinaus. Da kommen so die Karamellnoten dann raus und auch die Hopfennoten, die man schön riecht bei diesem Bock, die kommen vor allen Dingen ausgewogen daher, also mit Karamell und Hopfen verbinden sich so in der Mitte wunderschön zu einer Harmonie. Und ich erzähle das nicht, weil es mein Bier ist, sondern weil es wirklich so geil schmeckt. Und ganz ehrlich, das ist so das Getränk, was wir fast täglich abends zu uns nehmen, meine Frau und ich, so als Betthupferl sozusagen. Weil es einfach schön schmeckt, in die Zeit passt so zum knisternden Kamin. Gestern haben wir so einen kleinen Schokokuchen ausprobiert, also zum Dessert, Schokodessert, auch super gepasst. Das ist unser Bock, unser normaler Bock, mit gut 7 %. Und jetzt mach ich mal diese andere Flasche auf noch. Ich hoffe, ihr gebt mir die Zeit.

Markus: Du kannst gerne zweimal trinken. Wir hatten mal eine Bekannte, die hat das immer Double Fisting genannt.

Christof Pilarzyk: Ach so! Ha-ha! Okay! Dann werde ich jetzt nicht die Faust, aber die zweite Hand dazu nehmen. Ah ja! Erwartungsgemäß ist natürlich die Klarheit nicht mehr so gegeben. Das schöne Rotgold, was wir haben, ist auch mehr ein schönes Braun geworden, hellbraun. Da hat die Oxidation doch schon ein bisschen was gewirkt. Aber wenn man da reinriecht, das ist brutal, wie sich so ein Bier verändert. Und zumindest dem Geruch nach ist es noch super trinkbar. Der Honig ist jetzt praktisch so zum Metgeruch, also der so ein bisschen intensiver ist. Pflaumen, Feige, kommen dann da entgegen. Nochmal, 11.7.2014. Ich bin richtig stolz, dass er noch so riecht. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, das ist ein Sherry. Kohlensäure ist faktisch rudimentär noch vorhanden, aber auch hinten raus einen wunderbaren Abgang nach so Trockenfrüchten. Also so ein bisschen Feige hat man auch noch. Und ganz zum Schluss hat man im Mund immer noch diese schöne Hopfennote. Also ich bin richtig stolz, dass der noch so gut gehalten hat. Aber er ist der vorletzte seiner Art, einen habe ich noch im Keller. Den werden wir dann nächstes Jahr verkosten, oder?

Markus: Auf jeden Fall! Aber dann persönlich. Sind wir jetzt auch schon sehr neidisch. Aber vielleicht an der Stelle mal die Frage, du hast ja gerade gesagt, ihr macht jetzt öfter mal so einen Feierabend-, Kaminbierchen, wie auch immer. Würdest du denn sagen, eure Trinkgewohnheiten oder vielleicht auch einfach eure Lebensgewohnheiten haben sich jetzt in diesem letzten Jahr deutlich verändert?

Christof Pilarzyk: Ja, sie haben sich wirklich sehr deutlich verändert. Es ist so, dass wir im Betrieb selbst Arbeiten wieder machen, die wir schon jahrelang aus den Augen verloren hatten. Weil als Chef hattest du ja einen Betrieb zu führen. Jetzt gibt’s quasi niemand mehr, den du groß führen kannst, du machst die meisten Arbeiten selbst. Das heißt also, stundenmäßig ist es gar nicht so viel weniger geworden. Aber was uns am meisten abgeht, sind unsere Gäste. Wir haben Glück, dass wir noch so einen Bierverkauf haben und sonntags so einige dann doch das Essen abholen. Aber das fehlt uns am meisten. Das hat unser Leben wirklich verändert, weil wir sind so Menschen, die mit anderen Menschen gern zusammen sind. Und jetzt haben wir so die Zeit gehabt, uns wieder mal zu finden. Das war auch schön, muss ich sagen. Wir haben einfach mal über Sachen gesprochen, die vorher gar nicht denkbar waren, weil man da eine Million andere Sachen im Kopf hatte. Jetzt unterhält man sich einfach so über, wie schön die Natur ist, wie das letzte selbstgekochte Essen war. Wir haben zum Beispiel früher fast nur im Betrieb gegessen. Und nur, wenn wir Gäste mal zuhause hatten, zuhause gekocht. Jetzt ist es genau umgedreht, wir essen nur noch zuhause. Und probieren auch neue Sachen aus. Das kann ich jetzt nur allen Kollegen empfehlen, das ist genau der Punkt, einfach mal neue Sachen ausprobieren, an die man früher nicht so gedacht hat. Wir sind da total experimentierfreudig geworden. Und da wird sicher in der neuen Grosch-Karte, da sind wir fest von überzeugt, wenn wir dann wieder aufmachen dürfen, einige Ergebnisse von auf der Karte wiederzufinden sein.

Markus: Wird das Leben auch langsamer?

Christof Pilarzyk: Ja, definitiv! Es wird langsamer, aber ich sage jetzt mal, positiv langsamer. Ihr hört auch an meinem Lachen, wir entdecken einfach Sachen, die so im normalen Geschehen untergegangen sind. Ich sag mal, was für andere Menschen vielleicht Normalität ist. Also so ein schönes Spazierengehen ohne Zeitdruck. Ein Telefon, was nicht permanent klingelt. Irgendwelche Verwaltungstätigkeiten, die sowieso keinen Bock gemacht haben, jetzt einfach mal wegfallen. Das sind so die positiven Seiten. Es ist langsamer geworden, aber angenehmer, also ich finde es angenehmer. Wenn denn wieder aufgemacht wird, werden wir sicher neu durchstarten, aber wir werden auch achtsamer mit unserer eigenen Zeit (unv. #00:13:01.5#) sein.

Markus: Das ist doch auch ein Stichwort, Holger, oder? Kannst du der Situation auch in gewisser Weise was Positives abgewinnen, gerade im Hinblick auf die Achtsamkeit?

Holger: Auf jeden Fall ist das natürlich ein Thema, wo Corona viele Dinge hervorbringt. Vieles, was so unter der Decke geschlummert hat, kommt ja plötzlich hoch. Und dass man die Dinge wieder etwas bewusster macht, weil man sich zwangsläufig wieder mehr Zeit nimmt, weil man einfach auch mehr Zeit hat und die Dinge vielleicht ein bisschen mehr zelebriert, auch mehr Zeit hat für die Familie, für die ganz engen zwischenmenschlichen Beziehungen. Das ist mit Sicherheit so. Aber Christof, mich würde wahnsinnig interessieren, private Braugasthöfe, da bist du der Geschäftsführer dieses Zusammenschlusses, und wie geht’s den anderen Betrieben, was hörst du da? Was gibt’s vielleicht auch für innovative Dinge, Ideen, wo du sagst, Mensch, also da ist was entstanden auch, da muss man hingucken, das könnten wir alle so machen?

Christof Pilarzyk: Was es prinzipiell bei allen gibt, ist dieses Zusammenrutschen der Familie. Also Familie war noch nie so wichtig wie jetzt in dieser Zeit. Das, was die Braugasthöfe ja eigentlich ausmacht, dieser Familiensinn, der wird wahnsinnig gestärkt. Was eigentlich alle toujours gemacht haben, sie haben die Zeit genutzt, um so wie wir so nachzuschauen: Wie aktuell ist denn unsere Speisekarte? Was gibt’s da an neuen Sachen? Manche arbeiten an neuen Bierideen. Dann haben wir natürlich alle daran gearbeitet, irgendwie noch Umsatz zu generieren. Wir machen jetzt zum 29.1. Bierkulinarium to go, also zuhause. Wir probieren das einfach mal aus. Viele Kollegen haben Bierverkostungen auch schon direkt gemacht, mit Kunden, mit Gästen, haben dann Bier verschickt und dann gemeinsam über Zoom, Teams und wie diese Programme alle heißen, das durchgeführt. Und das sind so Sachen, die bleiben bestimmt auch hängen in Zukunft. Nämlich für alle Menschen, die vielleicht nicht so viel reisen können oder so, aber dann kann man diese neuen Sachen vielleicht mitintegrieren. Das ist die gute Seite.

Holger: Markus, jetzt mach doch mal schnell dein Bier auf. Ich würde direkt hinterherschieben wollen, also wir hatten ja unsere Weihnachtsfeier sogar auch online gemacht über Zoom innerhalb der Bierakademie und hatten dann vom Brauereigasthof Drei Kronen in Memmelsdorf, die haben den Gasthof daheim entwickelt, und da konnten wir uns entweder Gans oder Roulade bestellen. Ich war ja sehr gespannt, wie das dann hier in München ankommt und so. Aber ich muss sagen, das war hervorragend. Also wirklich mit Rotkraut und mit Kartoffelklößen und die Roulade. Also da läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Das fand ich auch richtig toll, wie die das gemacht haben und wie das umgesetzt war. Also von der Verpackung bis wirklich zur Speise, das war wirklich ganz professionell. Aber Markus, du musst jetzt auch mal. Sonst mach ich mir Sorgen.

Markus: Ja, allerdings, muss ich wirklich sagen. Aber bevor ich es aufmache, ganz kurz zu dem noch einen Satz. Ich fand das auch ganz toll. Und ich glaube, da sieht man auch, das ist auch was, was man dir Christof vielleicht auf den Weg mitgeben kann, auch für die anderen, dass die, die das einfach gut machen und gut können, sich dann eigentlich auch relativ gut auf solche Sachen einstellen können. Weil der große Unterschied war, das, was wir da bekommen haben vom Braugasthof und wie wir es dann für uns relativ einfach mit dem Wasserbad warmmachen konnten, war qualitativ absolut top und besser als alles, was man sonst so als „to go“ landläufig immer so zuhause bekommt. Ich glaube, das ist wirklich ein Punkt, wenn mehr das für sich entdecken, es ist zumindest eine Option. Aber gut, jetzt machen wir mal erst noch ein Bierchen auf. Ich muss ja sagen, es tut mir ja fast leid, ich habe eins, was noch haltbar ist. Also bei mir steht zumindest noch drauf „bis Mitte 22 haltbar“. Aber natürlich schon auch ein bisschen was Kräftigeres und ich habe auch in den Kühlschrank geschaut und mir gedacht: Hm! Was wäre was für uns zusammen? Dann habe ich gesehen, ich habe da noch eine alte Flasche, die ich mir aus Belgien mitgebracht habe. Und zwar steht da drauf Vleteren Alt. Das ist ganz lustig, weil das ist jetzt nicht die von vielen bekannte Brauerei in Westvleteren, sondern eben eine andere Brauerei, die in dem Ort Vleteren eben auch ist. Die heißt Deca. Und dort gibt es ein Ehepaar, die eben seit vielen Jahren als Familie, Nicolas und Katrien heißen die, eine Brauerei machen. Und haben auch verschiedene Bierstile. Und das, was ich jetzt habe, ist das Vleteren Alt mit 8 % Alkohol, und ich mach‘s jetzt mal auf. Ganz grundsätzlich glaube ich, dass es nicht unbedingt ein Alt ist, sondern wahrscheinlich eher das, was die Belgier unter Duvel verstehen oder unter Bruin. Aber jetzt gucken wir mal. Also im Glas schöne rotbraune Farbe mit so einem leichten Schimmern und wirklich einem sehr, sehr schönen Rotstich, der gefällt mir richtig gut. Obendrauf dann der Schaum, feinporig, viel Schaum, und auch schön getönt, so ein bisschen karamellfarben, ganz fein. Jetzt riechen wir mal rein. Im Vordergrund karamellig, röstig, dann kommen so weinige Noten. Geht tatsächlich auch schon ein bisschen in Sherry. Und sehr frisch, also die Kohlensäure ist auch sehr präsent. Probieren wir das mal. Sehr, sehr fein. Also schöne Mischung. Es hat relativ viel Süße auch. Und die geht dann aber schön über in tatsächlich richtige Weinaromen. Also wirklich so eine Reise durch diese beiden Getränke, durch Bier und Wein fast, muss man sagen. Hintenraus wird es relativ schnell trocken. Auch schön, weil dadurch sind die 8 % nicht so massiv. Und es bleibt ein ganz schöner Eindruck, schönes, rundes Bier. Es ist fast ein bisschen schnell weg für seine 8 %, aber gut und da kann ich jetzt mit euch schön weitertrinken. Genau! Holger, du hattest ja unsere Weihnachtsfeier erwähnt, das war zum Beispiel eine Aktion, dass es eben da diesen Braugasthof daheim sozusagen gibt, wo man sich das bestellen kann. Übrigens, also Mini-Werbeblock, das kann man über die Bierakademie auch buchen. Wir machen dann das entsprechende Bierpaket dazu und dann kann man das zuhause eben mit uns verkosten. Aber es gibt ja auch andere, die haben zum Beispiel einen Monster-Bierkasten entwickelt, ein anderer Mitgliedsbetrieb von euch in Adelsdorf. Das fand ich auch ganz spannend. Ich weiß gar nicht, 100 Flaschen Bier gehen da rein. Gab’s denn noch so andere ganz verrückte Sachen, Christof?

Christof Pilarzyk: Ganz verrückte Sachen vielleicht nicht, aber einfach besondere Sachen, die immer damit zu tun haben, dass wir keinen direkten Kontakt mit unseren Gästen haben. Also die verrückteste Idee bei Bier, zumindest was die Verkaufsgröße angeht, ist nicht zu toppen, garantiert nicht. Ich habe mir dann überlegt, wie man so einen Kasten überhaupt rumhievt, das haben die Jungs dann auch geschafft. Was es aber gebracht hat, ist einfach diesen Blick auf unsere kleinen Brauereien. Das ist eigentlich das, was mich immer stolz macht, ganz gleich, wer das von unseren Kollegen bringt. Dass da einfach so ein Innovationsgedanke auch immer da ist. Also wir haben auf der einen Seite natürlich diese traditionellen Biere mit traditioneller Verpackung, aber dass dann so Sachen da wieder passieren. Also wir haben ein bisschen sogar zu Dosen, ist ja ganz was Neues, wo dann einfach mal einer gesagt hat, weißt du was, mein Problem ist es, die so weit zu verschicken. Ich probiere das mal aus. Der hat das dann mit Dosen ausprobiert, auch das war in Ordnung. Also diese Grenzen verwischen auch immer mehr. Und es ist vielleicht auch gar nicht verkehrt, wenn man sich dem einfach mal öffnet und nachschaut. Diese reine Lehre zwar für sich nimmt, aber trotzdem auch mal auf positive Abwege geht, wenn die denn laufen. Was, wie gesagt, ganz innovativ war, war eigentlich einfach diese Bierverkostung, wo Weihnachtsfeiern gemacht wurden. Da haben Kollegen ihre Biere dort verschickt und dann diese Verkostung zusammen gemacht. War ultra-lustig. Und die Sache aus Memmelsdorf haben viele andere Kollegen ähnlich gemacht und mit dem gleichen Ergebnis. Aber es ist ja auch so, wenn du ein gutes Essen kochst, dann verpackst und wegschickst und wieder regenerierst, dann wird das immer noch gut sein. Aber ich muss jetzt auch sagen, es ist natürlich kein Vergleich mit dem, was man normalerweise bei uns erleben kann. Das Kommen, sich hinsetzen, bedient werden, diese Atmosphäre schnuppern, das fehlt natürlich. Und das können wir leider, leider nicht mitliefern. Wir können nur das Appetithäpple verpassen und sagen: Kommt. Jetzt sobald es wieder aufgeht, kommt ihr zu uns und dann bekommt ihr 100 Prozent.

Markus: Das hast du schön gesagt. Ich glaube auch, das Gefühl, dort zu sitzen und das zu erleben, das wird uns sicher hoffentlich bald wieder das Herz erwärmen, aber das fehlt momentan, das schon. Holger, was sagst du denn? Bier in Dosen, gute Sache, oder?

Holger: Auf jeden Fall! Ich bin ja schon immer ein Freund der Dose. Das hat verschiedenste Gründe. Also erst mal habe ich so schöne Erinnerungen an bestimmte Dosenbiere, die man an der Tankstelle sich gezogen hat, um sich in einen Zustand zu versetzen. Ihr wisst ja, ich komme aus dem Ruhrgebiet. Aber natürlich, ich sag mal, Dosenbier hat vielleicht in Deutschland oftmals einen etwas schlechten Ruf, aber zu Unrecht. Bier hat ja das Thema Licht und Sauerstoff, ist da immer ein Thema, und die Dose ist einfach lichtdicht, und auch als Transportgut, es kann nicht kaputtgehen, es kann nicht zerbrechen, es ist leicht, leichter als die Glasflasche und so, also auch ökologisch eine ziemlich sinnvolle Sache. Ich bin ein sehr großer Freund der Dose, muss ich wirklich sagen.

Markus: Ja, bin ich mal gespannt, wir werden ja demnächst noch einen BierTalk machen, wo wir auch eine Braugasthof Dose verkosten, nämlich vom Griesbräu, die vorher ja noch gar keine richtige Abfüllung eigentlich hatten. Also da bin ich gespannt, werden wir dann natürlich auch davon berichten. Das wird ein Special werden, weil der Brauer dort nämlich aus Brasilien kommt. Aber vielleicht noch, Christof, an dich die Frage. Ein Thema ist ja der Umsatz, das Essen, die Getränke und so weiter, aber das andere Thema ist ja irgendwie auch das Personal. Und da habe ich so ein bisschen Befürchtung, dass selbst, wenn das jetzt im Sommer oder Frühling, wann auch immer, wieder aufgemacht wird, dass viele Gastronomen einfach ein Problem haben werden, ihre Leute wieder zu kriegen. Habt ihr da Erfahrungen damit, oder?

Christof Pilarzyk: Jeder macht’s da ein bisschen anders. Ich muss dazu sagen, die „Privaten Braugasthöfe“ ist eine Werbegemeinschaft. Also alles das, was ich jetzt da von mir gebe, ist weit über das hinaus, wo ich eigentlich für zuständig bin. Aber ich mache das auch gerne, weil das gehört auch dazu. Und Mitarbeiter halten, Mitarbeiter-Pflege ist ein ganz großes Thema schon seit Jahren bei uns. Und dem einen gelingt’s halt eben richtig gut und dem anderen weniger gut. Wir haben da auch die extremsten Erfahrungen. Wir haben sehr positive Erfahrungen, das ist aber auch deshalb so, weil wir permanent Kontakt halten. Also wir haben eigene WhatsApp-Gruppen. Wir haben jeden Tag auf, um den Bierverkauf zu machen, und der wird dann immer wieder mit anderen besetzt. Das heißt, immer zwei aus der Mannschaft kommen. Das rechnet sich zwar nicht unterm Strich, aber was sich rechnet, ist, dass einfach die Beziehung zum Betrieb, zu den Kollegen, auch nur in kleinem Ausmaß, bleibt. Und vor allen Dingen immer, dass einer der Chefs da ist, dass wir da Kontakt halten. Und das haben wir ganz gut umschifft. Wir haben natürlich sofort auch für unsere Mitarbeiter versucht, Jobs zu finden, 450 Euro Jobs. Dann ist es natürlich dramatisch. Also das muss man ganz klar sagen, nicht nur für uns als Unternehmer, die ohnehin kein Kurzarbeitergeld bekommen und auch keinen Gewinn machen. Aber wo die von leben, das fragt sich keiner. Aber ist ja wurscht. Aber was auch dramatisch ist oder mindestens genauso dramatisch, das sind unsere Mitarbeiter, die wie wir auch schuldlos in diese Situation geraten sind. Und das sind Menschen, die arbeiten wollen. Und jetzt dürfen die nicht arbeiten, Nummer eins, also Berufsverbot sozusagen. Und Nummer zwei, dann bekommen sie lächerliche 68 % ihres letzten Nettogehalts. Jeder, der in der Gastronomie arbeitet, weiß, ein Gehalt, und das ist nicht schlecht, aber es ist halt auch nicht on the top, ist aufgefüllt durch Trinkgelder, die zum Beispiel in unserem Laden die Mitarbeiter untereinander teilen. Also da bekommt auch die Küche was und die Mädels vom Hotel bekommen was. Und das fehlt ja total. Das ist ja total weg. Das heißt, die haben nicht nur 32 % weniger, sondern mehr wie 50 % weniger Geld. Und das über Monate. Und das ist einfach ein Ding, das geht gar nicht. Also wir werden alle für Solidarität aufgerufen, aber den Preis zahlen die Gastronomen und die ganzen Mitarbeiter. Wir sind die, die solidarisch sein sollen. Wir werden dazu gezwungen, aber bitte, wo ist der Ersatz dafür, woher kommt der? Der kommt gar nicht.

Markus: Und eine Frage war für mich eben auch, also ihr habt jetzt die glückliche Lage wenigstens, dass ihr die Leute halbwegs halten könnt. Aber ich kenne auch einige, die die Leute einfach ausstellen oder entlassen mussten.

Christof Pilarzyk: Ja.

Markus: Oder die haben sich einfach andere Jobs gesucht, weil sie gesagt haben, ich komme mit diesen 40 % unterm Strich nicht klar und sind irgendwo im Supermarkt an der Kasse jetzt oder so. Und dann ist halt die große Frage, ob die dann wieder freudig aufspringen im Mai und sagen, hurra, ich gehe zurück in meinen Braugasthof? Weil das wird, glaube ich, noch ein ernsthaftes Problem werden.

Christof Pilarzyk: Ich sag mal, wenn wir über Probleme reden, wird das eines der wesentlichen sein. Die Motivation wieder hinzubekommen, in unserem Beruf zu arbeiten, ist halt der schönste und geilste Beruf der Welt, ich kann mir gar keinen schöneren vorstellen. Aber wenn sich jemand mal einen 8-Stunden-Tag von früh um 7 bis mittags um 16 Uhr gewöhnt hat, dann wird das durchaus schwierig sein, den zurückzugewinnen. Ich meine, die Gastro-Tante und der Gastro-Onkel, die kommen immer wieder zurück, aber die anderen nicht. Ich habe durchaus Kollegen, da ist die Hälfte der Mannschaft schon weg. Und das wird natürlich fatal. Wir sind Dienstleister, das heißt, unsere Dienstleistung besteht darin, dass wir Dienst verrichten. Und das ist mehr wie nur kochen und ein bisschen Essen austragen. Und den können wir nicht verrichten, wir können keinen Umsatz machen, wenn wir keine Leute haben.

Markus: Und das sind ja auch das Wissen und die Verhaltensweise, solche Sachen. Also mein Schwager zum Beispiel, der hat einen Messebau sozusagen, und der sagt halt, sein größtes Problem ist, dass die Leute mit einem Jahr haben die ganz viel vergessen. Also wie man manche Sachen zusammensteckt, aufbaut, macht und tut, wenn man das einfach nicht regelmäßig macht, dann geht das raus. Und wenn ihr halt neue Leute einstellen müsst oder die Leute wirklich jetzt erstmal geistig weg waren, dann dauert das auch, bis die sich überhaupt wieder auf dieses Thema Gast einstellen können.

Christof Pilarzyk: Wir haben ja schon eine Erfahrung aus dem letzten Lockdown. Der war ja wesentlich kürzer wie der, der jetzt ist. Und da haben wir anderthalb Monate gebraucht, um die Mannschaft wieder zu der Leistung zu bringen, die wir vorher hatten. Also das ist Fakt. Wir werden am Anfang mit mehr Mitarbeitern arbeiten müssen, weil die Leistungsfähigkeit einfach geringer sein wird. Und das ist genau das, was wir tun. Wir sind ja letztendlich auch Handwerker, das sind Handreichungen, das sind Verhaltensweisen. Und wenn du diesen Umgang nicht täglich probst, das ist wie ein Künstler, wenn der nicht jeden Tag an seiner Gitarre übt, dann klingt sein Gitarrenspiel nicht gut. Wenn ein Zirkuskünstler nicht jeden Tag an seinem Trapez arbeitet, dann fällt der da ziemlich schnell runter. Und so ist es bei uns auch. Und das wird eine große Arbeit und Mühe werden. Und das Fatale daran ist, dass wir da in der Politik überhaupt kein Verständnis für finden.

Holger: Was glaubst du, Christof, wieviel bleibt auf der Strecke? Gibt’s da einen Prozentsatz, wo du sagen könntest, da würde ich mich trauen, das zu sagen? 20 %, 30 %, 50 %?

Christof Pilarzyk: Realistisch gesehen wird Minimum 20 bis 25 % auf der Strecke bleiben. Und zwar noch nicht mal so, dass jetzt bei der nächsten Öffnung die alle gleich aus der Kurve fliegen. Aber man muss sich einmal vorstellen, was man für Schulden aufgebaut hat in der Zeit. Viele Kollegen, die in Miete irgendwo sind, die haben ja das nur gestundet bekommen. Das heißt, die haben da Schuldenberge. Und wenn da nur ein Booster kommt, bist du weg vom Fenster. Dazukommt, dass überhaupt keine positive Unterstützung von den Banken kommt. Das muss man mal sagen. Die sind mit dem Mundwerk ganz groß, aber wenn es um die Fakten geht, sind die ganz klein. Also wenn du heute in Gastronomie irgendwas machen willst, dann ist die Unterstützung deiner Hausbank mager – ich will es einfach mal mager nennen – und unheimlich schwer. Das liegt allein schon daran, dass diese unseligen Mittel ja nicht fließen. Das geht weiter mit diesem KfW-Darlehen. Wie kann das sein, dass ein gesunder Betrieb wie wir, ich kann‘s ja sagen, 400.000 Euro aufnehmen mussten zu unverschämten 3 %. Ich frag mich, der Staat richtet hier einen Schaden an und ich muss ihn bezahlen. Das ist doch vollkommen irre. Und es geht nicht nur ums Geld, es geht auch um die Menschen, von denen wir es grad hatten. Ich bin gespannt, wie es weitergeht. Für unseren Betrieb bin ich sehr optimistisch, für andere mediaoptimistisch, und es gibt auch viele Kollegen, die ich unheimlich gut kenne und auch wertschätze, aber die einfach überhaupt keine Chance haben, dass jemals wieder reinzuholen, wenn da nicht massive Unterstützung von der Wirtschaftsförderung kommt.

Markus: Ein anderer Punkt müsste eigentlich auch sein, dass man sich so ein bisschen da jetzt auch schon damit auseinandersetzt und darauf einstellt, was ja dann letzten Endes bedeutet, dass man nicht mit denselben Preisen wieder aufmachen kann, die man vor anderthalb Jahren hatte, sondern man muss ja eigentlich sich jetzt anpassen. Einerseits, es wird am Anfang sicher nochmal Einschränkungen geben, irgendwelche Schutzmaßnahmen und so weiter, die was kosten und die Umsatz kosten. Und dann gibt’s eben all die Kosten, die jetzt aufgehäuft worden sind, die ja auch alle zu zahlen sind. Das heißt also, eigentlich müssten doch konsequente Gastronomen sagen: Wenn ich jetzt aufmache und mein Bier hat vorher, sagen wir mal, 3,50 gekostet, dann kostet es jetzt eben 4,50, weil sonst macht‘s einfach keinen Sinn. Glaubst du, die haben da den Mut das zu tun?

Christof Pilarzyk: Es ist einfach so: Wer den Mut nicht haben wird, der wird die längste Zeit Wirt gewesen sein. Es sind ja keine Reserven mehr da. Das ist ja ein Zustand, den eigentlich keiner kennt. Also keiner, der ordentlich gewirtschaftet hat, kennt diesen Zustand. Aber das wird jetzt der Standardzustand sein, wir fangen alle bei null oder teilweise minus an. Das heißt, wir dürfen uns keinen Monat mehr erlauben, der im Minus läuft, wir können uns keine Besonderheiten mehr leisten, weil sie einfach nicht finanzierbar sind. Und das über die nächsten vier, fünf, sechs Jahre. Wir haben ausgerechnet, mit optimistischster Schätzung, werden wir Minimum sechs Jahre brauchen, Minimum sechs Jahre brauchen, um überhaupt wieder einen Gewinn zu verzeichnen, also um das Minus, was wir jetzt machen. Wir aktuell liegen mit 500.000 Euro zum Vorjahr, eine halbe Million, zurück. Also nicht Umsatzverlust, Gewinnverlust, eine halbe Million weniger. Und den musst du ja auch erst in Zukunft wieder erwirtschaften. Wir sind jetzt ein großer Betrieb, aber für einen kleinen Betrieb sind es halt eben dann 50.000 Euro. Aber die sind genauso fatal. Und da müssen wir zusammen, und ich bin voll bei dir, die Preise müssen angepasst sein. Und ich glaube auch, ich glaube auch fest, dass die Menschen mittlerweile mitbekommen haben: Wenn wir das jetzt nicht tun, werden wir die letzten Gastronomen auch noch verlieren. Haben wir viel Spaß bei McDonald’s und das war’s dann.

Markus: Das glaube ich auch. Meine Angst ist so ein bisschen, dass ein paar unbelehrbare Gastronomen das nicht machen und damit die Leute denken, na ja, es ist ja weiterhin so billig. Und wenn die dann verschwunden sind, weil sie nach zwei Jahren zugemacht haben, dann wird es für die anderen natürlich erst richtig schwer. Aber gut, wir werden sehen. Holger, wie ist denn so dein Ausblick jetzt auch für München? Was hörst du denn? Hast du ein bisschen Kontakt zu irgendwelchen Gastronomen oder Brauern?

Holger: Doch, doch, also habe ich. Im Prinzip deckt sich das mit dem, was der Christof sagt. Alle sehnen sich nach Gästen. Das muss man ganz klar sagen, das ist der größte Wunsch überhaupt von allen. Alle sagen: Wir möchten gerne wieder einfach unserer Leidenschaft nachgehen. Und hier kommt ja noch dazu, dass die Mieten in der Stadt, also wenn man jetzt eine gute Lage hat, die sind ja exorbitant hoch. Und die meisten Gastronomen sind dadurch natürlich auch nochmal doppelt herausgefordert. Ich mache mir einfach Sorgen, weil München ist ja einfach eine Bierhochburg auch, also ich sage jetzt ganz bewusst nicht die Bierhauptstadt Deutschlands, weil ich spreche ja mit Oberfranken, da muss man vorsichtig sein. Aber für den Rest der Republik hat ja da München schon auch eine Bedeutung. Ich finde das dramatisch, also wirklich absolut dramatisch. Ich wohne ja jetzt ziemlich nah am chinesischen Turm, am Biergarten, und wenn ich da jetzt durch den Garten laufe und auch schon in der Zeit zwischen den Lockdowns, also mit diesen Absperrungen, mit diesen Begrenzungen, wenn ich mir den Biergarten vorstelle, wir sind also regelmäßig, als wirklich regelmäßig, man kann sagen, mindestens einmal die Woche, aber meistens zweimal die Woche als Familie Abendessen gegangen. Also haben unsere Brotzeit einfach selber mitgebracht, wie man das hier so tut. Und wir haben uns dann das Bier dazugekauft und so und hatten einen sehr schönen Abend einfach mitten im Englischen Garten. Und all das ist weg. Das ist unvorstellbar. Jetzt ist Hofbräu natürlich ein staatlicher Betrieb. Aber ich bin so traurig, ihr könnt euch das gar nicht vorstellen. Ich bin ja auch ein Kneipenkind und meine Eltern hatten eine Gaststätte, meine Großeltern hatten eine Gaststätte im Ruhrgebiet, und für mich ist das eben dieses Thema dieser Zwischenmenschlichkeit, der Begegnung, dieses Get Together, dass auch das war, was mich an Bier so begeistert, warum ich quasi nur Wein trinke, wenn es unbedingt sein muss, also Heiligabend, um den Schwiegervater nicht zu verärgern oder so. Aber sonst gibt’s ja keinen Grund. Bier ist doch so toll und dann auch noch in der Geselligkeit das zu erleben. Ich kann mir das gar nicht vorstellen. Ich kann mir nicht vorstellen, 25 % der Gastronomen hier in München gehen über die Wupper. Das ist nicht gut. Und das stimmt mich sehr traurig.

Markus: Nun sind wir trotzdem langsam, aber sicher am Ende unserer BierTalk-Zeit angelangt. Und ich fände es schön, wenn wir es noch mit ein bisschen wenigstens einem positiven Gedanken beenden könnten. Christof, habt ihr vielleicht irgendwelche Pläne, irgendwelche Ideen, wo ihr jetzt gesagt habt, gerade weil wir jetzt Zeit hatten, drüber nachzudenken, Dinge mal anders anzugehen, werden wir uns da verändern und hoffen, dass wir so eben dann wieder zu einer Erfolgsspur zurückkommen?

Christof Pilarzyk: Unser großes Glück war, dass der Joshua, unser destinierter Nachfolger, der eigentlich schon längst in der Welt unterwegs jetzt wäre und sein Studium machen könnte, zuhause bleiben musste. Und er zu uns gesagt hat: Wisst ihr was? Wir drehen das jetzt alles um. Wir bauen jetzt eine neue Brauerei, dann bringe ich die zum Laufen und dann gehe ich zum Studium. Ich muss sagen, mehr Zukunftsoptimismus kann man nicht ausdrücken. Meine Hausbank weiß von der Idee noch gar nichts. Nach dem BierTalk vielleicht dann schon eher. Aber ich fand das, also auch meine Frau, so erfrischend, dass wir gesagt haben, er hat recht. Ja, wir greifen noch mal richtig an. Wenn der so einen Mut hat, in so einer Scheißsituation daran zu denken, dann stehen wir natürlich zusammen und machen das. Also wir planen den Neubau einer Brauerei. Einer kleinen natürlich, nicht eine Riesenbrauerei, einer kleinen Brauerei, wo wir weiter unsere tollen, traditionellen Biere machen können. Wo aber auch der Joshua dann seine neuen Ideen, was Bier angeht, verwirklichen kann. Das ist eigentlich unser Ausblick in die Zukunft, unser positiver.

Markus: Das stimmt mich doch auch schon etwas positiver. Ich denke, das ist auch ein bisschen so der Punkt, dass natürlich bei dem einen oder anderen, wo Veränderungen vielleicht schon länger angestanden wären, es jetzt ein bisschen mehr kanalisiert wird, ein bisschen mehr auch letzten Endes die Notwendigkeit, und am Ende vielleicht auch der Mut dazukommen, dass es dann auch umgesetzt wird. Also auf jeden Fall sehe ich es ja auch bei uns: Auch wir hatten erst mal als Bierakademie natürlich komplett rote Zahlen vor Augen. Und es ist immer noch nicht rosig, aber wir haben auch an vielen Stellen einfach uns wieder ein bisschen neuerfunden, neue Ideen, neue Formate, vielleicht auch neue Ansprache an Leute und so weiter gefunden. Und müssen natürlich jetzt auch schauen, weil die Gastronomen natürlich eine unserer Hauptzielgruppen sind, und wenn es denen schlechtgeht, geht‘s zeitversetzt natürlich uns auch schlecht. Also auch da werden wir sehen. Aber wir schauen auch irgendwie doch positiv in die Zukunft, weil wir zumindest Ideen haben, Pläne haben, Wünsche haben und ein bisschen darauf hoffen, dass ihr liebe Hörer eben den Gastronomen und uns einfach die Stange haltet und weiterhin dann, wenn es wieder möglich ist, in die Gasthöfe geht, euch euer Bier kauft und euch von uns natürlich auch ein bisschen dazu erzählen lasst.

Holger: Wisst ihr eigentlich, wer André Kostolany war?

Christof Pilarzyk: Ja. Live erlebt in meiner Hochschulzeit.

Holger: Das war jemand, der noch in der Monarchie Österreich-Ungarn geboren wurde und war Finanzexperte und Börsenexperte. Der hat immer gepredigt, sich antizyklisch zu verhalten. Also wir dürfen jetzt gar nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern müssen genauso wie euer Sohn da vollends positiv in die Zukunft gucken und auch mit einem „Jetzt erst recht!“ der Sache begegnen. Der hat auch mal in irgendeinem Interview bei irgend so einer Krise dann die Frage gestellt bekommen, warum er denn da immer noch wieder Hoffnung schöpft? Dann hat der Kostolany gesagt: Junger Mann, Sie müssen bedenken, beim Börsencrash 1929 war ich schon 23 Jahre alt. Den haben wir auch überlebt und haben da eigentlich auch gelernt daran und die Chancen ergriffen, die auch sowas bringt. Genauso müssen wir es auch machen. Ganz einfach. Egal wer uns welche Steine in den Weg legt oder so, wir wissen, was wir können. Die Leidenschaft, Gäste zu empfangen, Gäste zu bedienen, Gästen einen schönen Moment, ein schönes Erlebnis zu bereiten, das ist doch so viel Motivation, da kann doch nichts dagegenhalten. Das ist meine Meinung.

Markus: In diesem Sinne, ich habe nur noch einen ganz winzigen Schluck in meinem Glas, also so schnell habe ich, glaube ich, auch noch kein Bier ausgetrunken beim BierTalk, aber es ist einerseits lecker und andererseits ist es heute auch wirklich mal gut. Insofern vielen Dank an euch beide, an dich vor allem Christof natürlich für die Zeit und für die offenen und ehrlichen Worte. Und an euch, liebe Hörer, dass ihr wie gesagt uns die Stange haltet, dem Bier die Stange haltet und wir uns hoffentlich bald wiedersehen. In diesem Sinne: Prost an euch beide!

Holger: Prost!

Christof Pilarzyk: Prost, ihr Lieben!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 51 – Interview mit Dario Stieren von der Munich Brew Mafia aus München

Zwei Praktika und ein Hopfenfund – so könnte man die Geschichte von Braumeister und Biersommelier Dario Stieren aus München zusammenfassen. Über zwei Praktika bei der Giesinger Brauerei fand er schließlich den rechten Weg zur eigenen Brauerei, den er 2016 mit der Gründung der Munich Brew Mafia krönte. Dazwischen arbeitete er unter anderem im Taphouse und im Biervana. Mit der Münchner Bierothek betreibt Dario mit seinen Geschäftspartnern mittlerweile auch seinen eigenen Bierladen. Besonders bekannt ist die Bierikone „Don Limone“, die Dario zusammen mit fünf anderen edlen Gerstensäften der Munich Brew Mafia und Markus und Holger im BierTalk verkostet…

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Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres BierTalks. Wir haben eine neue Zeitrechnung, Folge 50 hatten wir letztes Mal, jetzt sind wir bei Folge 51. Und natürlich muss man da auch wieder besondere Wege gehen und wir haben uns gedacht: Warum nicht mal in eine weitere Bierhauptstadt gehen, diesmal aber in den Süden, nämlich nach München, und dort eine neue, spannende Brauerei mit einer interessanten Geschichte uns anzuschauen. Und dafür haben wir uns den Mario eingeladen. Erst mal, am Mikrofon wie immer ich, der Markus, und …

Holger: … der Holger.

Markus: Und unser Gast natürlich. Dario, stell dich doch vielleicht mal ganz kurz unseren Hörern selber vor, damit die sich so ein bisschen vorstellen können, wer da jetzt am Mikrofon sitzt. Dann steigen wir ein.

Dario Stieren: Servus! Grüß euch beide! Ich bin der Dario Stieren, ich bin Diplom-Braumeister, bin Diplom-Biersommelier und habe irgendwie sechs Jahre in Weihenstephan verbracht, fünf hätten auch gelangt, aber wir Brauer machen das ja immer ein bisschen gemütlicher. Nein, tatsächlich habe ich etwas länger auch gebraucht, weil ich Tap-House in München gearbeitet habe fünf Jahre, erst als Minijobber, dann als Werkstudent. Ich habe da meine Begeisterung für Craftbier kennengelernt. Unter anderem muss man ja auch so verschiedene Praktika machen auf dem Weg zum Diplom-Braumeister. Die habe ich beim Giesinger Bräu gemacht. Das erste war also noch in der Garage unten in ganz klein und das zweite Praktikum war dann schon im ersten Werk in Obergiesing. Und jetzt haben sie ja gerade das zweite aufgemacht. Also ich konnte das alles irgendwie mitverfolgen und habe mich da irgendwie von dieser Begeisterung anstecken lassen. Ich habe mich auch von der Begeisterung für Craftbier im Tap-House anstecken lassen, dann eben nebenbei meinen Sommelier gemacht. Und irgendwie kam es dazu, dass wir zum zweijährigen Bestehen vom Tap-House ein Homebrew gemacht haben als Welcome-Bier. Das war also ein Bier, das jedem schmecken sollte. Dieses Bier hieß Don Limone und das hat irgendwie dann auch vielen Menschen geschmeckt. Und die haben dann alle gesagt: Warum machst du es denn nicht auch mal in groß? Und so bin ich also in meinem letzten Semester dazu gekommen, eine eigene Firma aufzumachen, die Munich Brew Mafia damals noch. Jetzt mittlerweile haben wir schon umfirmiert. Ich habe also angefangen, da irgendwie im Lohnbrauverfahren Biere herzustellen und nebenbei Seminare zu machen. Und das Ganze mache ich jetzt seit fünf Jahren und bin immer noch sehr zufrieden damit.

Markus: Ja, das hört man und das klingt auch super. Ich muss sagen, das Don Limone haben wir damals palettenweise in Veranstaltungen gehabt. Holger, ich glaube, du kannst dich noch gut erinnern.

Holger: Unbedingt! Pils sowieso immer gut.

Markus: Fantastisch! Werden wir auch gleich verkosten. Es gibt ja mittlerweile eine Brauerei und es gibt einen Laden, also alles ganz spannend. Aber vielleicht, bevor wir da tiefer einsteigen, sollten wir vielleicht ein Bierchen dazu aufmachen. Und du hast uns sechs ganz tolle Biere geschickt. Und mit welchem würdest du gerne anfangen?

Dario Stieren: Dann würde ich sagen, fangen wir mit was Klassischem an, oder? Einfach mal mit einem Hellen, wenn wir schon sagen, Bierhauptstadt München, würden wir fast beim Hellen anfangen, würde ich sagen.

Markus: Gerne! Das ist dann die große Flasche.

Dario Stieren: Das ist dann die große Flasche.

Markus: Auf der draufsteht: Das Kriminelle. Holger, was erwartest du da?

Holger: Erstmal muss ich dich ja loben. Du hast heute scheinbar einen richtig guten Tag erwischt. Du hast schon richtig gerechnet, nach 50 kommt 51. Da war ich ja schon sehr stolz auf dich. Und dass du jetzt sofort so einsteigst und wir sofort trinken dürfen, das ist unglaublich. Ich erwarte natürlich ein besonderes Helles. Die Tante da, die da auf dem Bierfass steht mit dem Schwert in der Hand und dann hat die auch noch die Augen verbunden. Ja, das ist natürlich, also das baut schon eine gewisse Spannung in mir auf. Da habe ich fast ein bisschen Angst. Aber ihr seid ja bei mir, ihr seid bei mir. Ich mach‘s mal auf.

Markus: Ja, mach doch mal auf.

Holger: Ich schütte sogar ein. Ich habe jetzt was schönes Goldgelbes im Glas, also naturtrüb, Schaum gut, sehr schöne Schaumbildung. Man hat so eine fruchtige Note, ein bisschen Florales auch. Was erwartet einen dann im Trunk? Also im Trunk hat man eine Fruchtigkeit, eine Frische, sehr schön ausbalanciert, harmonisch. Man hat ein ganz schönes, weiches Mundgefühl, finde ich. Ja, ich bin gespannt, welcher Hopfen verbaut ist. Kann ich jetzt gar nicht so richtig sagen. Also Dario, da musst du schon fast helfen. Da ist ja auf jeden Fall auch Aromahopfen mit im Spiel, aber nicht so die typischen. Wenn man jetzt so die hellen, die dann so ein bisschen kaltgehopft auch interpretiert werden, aber so richtig die typischen Aromahopfen, die man so kennt, ist da nicht drin. Was ist denn da drin?

Dario Stieren: Tatsächlich sind zwei ganz typische Aromahopfen drin, der Hersbrucker, der auch im Augustiner verbaut ist. Wir haben dann Hallertauer Tradition drinnen. Wir haben aber auch zwei freche drin, also da liegst du schon ganz richtig. Wir haben einmal den Mistral aus Straßburg verbaut. Der hat so ein bisschen grasiges Zitrusaroma. Um regional zu bleiben, haben wir auch den Callista mit reingetan. Und ganz wichtig bei dem Bier ist: Wir wollten ja irgendwie ein Helles entwickeln, das quasi noch einen typischen Hopfengeschmack hat, trotzdem ein bisschen frecher und moderner ist wie das Übliche, was man so kennt. Deshalb ja auch kriminelles Helles. Und deshalb ist es eben ein Mix aus traditionellen Hopfensorten und modernen Hopfensorten. Und dieses Bier ist nicht gestopft, das muss ich gleich dazu erwähnen.

Holger: Ah ja! Und was hat das jetzt mit der Dame da im Gewand und mit verbundenen Augen und Schwert auf sich?

Dario Stieren: Das ist die Justitia, die da vorne drauf ist. Die zum kriminellen Hellen irgendwo mit dazu passt. Die richtet über den Biertrinker.

Markus: Was ich sehr schön finde, ist sowohl vom Geruch als auch vom Geschmack erinnert mich das tatsächlich sehr an ein typisches Kellerbier. Das finde ich echt gut. Also richtig schön diese grasigen Hopfennoten, die Malznote drunter, diese leichten Zitrustöne. Natürlich sind die noch mal intensiver, also der französische Hopfen kommt da auch richtig schön durch. Es ist sehr typisch, aber kantig. Also man hat auch eine schöne Bittere dabei. Und es bleibt auch lange im Mund, ein sehr angenehmer Trunk, sehr vollmundig. Damit beschäftigt man sich auch.

Holger: Ihr habt da ja beim (unv. #00:05:46.9# Meiningers?) sogar eine Goldmedaille gewonnen. Dann auch wirklich im Bierstil Helles oder in welchem Bierstil?

Dario Stieren: Wir durften ja lange nicht mitmachen bei diesen ganzen Wettbewerben, weil die Biere alle nicht reingepasst haben. Jetzt gibt’s aber diese neue Kategorie „New Style Helles“. Weil beim normalen Hellen, das muss filtriert sein, da hätten wir nicht reingepasst. Ein Kellerbier darf nicht zu hopfenintensiv sein. Und dieser neue Style „New Style Helles“, der lässt eben auch ein bisschen mehr Hopfigkeit zu.

Holger: Jetzt hast du ganz am Anfang, da muss ich auch noch mal darauf zurückkommen, gesagt, also wir haben jetzt umfirmiert. Für mich ist das halt nach wie vor ein Munich Brew Mafia, ganz klar. Aber die Umfirmierung, damit meinst du jetzt MBM Braugesellschaft mbH?

Dario Stieren: Genau! Wir haben uns praktisch vermehrt, wir sind jetzt mittlerweile zu dritt. Und haben also den Alex noch mit reingeholt, noch einen erfahrenen Brauer, der also auch beim Giesinger war. Den habe ich da oft kennengelernt beim ersten Praktikum. Und dann auch beim zweiten Praktikum und so weiter und so fort. Dem hat es sehr gut bei uns gefallen und hat gesagt, er hätte auch gerne was Eigenes. Und deshalb hat er dann zu uns gewechselt.

Markus: Und seit wann habt ihr dieses „Kriminelle Helle“ im Angebot?

Dario Stieren: Das „Kriminelle Helle“, das haben wir auch ziemlich zeitgleich dazu gestartet. Das gibt’s jetzt seit 2018, Anfang 2018.

Markus: Tatsächlich ein bisschen an mir vorübergegangen. Sehr schön! Und ihr habt ja jetzt mittlerweile auch eine eigene kleine Brauerei, oder?

Dario Stieren: Ja, Jain! Es ist schon immer noch eine Art Lohnbrauen, aber ich bin durch Zufall draufgekommen und wurde gefragt, ob ich in der Brauerei Holzhausen, das ist da zwischen Hochlohe und Kaufering, auf der Autobahn gar nicht mal so weit weg von mir, weil ich wohne in Laim, ob ich dort einen Braumeister spielen möchte. Das hat sich ganz gut angeboten, weil wir waren ja davor in der Camba, in der Old Factory, wo dann auch Frau Gruber angefangen hat zu brauen. Der hat dann so viel gebraut, dass er irgendwann jetzt diese Brauerei übernommen hat. Das ging sich eigentlich ganz gut aus, dass er quasi in die Brauerei gewechselt ist und ich mich verzogen habe und jetzt die Biere in Holzhausen braue. Also ich mache eben für die Gasthaus-Brauerei da ein schönes Landbier, ein Dunkles, ein Doppelbock, ein Weißbier. Und nebenbei habe ich meine vier eigenen Kessel, wo ich quasi die verrückten Biere drin habe.

Markus: Aber es gibt auch Braukurse bei euch?

Dario Stieren: Genau! Braukurse bieten wir auch an. Das mache ich jetzt mittlerweile auch seit Firmenbeginn eigentlich. Also ich habe 2016 den ersten Braukurs damals im Biervana noch gehalten. Wo es dann irgendwann ein bisschen zu eng geworden ist für den Braukurs. Mittlerweile arbeite ich zusammen mit Bier (unv. #00:08:10.1#) und bin da also für München zuständig.

Markus: Spannend! Das ist ein guter Freund von uns. Aber vielleicht wollen wir zum nächsten Bier übergehen, um uns dann noch tiefer hinein zu versenken. Was würdest du uns denn jetzt vorschlagen?

Dario Stieren: Dann würde ich sagen, gehen wir rüber zum Pils.

Holger: Ja. Ja. Ja. Ja.

Markus: Da freut sich einer.

Holger: Aber wirklich, wer es nicht kennt, der hat die Welt verpennt. Das kann ich nur sagen. Also Don Limone ist geiler Shit. Unbedingt!

Markus: Also auf damit!

Holger: Prost!

Dario Stieren: Mich würde da natürlich interessieren, wir sind ja umgezogen und so ein Umzug von einer in die andere Brauerei birgt ja auch immer Risiken. Gerade wenn man eben sein Hauptbier oder seine wichtigste Biersorte mit umzieht, ist man immer gespannt, ob es dann genauso wieder wird oder so ähnlich wieder wird und ob die Leute das nicht merken oder ob es sich irgendwie verändert. Und nachdem ihr das ja schon ein paar Mal getrunken habt, könnt ihr es wahrscheinlich auch ungefähr bewerten, ob es eine ähnliche Qualität hat.

Holger: Schwierige Frage. Ich trinke es regelmäßig, aber jetzt auch nicht so regelmäßig, dass ich immer jetzt sofort das Geschmacksbild im Kopf habe, was ich beim letzten Mal getrunken habe. Aber ich würde jetzt eigentlich sagen, das ist schon das Don Limone, so wie ich es kenne. Müsste ich einen Unterschied feststellen? Habt ihr was verändert?

Dario Stieren: Es ist tatsächlich ein bisschen mehr Hopfen drin. Wir haben ja auch eine offene Gärung jetzt und wir haben keinen Hauptgang mehr. Also haben wir jetzt andere Stopftechniken. Also eigentlich ist das jetzt zweimal kalt gehopft und nicht einmal, so wie früher. Aber so richtig den Unterschied habe ich eben auch nicht gemerkt. Also ich bin eigentlich recht zufrieden mit dem Umzug in die neue Brauerei.

Markus: Für mich kommt‘s auch so rüber, als wären die Hopfennoten noch mal intensiver, und zwar an beiden Ecken. Also einmal dieses wirkliche Zitrusaroma, was eben wirklich Richtung Limone erinnert, das auf jeden Fall ganz intensiv, kommt mir noch schneller in die Nase. Und aber auch auf der anderen Seite dieses grüne Grasige. Es ist auf jeden Fall super-intensiv und das finde ich also nach wie vor, das begeistert einfach, weil das noch mal eine ganz andere Idee in Richtung Pils ist, die auch, glaube ich, Leute überzeugen kann, die mit dem Bierstil vielleicht vorher noch nicht so viel anfangen konnten. Ist es denn eure Hauptsorte?

Dario Stieren: Mittlerweile ist es das Helle. Also mengenmäßig machen wir auf jeden Fall mehr vom Hellen. Aber von den Crafties ist das schon immer noch die Nummer eins. Wir haben eigentlich auch momentan nur drei Biere, die wirklich dauerhaft im Sortiment sind. Da sollen jetzt dieses Jahr noch ein paar dazukommen. Und das ist eben das Helle, das Don Limone, und das ist unser Harakiri. Die sind eigentlich permanent verfügbar. Und die anderen Sorten brauen wir entweder nur einmal oder wir machen sie eben als saisonale Biere.

Markus: Da muss ich mich gleich mal bei dir bedanken, weil das Harakiri hatte ich neulich mal wieder in einer Verkostung und das ist einfach so sensationell. Das ist ein richtig schönes Saison mit richtig schönen weinigen Noten. Das macht richtig Spaß. Und ich habe schon ein bisschen Angst gehabt, dass es das vielleicht nicht immer gibt, weil es jetzt in unserer Selektion ja nicht dabei ist. Aber das ist super-schön. Also auch an euch Hörer, wenn ihr die Biere euch nachkauft, dann nehmt auf jeden Fall das Harakiri auch mit. Jetzt hast du gerade so schön gesagt, die Crafties, das bezieht sich vielleicht ein bisschen auch auf diese kleine Flasche. Also auch das war ja so ein Erkennungsmerkmal von Anfang an. Wie seid ihr da drauf gekommen?

Dario Stieren: Tatsächlich hat ja auch der Giesinger die Flasche erfunden sozusagen. Die hat uns einfach gut gefallen. Wir haben natürlich aber auch in den Brauereien, die wir eben kannten, in diesen Strukturen gearbeitet, die eben gut zusammengepasst haben. Und deshalb haben wir auch da gefüllt, wo früher der Giesinger gefüllt hat. Da ging dann eben auch diese Flasche. Das war die einzige Füllerei damals in Bayern, die diese Flasche füllen konnte, der Aitinger. Wir haben gesagt, wir wollen eine Münchner Marke sein und das soll eben auch klar erkennbar sein an der Flasche. Und auch immer so ein bisschen mit dem Ziel, erstens regional zu sein, aber natürlich auch zum Beispiel in Städten wie Berlin Anklang zu finden, die eben vielleicht auch dieses Münchner Lebensgefühl mal probieren möchten.

Markus: Holger, jetzt hat er gesagt, in München angekommen, vor Ort regional. Du bist ja in München. Wie hast du das denn wahrgenommen und wie hast du die Leute wahrgenommen, die dann mit dem Bier zum ersten Mal konfrontiert worden sind? Wird das als Münchner Bier mittlerweile akzeptiert?

Holger: Ja schon. In der Szene auf jeden Fall. Wenn ich jetzt hier auf die Straße gehe und so einen normalen Münchner anhaue und sage, hier, komm, trinken wir mal einen Don Limone zusammen, dann haut der mir natürlich eine runter. Also das schon. Aber wenn man jetzt hier in die Szene rein hört, dann ist Munich Brew Mafia total etabliert, kennt auch jeder. Auch die Verbindung zu Giesinger ist klar. Ich sag mal, die Jungs, also jetzt dann mit dem dritten Mann in Ergänzung, das ist jetzt auch neu, aber ihr als Team, als Zweier-Team wart auch immer auf den Messen, wart immer im Sichtbaren, wart in der Bierothek eben ganz häufig und natürlich auch im Biervana mit den Braukursen. Und ich meine, ich mache dann ja im Biervana auch Verkostungen. Also insofern hat man sich da quasi die Klinke in die Hand gegeben. Ich finde eben jedes Bier wirklich unglaublich spannend, auch interpretiert in den jeweiligen Bierstilen. Also es gibt nichts Langweiliges. Wenn man dann so ist, wie ich bin, und so sind ja auch einige hier in München, Freude daran hat, immer auch wieder was auszuprobieren, wo man morgens beim Aufstehen noch nicht daran geglaubt hat, dass man es abends erleben darf, dann ist die Munich Brew Mafia immer ein Tipp, würde ich sagen.

Markus: Wie kamt ihr auf diesen Namen? Das ist ja auch eine lustige Geschichte. Also siehst du dich so ein bisschen als Pate oder wie kann man sich das vorstellen?

Dario Stieren: Es ging erst mal darum, etwas zu finden, was sozusagen plakativ ist, einfach ist. Weil man glaubt es nicht, in der Zeit im Tap-House haben wir herausgefunden, dass man den Namen Camba auf so viele Arten falsch aussprechen kann, dass wir irgendwas gebraucht haben, was Menschen eben aussprechen können. Munich kennt jeder, Mafia ist einfach, das Wort Brew, da hakt‘s manchmal ein bisschen tatsächlich, ich weiß nicht warum. Aber Brew ist anscheinend ähnlich zu Crew, deshalb wurden wir anfangs oft mit CREW Republic verwechselt. Wenn irgendwo Giesinger draufsteht, also Leute kommen zu unseren Stand und meinen, wir gehören irgendwie zum Giesinger dazu, weil wir eben unsere Firma in Giesing angemeldet haben. Mafia klingt erst mal böse oder irgendwie skrupellos oder wie auch immer. Ist so ein bisschen dieses Operieren aus dem Untergrund. Es ist auch ein kleiner Stoß in Richtung der sechs großen Brauereien. Die wurden zum Beispiel vom König Ludwig sehr gern als Mafiosi bezeichnet, weil er eben nicht auf die Wiesn durfte, weil es hieß, dass sie Preisabsprachen machen und dass sie sich quasi die ganze Bierlandschaft unterm Nagel gerissen haben. Der dritte Teil ist eigentlich so dieses Kratzen am Reinheitsgebot. Mittlerweile ist das ja alles legitim und ist quasi fast zu Ende diskutiert sozusagen, aber damals, wo wir angefangen haben, da war ja Hopfenstopfen noch ein sehr heiß diskutiertes Thema. Da war Fassreifung noch ein heiß diskutiertes Thema. Mittlerweile sind wir schon ein Stückchen weiter, aber es gibt ja immer noch viele Themen in der Brauwelt, die man diskutieren kann.

Markus: Es ist auf jeden Fall noch kein Italiener mit Kanone bei dir aufgetaucht und hat irgendwie so Markenrecht streitig gemacht oder so?

Dario Stieren: Das kam noch nicht vor. Aber es gibt tatsächlich manche Italiener, die sich da angegriffen fühlen. Aber das war mir davor auch noch nicht so bewusst.

Markus: Na ja, gut, ich meine, es ist natürlich, es hat auch eine ernsthafte Komponente und wir können eigentlich froh sein, dass wir das relativ locker sehen können. Aber ist ja auch, ich meine, letzten Endes ist es okay. Und was ihr sehr schön macht, finde ich, ist, mit dem Thema ja trotzdem so ein bisschen zu spielen, auch auf den Etiketten und mit den Namen. Und das ist ja alles so kriminell sympathisch. Und das ist ja eigentlich auch ganz schön und passt vielleicht auch deswegen ganz gut nach München. Mit welchem Bier wollen wir denn weitermachen? Ich habe ein Green Business hier stehen und ein Space Gun und dann noch das Gintasia und den Schlagring. So schaut’s aus.

Dario Stieren: Dann würde ich sagen, nehmen wir das Yellow Space Gun als nächstes.

Markus: Okay! Ein DDHNEIPA. In der schönen neuen deutschen Craftbier-Sprache. Also ein Double Dry Hop New England IPA. Spannende Geschichte. Holger, was erwartest du? Du sagst, eine Enttäuschung kommt von Erwartung. Was erwartest du dir bei diesem Bier?

Holger: Ein DDHNEIPA erwarte ich mir.

Markus: Okay! Na dann! Machen wir es auf.

Dario Stieren: Machen wir es auf.

Holger: Ja, also es muss schon eine Hopfenkanone sein. Schon alleine mit dem Motiv hier, also so „Star Trek“-mäßig.

Markus: Das stimmt! Das wünschen wir uns eigentlich alle, so eine Kanone, mit der man Hopfendolden verschließen kann. Also wo man dann praktisch irgendein Bier nehmen kann, schießt da drauf und „Boom!“ hat man das Hopfenaroma da drin. Das wäre natürlich für die ein oder anderen Brauer gar nicht so schlecht, sowas zu haben. Generell bin ich ein großer Freund von dem Bierstil. Und zwar nicht allein deswegen, weil das jetzt grad so im Trend ist, sondern weil ich das schon sehr gerne mag. Diese intensiven, fruchtigen Noten, das sind einfach Biere, die mir ganz viel sagen. Und das macht mir viel mehr Spaß als, was weiß ich, das zehnte Helle oder so, was zurzeit ja oft auf dem Biermarkt kommt. Das schaut auf jeden Fall auch schon spannend aus. Also sehr, so etwas mystisch, aber sehr hell trotzdem, ein schöner, fester, dicker weißer Schaum obendrauf. Und dann habe ich ja in der Tat jede Menge fruchtige Noten. Geht so ein bisschen Ananas, ein bisschen Zitrus natürlich wieder, aber auch Pfirsich, bis hin zur Honigmelone. Also sehr spannend. Ein bisschen was Frisches auch, also fast minzig oder so. Interessant! Probieren wir mal. Ja, sehr schön! Also so ein bisschen wie ein Fruchtsaft mit 7 %. Das ist ja eigentlich, was Besseres kann einem gar nicht passieren. Also auch so ein bisschen der Ladykiller unter den Bieren. Also sehr, sehr schön. Wie habt ihr euch das zusammengebraut? Wie seid ihr auf die Rezeptur gekommen?

Dario Stieren: Man muss erst mal vorwegnehmen, wir wollten ja schon immer sehr viel experimentieren, haben aber in der Brauerei, in der wir angefangen haben, auf 20 Hektoliter gebraut am Anfang. Das heißt, in den ersten Jahren konnten wir gar nicht so kreativ sein, wie wir das vielleicht hätten gerne wollen. Und mit der neuen Brauerei haben wir halt immer nur zehn Hektoliter, also immer nur 1000 Liter. Damit kann man natürlich einfach doppelt so viele Sorten machen, deutlich mehr Biere rausbringen, hat immer frischeres Bier auch bei den klassischen Sorten. Macht einfach mehr Spaß, sich da auszutoben. Dieses Bier im Speziellen ist entstanden zur vorletzten Braukunst Live!. Haben wir einen Hopfen bekommen, der hieß Fantasia. Da gab’s also so einen Brauwettbewerb und da gibt’s von Barth Haas eine Hopfenmischung, die heißt Fantasia. Eigentlich war das, glaube ich, so als mehr oder weniger Kleinsud-Wettbewerb gedacht, aber wir haben uns da mal 20 Kilo bestellt und hätten nie gedacht, dass die ankommen. Und tatsächlich sind sie aber angekommen. Und haben da also eine vogelwilde Mischung dann gemacht damit. Haben also einen klassischen IPA Hopfen genommen, den Citra, haben diese Hopfenmischung, dieses Fantasia, der irgendwie so Karamell und Pfirsich verspricht, mit rein und haben das Ganze aufgepimpt mit einem Polaris-Hopfen, mit einem bayerischen. Und dieser Polaris, der soll ja angeblich so dieses Eis-(unv. #00:18:23.7#) widerspiegeln. Oder wie du schon gesagt hast, vielleicht sowas Mentholartiges, Minziges. Das klang für uns nach einer schönen frischen Mischung, also nach einer Mischung aus fruchtig und irgendwie gut trinkbar, frisch. Ich glaube, das ist auch im Bier so angekommen.

Holger: Ich meine, das macht ja ein New England IPA auch aus, also diese wenigere Bittere im Vergleich jetzt mit den normalen IPAs, weil ja die Hopfung auch ganz spät erst erfolgt. Und ist hier genau umgesetzt. Also man hat so einen Fruchtcocktail. So wie der Markus schon sagt. Ja. Die Bittere, die ist so im Hintergrund. Aber es ist trotzdem so eine schöne trockene Frische da, die auch wiederum Lust auf einen zweiten Schluck macht. Und wenn die Leute mich ja immer fragen, was ist ein gutes Bier, sage ich ja immer, macht Lust auf einen zweiten Schluck. Ganz einfach.

Markus: Ja. Und das macht‘s auf jeden Fall. Ich finde auch, das nimmt vielleicht diesen Trend vorweg, den es ja jetzt gerade bei den ganzes Smoothies gibt. Also da wird auch immer ganz gerne jetzt so ein bisschen Minze drunter gemischt, um dem Ganzen noch so einen frischen Touch zu geben. Weil das ja oft so sehr süße und sehr volle Aromen sind, die da rüberkommen. Und das macht das ein bisschen leichter. Und ich finde, das ist hier auch schön, also weil es auch den Mund noch mal ein bisschen kühlt. Also habe ich zumindest den Eindruck, vielleicht liege ich da jetzt auch falsch. Aber mir geht’s jedenfalls so und das gefällt mir sehr, sehr gut. Und es ist wirklich erstaunlich leicht.

Holger: Ja.

Markus: Es ist fast gefährlich leicht. Nicht schlecht! Holger, Erwartungen also erfüllt.

Holger: Unbedingt! Also das ist ein ganz typischer Vertreter dieses Bierstils. So wie du schon richtig sagst, das ist so ein schönes Bierchen, da kann man sich auch mit abschießen. Oder noch besser, aber das bleibt total unter uns, also wenn man jetzt dann auch mal Damen hat, die man von Bier begeistern möchte, könnte ich mir also sehr gut vorstellen, dass das damit richtig gut geht. Dann haben die ja Lust zu trinken und hat man dann noch ein bisschen mehr Alkohol. Und dann hat man einen schönen Abend.

Markus: Allerdings so weit sind wir noch nicht. Wir haben ja noch ein paar Bierchen.

Holger: Holger, es kommt eine Happy Hour.

Markus: Stimmt! Aber bevor wir zum nächsten Bier kommen, vielleicht noch die Frage, der Holger hat es, glaube ich, gerade gesagt, die Bierothek, das ist jetzt mittlerweile eurer Laden sozusagen.

Dario Stieren: Genau! Also jetzt zum 1. Oktober. Das kam sehr überraschend für mich. Ich dachte eigentlich, der Anruf vom Christian käme bezüglich einer Kooperationsanfrage zwischen der Munich Brew Mafia und ihm. Dabei ging es ihm um was anderes. Es kam etwas überraschend und plötzlich, aber gar nicht so ungelegen, weil eigentlich sind wir ja jedes Wochenende auf einem Festival, und das ist dieses Jahr ausgefallen. Und dann dachte ich mir, so schlecht wird uns so ein Bierladen gar nicht stehen. Wir haben eigentlich immer geliebäugelt mit einer eigenen Gastronomie, aber die frisst natürlich auch wahnsinnig viel Zeit. Und so ein Laden, wo man eben sowohl beraten kann, tolle Biere anbieten, seine eigenen Biere noch verkaufen und dann auch noch Seminare drin machen kann, das war eigentlich die Gelegenheit sozusagen, die man da ergreifen musste.

Markus: Vielleicht kannst du da für die Leute noch mal ein bisschen Einblick geben. Wie ist es denn, wenn man auf einmal so einen Bierladen aufmacht? Also worauf muss man achten? Habt ihr vielleicht am Anfang auch Fehler gemacht oder so? Wie geht das?

Dario Stieren: Die Fehler, ob wir die gemacht haben, das sehen wir dann vielleicht später. Das Schöne an der Bierothek war ja, die gab‘s ja schon dreieinhalb Jahre und der Richard hat das ja auch liebevoll gemacht. Das heißt, der hat eben schon gewisse Stammkunden dagehabt, das war gut geführt. Und der hat einfach das aus persönlichen Gründen weitergegeben. Lustig war halt, wir haben quasi an einem Tag die komplett leeren Regale übernommen, haben unsere Bestellungen gemacht, wir haben nicht einen einzigen Tag zugehabt. Wir haben quasi am 1.10. in der Früh einmal alles geputzt, haben die Regale vollgemacht und um Punkt 12 aufgesperrt. Haben da ein kleines bisschen vielleicht getrickst, indem wir mehr Biere hatten, als es eigentlich aussah. Also wir haben manche Bier nur zwei, drei, vier Mal dagehabt, die haben wir eben von woanders schnell noch geholt, damit die Regale voller ausschauen. Und jetzt mittlerweile haben wir uns das alles selbst erarbeitet. Wir haben auch so eine Art kleines Crowdfunding dann noch mitgemacht, wo man eben quasi Mitglied werden konnte in der Bierothek. Also es gibt da verschiedene Kundenkarten, wo man dann seinen Gutschein kriegt, und je nach Wert kriegt man dann einen Bonus mit dazu in Form von einem dauerhaften Rabatt. Das wurde also gut angenommen. Da gab’s viele Leute, die das gern unterstützt haben – und denen möchten wir natürlich danken – und konnten also diesen Laden da eröffnen. Ich denke, man muss sich eben natürlich einmal sein Sortiment, das ist ja kein kleines Sortiment, also wir haben gleich mal mit 350 Biersorten gestartet. Jetzt mittlerweile stehen über 450 im Laden drin. Muss man sich irgendwie ein bisschen strukturieren im Kopf, muss sich überlegen, was man denn gerne dahätte. Und ich denke, das ist uns jetzt deshalb vielleicht relativ einfach gefallen, erstens, weil wir uns natürlich in der Bierszene auskennen. Aber wir hatten ja auch im Tap-House schon über 300 Biere, die wir quasi blind im Schlaf auswendig kannten. Insofern ist uns das relativ einfach gefallen, das einzurichten. Aber ich denke, damit muss man sich eben gut beschäftigen, muss sich überlegen, welche Biere eben gefragt sind, was man eben dann auch weiter bringt. Weil im Endeffekt zeigt dann irgendwann nach sechs Monaten, ob die ganzen Biere ablaufen, ob man also da falsch eingekauft hat oder nicht. Noch sehen wir es leider nicht, ob wir was falschgemacht haben.

Markus: Wir wünschen euch auf jeden Fall natürlich alles, alles Gute dabei. Und vielleicht, wenn wir das nächste Bier aufmachen, dann könnte einer von euch beiden mal kurz noch eine Wegbeschreibung machen. Für alle die, die München kennen, aber die Bierothek dort noch nicht kennen, wie man zu euch dann am besten hinkommt. Aber welches Bier wollen wir denn jetzt noch aufmachen?

Dario Stieren: Genau! Ein hopfiges haben wir noch. Wir machen weiter mit dem Green Business.

Markus: Dann auf, auf!

Holger: Ich kann das vielleicht ganz kurz übernehmen. Es gibt ja so verschiedene In-Viertel in München und ein Thema ist natürlich absolut Glockenbachviertel und dann noch heftiger sozusagen ist dann Gärtnerplatz. Und da gibt’s dann ins Glockenbach hinein halt die Fraunhoferstraße und auf einer Verbindungsstraße, nämlich die Reichenbachstraße zum Gärtnerplatz, liegt dann, wenn man also von der Fraunhoferstraße kommt, linker Hand die Bierothek. Da könnte man jetzt zum Beispiel sich ein schönes Bierchen ziehen und geht dann einfach vor zum Isarstrand und setzt sich dahin und überlegt sich mal, wie viel Glück man hat.

Markus: Und das am besten mit so einem Bier wie diesem hier. Denn das ist ja jetzt wirklich ganz, wie soll man sagen, naturnah, das heißt, wir haben jetzt Doldenhopfen, Frischhopfen da drin. Und der Grundbierstil ist ein Export. Das ist ja auch wieder was, Holger, was dir sehr liegt, oder?

Holger: Unbedingt! Export ist ja Dortmunder Bierstil und absolut Ruhrgebiet, ihr wisst ja, volles Programm und so, das liegt mir. Aber mir liegen ja ganz viele Bierstile.

Markus: Ich finde auch dieses Frischhopfen-Thema immer ganz spannend, weil man einfach noch mehr von der ganzen Pflanze hat. Was ja eben beim verarbeiteten Hopfen logischerweise wegfällt. Also der wird getrocknet und dann teilweise gehen eben noch pflanzliche Substanzen weg. Und wenn ich den ganz frisch nehme, dann habe ich eben alles noch drin, also den Pflanzensaft und die Blätter und so weiter. Damit ist es einfach sehr viel grüner, kriegt dann eben auch so natürlich den grasigen, aber bis hin zu so, ja, was soll man sagen, so wie grüne Paprika, irgendwie in so eine Richtung mit dazu. Und das ist wirklich hier auch ganz, ganz schön und spannend zu schmecken. Also ganz unnormaler Geruch und Geschmack, denke ich mal, für ein Bier, was man so normalerweise hat, aber eben sehr spannend. Und was man auch merkt, ist, dass Hopfen eben eine Hanfpflanze ist. Also die typischen Hanfaromen habe ich hier auch sehr, sehr deutlich. Und das wird ja auch ein bisschen symbolisiert durch diese Päckchen da auf dem Etikett. Dario, wie kam es denn da dazu? Und warum ausgerechnet ein Export und warum ausgerechnet Hallertauer Blanc?

Dario Stieren: Export ist einfach ein cooler untergäriger Bierstil. Ich habe am Anfang, wo ich die Brauerei eröffnet habe, sehr viel Spaß dran gehabt, einfach Bierstile zu nehmen, die sonst niemand bisher gepimpt hat. Deshalb gab’s auch nichts, irgendwie eine Kategorie. Ich glaube, mittlerweile gibt’s auch immer noch keine Kategorie bei irgendwelchen Wettbewerben für diese Art von Bier. Das hat mir einfach Spaß gemacht, da so ein bisschen Pionierarbeit zu leisten. Und so habe ich dieses Export genommen und habe das mal ein bisschen umgemodelt. Und das Export ist ja normalerweise ein Bier, das ein bisschen malzbetonter ist als das Helle, das ein bisschen kräftiger ist, das auch eine gute Portion Karamellmalz verträgt. Und ich dachte mir, wenn man dann einen ordentlichen karamelligen Körper hat, dann passt da auch ein bisschen mehr Hopfen in das Bier rein. So haben wir also ein Gegengewicht da geschaffen mit diesem Hallertau Blanc. Blanc hat mich schon immer irgendwie begeistert, weil er total anders riecht wie alle anderen Hopfen. Der ist einfach anders wie die anderen Kinder sozusagen. Der hat dieses total funkige stachelbeergrüne Paprikaaroma.

Holger: Das ist wirklich krass. Also die grüne Paprika, die ist wirklich krass, finde ich.

Dario Stieren: Das kommt auch extrem an. Also wir haben das Bier jetzt schon fünfmal gemacht und wir haben den Hopfenbauern, wir arbeiten ganz eng da mit unserem Hopfenerlebnishof Stiglmaier zusammen. Wir haben die jedes Jahr gebeten, uns diesen Hopfen zu einem anderen Zeitpunkt zu ernten. Und das macht unglaublich viel aus, wann dieser Hopfen geerntet wurde. Also in einem Jahr, wenn man ihn tatsächlich fast einen Monat früher erntet, wenn man ihn also Ende August runtertut, dann ist der brutal fruchtig und hat also dieses Paprika fast überhaupt nicht. Diese Saison wurde er deutlich später geerntet. Und dann merkt man also wirklich dieses Heuartige, ein bisschen Krautige, Schwere, das kommt da deutlich kräftiger durch. Und das ist fast so ein betörender Geruch, wenn man diesen Hopfen transportiert. Ich nehme ja dann immer so einen ganzen Ballen mit 60 Kilo mit im Auto. Ich muss da wirklich nach einer Viertelstunde schon das erste Mal anhalten und ein bisschen spazieren gehen, weil das einfach müde macht. Also man merkt so diese Kraft, diese einschläfernde Kraft von diesem Hanfgewächs, die merkt man tatsächlich.

Holger: Wenn man jetzt darüber nachdenkt, wie schmeckt eigentlich das Bier und wie ist eigentlich das Aroma, dann hat man das ja oft so, dass man so das absolut kennt, aber man kommt dann ja nicht so richtig auf die Begriffe. Und hier ist das so. Also so grüner Paprika, das würde ja niemand beschreiben. Da würde man, glaube ich, gar nicht drauf kommen. Aber wenn man dann sagt, ey, grüne Paprika, dann könnte ich mir vorstellen, das ist so ein Raum mit so einer Verkostungsgruppe und die sagen dann alle: Ja genau! Grüner Paprika. Wenn man es einmal hat, dann ist das so im Vordergrund, also unglaublich.

Dario Stieren: Ja, da kommt aber trotzdem auch immer etwas Fruchtiges mit dazu. Ob das jetzt irgendwie Ananas ist oder eine Fruchtnote, die man aber nicht so ganz beschreiben kann. Weil wer kennt denn schon die Stachelbeere in und auswendig? Ist es jetzt die Stachelbeere, ist es nicht? Ich weiß es nicht. Das ist irgendwie so eine Art, …

Holger: So grüne Früchte halt.

Dario Stieren: Früchte, genau, die man eben vielleicht gar nicht so näher definieren kann, weil man sie nicht in und auswendig kennt. Und das macht’s vielleicht auch so spannend.

Markus: Zumal die meisten Leute ja Stachelbeeren einfach auch gar nicht frisch kennen, also weder gerochen haben noch gegessen haben. Das ist ja wie bei Waldmeister zum Beispiel auch, da kennt man das ja oft nur in einer verarbeiteten Form oder im schlimmsten Fall nur in einer künstlichen Form. Aber ich finde auch, also ich bin Gott sei Dank mit einer Oma groß geworden, die ganz, ganz viele Beeren in ihrem Garten angebaut hat, unter anderem auch Stachelbeeren. Und da gibt’s ja auch ganz viele verschiedene Sorten, nicht nur grüne, sondern auch rote und gelbe zum Beispiel. Und da, wenn man sich daran erinnert, ist das wirklich für mich so eine kleine Reise in die Kindheit. Also sehr, sehr spannend, sehr, sehr schön. Du hast auch noch ein zweites …

Holger: Da habe ich ja jetzt wirklich ein Bild im Kopf. So der kleine Markus mit kurzer Lederhose, wie er dann in Omas Garten um den Stachelbeer-Strauß rumrennt. Und dann mit dem Rauchbier in der Hand.

Markus: Also fast, fast richtig. Fast richtig, weil als Kind hatte ich in der Tat eine Lederhose. Also habe ich nie wieder später angezogen, aber als kleiner Junge musste ich da wirklich immer rein und fand ich auch sehr, sehr anstrengend. Und in der Tat musste ich die auch oft anziehen, wenn wir da im Garten waren. Aber Bier hatte ich keins in der Hand. Also insofern, so korrekt waren wir Franken dann ja schon noch, muss man sagen.

Dario Stieren: Sonst machen wir da mal eine Bier- und Früchteverkostung und dann können wir das ja nachholen auch für andere Gäste.

Markus: Das stimmt! Das ist eine gute Idee. Dein zweites Lieblingskind, habe ich so den Eindruck, ist ja auch mit im Spiel, dieser Mistral Hopfen aus Frankreich, der irgendwie so beides ist: Einerseits ziemlich viel Bittere hat, andererseits eben auch schöne Aromatik. Wie kommst du an den überhaupt ran? Der ist ja jetzt nicht unbedingt so überall erhältlich.

Dario Stieren: Ja, tatsächlich gibt’s nur ein, zwei Hopfenbauern, die überhaupt in diesem Minigebiet da in Straßburg diesen Hopfen anbauen. Und von Anfang an, also bei der ersten Braumesse, habe ich die entdeckt und bin irgendwie verbunden damit. Weil ich finde die wahnsinnig spannend, diese zwei, drei Sorten, die es da gibt aus Frankreich. Mittlerweile sind es sogar fünf schon. Die spannendste Entdeckung für mich auf der BrauBeviale sind ja immer diese Rohstoffhallen, wo man eben neue Hopfen findet. Und jeder stürzt sich immer auf diese Amihopfen und so. Da sind natürlich auch wahnsinnig tolle Sachen dabei. Aber ich habe zum Beispiel für mich letztes Jahr den polnischen Hopfenstand entdeckt. Die haben auch brutal interessante Sorten. Das ist immer so ein bisschen dieses Underground-Mäßige, was mich halt auch interessiert, eben passend zur Mafia.

Markus: Eben! Absolut passend zur Mafia. Und ich muss auch sagen, das ist auch gerade ein sehr spannendes Thema innerhalb von Europa. Ich habe da letztes Jahr eine Verkostung gemacht in Brüssel, und da ging es eben gerade um das Thema neue Hopfensorten und Entwicklung vor dem Hintergrund des Klimawandels. Und da ist es eben so, dass mit dem Klimawandel, mit dem immer wärmer und trockener Werden, die klassischen Hopfenanbaugebiete einfach massiv Probleme bekommen. Das heißt, in der Hallertau ist ja sehr, sehr wenig bewässert, und wenn es so wenig regnet wie in den letzten Jahren und dann noch recht heiß ist, dann hat man da eben massive Probleme entweder am Inhaltsstoff oder überhaupt an der Erntemenge. Und da gibt’s jetzt eben die einen oder anderen Europäer, die anfangen nachzuziehen, von Dänemark bis Frankreich oder eben auch Polen und Hopfengebiete entweder reaktivieren oder neu gründen und durchaus auch neue Sorten dann verwenden. Und das ist wirklich eine tolle Entwicklung.

Dario Stieren: Tatsächlich, manchmal redet man ja über dieses Stopfen, Gramm pro Liter, wie auch immer, also dieses Bier ist nicht gestopft, aber es sind 60 Gramm pro Liter Hopfen drinnen. Dass man das einmal so gehört hat. Das schmeckt schon fast grün.

Markus: Im Grunde so eine ganze Hopfenrebe im Seidla, würde der Franke sagen.

Holger: Abgezuzelt, würde …

Dario Stieren: Genau!

Holger: … der Oberbayer sagen.

Markus: Die nimmt man dann wieder raus und dann zuzelt man wie eine Weißwurst sozusagen.

Holger: So ist es.

Markus: Saugt man an der Dolde. Genau!

Holger: Dario, sag mal, was wir jetzt als nächstes trinken. Und dann sag mal noch was übers neue Team. Also Niklas und du, klar, da bin ich ganz safe so. Aber der Alex ist neu, das musst du auch noch mal ein bisschen erzählen.

Dario Stieren: Genau! Ja, der Alex ist gar nicht so neu, der Alex ist ja seit 2018 schon bei uns. Also wir sind ja jetzt auch schon ein bisschen länger ein gemeinsames Team. Und der Alex komplettiert uns eben als Brauer mit und kann da eben sehr gut unterstützen.

Holger: Aber dann ist er doch ein bisschen im Hintergrund, oder? Weil, na gut, der Niklas macht Vertrieb.

Dario Stieren: Ja, jain. Also der Alex war eben für Festivals und Brauerei und Füllerei mit verantwortlich, weil der Alex auch davor schon eben mit den Füllereien viel gearbeitet hat. Festivals haben wir jetzt momentan nicht, deshalb haben wir jetzt alles ein bisschen umgebaut in der Firma intern. Ich habe jetzt gerade mal zusammengerechnet, wieviel Tage wir insgesamt auf Festivals waren. Und es gab also in 2019, ich glaube, vier Wochenenden, wo wir zu Hause waren, so gefühlt. Insofern war das da sehr wichtig. Jetzt eben plötzlich nicht mehr. Das heißt, wir mussten da jetzt so ein bisschen umstrukturieren. Aber jetzt brauen wir ja auch wieder mehr und dann ist der Alex auch wieder mehr in der Brauerei unterwegs.

Holger: Was machen wir jetzt als nächstes auf?

Dario Stieren: Jetzt kommt das Gintasia, jetzt machen wir es vogelwild. Jetzt gehen wir vom Hopfigen ein bissel weg und brechen mal so richtig übel mit dem Reinheitsgebot.

Markus: Wahnsinn! Dann nenne ich es doch mal Gintasia und mache mal auf.

Holger: Oh ja! Hm! Da ist ja eine interessante Nase.

Markus: Na ja, vielleicht Dario, magst du uns das mal selber vorstellen?

Dario Stieren: Ja gerne! Tatsächlich haben die zwei Biere, die wir jetzt gerade hintereinander getrunken haben, von der Machart oder von der Brauart ziemlich viel gemeinsam. Die sind nämlich beide nicht gestopft. Das heißt, wir haben bei beiden mal einfach im Heißbereich Aromen extrahiert. Beim ersten Mal haben wir das eben aus dem Hopfen gemacht. Hier sind eben jetzt ganz viele Aromen aus verschiedenen Gewürzen und Zitrusfrüchten. Und die Idee war einfach, in einem Bier so ein bisschen Gin und Tonic nachzuahmen. Also hier sind alle Zutaten drinnen, die man, wenn man ein Tonic Water selber machen wollen würde, handwerklich drinnen wären und die eben in einem Gin reingehören. Essenzen sozusagen, die da mit reinkommen oder Botanicals ganz modern. Wir wollten das einfach aufgreifen und mal ausprobieren, wie das ist, wenn man das in ein Bier reinschmeißt. Und das haben wir als Kleinsud getestet und haben dann gemerkt, man braucht da ganz schön viel. Und haben also dann, nachdem das auf der Braukunst ganz gut angekommen ist, das ganze versucht in groß nachzubauen auf 1000 Liter. Und waren dann also fünf Stunden am Schnippeln, haben es irgendwie geschafft, diese Bier in groß noch mal nachzubauen. Und das Spannende an dem Bier finde ich eigentlich, wenn man die Zutatenliste liest, einfach mal so langsam von oben nach unten, und in das Bier reinschnuppert, dann riecht man fast jede einzelne Zutat, die da drin ist.

Markus: Wir können ja für die Hörer mal kurz das so Revue passieren lassen. Es geht los mit einem starken Zitrusaroma. Also wo man wirklich erst mal an eine Zitrone denkt, so eine ganz frische, gelbe, fast noch grüne Zitrone, wenn man die dann so …

Holger: Eher Limette eigentlich.

Markus: Ja, fast Richtung Limette. Und dann geht das über und kriegt so das noch an Komponente, was der Ingwer hat. Also dann geht das in so eine Ingwer-Aromatik. Und von da aus geht’s dann weiter und kriegt so das Zitronengras. Also das finde ich ganz lustig, weil das so eine Reise ist, die sich so entwickelt. Und dann eigentlich kommt so nach und nach auch das Bierige dazu. Und wenn man es trinkt, hat man hinten raus natürlich dann noch eine Bittere, die dann an die Wacholderbittere auch so ein bisschen erinnert. Wobei habt ihr da auch Wacholder drin?

Dario Stieren: Da steht ja Gewürze drauf. Gewürze sind tatsächlich drin. Wacholder natürlich, das gehört ja in einen Gin rein. Das macht ja eigentlich den Gin überhaupt erst aus.

Markus: Mhm (bejahend).

Dario Stieren: Wir haben Thymian drin, wir haben Koriandersamen drin, wir haben schwarzen Pfeffer mit drinnen. Diese Bittere, die du da schmeckst, das ist eine andere Bitterqualität wie die, die man vom Hopfen gewohnt ist. Die ist so ein bisschen stumpfer, würde ich fast sagen, ein bisschen trockener vielleicht auch.

Markus: Die ist weiter vorne, würde ich sagen.

Dario Stieren: Reagiert irgendwie anders mit der Zunge. Und das ist eigentlich das, was da Spaß macht. Ich habe auch mal irgendwie in Italien ein Bier mit Radicchio gebittert probiert. Und das fand ich total interessant und ich wollte das einfach mal ausprobieren, das wie so ein Tonic zu bittern. Also habe ich dann eine Chinarinde gefunden bei einem Gewürzhändler in München, beim Gewürzkontor, der hat übrigens ganz tolle Gewürzmischungen auch, und versorgt mir da alles, was ich so brauche. Der hat eben diese Chinarinde dagehabt. Und die gehört eben in so ein Tonic Water rein. Finde ich sehr interessant, wie das die Bitter-Wahrnehmung verändert.

Markus: Ja, auf jeden Fall! Und hinten raus noch so das Pfeffrige so ein bisschen. Also das ist wirklich eine ganz, ganz spannende Geschichte. Und auch so die ätherischen Öle, die bleiben dann relativ lange. Da merkt man dann den Thymian. Also ist wirklich, wirklich echt ganz spannend. Liebe Hörer, können wir euch nur empfehlen mal ausprobieren, ein Gin-Bier ohne Gin. Also gibt’s ja das ein oder andere auf dem Markt, wo mal im Gin-Fass war oder irgendwie mit Gin Infused gearbeitet hat. Aber hier sind es wirklich einfach nur die Zutaten vom Gin. Und das macht sich echt gut, verheiratet sich gut und versteckt in meinen Augen auch die 7 %.

Holger: Das ist so ein Bier, da kann man sich richtig mit auseinandersetzen und ganz lange drüber nachdenken. Immer wieder auch was Neues für sich entdecken. Wird jetzt vielleicht nicht mein All-Day-Bier so, aber es ist echt spannend. Das, was ihr euch eigentlich vorgenommen habt, eben so die Zusammensetzung von Gin ins Glas zu bringen, das ist wirklich gut gelungen. Also so ein Gin Tonic als Bier, das ist wirklich gut beschrieben. Und so kommt‘s auch rüber. Ich bin jetzt kein Gin-Fan, weil ich bin ja Bierfan, also ich trinke ja nur Wasser und Bier und alles andere braucht man eigentlich nicht. Aber hier kann man jetzt auch sowas schönes Neues kennenlernen.

Markus: Ja, und es ist durchaus auch ganz gut, Holger, kann ich dich nur beglückwünschen. Weil ich war dieses Jahr unter anderem auch Judge bei den World Gin Awards. Ich hatte ein Problem gehabt, ich habe ausgerechnet die Gruppe erwischt, die nur die ganzen besonderen Gins, also wo dann experimentiert wurde mit allen möglichen Früchten und Gewürzen und was weiß ich was, und das war mitunter wirklich sehr anstrengend. Insofern bin ich manchmal ganz froh, wenn man wieder zum Bier zurückkommt, dann ist das wieder so eine gewisse Wohlfühlecke. Und so geht’s mir mit dem Bier auch. Was ich auch noch denke, Gintasia heißt ja deswegen Gintasia, weil da wieder dieser Fantasia-Hopfen oder die Hopfenmischung da drin ist, oder?

Dario Stieren: Genau! Das waren eben zweimal oder waren eigentlich zwei Sude, die zur Braukunst als Test rausgekommen sind. Und da kam eben dieses Gintasia. Wir haben noch ein Fruchtbier dazu gebraut. Wir hatten eben viel von diesem Hopfen und wollten viel rumexperimentieren. Der Hopfen passt sich eben so ein bisschen an dieses süßliche Karamellbett ein, aber so richtig wahrnehmen durch die ganzen Früchte durch glaube ich kann man ihn nicht mehr. Also da muss man schon totaler Experte sein, dass man da noch viel Hopfen rausschmeckt.

Markus: Dem kann ich nur zustimmen. Ich bin da jetzt auch langsam schon etwas belegt, aber wir haben ja auch schon fünf Biere hinter uns und ein sechstes vor uns. Und das sollten wir jetzt auch noch aufmachen, natürlich. Wobei es mir ein bisschen Angst macht vom Etikett her: Der Schlagring. Wie kommt man denn auf die Idee?

Holger: Für die Leute, die nicht zahlen. Ist doch klar, bei der Mafia. Und das ist dann nur die Vorvariante. Also so nach dem Motto quasi die erste Mahnung.

Markus: Sind dann nicht die Fische im Aquarium oder so?

Dario Stieren: Das ist die Zahlungserinnerung. Genau! Da kam noch nicht mal die erste Mahnung. Viele Brauereien beschreiben Biere, die irgendwie stärker sind, gern mit Armageddon, Zombie Dust, was weiß ich was allem, Imperial und Super Hard. Wir haben uns gedacht, gut dazu passen bei uns würden einfach verschiedene Schlagprügel und Schießinstrumente. Und haben also unser erstes Double IPA auch Schießprügel getauft. Und aus dem ist so eine Art Reihe entstanden. Zudem zählt auch irgendwo dieses Yellow Space Gun dazu, das aber eher so Outer Space ist sozusagen. Und jetzt sind wir ganz klassisch wieder zurück bei einem Schlagring, der einem doch unbemerkt einen auf die 12 haut mit 10 %.

Markus: Ui-ui-ui! Also gut, dann machen wir ihn mal auf.

Holger: Wir haben ja hier wieder so eine schöne Abkürzung: TDHTIPA, also IPA, TDHTIPA.

Markus: Auf jeden Fall viele Buchstaben und viel Prozent. Machen wir mal auf. Ui-ui-ui! Es riecht auf jeden Fall schon mal toll. Es riecht auf die Entfernung. Also ich habe jetzt doch bestimmt die Nase 20 Zentimeter weg vom Glas gehabt und es ist jetzt schon alles ganz voll. Und vor allem wieder mit so tropischen Früchten. Jetzt würde ich fast sagen, ist so Mango mehr im Vordergrund, dann kommt Ananas.

Holger: Voll! Ananas ist voll da, der ganze Raum ist voll mit Ananas.

Markus: Wahnsinn! Und Pfirsich. Also irgendwie so diese ganze süße, gelbe Fruchtecke ist mit dabei. Hm! Also Geruch toll. Es gibt ja so ein paar Biere, die könnte ich auch nur riechen und das ist auf jeden Fall eins davon.

Holger: Ja, das muss ich sagen. Das kann man einfach nur wegriechen, man muss es gar nicht trinken.

Markus: Aber jetzt muss ich. Also auf geht’s! Sehr extrem weich, also ein Mundgefühl, ganz großartig. Es geht süß los, geht dann über in so eine ganz reife Ananas. Dann kommt ein bisschen Honig, ein bisschen Mango, Zitrus und dann hinten raus ganz langsam so ein bisschen Bittere. Aber die ist sehr dezent, fast so ein bisschen sahnig. Und dann kommen noch so ein bisschen Pfirsicharomen, die bleiben auch ganz lang. Von Haribo, da gibt’s diese fast runden Dinger, die sind so gelb und rot, heißen glaube ich sogar Pfirsiche. Das ist so ziemlich das Aroma. Wahnsinn! Warum macht man ein Triple Dry Hop Triple New England IPA? Und wie kommt ihr zu diesen Aromen?

Dario Stieren: Das ist witzigerweise nur ein einziger Hopfen. Das ist nur der Mosaic Hopfen. Den haben wir schon ein paar Mal verwendet für verschiedene Biere. Unter anderem haben wir mal so einen süßen Märzenbock gehabt, den Dolce Vita, in dem der verwendet wurde. Und wir dachten uns, da geht noch ein bisschen mehr. Und es gibt ja diese Abkürzung TDH, die da vorne steht vor diesem Triple IPA, Triple Dry Hopped, sprich, das Bier ist beim Anstellen einmal kalt gehopft. Das ist nach zwei Tagen Gärung einmal kalt gehopft und das ist im Lagertank nochmal kalt gehopft, pfundweise im Whirlpool, im Heißbereich gehopft. Und da ist also unglaublich viel von diesem Mosaic drin. Und ich finde den einen wahnsinnig spannenden Hopfen, der einfach auch in jeder Verwendung, die man ihm da gibt, ein anderes Aromaspektrum aufbaut. Das ist eigentlich das Coole, dass man mit einer Hopfensorte, wenn man sie viermal hernimmt, eigentlich viermal ein unterschiedliches Aroma bekommt. Und eigentlich so eine doch relativ komplexe, aber sehr fruchtige Struktur aufbauen kann. Das Ganze eben in diesem Triple IPA. Also ich musste tatsächlich zweimal brauen, um ein Bier herzustellen, das so stark wird. Da habe ich einen gewissen Franken schon fast Konkurrenz gemacht, da könnte ich mich, glaube ich, beim Schorsch als Praktikant anmelden mit dem Bier. Das hat also sage und schreibe 26 Plato dieses Bier.

Markus: Ui-ui-ui! Wobei, wenn du dich beim Schorch anmeldest, dann musst du es natürlich auch noch ausfrieren. Das wäre dann noch die Krönung. Aber könnte ich mir gut vorstellen, wenn man das ausfriert, da würde wahrscheinlich keiner auf ein Bier kommen. Da würden alle denken, das ist irgend so ein Edelbrannt aus irgendwelchen Obstgeschichten oder so. Also Wahnsinn! Ganz toll! Holger, wie geht’s dir denn damit?

Holger: Ist eine gute Idee, also Eisbock damit zu machen, fände ich auch ziemlich spannend. Was dann mit dem Hopfen passiert, müsste man wirklich mal ausprobieren. Habt ihr das nicht schon mal gemacht? Also das bietet sich doch voll an.

Dario Stieren: Ja, also wir haben tatsächlich den Don Limone schon mal ausgefroren und wir haben schon andere IPAs ausgefroren. Bei dem Triple bin ich jetzt noch nicht auf die Idee gekommen das zu machen. Ich war bei den Jungs von Zombräu zu Gast und einer von den beiden hat bei BrewDog sein Praktikum gemacht. Und die hatten ja diese ganzen Biere, von denen ihr wahrscheinlich auch gern im Seminar erzählt, dieses Sink the Bismarck! und wie sie alle heißen. Also quasi diese Konkurrenz-Biere zum Schorsch, mittlerweile haben sie sich ja, in Anführungszeichen, wieder „vertragen“ und zusammen eins gebraut. Diese ganzen Eisböcke von BrewDog, das waren ja auch alles so hopfige Biere, so extreme, mit teilweise 40 % Alkohol ausgefroren. Und die sind natürlich auch als IPA ultra-ultra-hopfig. Man hat dann teilweise einfach von 20 Maß Bier quasi in einer Maß die Aromen drin. Und das ist dann schon ziemlich heftig. Ich stelle mir das dann schon sehr, sehr intensiv vor. Eigentlich wie so ein Likör oder so, auch weil sich die Süße ja konzentriert, glaube ich, dass das schon ganz schön krass ist.

Markus: Ja, auf jeden Fall! Es ist so von der Erfahrung her, dass man ungefähr 20 % gewinnt, in Anführungsstrichen. Wenn ihr jetzt zum Beispiel einen Doppelbock nehmt und macht den als Brannt, das heißt, mit Destillation, und der hat am Schluss 40 % zum Beispiel und man nimmt dann das Bier und friert es aus, dann schmeckt das Bier mit 60 % immer noch so aromatisch wie der Brannt mit 40 %. Also das gewinnt wesentlich mehr Aromen, erhält wesentlich mehr Aromen, macht das Ganze viel, viel spannender. Also eine ganz, ganz tolle Geschichte. Wobei ich sagen muss, liebe Hörer, was ihr auch probieren könnt, dieses Bier einfach nur eine Kugel Vanilleeis. Das ist auch eine ganz feine Geschichte, wird sich wunderbar kombinieren und macht einen perfekten Nachtisch, wenn ihr mal nichts Besseres zu tun habt.

Holger: Die Schwiegermutter, da sagst du dann, hey, guck mal hier, was ich für einen tollen Eiskaffee habe. Und dann machst du noch Sahne obendrauf.

Markus: Wie steht’s bei euch überhaupt mit Food Pairing, Dario? Macht ihr da irgendwelche Geschichten? Habt ihr schon was ausprobiert?

Dario Stieren: Wir haben ja schon oft so Food Pairings gemacht. Wir haben auch fest im Angebot tatsächlich so einen Bier- und Pralinen-Seminar zusammen mit der Pralinenschule München. Die ist in der Schulstraße, also bei (unv. #00:44:49.2#) da um die Ecke. Die haben eigens Pralinen zu unseren Bieren dazu kreiert. Das macht natürlich wahnsinnig Spaß, sowas dann zu probieren. Das haben wir jetzt auch zu Weihnachten angeboten, so ein Sixpack sozusagen mit sechs feinen Pralinen dazu. Das ist also ultra-spannend, was die da machen. Zum Beispiel auch mit geröstetem Sesam, der dann so eine Umami-Note reinbringt, und solche Geschichten. Wir haben schon Bier- und Käse-Seminare gehabt. Ich meine, momentan sind wir ja ein bisschen eingeschränkt, das wird bei euch ja auch sein, und probieren uns da so ein bisschen am Online-Tasting. Sind da aber noch nicht ganz so begeistert wie sozusagen im Real-Life-Tasting, das ist doch einfach was Schöneres, wenn man halt in Gruppe beieinandersteht. Nichtsdestotrotz ist das natürlich eine spannende Geschichte und eine schöne Unterhaltung. Ich glaube, dass das schon noch ein paar Monate so weitergehen wird. Aber wenn wir wieder zurück sind, dann wollen wir natürlich auch wieder Bier und Food Pairings machen. Wir wollen eben auch wieder Biermenüs machen. Das ist ja auch was total Spannendes. Also einfach so ein schönes Menü mit einer Bierbegleitung, oder Bier und Tapas ist auch eine wahnsinnig spannende Geschichte. Das ist was, was mich absolut begeistert, einfach das richtige Bier zum richtigen Essen zu finden. Weißwurst und Weißbier kennt jeder, aber wenn man dann versucht, eine Schokolade mit einem sehr hopfigen Bier zu paaren oder mit einem hellen Bier, da wird man jetzt wahrscheinlich nicht beim ersten Moment darauf kommen, dass das miteinander passen könnte.

Markus: Oh ja! Das ist auf jeden Fall eine ganz, ganz spannende Reise und auch das auszuprobieren, zu erfahren und sowas, finde ich immer wieder eine ganz, ganz tolle Herausforderung auch für uns als Sommeliers. Weil man wird ja manchmal für irgendwas gebucht und muss sich dann was einfallen lassen, und das ist natürlich dann immer schon sehr, sehr spannend. Also spannend natürlich auch unsere heutige Reise durch deine Biere oder eure Biere, muss man ja genauer gesagt sagen. Wir werden natürlich auch eure Website verlinken in den Shownotes und entsprechend darauf hinweisen, dass man natürlich Seminare buchen kann und überhaupt. Also liebe Hörer, haltet euch da nicht zurück, das muss man einfach probiert haben, das muss man genossen haben. Uns hat es auf jeden Fall viel, viel Spaß gemacht. Vielen Dank, lieber Dario, für diese tolle Reise durch euer Sortiment und die vielen Hintergrundinformationen. Das hat mir jetzt echt noch mal die Augen geöffnet und jetzt weiß ich auch, warum ich immer so begeistert bin. Also zum Beispiel auch den Anniversator fand ich ja total lecker.

Holger: München ist eben doch die Bierhauptstadt.

Dario Stieren: Vielen Dank euch auch für dieses Interview. Und einen haue ich noch raus. Wir werden ja dieses Jahr fünf Jahre alt und haben da natürlich auch etwas Kleines dazu geplant. Wir werden also jetzt in den nächsten ein bis zwei Wochen ein eigenes 5-Jahre-Bier-Festival launchen und hoffen einfach, dass da natürlich viele Leute mit dabei sind, zusammen mit uns und sieben anderen Brauereien quasi das 5-Jährige von der Couch aus oder mit Freunden zelebrieren.

Markus: Wir sind auf jeden Fall mit dabei. Bis dann!

Holger: Servus! Macht‘s gut! Ciao!

Dario Stieren: Ciao! Servus!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 50 – Interview mit Erik Berkenkamp, Biersommelier und Gästeführer aus Bamberg

Erik Berkenkamp ist in vielerlei Hinsicht ein Urgestein – einerseits lebt er schon seit mehr als 20 Jahren in Bamberg und bringt seine Wahlheimat den Gästen und Touristen auf höchst amüsante und spannende Art näher, andererseits ist er ein Mann der ersten Stunde in der Deutschen BierAkademie, wo er auch 2013 die Ausbildung zum Biersommelier absolvierte. Mit über 60 Jahren war das damals für den sympathischen Norddeutschen wie eine zweite Geburt – das Bier schenkte ihm nicht nur viele nachhaltige Begegnungen in der Weltkulturerbestadt, es führte ihn auch in aller Herren Länder. So reiste Erik mit Fahrrad und Rucksack nach Neuseeland, Australien und Kalifornien, wo er fast jede Brauerei persönlich aufsuchte. Es zog ihn auch bis ins ferne Taiwan, wo er dank des Bieres neue und alte Freunde gefunden hat. Im Podcast sprechen Erik, Markus und Holger über diese spannenden Erlebnisse und die Freuden eines mittlerweile 70jährigen, der vom Bier begeistert auszog, um die Welt vom Bier zu begeistern…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Herzlich willkommen zum 50. BierTalk! Jetzt könnt ihr euch natürlich vorstellen, dazu haben wir uns einen ganz, ganz speziellen Gast eingeladen. Aber zunächst: Am Mikrofon wie immer der Holger und …

Markus: Markus.

Holger: Jawohl! Jetzt fragt ihr euch natürlich: Wer ist jetzt so ein Gast, wo man ein Jubiläum feiert? Ich kann nur sagen, Bamberk. Jetzt, wenn ihr ganz genau hingehört habt, dann habe ich halt nicht Bamberg gesagt, sondern Bamberk.

Erik Berkenkamp: Sondern du hast gesagt, Bamberk.

Holger: Genau!

Erik Berkenkamp: Mit einem harten G, wie die Franken sagen. Zweimal weiches B, aber einmal hartes K: Bamberk. Erik Berkenkamp. Genau!

Holger: So ist es. Erik, du kannst direkt weitermachen und dich einfach mal vorstellen und was zu dir sagen. Wer öfter in Bamberg schon mal gewesen ist, der kennt dich vielleicht sogar vom Straßenbild.

Erik Berkenkamp: Das ist richtig. Man kennt mich sehr gut an sich vom Straßenbild, weil das bringt mein Beruf mit sich. Ich bin Gästeführer in Bamberg. Früher hieß das ja mal Stadtführer, ich bin Gästeführer in Bamberg. Und das bin ich seit 20 Jahren, also seit 2000 ungefähr bin ich hier. Wie ich jetzt bin als Gästeführer, also dass man mich wirklich so erkennt auch als Markenzeichen mit meinem schwarzen Hut mit dem roten Band und mit meiner Lederhose und mit meinen roten Strümpfen, man erkennt mich als Markenzeichen. Und das hat sich so entwickelt. Wenn ich rede mit Bambergern, dann sagen die immer: Aber Bamberger sind sie nicht. Und anfangs war ich immer so ein bisschen, na ja, also es hat mich schon getroffen irgendwie. Und mittlerweile sage ich, mein Pass ist europäisch, mein Wohnort, der in dem Pass steht, ist Bamberg, und mein Geburtsort, der in dem Pass steht, ist Norddeutschland, ist Bremen. Ich kann auch ein bisschen Platt reden (Plattdeutsch), aber wenn jetzt so richtig Plattdeutsche hier sind, die hören sofort, dass das nicht so meine richtige Muttersprache ist. Aber ich komme aus Bremen, Verden an der Aller genau, und bin seit 30 Jahren, über 30 Jahren hier.

Holger: Du bist ja nicht nur Gästeführer, sondern du bist auch Biersommelier und in dem Zusammenhang eben auch für uns, für die Deutsche Bierakademie tätig. Und du bist auch Erzähler. Erzähl doch mal, was du erzählst.

Erik Berkenkamp: Erst mal Bamberg ohne Jahreszahlen. Also man fühlt sich nicht belehrt, sondern findet die Geschichten aus Bamberg. Was ich in Bamberg erzähle, sind die Sagen und die Legenden, aber auch die Stadtgeschichten irgendwie. Und Leute, die nach Bamberg kommen, die wollen die Stadt kennenlernen. Und die Stadt, das sind die Leute. Das sind nicht unbedingt die Geschichtsdaten. Es ist immer so, wenn man was kennenlernen will, man will die Geschichte dahinter, das Narrativ, sagt man heute. Man fragt mich mehr, was meint der, sondern was ist seine Erzählung? Und meine Erzählung ist Bamberg. Und wenn man eben vor dem alten Rathaus steht und die Leute immer ihre Frage stellen, warum steht denn das auf dem Wasser, dann kommt die Erzählung. Dass da auf der einen Seite die Bürger wohnten, auf der anderen Seite die Bürger wohnten, und die wollten gemeinsam ein Rathaus bauen. Na ja, und die einen sagen hier, die anderen sagen da, und dann hat man sich, wie das in Bamberg immer so ist, geeinigt mit einem Kompromiss und das genau in die Mitte gebaut, da, wo gerade Wasser war zufällig. Also haben wir es ins Wasser gebaut.

Holger: Markus, du bist ja richtiger Bamberger, gebürtiger Bamberger. In Hamburg kenne ich das, da gibt es dann das Thema geboren und gebürtig, das finde ich ein bisschen affig. Gebürtig ist man, wenn schon mehrere Generationen vorher auch schon geboren waren. Also da bilden sich die Hamburger etwas darauf ein. Aber kann man das in Bamberg auch, sich darauf was einbilden? Bist du geboren oder gebürtig?

Markus: Ich bin nur geboren, mein Vater war Flüchtling oder Flüchtlingskind, genauer gesagt, und meine Mutter kam irgendwie aus dem Südbayerischen letzten Endes. Und sie haben sich dann hier in Bamberg eben dann getroffen, dementsprechend habe ich auch so eine halbe schlesische Hälfte sozusagen. Also man merkt das schon in der Stadt, also jetzt nicht so, dass man jetzt irgendwie gedisst wird, aber die, die hier lang ansässig sind, das sind halt die, denen alles gehört. Also da gibt’s halt Familien, die haben 20, 30 Häuser, die alten Metzgers-Familien, die alten Bäckers-Familien, die alten Brauer natürlich. Also da ist es schon so, dass der Kern der Stadt schon in der Hand von den ganz traditionellen Alteingesessenen ist. Wobei wir den großen Vorteil haben, dass Bamberg halt schon relativ lange relativ groß ist. Das heißt, es verteilt sich ein bisschen. Also da gibt’s Städte, wo das viel extremer ist, die erst in den letzten 50 Jahren extrem gewachsen sind, so wie Erlangen zum Beispiel oder Bayreuth oder so. Da ist das noch viel schlimmer. Also insofern ist das eigentlich ganz gut, aber es ist in der Tat so, dass man nicht sofort der Einheimische ist. Bei mir kommt noch dazu, dass ich jetzt auch nicht so diesen extremen fränkischen Dialekt habe und deswegen auch viele Leute mich jetzt erst mal gar nicht so als Einheimischen sehen. Das dauert dann immer ein bisschen. Wenn man sich dann unterhält, kommt‘s schon, aber in der Tat, ist gar nicht so einfach. Und ich kann mir vorstellen, dass der Erik da auch einiges erzählen kann von seinen ersten Tagen in Bamberg. Da werden die ihn auch so als exotische Sprotte angeschaut haben.

Holger: Aber Stopp, Stopp, Stopp, Stopp, Erik! Zunächst machen wir das erste Bierchen auf. Das darfst du gerne tun und uns dann erzählen, was es ist, und kannst die Frage von Markus noch beantworten.

Erik Berkenkamp: Das erste Bierchen, das mache ich jetzt auf. Das ist in einer 0,3-Liter-Flasche und das ist eins aus der Region, aus der auch alle meine Biere sind, wenn ich Bierseminare oder Bierkulinarien oder Bierführungen mache, wo Bier getrunken wird. Also es kommt aus Franken. Kennengelernt habe ich es, als ich mal durch Coburg ging. Das war schon vor 15 Jahren, da stand vor einem Laden so ein kleines Schild und da stand: Hier gibt es ein Rauchbier. So stand das da. Ein rauchiges Bier. Und dann dachte ich: In Coburg gibt’s doch überhaupt keine Brauereien, bin da reingegangen, das war so ein Souvenirladen. Und dann gab‘s ein Bier aus Hallerndorf. Und das hatte im Namen auch Rauch, das hieß Smoky. Und weil man immer noch einen Namen dazu braucht: Smoky George. Ich kann euch sagen, was das ist. Das ist nichts für Leute, die Whisky für eine Hunderasse halten. So steht‘s denn auch auf dem Etikett drauf. Und dann habe ich mir das Bier gekauft und ich fand das einfach toll. Das war in der Zeit, als ich schon Bierführungen und so gemacht habe. Und das habe ich mir jetzt eingeschenkt. Gut, dass ihr das nicht gesehen habt, denn, wenn ich einschenke, dann ist es mir schon passiert, dass die Gattin eines Brauers mir das Glas und die Flasche aus der Hand genommen hat und gesagt: Ich zeig dir mal, wie man ein Bier richtig einschenkt. Weil ich bin da immer noch so verspielt und ich möchte auch the head, ich möchte auch den Kopf sehen des Bieres, also den Schaum. Und ich möchte es auch hören können und höre es jetzt. Und das prickelt richtig gut. Ich genieße es einfach auch, gut und vielen Schaum zu sehen. Und jetzt rieche ich mal dran: Ah! Whisky ist keine Hunderasse. Das stimmt. Aber es ist schon so ein Geruch von Whisky auch dabei. Also ihr kennt das Bier, ne? Smoky George von Rittmayer in Hallerndorf.

Holger: Das kennen wir. Ja.

Markus: Absolut! Ein sehr, sehr feines Bierchen, das auch wirklich eine ganz illustre Geschichte hat. Weil der Georg Rittmayer ja im Whisky-Club ist und dadurch natürlich auch viel unterwegs war in Schottland und dann irgendwie auf die Idee gekommen ist, eigentlich müsste man doch mit diesem Torf, Malz auch ein Bier brauen können. Und da ist dann der Smoky George entstanden, erst als Bockbier, später wieder ein bisschen leichter, jetzt wieder ein bisschen stärker. Erst in der Halbliter-Flasche, dann in der 0,3er-Flasche. Also auch da einige Geschichten. Und am spannendsten war es, als er dann mal von Laphroaig zwei oder drei große Fässer geschenkt bekommen hat, also frisch gelehrte Whiskyfässer, und hat dann in diesen Fässern eben einen Smoky George Doppelbock hineingetan und dann auch gelagert. Und das gab‘s dann, ein, zwei Jahre später hat er es dann raus und das war Wahnsinn. Das ist noch mal intensiver als alles, was man so aus Bamberg normalerweise kennt. Also Schlenkerla ist da eigentlich Kindergarten dagegen. Wer echtes Rauchbier-Aroma im Maximalfall erleben möchte, der muss genau dieses Bier trinken.

Erik Berkenkamp: Und das schmeckt also richtig fantastisch. Für mich war das, als ich dann diese Flasche da in Coburg gekauft hatte und in Bamberg getrunken habe, für mich war das so eine Offenbarung. Ich erzähle nachher im Laufe des Interviews noch eine andere Offenbarung, die ich auch mit einem Bier hatte. Aber für mich war das wie, da öffnet sich eine Tür zu einer neuen Welt. Und ich bin offen für neue Welten und war total begeistert von dem Bier. Das bringt mich so ein bisschen auch so zu diesem ganzen Thema mit Bier, Bierseminaren, Biertouren und so etwas. Das ist das Spannende und das Interessante, darüber was Neues kennen zu lernen, aber auch über Biere zu reden. Und auch festzustellen, wie unterschiedlich die Einstellungen zum Teil auch sind.

Markus: Auf jeden Fall! Aber apropos Einstellungen, jetzt bist du mir immer noch die Antwort schuldig auf meine Frage von vorhin.

Erik Berkenkamp: Ach so!

Markus: Ich stelle mir gerade so vor, der Erik kommt nach Bamberg, also du wirst irgendwie entweder ausgeladen aus einem Bus, aus einem Zug, oder du steigst aus dem Auto aus und bist dann hier, um dein zukünftiges Leben vielleicht hier zu verbringen, je nachdem. Aber wie war denn die Situation? Also warum bist du überhaupt gekommen und wie haben die dich aufgenommen? Und wann hast du dann dein erstes Bamberger Bier getrunken?

Erik Berkenkamp: Ich bin nach Süddeutschland gekommen, weil ich eine Ausbildung gemacht habe im Rundfunkbereich, und das war in Nürnberg. Und die Nürnberger haben mir gesagt, du musst auch Bamberg kennenlernen und Coburg und Kronach. Und in Bamberg habe ich mich verliebt und da bin ich hiergeblieben. Und habe eine Zeit lang beim Rundfunk gearbeitet und habe auch, was weiß ich, den Ort der Woche vorgestellt. Das war jeweils ein Ort, ich kenne alle Orte aus dem Bamberger Land, und da bin ich voll anerkannt worden. Warum? Ich war der Vertreter vom Rundfunk. Dann habe ich meinen Job beim Rundfunk aufgegeben und habe Deutsch unterrichtet für Aussiedler. Und da war ich auch immer anerkannt, weil Deutsch kann ich halt gut unterrichten und das war überhaupt keine Schwierigkeit. Die Schwierigkeit fing erst an, als ich Gästeführer wurde. Markus, du hast vorhin gesagt, die Bamberger besitzen viel. Und eins hast du vergessen zu erwähnen, die Bamberger besitzen auch die Deutungshoheit darüber, was Bambergerisch ist. Und wenn ich als Gästeführer vorm Dom stehe und dann bleibt schon manchmal ein Bamberger, eine Bambergerin stehen, schaut, und ich kann an dem Gesichtsausdruck schon sehen, dass es ihr nicht gefällt. Ein klassisches Beispiel ist: Ich stehe mit einer Kollegin im Schlenkerla und wir unterhalten uns mit einem Bamberger, da kommt dann im Lauf des Gesprächs raus, dass ich Gästeführer bin. Und das erste, was der sagt, ich kann es leider nicht auf Fränkisch sagen: Das ist ja was. Da kommen jetzt sogar schon die Chinesen hierher. Das hat mich anfangs wirklich richtig getroffen, wenn Leute gesagt haben, aber du bist kein Bamberger. Das hat lange, lange, lange Zeit gedauert, bis ich damit fertig geworden bin. Das ist so eine Urbamberger-Befindlichkeit, wir sind die Bamberger. Und erst, als ich dann so langsam gemerkt habe, dass ich von Bambergern gebucht werde, deren Verwandten durch die Stadt zu führen, wenn die Besuch haben, da habe ich gemerkt, jetzt hat es sich so ein bisschen geändert.

Holger: Ich kann nur sagen, es ist ein unglaubliches Erlebnis, mit dir Bamberg kennen zu lernen. Und wenn man das dann noch in Verbindung mit Bier macht, dann ist das einfach großartig. Bier ist ein gutes Stichwort, Markus. Was hast du dir denn für heute überlegt?

Markus: Ich habe mir natürlich auch ein besonderes Bier ausgedacht. Und ich muss zu meiner Schande gestehen, ich hab‘s schon aufgemacht. Aber ich musste es auch schon aufmachen, weil es ein besonderes Bier ist, wie gesagt. Und zwar habe ich von BrewDog Winterbox bestellt. Und in dieser Winterbox war auch ein Glühbier drin, das die in Berlin eingebraut haben. Das nennt sich Glühgut. Und das muss man vorher aufmachen, weil man es eben warmmachen muss.

Holger: Hm!

Markus: Ich habe mir eben gedacht, jetzt so zum ausgehenden Weihnachtsdings, also wir haben jetzt kurz nach Drei König, das heißt, so nach und nach ist die Weihnachtszeit rum, wollte ich einfach noch mal ein Glüh-Was-weiß-ich haben. Glühwein ist schwierig heutzutage, normalerweise mache ich ja immer Feuerzangenbowle an Weihnachten, ging ja auch nicht so richtig dieses Jahr, weil das ohne Freunde keinen wirklichen Spaß macht. Und deswegen habe ich mir jetzt dieses Glühgut heißgemacht. Also insofern kriegt ihr jetzt diesmal kein Öffnungsgeräusch, es war zumindest in einer Dose und hat eben 5,2 %. Und wenn man das Ganze anschaut, es ist also, wie sich’s gehört, so ein Rotbraun, Trübe natürlich, der Schaum obendrauf ist auch ein bisschen rötlich verfärbt. Es dampft ein bisschen. Aber es ist mittlerweile kalt genug, damit ich es probieren kann. Mache ich jetzt mal. Es ist sehr fein, man hat am Anfang so ein bisschen Citrus, Orange, dann kommt so Holundersaft, der ist auch da drin. Interessanterweise ganz wenig Süß. Ich hätte es jetzt eigentlich gedacht, dass es sehr viel süßer ist, aber fast keine Zucker oder süßen Aromen. Hintenraus kommt dann noch so ein bisschen gewürzige, nelkige, zimtige Aromatik. Dann kommt nochmal so ein Hauch von Karamell. Also ganz spannend. Kann man schön trinken. Die 5 % merkt man gar nicht. Und ist auf jeden Fall ein schöner erwärmender Abschluss für diesen Winter, sodass ich jetzt auch innerlich mich langsam wieder auf Frühjahr einstellen kann. Das war so ein bisschen mein Gedanke bei der ganzen Geschichte.

Holger: Jetzt hast du ja vorhin von neuen Welten gesprochen.

Erik Berkenkamp: Ja.

Holger: Ich weiß, dass du auch immer neue Welten entdeckst, also neue Bierwelten oder andere, sondern wirklich auch viel reist und verschiedene Erdteile bereist, in Ländern bist, dich da mit den Kulturen beschäftigst und auch mit den Bieren. Und erzähl doch mal so dein tollstes Biererlebnis, was du jetzt so in der letzten Zeit bei deinen Reisen erlebt hast.

Erik Berkenkamp: Das tollste Biererlebnis, das ist ziemlich schwierig zu beschreiben, weil die ganze Reise ist toll. Also wenn ich nach Neuseeland fahre, wo ich zweimal war, oder Australien, wo ich jetzt zweimal war, oder auch Taiwan, wo ich mittlerweile auch zweimal war, dann fahre ich an sich immer dahin, um die Brauereien kennen zu lernen. Das ist für mich das Erlebnis überhaupt, in eine Brauerei zu gehen. Nun gut, ich falle auf, weil auch im Urlaub trage ich eine Lederhose und ein fränkisches, kariertes Hemd. Da kommt man schnell ins Gespräch mit Leuten. Das ist für mich Biertrinken. In eine Kneipe gehen, in eine Brauerei gehen, und da gibt’s ja Massen-Brauereien, und dann mit den Leuten ins Gespräch kommen. Vielleicht war für mich das allerallergrößte Erlebnis, also wenn es um ein großes Erlebnis rund um Bier geht, dass ich, als ich in Taiwan war, mein taiwanesischer Freunde Richard hat mich zu einer der größten Brauerei in Taipeh gebracht und hat so lange mit dem Pförtner gesprochen, bis dann telefonisch weitergeleitet wurde und dann am nächsten Tag der Leiter der Brauerei kam und mich eine Stunde durch die ganze Brauerei geführt hat. Und das ist für mich so dieses Erlebnis irgendwie, dass Bier etwas Verbindendes ist.

Holger: Das stimmt! Also Bier ist auf jeden Fall was richtig schön Verbindendes und Bier hat so einen Get-Together-Charakter.

Erik Berkenkamp: Ja. Da fällt mir noch ein anderes Erlebnis ein, in Davis in Kalifornien. Ich habe in Davis studiert in Kalifornien, und bin Jahre, Jahre später, das ist jetzt auch so sieben, acht Jahre zurück, hingefahren, und da gibt’s mittlerweile auch eine kleine Brauerei mit den Braumaschinen von Kaspar Schulz aus Bamberg. Die stehen dann drinnen in dem Tap Room und da bin ich dann hingegangen und dann kam eben auch der Hauptbrauer an und wir haben uns unterhalten. Und das schönste Erlebnis, das war dann allerdings, wenn wir dann in den Keller gegangen sind und dieses ganz spezielle Fass, da so ein Nagel rausgezogen wird und dann das Bier rauskam. Das war irgendein Double, ich weiß nicht mehr, was es war, aber ein richtig lange gelagertes, faszinierendes Bier, das extrem gut schmeckte natürlich und eine ganz tolle Geschichte hatte, eben Barrel Aged und alles Mögliche. Das sind die schönen Erlebnisse bei diesen Bierreisen, bei den Auslandsreisen.

Holger: Du hast ja vorhin gesagt, du wolltest uns noch eine Geschichte erzählen zu einem besonderen Erlebnis mit einem Bier. Und das kannst du doch jetzt direkt danach machen.

Erik Berkenkamp: Mhm (bejahend). Zu diesen Sachen, dass ich jetzt hier für die Bierakademie Bierkennertouren mache, durch Bamberg laufe und wir dann neun verschiedene Biere trinken, oder dass ich dann auch mit Leuten zusammen sitze und wir gemeinsam Biere kennenlernen und sowas, zu dieser ganzen Sache bin ich ja durch dich, Markus, gekommen, als du mich mal als Gästeführer erlebt hast und gesagt hast, Mensch, hast du nicht Lust, auch für uns zu arbeiten?

Markus: Mhm (bejahend).

Erik Berkenkamp: Und dann habe ich gedacht erst mal, hm, hm, hm. Ich bin nicht derjenige, der dieses große Fachvokabular über Bier draufhat und so, aber ich war sofort begeistert von der Idee. Ich bin dann auch in diese Biersommelier-Ausbildung gegangen, die damals in Bamberg stattfand. Und am ersten Abend, das weiß ich noch, wir gehen alle, nachdem wir den ganzen Tag auf Schreibtischstühlen gesessen hatten, wir gehen abends in ein Gasthaus, und einer der Dozenten macht sein Köfferchen auf, holt Bier raus und schenkte mir eben auch ein Bier ein. Und es war wie eine neue Welt. Das hat so gut geschmeckt, das hat so toll geschmeckt, das hat so überhaupt nicht nach dem geschmeckt, was Bier ist. Das war einfach fantastisch. Das war ein IPA. Ich kannte davor ja noch nie IPAs und habe da zum ersten Mal in meinem Leben IPA bekommen. Und da habe ich gemerkt, das ist genau der richtige Weg, den ich eingeschlagen bin.

Holger: Ich verdurste ja fast.

Markus: Ich wollte grad sagen, Holger, darauf müsstest du doch eigentlich jetzt dein Bier aufmachen.

Holger: Genau! Und ich schenke es mal ein. Hört ihr das?

Markus: Ja.

Erik Berkenkamp: Mhm (bejahend).

Holger: Sehr gut! Was habe ich mir jetzt überlegt? Ich habe halt gedacht, also in jedem Fall, es muss natürlich ein Bamberger Bier sein. Das war irgendwie ganz selbstverständlich. Na ja, und dann ist man ja dann irgendwo ganz schnell auch bei der Thematik, also es muss was ganz Typisches sein. Und wenn man jetzt sagt, also es muss ein typisches Bamberger Bier sein, dann ist es ja ein Rauchbier. Und wenn man jetzt dann noch mehr ins Spezielle geht, dann ist es eigentlich ein Schlenkerla. Und jetzt habe ich so ein historisches Bier mir ausgesucht und trotzdem ein ganz modernes Bier. Und zwar das Schlenkerla Rauchbier Hansla. Das ist ein alkoholarmes Bier. Also wann ist ein Bier alkoholarm? Wenn es weniger als 1,2 % Alkohol hat. Also als alkoholfrei darf man es bezeichnen, wenn es weniger als 0,5 % Alkohol hat. Aber das ist jetzt hier ein alkoholarmes Bier. Ich trinke da mal einen Schluck.

Erik Berkenkamp: Und ich stelle zwischendurch, während du trinkst, die Frage: Ist es ein Hansla oder ist das ein Heinzla?

Holger: Es gibt noch das Heinzlein, aber das Heinzlein ist ohne Rauch.

Erik Berkenkamp: Okay!

Holger: Na ja, also da lässt sich auch darüber streiten. Wenn ein Bier in der Schlenkerla Brauerei gebraut wird, dann glaube ich gibt’s so viele Hefen, die da sitzen, und zwar schon seit Jahrhunderten, dass es immer schwierig ist, dann wirklich zu sagen, da ist gar kein Rauch mehr zu schmecken. Aber das Hansla ist ein ganz normales Rauchbier mit einem Rauchbier-Charakter, so wie er sein muss. Es ist so ein bisschen hopfiger, also es ist mit mehr Hopfen gebraut. Es ist aber eben alkoholarm. Hat aber alles, was ein Rauchbier, so wie ich es gerne habe, auch haben muss. Der Hintergrund ist einfach, dass eben früher, als das Wasser eben nicht überall in der Qualität zur Verfügung stand, wie wir es heute kennen, haben die Leute ja als Alltagsgetränk einfach Bier getrunken. So hat man eben dann auch alkoholarme Biere gebraut, eben mit weniger Rohstoffen. Und das waren dann die Biere so zum Durststillen, die Alltagsbiere. Wir würden heute sagen, ein Schankbier. Dann gibt’s ja eben die Vollbiere, und da drunter kommen ja eben die Schankbiere und dann die Leichtbiere. Vom Geschmack her und so ist es ein Rauchbier, was mit so einem Schankbier vergleichbar ist. Es ist trocken, das hat nicht so einen schönen Malzcharakter, wie man das jetzt von einem Schlenkerla Märzen oder auch von den Bockbieren kennt, sondern es ist ein bisschen schlanker. Hat auch eine Malznote, natürlich, aber dadurch, dass es eben so schlank ist, regt‘s auch an, eben den Durst zu löschen. Und deshalb trinke ich da jetzt direkt noch mal einen zweiten Schluck.

Markus: Prost!

Erik Berkenkamp: Ja, Prost! Ich trinke auch noch.

Markus: Es hat ja, glaube ich, 35 Bittereinheiten, also mehr als die meisten Pilsbiere in Deutschland.

Holger: Ja, genauso ist es. Aber es wird auch wirklich in einem speziellen Sudverfahren gebraut und da kommt auch extra viel Hopfen rein. Und das Tolle an dem Bier, also wenn man jetzt so richtig auf die Gesundheit auch geht, nicht nur, dass es alkoholarm ist, sondern es hat natürlich auch weniger Kalorien, also es hat nur 13 Kalorien je 100 Milliliter. Also kann man sagen, 65 Kalorien je Seidla. Und Seidla ist ja ein fränkischer Begriff für ein Bier in der Größe 0,5.

Erik Berkenkamp: Das ist jetzt sehr interessant, wie du darüber sprichst. Weil, wenn man normalerweise jetzt mit Bambergern oder im Internet auf Facebook oder sowas über dieses Bier spricht, dann sind diese Reaktionen sehr vielfältig, um es mal ganz neutral zu sagen. Also da ist ein ganz, ganz breites Meinungsspektrum. Und das merke ich auch bei meinen Veranstaltungen bei allen. Nicht so sehr bei den Veranstaltungen, die wir machen, denn da kommen ja Leute hin, die wirklich an Bier richtig interessiert sind. Aber wenn es denn manchmal mit Leuten zusammenkommt, die nicht so richtig an Bier interessiert sind oder schon festgefahren sind, da wird dann oft sehr emotional und sowas auch reagiert. Und das ist so das, was mich auch fasziniert an diesem Job mit Bierkennertouren und sowas, dass man in Gespräche kommt, die nicht nur sich auf das Bier beziehen, also Alkoholgehalt, IBUs und all so etwas, sondern auch über Erfahrungen.

Holger: Markus, du hast doch auch viel Erfahrungen. Wie reagieren die Leute aufs Hansla? Was sagst du denn überhaupt auch zum Bier?

Markus: Ich muss sagen, mich hat das damals sehr begeistert, als der Matthias Trum mir das zum ersten Mal gegeben hat. Das war damals noch im Schlenkerla so undercover, da hatte er es gerade entwickelt. Die Story hat er bei uns in einem BierTalk schon mal erzählt. Also liebe Hörer, gerne mal nachhören. Und das war eben dann, wie gesagt, so eine unetikettierte Flasche. Da ist er dann hergekommen, hat gemeint, probiere mal, was sagst du denn dazu und so? Und ich muss sagen, ich war eigentlich ziemlich gleich begeistert, weil ich eigentlich genau das hatte, was ich mir immer gewünscht habe, nämlich ein schönes, erfrischendes Getränk, was im Grunde ein Bier ist und ein Rauchbier ist, was ich aber auch zum Beispiel mittags trinken kann, wenn ich einfach nur zur Mittagspause vorbeikomme oder zum Mittagessen oder so, wo ich auch zwei oder drei davon trinken kann und wo ich danach aber eben nicht die Begleiterscheinungen habe wie, wenn ich normales Schlenkerla Märzen trinken würde. Und das finde ich dafür allein schon mal super. Also für mich persönlich einfach so ein Ersatzgetränk, wo ich sage, ich habe nahezu die gleiche Qualität vom Genuss her, aber habe eben das weniger an Alkohol. Und was die Leute angeht, ist es, wie der Erik sagt, das ist relativ zwiegespalten. Erstaunlich viele Leute finden es gut. Rauchbier polarisiert ja an sich schon mal. Und wenn man dann eben dann noch sowas Spezielles hat, habe ich eigentlich erwartet, dass das sehr schwierig wird. Aber ganz im Gegenteil, auch als der Matthias dann die erste Charge wirklich ausgeschenkt hat, haben die Leute ihm das Bier quasi aus den Händen gerissen. Also die konnten gar nicht schnell genug nachbrauen. Und das muss man einfach sagen, das ist echt toll. Und das ist was, was mir eigentlich auch an Bamberg ganz gut gefällt, weil die Leute, obwohl sie ein gehöriges Bier-Selbstbewusstsein haben, das weit über das Ziel hinausschießt oft, sind sie aber trotzdem offen genug, um andere Sachen zu probieren und immer mal wieder zu schauen. Und sei es jetzt eben so ein Hansla, aber eben auch zum Beispiel ein IPA oder so. Da habe ich in anderen Landstrichen das schon anders erlebt, dass da sehr viel mehr Verschlossenheit ist. Das ist eigentlich wirklich schön, was auch für uns als Bierakademie die Sache ganz spannend macht, weil wir eben ein ordentliches Bier-Selbstbewusstsein haben und auch tolle Biere in der Region, hohe Qualität, große Vielfalt, aber durch diese Offenheit eben auch den Rest der Welt mit integrieren können und da eben auch verschiedenste Bierstile testen und ausprobieren und zeigen. So muss ich sagen, macht das richtig Spaß. Und das Hansla ist für mich wirklich so eine Sortimentserweiterung, auf die ich lange gewartet habe, ohne es zu wissen, und die mich jetzt, wo ich es weiß, auch sehr freut.

Erik Berkenkamp: Wenn wir im Gasthaus sitzen und dann zehn, zwölf Leute um den Tisch herum sitzen, beginne ich oft mit einem Heinzlein. Also das ist ja auch dieses alkoholarme Bier, auch vom Schlenkerla. (unv. #00:23:38.9#) ein bisschen drüber und die Reaktionen bisher immer super. Also die Leute mochten es.

Holger: Unbedingt! Und ich mag‘s auch. Es gibt ja das Heinzlein in zwei Versionen, einmal hell und einmal dunkel. Mir schmeckt das dunkle noch ein bisschen besser. Was ich auch ganz spannend finde, ist, es ist ja auch ein ganz anderes Erscheinungsbild von außen, also die Etiketten sind ganz anders. Das Hansla, also das ich jetzt hier habe, das ist ja analog den normalen Etiketten, die man so vom Schlenkerla-Bier auch kennt. Aber beim Heinzlein werden jetzt eben neue Wege beschritten und nicht nur in der Art und Weise, wie man sich positioniert am Markt, sondern ergänzend dazu eben auch mit neuen Etiketten und einem ganz neuen Erscheinungsbild. Viel moderner, was mir auch wirklich unglaublich gut gefällt.

Markus: Es ist ein bisschen so eine Reemanzipation. Wenn man sich überlegt, dass das Schlenkerla ja eigentlich eine Brauerei war, die ursprünglich mal „Zum blauen Löwen“ hieß und dann eben den Familiennamen Heller-Bräu getragen hat und dann aufgrund dieses persönlichen Missgeschicks des Inhabers dann zum Schlenkerla wurde, was ja eher so ein Schimpf- oder Spitzname für den Inhaber war, und eben der Matthias jetzt gesagt hat, okay, und jetzt machen wir mal Biere, die mit Rauch gar nichts zu tun haben, zumindest offiziell, nämlich diese beiden Heinzleins, und dafür nehme ich jetzt wieder den alten Familiennamen und das ist jetzt wieder die Heller-Bräu und wir gehen mal weg von diesem Namen, den wir die ganze Zeit so aufgedrückt bekommen haben. Und das finde ich auch ganz spannend. Also zu sagen, jetzt da noch mal die Schleife ein bisschen rückwärts zu drehen und die Brauerei wieder selber mehr ins Spiel zu bringen, gefällt mir auch ziemlich gut.

Holger: Und das habe ich auch vorhin gesagt, also zum einen ist es ein ganz traditionelles Bier, fast schon mittelalterliches Bier, und gleichzeitig ist es aber auch ganz modern. Weil das, was heute modern ist, ist eben eine Leichte, eine Frische, eine Aromatik, die eben natürlich dann über den Hopfen auch gespielt wird und so. Und dann eben auch dieses Alkoholarme, Alkoholfreie. Also wenn man sich die Zahlen im deutschen Biermarkt anschaut und auf die alkoholfreien Biere schaut, dann haben die zweistellige Zuwachsraten immer noch, auch jetzt in der schwierigen Situation. Da kann man sehen, wie modern dann eben so ein alter Bierstil eigentlich dann doch ist. Also stimmt genau, sehr spannend, was der Matthias da vorhat. Und ich glaube auch, da wird er Erfolg mit haben, weil ich denke, der Markt ist dafür reif.

Markus: Ich finde es auch ganz interessant, weil es so ein bisschen die Tür auch aufstößt für dieses Thema alkoholfrei und alkoholarm. Wo die meisten Leute ja im Land im Kopf haben, da kriege ich entweder ein alkoholfreies Weizen, das ist halt irgendwie süß, oder ich kriege so ein alkoholfreies Pils, das ist halt irgendwie süßbitter. Und mehr war den meisten Leuten, glaube ich, bisher so gar nicht bewusst. Und jetzt mittlerweile ist eben auch in Deutschland eine große Bandbreite angekommen, angefangen von jetzt zum Beispiel sowas wie diesem Hansla, wo ich plötzlich ein Rauchbier habe mit wenig Alkohol, über sowas wie ein alkoholfreies Stout, ein alkoholfreies IPA, bis hin zum alkoholfreien Kellerbier. Also es gibt eigentlich fast keinen Bierstil mehr, den es jetzt nicht auch in einer alkoholfreien Variante gibt. Und auch da toben sich die Brauer aus, zeigen, was sie können. Und das ist, glaube ich, auch noch mal was, was diesen Markt ein bisschen nach vorne treibt und auch hilft, und ich glaube auch für die Zukunft eine ganz wichtige Weichenstellung ist. Weil die Brauer, die das jetzt nicht machen, also die bewusst nach wie vor sagen, ich mach doch kein Alkoholfreies, die werden mittelfristig oder langfristig auf jeden Fall Probleme haben, in meinen Augen.

Holger: Wer den Markt verpennt, der hat immer Probleme. In dieser schwierigen Zeit als Gästeführer ohne Gäste, was bedeutet das für dich?

Erik Berkenkamp: Das kann man immer nur sehr individuell sagen. Ich hatte für November geplant, nach Bolivien zu fliegen, da kam ein Lockdown, also das war an sich nur Änderung der Pläne. Und Januar, Februar bin ich an sich meist eh immer in Neuseeland oder Australien, und jetzt bin ich halt hier. Gerade diese ganze Corona-Sache und sowas, das ist eine sehr, sehr individuelle Sache. Und da rede ich dann auch gar nicht so gerne darüber, weil ich kann für mich nur sagen, ich hab’s gut gelöst für mich, ich höre viel Audiodateien und so etwas. Und in Bezug aufs Bier, da bin ich immer noch dran. Also da gehe ich schon noch hier in die Bierothek unten in der Stadt oder dann auch in andere Geschäfte, die gute Biere haben, und da koste ich wohl weiterhin noch.

Holger: Du gehst ja oft dann auch zu Weyermann, hat man gehört.

Erik Berkenkamp: Ja, die kennen mich schon. Da kam schon die Frau, ach, Sie sind doch der, der immer und sowas. Die wusste schon immer, was ich ganz gerne mache. Ja, bei Weyermann bin ich auch. Weil das ist ja auch, wenn man durch die Welt fährt, also wenn du in Auckland in Neuseeland in einen Tap Room gehst, also in eine Braugaststätte gehst, und da ist dann ein Display von Weyermann, das Malzdisplay von Weyermann, dann fühlst du dich gleich zu Hause.

Holger: Ja, und das ist wirklich erstaunlich. Also egal, wo man auf der Welt ist, du kannst fast jede Brauerei betreten, irgendwo liegt halt ein Weyermann-Sack rum.

Erik Berkenkamp: Oder die hängen da sogar wie Trophäen von der Decke. Das war in Santa Cruz in Kalifornien, und eine Weißbierbrauerei, die hatten richtig die Säcke wie Trophäen oben von der Decke runterhängen.

Markus: Und lustigerweise ist das auch noch andersrum. Also wenn du dann hingehst und sagst, du kommst aus Bamberg und du kennst am Ende noch den Laden persönlich, dann ist das auch noch mal ein Gamechanger. Also du wirst dann erst recht eingeladen, die Brauerei zu besuchen, die Biere zu probieren. Und das ist dann auch oft wirklich witzig, dass man mal als Bamberger einen Vorteil hat, wenn man in der Welt unterwegs ist.

Erik Berkenkamp: Da fällt mir noch eins ein. Ich war in Neuseeland in Moturua in einer Stadt in der (unv. #00:28:49.6#) Street. Und dann kam es raus, dass ich aus Bamberg kam, und an dem Tag war grad eine Bierverkostung mit opulentem Essen und opulenten Bieren. Und die haben mich dazu eingeladen, also richtig eingeladen. Ich durfte dann auch über Weyermann und über Biere und Bamberg sprechen. Das ist kommunikativ.

Holger: Mensch, das ist doch super. Jetzt haben wir doch so schön über Bamberg gesprochen. Und ich weiß jetzt gar nicht, also es muss jemand anders einen Schlussakkord einleiten. Ich kann es gar nicht machen. Also ich bin hier glücklich mit meinem Hansla und könnte ewig so weiterreden, aber wir sind ja zeitlich begrenzt.

Markus: Das stimmt wohl. Ja. Aber ich denke mal, es ist den Hörern klargeworden, wie viel Spaß es einfach macht, sich mit dem Erik zu unterhalten. Und er ist einfach für mich die perfekte Kombination. Also er ist jemand, der den Blick von außen hat und von innen hat. Er ist jemand, der die ganze Stadt in- und auswendig kennt, und zwar schon kannte, bevor es rund um das Thema Bier ging, und sie dann eben noch mal kennengelernt hat mit dem Thema Bier. Und deswegen ist er einfach der Mann, mit dem man sich treffen muss, wenn man Bamberg wirklich kennenlernen möchte, auch von der bierigen Seite. Und insofern kann man da nur allen Hörern empfehlen, das ist gar kein Werbeblock, das ist einfach eine Tatsache: Wenn ihr nach Bamberg kommt und das erleben möchtet, dann müsst ihr den Erik kontaktieren. Wir haben das auch in den Shownotes verlinkt. Und danken dir natürlich, dass du uns heute begleitet hast und ein bisschen erzählt hast, ein bisschen hast eintauchen lassen in deine Welt. Und freuen uns natürlich auf noch viele, viele schöne Zeiten und Touren und Erlebnisse mit dir gemeinsam als Bierakademie.

Holger: Und zusätzlich ist der Erik auch noch ein ganz, ganz toller Mensch. Also das muss man auch noch mal sagen. Das ist so ein richtiger Erzähler. Ich fühle mich da immer so ein bisschen auch zurückgesetzt in die Kindheit, wenn eben jemand eine Geschichte vorgelesen hat oder eine Geschichte erzählt hat und so. Da hört man gerne zu, da klebt man an den Lippen und es wird nicht langweilig und die Zeit ist kurzweilig. Und das ist was Besonderes, also unbedingt. Erik, jetzt hast du noch das letzte Wort.

Erik Berkenkamp: Ja, ich freue mich. Und als ihr vorhin gesagt habt, 50. Mal, da habe ich gedacht, es gibt noch ein zweites Jubiläum, ich habe vor kurzem meinen 70. Geburtstag gehabt. Also da auch doppelt. Danke, dass ihr mich eingeladen habt und dass ich die Möglichkeit habe, hier diese Bierkennertouren zu machen und sowas und diese Zusammenkünfte in den Gasthäusern. Es ist einfach toll, da hat sich also wirklich im hohen Alter irgendwie noch eine ganz tolle neue Welt erschlossen auch durch euch. Schön, dass ich hier auch jetzt dabei sein konnte.

Holger: Wir danken dir!

Markus: Ja, vielen Dank!

Holger: Auf Wiederschauen oder auf Wiederhören!

Markus: Auf Wiederhören!

Erik Berkenkamp: Auf Wiedertrinken!

Holger: Also tschüss!

Markus: Tschüss!

Erik Berkenkamp: Tschüss!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk Spezial 18 – Interview mit Sebastian Pfister und Erik Mell von Schnieke Brauspezialitäten aus Berlin

Eigentlich kennt man Sebastian Pfister als Braumeister Berliner Straßenbräu und Erik Mell als Braumeister von Vagabund, ebenfalls aus Berlin, gemeinsam aber sind sie nochmal etwas ganz Besonderes, nämlich die Macher der Schnieke Brauspezialitätenmanufaktur, die 2020 ihre ersten beiden Bierspezialitäten mit den schönen Namen „Mumpitz“ und „Heiabubu“ präsentiert hat. Außerdem haben beide ausländische Wurzeln und sind eben so typische Vertreter der Berliner Brauszene. Das alles ist Grund genug, sie zu einem spannenden BierTalk rund um ihr neues Baby einzuladen und natürlich auch mal den ein oder anderen Mumpitz zu verkosten…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Herzlich willkommen zu unserem 18. Spezial-BierTalk. Heute sind wir wie immer bei den Spezials wieder mal international. Also Franken ist ja sowieso immer dabei, das wisst ihr ja, und das Ruhrgebiet ja auch irgendwie. Aber diesmal ist noch die Hauptstadt dabei, es ist Amerika dabei, es ist die Schweiz dabei, es ist Belgien dabei und es ist der Wahnsinn. Das lösen wir jetzt auch noch gleich auf. Am Mikrofon wie immer der Holger und der …

Markus: Markus.

Holger: Also grüßt euch! Als Gäste haben wir den Erik Mell und den Sebastian Pfister. Das Thema ist Schnieke Brauspezialitäten in Berlin. Grüßt euch! Schön, dass ihr Zeit gefunden habt.

Sebastian Pfister: Hallo Holger, hallo Markus, vielen Dank für die Einladung!

Holger: Nicht jeder kennt, glaube ich, Schnieke Brauspezialitäten, ist ja was Neues auch. Man kennt euch in anderen Zusammenhängen. Stellt euch doch einfach mal als Person kurz vor.

Sebastian Pfister: Dann fang ich mal an. Ich bin der Sebastian Pfister. Ich bin Braumeister bei Straßenbräu und Mitgründer von Schnieke mit Erik Mell. Ich bin gebürtiger Doppelbürger, Belgien und Schweiz, bin in der italienischen Schweiz aufgewachsen und bin 2013 nach Berlin gezogen. Wo ich jetzt immer noch lebe und glücklich für Straßenbräu braue.

Erik Mell: Ich bin der Erik Mell und komme ursprünglich aus Minnesota in den Vereinigten Staaten. Bin ich auch 2013 umgezogen, um Braumeister zu werden. Und habe ich mit Sebastian studiert hier in Berlin bei der TUB. Bin der Baumeister von Vagabund momentan und Mitgründer von Schnieke Brauspezialitäten.

Holger: Erik, weißt du, was total lustig ist? Ich weiß gar nicht, ob du das weißt. Aber in der Sioux-Sprache, da bedeutet Minnesota trübes Wasser.

Erik Mell: Boah! So wie Bier.

Holger: Und dann eben Brauer zu lernen, finde ich schon ziemlich witzig.

Sebastian Pfister: Sehr schön! Finde ich auch.

Holger: Erzählt uns doch mal ein bisschen was zur Schnieke Brauspezialität und was darf man erwarte, wodrauf dürfen wir uns freuen?

Sebastian Pfister: Also Schnieke haben wir dieses Jahr lanciert. Und wir machen ausschließlich holzfassgereifte Biere. Wir haben tatsächlich schon vor ein paar Jahren angefangen, weil solche Biere brauchen halt Zeit. Und daher konnten wir nun dieses Jahr die ersten Biere rausbringen, obwohl die ersten zwei Sude schon spät 2018 gebraut wurden. Und wir haben jetzt angefangen mit eben zwei Bieren, eins heißt Mumpitz. Das ist ein Sauerbier mit einer Himbeere aus dem Bourbon-Fass. Und Heiabubu, ein Belgium Imperial Stout, auch aus dem Bourbon-Fass.

Holger: Sehr gut! Und die vorbelegten Fässer kommen dann immer aus den USA oder wo kommen die her?

Sebastian Pfister: Also nicht immer generell, generell eben ist unser Thema Holzfassreifung. Das heißt wir mögen eigentlich alles, was aus Holzfässern kommt. Und jetzt haben wir zwei Bourbon-Fässer genommen, weil Bourbon-Fässer eignen sich halt richtig, richtig gut für Bier generell. Aber natürlich ist der Vielfalt auch keine Grenzen zu setzen. Da kann man auch ganz schön Rumfässer, Weinfässer, ein bisschen schwieriger. Aber da gibt’s sehr viele Arten von Fässer, die man benutzen kann und dann schön einbauen kann. Wir haben jetzt eigentlich mit Bourbon angefangen, aber das wird dann weitergehen, dass wir viele andere Sorten von Fässern mit (unv. #00:03:12.7#) und verschiedene Biersorten da drin machen werden.

Holger: Ihr kennt vielleicht Markus Eder. Wir haben den ja …

Sebastian Pfister: Ja.

Erik Mell: Ja.

Holger: … im 43. BierTalk gehabt.

Sebastian Pfister: Ja natürlich.

Erik Mell: Habe ich schon gehört.

Sebastian Pfister: Tatsächlich haben wir die zwei Bourbon-Fässer, die wir jetzt benutzt haben, über Wilhelm Eder bestellt. Die sind halt in Deutschland glaube ich schon die Nummer eins, was Fassanfertigung und Fassverkauf betrifft. Und die wissen auch, was sie machen. Und wenn man da ein Fass kauft, wissen die auch, dass das die beste Option ist in Deutschland für auch importierte Fässer, dass die gucken, dass die Fässer noch gut aussehen und direkt brauchbar sind. Also wir machen alles in Berlin tatsächlich, wir haben keine eigene Brauerei sozusagen. Wir mieten uns ein in der jeweiligen Brauerei, wo wir zurzeit arbeiten. Also Straßenbräu beziehungsweise Vagabund, die zwei Brauereien, da brauen wir. Also wir brauen eigentlich in den eigenen vier Wänden, wo wir schon normalerweise arbeiten, aber dann als Gypsy-Brauer sozusagen bei dem eigenen Arbeitgeber.

Holger: Ja Markus, das ist doch für dich auch neu, oder? Jetzt waren wir beide schon so lange nicht mehr in Berlin, weil wir irgendwie Corona-bedingt nicht wirklich so mobil sind wie sonst immer. Aber wusstest du das alles schon oder ist das auch neu für dich?

Markus: Dass die beiden das jetzt zusammen machen, das wusste ich noch nicht. Ich habe mit beiden ja vorher schon mal gesprochen wegen anderer Projekte, wegen meines Berlin-Buchs und so, und wusste daher, dass der Sebastian auch eine persönliche Affinität hat zu dem Thema Holzfass. Da kann er uns, glaube ich, gleich noch ein bisschen was dazu erzählen. Aber das ist natürlich jetzt eine ganz spannende Geschichte, dass zwei Leute, die sich wahrscheinlich normalerweise niemals im Leben über den Weg gelaufen wären, sich dann in Berlin treffen, gemeinsam Brauer werden und dann eben auch noch sagen, wir machen gemeinsam Projekte mit unseren Brauereien. Und dass die das dann auch alle mitmachen und das jetzt eben so einen schönen Weg nimmt, das finde ich ganz, ganz schön und ist für mich auch so ein Symbol einfach, dass es geht, wenn man will, wenn man zusammen auf gute Ideen kommt, wenn man kreativ ist und wenn man eben ein Umfeld hat, was das unterstützt und was offen ist und wo man sich dann eben auch ausleben kann. Und das finde ich ganz, ganz schön und auch spannend.

Holger: Sehr gut! Sebastian, wenn du erzählst, im Prinzip Schweizer, dann im Tessin an der italienischen Grenze. Und das ist ja das, was der Markus gerade so ein bisschen angedeutet hat, dann ist man ja näher dran, Winzer zu sein als Brauer, oder?

Sebastian Pfister: Ja, jetzt lustigerweise ist mein Vater tatsächlich Winzer und ich habe mein ganzes Leben, bevor ich ausgezogen bin, in der Weinerei verbracht und habe auch immer mitgeholfen. Ich habe sogar, glaube ich, mein erstes Holzfass als kleiner Bub mit 9 oder 10 ausgewaschen mit einem Hochdruckreiniger. Ich weiß nicht, ob ich das überhaupt erzählen darf.

Erik Mell: Gibt’s Fotos davon?

Sebastian Pfister: Ich muss da mal fragen, ob es Fotos davon gibt. Da habe ich so ein 1000-Liter-Fass ausgewaschen. Ich als kleiner Bub passte durch das Mannloch, er als großer Mann natürlich nicht. Da hat er mich reingeschickt, hat natürlich geguckt, dass das alles sicher war. Und dann bin ich da rein und habe das dann gewaschen und dann haben wir das wieder belegen können mit Wein. Tatsächlich habe ich ein bisschen Hintergrund von einer Weinerei. Ich sage auch gerne, belgische Mama, Papa ist Winzer, da kommt ein Brauer raus. So einfach ging das dann aber nicht. Ich habe erst mit 19 angefangen zu brauen, als Hobbybrauer. Dann habe ich eine gute Empfehlung bekommen von dem Vater eines meiner besten Kumpels aus der Kindheit. Der war Braumeister und hat eine Brauerei aufgemacht im Tessin in den 90ern, die Officina della Birra. Und mit dem war ich immer gut in Kontakt, habe da auch ab und zu mal mitgeholfen bei so kleinen Jobs in der Brauerei. Und irgendwann meinte er: Hey, Seberl, du müsstest mal anfangen, zu Hause zu brauen. Und ich meinte: Ja, mache ich mal. Hat er mir eine Webseite gegeben in der Schweiz, wo ich die Sachen bestellen kann. Habe ich da gemacht, habe mich tatsächlich in Brauen verliebt und dann war der zweite Schritt mal anfangen, tatsächlich professionell zu brauen. Und wenn man Hobbybrauen mag, das ist das eine, aber dann wirklich morgens in der Frühe um halb vier aufstehen, um dann 12 Stunden zu ackern, das ist dann wieder das andere. Und das habe ich dann gemacht und tatsächlich rausgefunden, hey, den Job liebe ich. Und habe das dann weitergemacht. Und der weitere Schritt war dann, nach Berlin zu gehen, um Diplom-Braumeister zu studieren. Das muss ich eigentlich meiner Mom verdanken, die mir da so ein bisschen einen Push gegeben hat. Meinte: Kind, du spinnst, du musst nach Berlin. Da gibt’s tatsächlich in der Schweiz nicht so viele Gelegenheiten, Braumeister zu lernen. Da ist Deutschland einfach Nummer eins in Europa, wenn nicht weltweit. Auf Schnieke bezogen, mit dem Hintergrund der Weinerei, hatte ich schon immer so ein bisschen Flair für Weinfässer, für Holzfässer generell. Und im Studium habe ich eben da an der TU und VLB den Erik kennengelernt und sehr gute Kumpels geworden. Und haben beide dann das Glück gehabt, dass wir direkt im Anschluss zum Studium unsere Jobs gefunden haben in den kleinen Brauereien und fanden uns gegenseitig immer noch toll und haben irgendwann gesagt: Hey! Es gibt irgendwie wenig holzfassgelagerte Biere in Berlin, das ist für uns beide so ein Thema, das wir gerne haben. Wir trinken das gerne, das ist nicht so einfach zu bekommen. Okay, dieses Jahr, mittlerweile muss man sagen, gibt’s in Berlin eine gute Auswahl. Der Lemke kam gerade mit so einem schönen Paket raus. Heidenpeters hat noch eins rausgebracht, BRLO bringt viel raus, Eschenbräu hat eins rausgebracht. Also ich glaube, es gab noch nie so viele holzfassgelagerte Biere in Berlin wie dieses Jahr. Aber wenn wir vor ein paar Jahren darüber zum ersten Mal geschnackt haben, gab’s noch nicht so viel. Da war, glaube ich, Lemke so das A und O. Und dann haben wir uns gedacht: Hey! Lasst uns das doch so als Seitenprojekt machen. Weil holzfassgelagerte Biere ist ja auch sowas, das man in kleiner Auflage macht und man muss warten. Und das hauptberuflich zu machen, wäre schwierig, also eine Brauerei zu gründen, die nur das macht, das ist sehr schwierig. Man sieht’s ja in Belgien zum Beispiel, wenn Sauerbier-Brauereien so eine Lambic-Brauerei aufmachen, die müssen erst mal ein paar Jahre warten, bis sie überhaupt einen Umsatz machen können. Also hat das für uns eigentlich ganz gut gepasst, also im kleinen Rahmen zu machen, nebenbei neben unseren Jobs dieses kleine Herzensprojekt zu verfolgen. Ja, das machen wir jetzt und wir sind wirklich happy damit, dass wir das machen können.

Holger: Ich würde jetzt vorschlagen, Markus, du verrätst uns mal, was du dir für heute überlegt hast und wir machen mal unser erstes Bierchen auf.

Markus: Können wir machen. Ganz kurz noch eure Liste zu ergänzen. Wir hatten ja auch den Thomas Tyrell schon bei uns im BierTalk, der hat ja auch holzfassgereifte Biere jetzt rausgebracht dieses Jahr. Also in der Tat ist Berlin da jetzt wirklich so ein Zentrum geworden von ganz, ganz vielen Leuten, die sich darum kümmern. Aber das ist ja auch cool, es steckt ein unglaubliches Potenzial da drin. Und ich glaube auch, dass da viele verschiedene Versuche sehr gut sind, um alles so ein bisschen auszuprobieren, auszureizen, was man machen kann. Was habe ich mir für ein Bier überlegt? Ich überlege gerade, ob ich euch raten lassen soll? Aber ich glaube, das ist zu schwierig. Aber ich habe mir gedacht, wenn, dann muss es schon ein besonderes Bier sein, was auch einfach sehr viele Aromen hat und etwas außergewöhnlich ist. Ich mach‘s mal auf. Also ihr habt schon eine Dose und wenn man das Ganze jetzt dann in das Glas laufen lässt, dann haben wir ein fast pechschwarzes Bier. Obendrauf ein ganz, ganz dunkelbrauner Schaum, leicht rötlich gefärbt. Wenn man reinriecht, dann hat man Schokolade und Kokos und Karamell und Kaffee und sehr, sehr intensive Aromen. Es hat, muss ich grad mal gucken, 10,8 % Alkohol. Also sowas würdet ihr wahrscheinlich in ein Holzfass stecken. Es ist ein Imperial Stout von Frau Gruber und es heißt Macaroon. Und ist eben mit Kokosflocken von so Kokosmakronen und eben jeder Menge Haferflocken und Malzen, natürlich Röstmalzen. Jetzt probiere ich mal einen Schluck. Hm! Ja, sehr vollmundig, sehr cremig, sehr weich, unglaublich intensiv. Und für die Uhrzeit, liebe Hörer, wir sind jetzt hier schon am Abend, ist das auch ein schönes Bier, um in den Abend zu starten. Also Prost auf euch, auf euren Erfolg, auf eure tollen Biere! Auch für die Hörer noch ganz kurz. Ich habe die beiden hier auch schon stehen, habe ich mir schon kommen lassen und freue mich auch total. Ich habe sie mir allerdings für die Weihnachtsfeiertage aufgehoben. Wir zeichnen ja ganz kurz vor Weihnachten auf. Und werde euch dann im nächsten BierTalk erzählen, wie toll das Weihnachtserlebnis war. Und ihr könnt natürlich die beiden Biere auch bei den beiden Jungs bestellen. Das werden wir in den Shownotes noch verlinken. Und vielleicht erzählen sie es ja währenddessen noch ein bisschen. Erik, magst du vielleicht einerseits noch ein bisschen was von dir erzählen, also wie kommt man überhaupt aus Minnesota auf die Idee nach Berlin zu kommen? Und wolltest du nicht eigentlich lieber 25 verschiedene IPAs brauen? Und was hast du denn für ein Bier mitgebracht?

Erik Mell: Damit habe ich angefangen, als ich halt ziemlich jung war, also 14 oder so hatten wir ein Alcohol Awareness Class. Und die haben mir erzählt, wenn Hefe und Zucker vorhanden sind, dann wird Alkohol produziert. Dann bin ich direkt nach Hause gegangen, habe ich nur (unv. #00:11:17.7#)-Saft als Nährmedium und die Hefe und Brothefe. Dann habe ich sofort quasi einen Wein hergestellt, das war eigentlich. Aber trotzdem bin ich weitergekommen und mit 16 oder 17 und so dann habe ich halt angefangen Bier zu brauen als Hobby. Denn in den USA natürlich hat es viele IPAs. Die Amis sind dafür bekannt, aber wir haben damals richtig schöne Stouts mit Zimt und alles gebraut. Dann musste ich was lernen beruflich und lange Reise durch Schottland, Schweden, Deutschland ein paar Mal, habe ich meinen ersten Job gefunden. Das war als Corporate Social Responsability Analyst. Und bin ich damit nach Deutschland umgezogen, habe ich in Frankfurt gearbeitet, war irgendwie entlassen wegen Umstrukturierung. Und habe ich eine Career Specialist bekommen. Das war in der Finanzbranche. Und dann habe ich erklärt, dass ich halt auf Brauen stehe und so. Und sie hat auf jeden Fall den Twinkle in my eye gesehen und sagte: Dann kann ich Ihnen nicht damit helfen, aber ich sehe es sofort, Sie haben so eine Leidenschaft, dann sollen Sie das dann machen. Dann habe ich herausgefunden, wie man das macht. Habe ich ein Jahrespraktikum mit Heidelberger gemacht da in Heidelberg. Bin ich umgezogen, um zu studieren hier in Berlin, da ich halt Braumeister werden könnte. Habe ich mein Hobby als Karriere dann gemacht in dem Sinn, aber bin auch Quereinsteiger quasi oder so. Warum ich in Deutschland allgemein bin? Ich liebe Deutschland eigentlich seit einer langen Zeit. Ich habe Deutsch in der High School gelernt und dann bin ich hier für die Liebe gekommen. Also meine Frau hat in Heidelberg studiert und so geht’s.

Holger: Es sind dann doch die deutschen Frauen, die hier die Stiche machen, oder?

Erik Mell: Die kommt nicht aus Deutschland, wir haben auch in Schweden kennengelernt.

Holger: Ach!

Erik Mell: Ich sage nicht was Schlechtes über deutsche Frauen, also das auf keinen Fall.

Markus: Es gibt ja auch jede Menge Lieder rund um Heidelberg und die Frauen und Herzen, die man da verliert und so weiter.

Erik Mell: Genau!

Holger: Ich weiß jetzt nicht, ob ihr beiden gemeinsam ein Bier habt oder jeder eins, aber es wäre Zeit fürs nächste Bierchen.

Sebastian Pfister: Ja, wir würden gemeinsam eins aufmachen und tatsächlich ganz egoistisch eins von uns.

Markus: Sehr gut, sehr gut!

Sebastian Pfister: Wir hofften ja vorhin, dass Markus auch eins von uns aufmachen würde. Aber das finde ich ja gut, dass Markus so die für Weihnachten behältst, dafür sind sie ja auch gedacht für festliche Gelegenheiten, für tolle Gelegenheiten. Und wir machen jetzt mal unser Mumpitz auf, was unser erstes Bier war. Schön aus der 0,75er-Champagner-Flasche. Bin da genug ans Mikrofon. Erik, vielleicht kannst du was zu unserem Mumpitz erzählen, was ich gerade einschenke?

Erik Mell: Wie erwähnt, ich bin Braumeister von Vagabund und habe ich dieses Bier da gebraut eigentlich. Und das ist ein, ja, was ist es, das ist ein Mumpitz. Das ist eigentlich ein Bierstil technisch absoluter Schwachsinn, also eben Mumpitz. Es hat Roggenmalz da drin, es hat verschiedene Karamalze da drin. Ist gar nicht süß und hat diese (unv. #00:14:31.2#).

Sebastian Pfister: Also wir nennen es ein Barrel Aged Footed Sour, also ein Sauerbier mit Früchten. Aber es hat einen Hauch Himbeere drin, aber jetzt nicht so viel, dass man denkt, oh mein Gott, wir trinken jetzt Himbeersaft, wir mögen das Ganze ein bisschen balancierter. Erik hat dann im Rezept noch ein bisschen Karamalze mit eingebaut, aber auch nicht, um einen vom Hocker abzuhauen. Aber stilmäßig ist es ganz schwierig das Bier einzuteilen. Es wurde dann noch nachvergoren im Bourbon-Fass mit wilden Brettanomyces aus meinem Vater seiner Weinerei. Da haben wir jetzt auch wieder ein bisschen eine Connection eben zur Weinwelt aus meiner Familie. Ich habe mal ein Holzfass von ihm bekommen. Ich habe einige liegen beim Straßenbräu. Und in eins dieser Holzfässer kann tatsächlich eine Brettanomyces mit. Und die hat dann das Bier, ein Tripel, was ich da drin hatte, nachvergoren. Und ich dachte, hoppla, hey. Aber es war eigentlich ganz gut, weil das gerade ein guter Bierstil dafür war und das Tripel habe ich jetzt immer noch ein paar Fläschchen davon. Und habe dann einfach diese Brettanomyces daraus isoliert und die weitergezüchtet und die bei uns bei Schnieke mit eingebaut bei unserem ersten Bier. Und das gibt so einen schönen weinigen Abschluss beim Bier. Es ist eben nicht so eine Bret, wie man sie üblicherweise kennt, wie so eine (unv. #00:15:37.5#), die so ganz wild und Pferdedecke-mäßig ist. Sondern es ist eher eine Bret, die so ein bisschen sanfter und weiniger und ganz leicht fruchtig ist.

Holger: Ja, die ist ja auch aus dem Tessin. Da ist das ja auch Programm so zu sein. Wie findet ihr die Rezepte? Wenn man jetzt sagt, die Italiener zum Beispiel, die kommen ja eher von der Speise und stellen sich erst eine Speise vor und entwickeln dann dazu eine Bierrezeptur. Bei den Deutschen würde ich sagen, wir kommen eher vom Prozess und von der Technik. Die Amerikaner, glaube ich, die können alles. Aber wie macht ihr beiden das? Wie entwickelt ihr die Rezepte, wo kommt ihr her, also was denkt ihr zuerst?

Erik Mell: Das hängt davon ab, was man brauen will. Ich fange eigentlich mit den Zutaten an. Malz vor allem, was für eine Basis das bildet und dann natürlich die Hopfen dazu. Hier spielt Hopfen wirklich fast keine Rolle. Das ist halt ein sehr komplexes Aroma, das wir haben. Aber das ist alles durch die Gärung und die verschiedenen Zutaten. Wir haben natürlich ein paar Bourbon-Fässer gekauft und haben dann ein paar (unv. #00:16:42.5#) von Bourbon getestet, was wir uns vorstellen können, was am besten passt. Das ist es halt. Ich fange eigentlich mit Malz immer. Also wie es schmeckt. Und wenn es ein hopfenbetontes Bier ist, dann natürlich passe ich den Malz zu den Hopfen. Oder in diesem Fall eigentlich zu der Hefe und zu dem Barrique-Fass eigentlich.

Sebastian Pfister: Wie Erik schon gesagt hat, Hopfen ist hier eher im Hintergrund, wenn überhaupt wahrnehmbar. Ich glaube, hauptsächlich, weil eben unser Thema Holzfässer sind, sehe ich da immer so zwei große Kategorien. Es gibt Sauerbiere aus Holzfässern, die eventuell mischvergoren sind mit Laktobazillen und Brets, oder mit das ein oder das andere. Und dann hat man saubere Biere, die nur eine Saccharamyces haben und dann meistens eher stärker sind als das dunkel, aber auch heller. Und da haben wir uns auch die Frage gestellt: Wollen wir jetzt ein Sauerbier machen? Wollen wir ein sauberes Bier machen, das etwas stärker ist? Da haben wir gesagt, lasst uns beide machen als die ersten beiden Biere. Und da ist eben Mumpitz entstanden und das erste Sauerbier mit Bret, und das zweite, unser Heiabubu, ein Belgium Imperial Stout mit belgischer Hefe vergoren und etwas stärker mit 12 %.

Markus: Wer von euch beiden kam da auf die Namen? Und wer hat‘s dann dem jeweils anderen erklärt, was das jeweils bedeutet?

Sebastian Pfister: Glaube ich, kann mit Mumpitz an.

Erik Mell: Ja, das ist das (unv. #00:17:57.1#). Wir hatten irgendwie eine ganze Liste an Namen. Und wir haben uns irgendwie voll im Thema deutscher Sprache verliebt und dachten, da gibt’s so viele tolle Wörter, vor allem auch in Berlin, aber auch deutschlandweit, so Jargon-Wörter, Heiabubu, zu Bett gehen. Das ist so ein süßes Wort und das ist so einzigartig. Und es passt auch gerade zum Bier, das wir machen wollen beziehungsweise schon gebraut hatten. Und der Name kommt immer später. Wir haben das Bier dann probiert und (unv. #00:18:21.8#) das ist so ein gutes Bier als Betthupferl vorm zu Bett gehen. Ist so ein guter Abschluss für den Abend. Hey, lasst uns doch Heiabubu nennen. Und meine Freundin hat ein paar Mal irgendwie Heiabubu gesagt zum Bett gehen und ich meinte: Hä? Was ist das? Ich kenne das ja gar nicht. Deutsch ist nicht meine Hauptsprache. Und all diese feinen Wörter, die es sonst so gibt da draußen, die kenne ich alle nicht. Und wenn ich das gehört habe, dachte ich irgendwie, hey, das ist irgendwie ganz cool, lasst uns doch für einen Biernamen benutzen. Und Mumpitz hatten wir schon eher so (unv. #00:18:46.7#) das Wort und dann dachten wir, Mumpitz ist cool. Das ist Bier ist eh kompletter Schwachsinn, was Stile anbelangt, lasst uns das doch Mumpitz nennen.

Sebastian Pfister: Genau!

Erik Mell: Und ich glaube, so ein bisschen auf der Schiene wollen wir auch weitermachen, so coole deutsche Wörter benutzen, die man kennt, aber nicht so wahnsinnig populär sind, aber das jeder irgendwie kennt. Und vor allem in Berlin gibt’s ganz viele hübsche Wörter.

Sebastian Pfister: Genau!

Erik Mell: Aber beschreiben wir das Thema (unv. #00:19:10.6#) sind Rainbow und Bret à Porter.

Sebastian Pfister: Ja, das sind dann die nächsten Biere, die kommen.

Holger: Wenn man da auch noch mal so richtig reinguckt und was ihr jetzt so alles erzählt, ich muss mir also ein bisschen Verknüpfungen herstellen. Und zwar, also aufgrund deines Aussehens, Sebastian, bezeichnet man dich ja auch als den Harry Potter der Biere.

Sebastian Pfister: So braune Haare und Brille. Jetzt schließen wir mal den Kreis. Und dann gibt’s aus der glorreichen Sesamstraße The Amazing Mumford. Das ist ja der große Mumpitz sozusagen auf Deutsch übersetzt. Und der ist ja der Zauberer in der Sesamstraße. Also ich weiß gar nicht, ob euch das so bewusst ist, dass das alles so …

Erik Mell: Nein. (unv. #00:19:51.6#)

Holger: … miteinander zusammenhängt. Und ich weiß auch gar nicht, ob ihr Sesamstraße noch kennt.

Erik Mell: Gerne.

Sebastian Pfister: Ja natürlich.

Holger: Aber ich habe das also auf jeden Fall immer verschlungen als kleiner Junge. Die Sesamstraße halt mir alles erklärt, was ist hoch und was ist niedrig und was ist dick und was ist dünn und so. Da sind alle Grundlagen, die ich habe, sind da gelegt worden. Und das finde ich schon interessant. Also wie man dann so Verbindungen schaffen kann zu den Bieren, die ihr auch macht. Ganz toll ist das.

Markus: Ich glaube, der Holger ist unterhopft.

Holger: Ja, das kann gut sein. Also sehr gut, Markus. Ich werde jetzt mein Bier öffnen. Ich werde es euch auch nicht erraten lassen, weil ihr kommt wahrscheinlich nicht drauf. Wir haben ein Weihnachtsbier weniger und ein Winterbier mehr. In der Tat habe ich mich für das Winterbier von Warsteiner entschieden. Und das hieß bis vor kurzem noch Weihnachtsbier. Und die Brauerei hat sich dann entschieden und hat dann gesagt: Mensch, irgendwie ist das verkaufstechnisch auch manchmal schwierig, wenn es dann im Handel steht und Weihnachten vorbei ist, dann verkauft sich das schlechter. Und wenn wir es jetzt Winterbier nennen, dann können wir da vielleicht auch länger noch eine Zielgruppe erreichen. Und ich möchte eine Lanze brechen, eben auch gerade für die großen Brauereien, die wir in Deutschland haben, also Warsteiner ist ja ein Beispiel, aber es gäbe ja auch noch andere Brauereien, die diese Größenordnung haben. Also Bitburger macht ja zum Beispiel ein Winterbock, den könnte man auch noch erwähnen, aber dieses Bier, da muss ich wirklich sagen, ist in meinen Augen eines der besten Produkte, die Warsteiner hat, weil schon die Farbe besticht, also das ist so ein rötliches Bernstein eigentlich. Wir haben einen ganz tollen dichten Schaum in der Nase, haben eine totale Malznote, eine Karamellnote, wo man so richtig auch an Weihnachten denkt. Und im Trunk ist die Malzautomatik total im Vordergrund. Es ist ein unglaublich ausbalanciertes Bier, was ich jedem wirklich empfehlen kann. Also das ist ein schönes Bier zur Jahreszeit. Und ich weiß nicht, ob ihr es kennt, aber wenn nicht, probiert‘s mal aus. Versucht mal, eure Vorurteile, die ihr möglicherweise im Kopf habt, einfach beiseite zu schieben. Probiert mal dieses Bier. Und ich habe schon oft, also da hieß es noch Weihnachtsbier, auch in Blindverkostungen das Bier einfach eingebaut beziehungsweise hate Verkostungen gegeben und einfach erst mal nicht erzählt, was es für ein Bier ist. Und dieses Bier hat immer absolut begeistert und hat 13,5 % Stammwürze und hat einen Alkoholgehalt von 5,6 %.

Sebastian Pfister: Schön!

Holger: Und ist für eine Brauerei, die ihre Kernkompetenz im Pilsbrauen hat, also ein wahnsinnig tolles malzaromatisches Bier. Also ich kann da nur dafür werben.

Sebastian Pfister: Ich probiere gerne jedes Bier, und vor allem, wenn es so unwahrscheinliche Hintergründe hat, bin ich immer wieder für Überraschungen zu haben. Also das würde ich auch gerne probieren.

Erik Mell: Ja, das klingt gut mit Stammwürze von 13,9.

Holger: 13,5.

Erik Mell: 13,5 und nur 5,6 % Alkohol, da hat man deutlich gute Röstextrakte. Also ich kann mir gut vorstellen, dass …

Sebastian Pfister: Es ist ziemlich süßlich.

Erik Mell: (unv. #00:22:57.3#) auf jeden Fall, ja, auf jeden Fall.

Holger: Nein, genau. Also es ist wirklich, also ich sag mal, ich wüsste jetzt auswendig nicht, was es für eine Bittereinheit hat, aber es schmeichelt der Zunge. Ist so ein richtig schönes malzaromatisches Winterbier. Also da ist der Name wirklich Programm. Müsst ihr einfach mal ausprobieren. Ich habe mir halt einfach gedacht, draußen fängt‘s jetzt an, weihnachtlich zu werden, ich komme auch so langsam in die Stimmung, in die Weihnachtsstimmung, und da habe ich mir doch gedacht, das ist ein schönes Bier. Und ich habe dazu Plätzchen und die schmecken wirklich …

Sebastian Pfister: Das ist doch schön.

Holger: … ganz toll dazu.

Erik Mell: Super!

Markus: Man könnte natürlich ketzerisch sagen, im Grunde ist das ein filtriertes fränkisches Märzen.

Holger: Markus, du brauchst gar nicht den Ketzer zu machen, weil du bist es ja. Sondern ich könnte mir vorstellen, also die oberfränkische Zunge würde auch Ja dazu sagen.

Markus: Auf jeden Fall!

Holger: Und du kennst es sicher auch.

Markus: Eben, ich kenne es ja. Und ich habe schon immer gesagt, im Grunde ist das ein Kellerbier, nur halt anders verpackt. Deswegen ist es einfach auch richtig gut und schmeckt gut und ist schön harmonisch. Und ist auch was, was der Süddeutsche gerne mal trinkt. Vielleicht an euch beide noch mal kurz die Frage: Wie habt ihr denn die deutsche Bierwelt erlebt? Also wenn man jetzt aus Amerika oder aus der Schweiz nach Deutschland kommt und dann vielleicht erst mal in Berlin landet, habt ihr ja sicherlich bald gemerkt, dass Deutschland gar nicht ein Bierland ist. Was hat euch denn gefallen?

Sebastian Pfister: Du sagtest genau richtig, Markus, Deutschland ist, was Bier betrifft, nicht ein homogenes Land, sondern es gibt viele Regionen. Das, was man sich von außen immer vorstellt, ist das, was in Franken und Bayern so stattfindet mit einer sehr tollen Bierkultur mit viel Geschichte und einfach viele, viele Biere. Und wenn man dann eher nach Berlin geht beziehungsweise als wir ankamen 2013, da gab‘s einige kleine Brauereien, aber jetzt auf so eine Großstadt bezogen nicht viele. Und auch einfach dieses Gefühl von, man hat irgendwie eine große Bierkultur, wie es sie eben in Franken gibt, die war meiner Meinung nach nicht oder überhaupt nicht vorhanden. Berliner hat zwar seine Berliner Weisse, aber die ging ja verloren und die wurde erst in den letzten Jahren wieder aufbelebt. Es gab natürlich die, die man im Supermarkt finden konnte, aber das wissen wir alle, dass das nicht so wirklich die echte ist. Und normalerweise, wenn man in irgendeiner Kneipe war und man nach einer Berliner Weisse gefragt hat, hat man ja immer den Klassiker vorgeschlagen, es mit Sirup zu vermischen, was beim Brauer ja natürlich sehr verpönt wird richtigerweise. Weil eine richtige Berliner Weisse, die (unv. #00:25:11.0#) man ja ohne den Sirups, braucht man ja gar nicht. Da ist genügend Geschmack drin. Aber so Berlin als Bierstadt, wir haben eher die ganze Entwicklung gefühlt, also die starke Entwicklung der letzten Jahre miterlebt, als wir unser Braumeister-Studium abgeschlossen haben, war sogar die Welle los, die ersten neuen Craft Beer Bars gingen auf. Man fand die ersten deutschen IPAs in einigen Läden und Vagabund ging auch mit der kleinen Brauerei, 2015 ging Straßenbräu auf, wo ich dann zu erster Stunde angefangen habe. Und dann ging das Ganze so ein bisschen los. Und ich glaube, Berlin hat da auch einen Nachteil und einen Vorteil. Der Nachteil ist, dass sie eben eine Bierkultur verloren haben, aber der Vorteil ist, dass da auch jetzt Raum ist für Neues. Und zum Beispiel, wenn man jetzt nach Franken geht, da ist schon so viel vorhanden, da braucht man eigentlich keine Revolution und eher eine Weiterentwicklung, wenn überhaupt. Aber da ist schon so viel Schönes vorhanden, das muss man gar nicht irgendwie überlappen mit was Anderem. Da wäre weniger Platz für sowas, was wir jetzt zum Beispiel machen. Und in Berlin, und weil da eben so ein bisschen mehr diese Tabula Rasa ist, gibt’s da mehr Platz für Neues und auch neue Bierstile aus dem Ausland. Und so habe ich das ein bisschen empfunden, dass Berlin da ein bisschen internationaler ist, generell, auch kulturell in verschiedenen Bereichen und auch im Bierbereich jetzt interkultureller geworden ist auch eben dank dem, dass da Platz war. Und im Rest von Deutschland kann ich nicht so richtig sagen, Norddeutschland ist ja für das norddeutsche Pils bekannt, ein bisschen herber, aber ich war jetzt nicht so oft in Norddeutschland unterwegs, dass ich sagen könnte, was die Brauer da so alles anstellen.

Erik Mell: Ja, also das erste rein technisch macht Deutschland Spitzen-Biere auf jeden Fall. Merkt man sofort, wenn man ein billiges Bier kauft und dann, wenn man ein billiges Bier im Ausland kauft, was der Unterschied ist, auf jeden Fall. Aber nach ein paar Jahren in Deutschland, dann habe ich gedacht, die Vielfalt fehlt ein bisschen. Also ein Pils ist da, ein Pils ist da, so diese Pilsener Welle von den 70ern ist überall. Das ist der Mainstream. Und es gibt nicht so viele Bierstile als im Ausland. Dann taucht man ein bisschen tiefer, ich bin oft bei der Bibliothek da in der VLB, und dann merkt man, oh, es gibt tatsächlich viele richtig schöne alte Biere, also Adam Bier, Gose, Berliner Weisse, (unv. #00:27:29.1# Bräuhan?), was wir auch bei Vagabund halt gebraut haben. Das hat richtig verlorener, fast verlorene Biertile. Das finde ich halt einerseits sehr schön, dass halt diese richtig tollen Bierstile zu entdecken sind, und auch ein bisschen tragisch, dass die irgendwie verloren sind. Ich spiele auch damit, also viel, dass wir diese alten Biersorten wieder zum Leben bringen. Ich bin auf jeden Fall halt super begeistert, dass vor allem in Berlin und Hamburg, dass man langsam halt richtig gute Auswahl hat von vielen verschiedenen Brauereien, viele verschiedenen Biersorten. Die Klassiker, die traditionelle Bierstile, die sind echt top. Aber es gibt andere, die verloren sind. Und was für mich auch halt seit ewig ein bisschen verwirrend ist, ist, dass fast alle Biergenießer vom Ausland, die kommen eigentlich nach Deutschland und die denken, was für ein Oktoberfest gibt’s da in Heidelberg oder was für eins in Bremen oder so. Und das ist halt in München natürlich, dann gibt’s Oktoberfest und alle wollen nach München, egal was für eine Jahreszeit es ist, die Biere dann durch zu verkosten. Aber nur die richtigen Kenner wissen, dass Oberfranken und Bamberg halt richtig eine Vielfalt anzubieten hat. Das war richtig schön zu entdecken. Ich bin mehrmals da. Oh, ich muss auch erwähnen, also Rauchbier, …

Sebastian Pfister: Oh ja!

Erik Mell: … das ist halt echt was Schönes, was nicht Mainstream ist, sondern ein Bierstil, der in Deutschland noch lebt. Finde ich halt toll.

Sebastian Pfister: Mein erstes Mal in Bamberg war eine Offenbarung, einfach so eine tolle Stadt und wie Bier erlebt wird und die Qualität des Bieres dort. Und einfach nur toll. Und eben auch Rauchbiere, bin ich selber großer Fan mittlerweile. Mein erstes, was ich vor vielen Jahren probiert hatte, war nicht so meins, aber mittlerweile finde ich das richtig toll. Und alle denken immer an Schlenkerla, wenn man nach Bamberg geht, aber ich bin persönlich großer Spezial-Fan. Mein erster Stopp ist immer entweder bei Spezial direkt in der Brauerei oder auf dem Keller. Und oh, so ein schönes Ungespundetes von denen einfach nur toll.

Erik Mell: Top!

Markus: Das ging jetzt ja runter wie Öl.

Holger: Wie Öl.

Erik Mell: Ja. Ganz groß.

Markus: Sehr schön! Freut mich. Wobei ich sagen muss, Holger, ich glaube, wir müssen die beiden mal einpacken und in deine Heimat fahren, dass sie mal die Kölner und die Düsseldorfer Bierwelt kennenlernen und da auch noch mal ein bisschen erleben, dass es durchaus auch dort gelebte Vielfalt gibt, oder?

Holger: Na ja, also ich kann euch nur empfehlen, also beispielsweise Fiege, Fiege Pils und dann mal einen Pilsbock dazu genießen, das wäre schon mal was, da würde ich mit anfangen. Aber wir können natürlich auch nach Dortmund in die Bergmann Brauerei fahren und da mal ein Adam-Bier auch verkosten. Also unbedingt! Wir müssen das machen. Also Bierreisen sind (unv. #00:30:09.8#)

Sebastian Pfister: Gerne! Ich schäme mich ja so ein bisschen, dass ich noch nicht in Köln und Düsseldorf war und auch noch nicht in Leipzig, um eine gute Gose zu trinken. Also ich habe da noch einiges nicht gesehen, obwohl ich jetzt schon sieben Jahre in Deutschland bin.

Holger: Oder Altbier auch.

Sebastian Pfister: Also ich müsste da eigentlich …

Erik Mell: Altbier.

Sebastian Pfister: … ein bisschen mehr rumreisen, wenn man wieder darf.

Holger: Ja.

Erik Mell: Auf jeden Fall! Ich bin ein bisschen da rumgereist. Also Altbier als Thema, das hat richtig viel anzubieten. Diese versteckten, verlorenen Ecken, die sind halt in Deutschland richtig interessant.

Sebastian Pfister: Es gibt, eben wie Erik vorhin erwähnt hat, so eine ganze Reihe von Bierstilen, die so ein bisschen in Vergessenheit gingen. Und öfters sind das ja Sauerbiere. Also Berliner Weisse, das bekannteste Beispiel. Aber als Außenstehende haben wir so ein bisschen das Gefühl, dass vielleicht Deutschland ein bisschen seine Sauerbier-Kultur verloren hat und jetzt teils wiederentdeckt mit der Berliner Weisse. Und man kann da noch mehr entdecken.

Erik Mell: Ich habe (unv. #00:31:03.0#) gehört, damals in Berlin gab’s auch ein Berliner Braunbier, das wird gebraut und eigentlich eine komische Flasche versiegelt. Man bekommt das, als man damals halt Milch bekommen hat, in eine Flasche direkt vor der Tür. Und dann eigentlich vergärt man das im Keller bis den Grad, wie man das gerne wollte. Also entweder halt richtig lang für komplex und sauer, oder halt frisch und malzig am Anfang. Das ist auf jeden Fall ein Beispiel von einem richtig schönen verlorenen Bierkultur, was ich finde halt spannend.

Markus: Der Bayer würde sagen: Säugel dahoam. Weil also die Oberpfälzer haben ja ihr Bier auch zuhause immer selber vergoren, und wenn man das dann jemandem noch vorbeibringt, der das dann selber macht, wäre eine witzige Geschichte. Ja, Holger, was empfiehlst du denn den beiden, wenn sie mal nach München kommen?

Holger: Ich würde in jedem Fall in München einfach beides empfehlen, also einmal diese neue frische Szene, die wir natürlich auch haben, und dann aber auch die Klassiker. Es ist immer die Frage, wie viel Zeit man hat. Also wenn man jetzt nur wirklich ganz kurz Zeit hat, ich würde euch nur vom Hauptbahnhof abholen und ihr müsstet sofort quasi über die Stadt zum Flughafen und dann weiter. Dann würde ich mit euch einfach ins Giesinger gehen und da beides kennenlernen, also die klassischen Münchner Bierstile, aber eben auch spannende neue Interpretationen. Aber wenn man mehr Zeit hat, dann kann man richtig loslegen. Also von Hopfenhäcker über CREW Republic, Munich Brew Mafia, bis hin wirklich dann zu Augustiner und Paulaner und die ganzen Klassiker. Ich kann das nur noch mal betonen, also wenn wir jetzt so ein Bier nehmen wie Paulaner Salvator zum Beispiel. Wenn man da mal hinguckt, auch das Thema Preis-Leistungs-Verhältnis anschaut, also was man da für ein Bier bekommt für sein Geld, das ist einfach hervorragend. Und die darf man auch nicht verteufeln, und Augustiner genauso. So würde ich das mit euch machen. Das gehört zu München dazu, eben die Klassiker auch zu trinken. Und wenn man ganz viel Zeit hat, dann würde ich in jedem Fall auch noch ins Münchner Oktoberfest und Brauereimuseum mit euch gehen. Das ist ganz besonders schön. Und dann abends natürlich richtig bayerisch essen gehen und dann werdet ihr schon euch Gedanken machen, ob Berlin wirklich so schön ist.

Sebastian Pfister: Nein, wir sind uns ja bewusst, dass in Bayern und Franken eben die intensivere Bierkultur stattfindet als in Berlin. Eben, wie vorhin gesagt, Berlin ist da eher so im Kommen und baut da so ein bisschen sein eigenes Ding auf und entdeckt ganz wenig von seiner Vergangenheit wieder. Aber die Party ist schon in Franken und Bayern generell.

Erik Mell: Genau! Also in den USA, dann versuchen wir immer eine Flasche Paulaner zu kaufen, kostet 8 Dollar oder so pro Flasche, wenn man es überhaupt finden kann. Und dann kommen wir nach Deutschland, geht man in einen Supermarkt und dann kauft man diese richtig schöne Flasche oder Kiste, also kostet weniger als 1 Euro pro Flasche. Mann! Das ist Himmel.

Markus: Ja, Holger, das ist doch ein schönes Schlusswort für den BierTalk heute.

Holger: Absolut! Ja.

Markus: Wir müssen uns auf jeden Fall mit den Jungs noch mal live treffen, das wird bestimmt spannend.

Sebastian Pfister: Ihr seid natürlich auch herzlich eingeladen in unseren neuen Brauereien, wenn die dann mal soweit sind im Frühling und Sommer. Wir werden wahrscheinlich anfangen zu brauen, so Februar, März, und im Sommer müsste die Dosenabfüllung kommen. Das heißt, eigentlich im Sommer sind wir dann auch Hochtouren und dann haben wir auch unsere Holzfässer in Position. Da kann man dann ein paar lustige Sachen probieren. Am Anfang natürlich nicht, die Holzfässer müssen erst mal befüllt werden. Also ich würde euch im Sommer einladen, bei uns vorbei zu kommen.

Erik Mell: Ja, bei uns ist es auch so bei Vagabund, Februar, März, aber bis alles richtig halt ins Laufen gebracht ist, gerne im Sommer, dann ist hoffentlich Corona mehr als teilwegs vorbei. Dann können wir einen richtig schönen Abend dann (unv. #00:34:59.7#)

Holger: Ich bin auf jeden Fall dabei und freue mich darauf. Vielen, vielen Dank für eure interessanten Lebensläufe und Geschichten und Offenheit. Ich bin sehr gespannt auch auf die neuen Produkte, die ihr da aus dem Fass zaubert. Auf ein Wiedersehen in Berlin! Prost!

Erik Mell: Prost!

Sebastian Pfister: Prost!

Markus: Prost! Und ich freue mich natürlich auch. Ich freue mich erst mal auf übermorgen, Weihnachten, wenn ich dann eure Biere aufmachen kann. So das erste kleine Geschenk, was ich mir dann mache. Und dann freue ich mich, wenn wir dann im Frühjahr den BierTalk machen, wo wir dann eben über eure Brauereien dann noch mal sprechen. Straßenbräu und Vagabund machen wir auch einen BierTalk, liebe Hörer. Könnt ihr euch dann schon mal vormerken. Und dann natürlich live vor Ort wieder in Berlin, so ein bisschen meiner zweiten Heimat, da freue ich mich auch total drauf. Also vielen Dank und auch von mir Prost und auf bald!

Holger: Tschüss!

Sebastian Pfister: Tschüss!

Erik Mell: Tschüss!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 49 – Interview mit Regine Marxen und Stefan Endrigkeit von HHopcast

Podcast meets Podcast – pünktlich zum Jahresbeginn haben wir uns mit unseren Hamburger KollegInnen Regine und Stefan verabredet, um quasi ein BierTalk-Meeting zu veranstalten. Schließlich senden sie schon mehrere Jahre aus der Hansestadt Ihre spannende Reise durch die Bierwelt und sind dabei auch oft vor Ort in den jeweiligen Brauereien. Nachdem wir festgestellt hatten, dass wir jeweils Stammhörer des anderen Podcasts sind, war klar, es musste eine gemeinsame Folge her – und hier ist sie nun, natürlich auch mit der Verkostung von vier spannenden Bieren und tollen Stories rund um Brauer und Bierkultur…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Herzlich willkommen und einen schönen guten Abend zum 49. BierTalk. Und diesmal wirklich was ganz Besonderes, und zwar HHopcast. Ist ein anderer BierTalk aus der Craftbier-Szene aus Hamburg. Wir freuen uns außerordentlich, dass ihr da seid. Aber zunächst am Mikrofon wie immer der Holger und der …

Markus: Markus.

Holger: Hallo! Grüßt euch! Moin! …

Regine Marxen: Hallo!

Holger: … sagt man ja bei euch. Vielleicht stellt ihr euch kurz vor ihr beiden. Wir sind ganz gespannt, wie das heute läuft. Podcast trifft Podcast.

Regine Marxen: Wir sind auch gespannt. Vielen Dank erstmal für die Einladung. Ich bin Regine, Regine Marxen, ein Teil von HHopcast. Wir sind so seit 2017 am Start. Ich bin eigentlich Redakteurin und freie Journalistin. Und irgendwann haben wir gemeinsam uns in dieses Bierthema eingetrunken und lebe hier in Altona zusammen mit Stefan, an den ich jetzt übergebe in der Vorstellung. Bevor ich anfange, alles zu erzählen, vorpresche und er schon irgendwie nervös anfängt zu zucken.

Stefan Endrigkeit: Ach Quatsch! Nein. Genau, ich bin Stefan Endrigkeit, Musiker von Haus aus, mache alle möglichen musikalischen Dienstleistungen und drumherum. Regine hatte so eine Phase Ende 2017, wo sie sich beruflich neu orientiert hatte und sagte, dass sie das Thema Podcast so spannend findet. Dann sagte ich: Dann lass doch einen machen, wir haben ja alles da. Das war so, ach, wir haben alles da, ja, ja, ich habe ja ein Studio, weißt du ja. Na ja, und dann haben wir darüber einfach, sind dann, weiß gar nicht, wie wir dann unbedingt zum Thema Bier gekommen sind?

Regine Marxen: Wir haben beide angefangen schon vorher, eigentlich schon seit 2015, verschiedene Craftbiere zu trinken. Und das Thema lag einfach so nahe, weil es so viel Spaß macht und es ist einfach so schön. In Hamburg hat sich so wahnsinnig viel getan auch in der Zeit. Da saß man sozusagen an der Quelle. Die Idee des Podcasts sollte ja sein, über Bier als Mittler, man spricht über Bier, aber man lernt die Menschen über das Bier kennen. Das ist natürlich so ein bisschen auch dieser journalistischen Idee geschuldet, die dahintersteht. Ich schreibe ja auch über Bier, ich finde Portraits immer toll. Insofern sind wir da dieses Thema so angegangen. Und irgendwie hat sich dann relativ schnell dieses Thema herauskristallisiert.

Stefan Endrigkeit: Dann sind wir halt so als ziemliche, zumindest in der Bierszene, also wir waren schon auf diversen Craftbier-Festivals, gibt’s ja auch in Hamburg bei Ratsherrn, eben die Craft Beer Days, da waren wir vorher immer schon regelmäßig. Und dann haben wir uns einfach mal so einen Punkt gesucht, dann den Winter Craft Beer Day 2017 und haben uns, weiß ich gar nicht, drei Brauereien, fünf Brauereien, ich weiß es gar nicht mehr, rausgesucht, die halt im Vorfeld angeschrieben, Termine gemacht und sind dann einfach mal mit dem Mikrofon losmarschiert und haben mit denen gesprochen. Und so fing das dann an. Und am Anfang dachten wir auch, hört sich das irgendjemand an? Und irgendwann stellten wir fest, es hören sich Leute an.

Regine Marxen: Verrückt!

Stefan Endrigkeit: Total verrückt! Es haben uns Leute angeschrieben, dann eben halt auch Brauer, die sagten: Ey! Wollt ihr mit uns nicht mal was machen? Und so hat das dann so eine gewisse Dynamik aufgenommen einfach.

Regine Marxen: Einer der ersten war Jens von Bunthaus.

Stefan Endrigkeit: Jens von Bunthaus in Hamburg.

Regine Marxen: Dem bin ich bis heute total dankbar dafür, dass er gesagt hat, hey, kommt doch mal vorbei.

Stefan Endrigkeit: So haben wir dann nach und nach alle möglichen Leute kennengelernt, sind stärker in diese Szene eingetaucht. Und stellten halt auch fest, dadurch dass wir beide beruflich was anderes machen, kommen wir ja jobmäßig nicht aus der Ecke. Das ist ja bei euch zum Beispiel komplett anders. Da ist man schon viel tiefer in der Sache drin. Und es waren dann eben aber auch einige Leute von Brauereien und Bier-Labels, die uns ermutigt haben und gesagt haben, dadurch dass ihr nicht so direkt aus dieser Szene kommt, stellt ihr manchmal auch Fragen, die vielleicht ein bisschen out of the box denken und auch ganz gut sind. Und so hat sich das dann so nach und nach entwickelt.

Regine Marxen: Man könnte auch sagen, naive Fragen.

Stefan Endrigkeit: Ja, vielleicht sogar naive Fragen. Ja.

Holger: Markus, das hört sich doch sehr spannend an, oder? Wir als absolute Bier-Nerds, quasi ab Geburt, also du hast halt sofort Rauchbier bekommen und ich habe so König Pilsener bekommen. Und das hat uns ja nachhaltig geprägt. Und die beiden haben das dann etwas später erst entdeckt das Bier, was ganz großartig ist. Aber zum Glück, zum Glück ist es ihnen gelungen.

Regine Marxen: Ich komme ja aus Flensburg und so ein klassisches Küstenkind, und da wächst man ja mit dem Plopp im Ohr auf. Also es ist nicht so, dass ich vorher kein Bier getrunken habe, ich habe schon immer wahnsinnig gerne Bier getrunken. Was heißt schon immer, aber so, seit man so als Teenager seine Biererfahrungen …

Stefan Endrigkeit: So ab 12, ne.

Regine Marxen: Ja genau.

Holger: Regine …

Regine Marxen: Angefangen hat, so das Leben zu erkunden, so ohne Eltern im Nacken, war Bier schon ein treuer Begleiter meines (unv. #00:04:15.9#) Lebens.

Holger: Dann aber auf jeden Fall 15 Jahre später in deinem Lebenslauf sozusagen.

Regine Marxen: Das stimmt.

Holger: Und ich bin ja Marinesoldat gewesen und war eben auch oft dann in Glücksburg oder auch in Flensburg zur Ausbildung. Ich kann dir sagen, wenn man in Franken oder ganz speziell in Oberfranken in Bamberg aufwächst, dann ist das noch mal was anderes, als wenn man in Flensburg aufwächst, glaube ich, mit dem Thema Bier.

Stefan Endrigkeit: Oh ja!

Holger: Und wenn man im Ruhrgebiet aufwächst, so wie ich das eben gemacht habe, ist das auch noch was ganz anderes.

Regine Marxen: Da magst du Recht haben. Ja.

Holger: Aber das Plopp und die Bügelflasche von Flens ist natürlich Wahnsinn. Und dann natürlich die Werner-Filme. Also ich meine, Werner hat ja dann …

Stefan Endrigkeit: Auf jeden Fall!

Holger: … Flensburger eigentlich mehr oder weniger weltberühmt gemacht. Meister Röhrich, also Wahnsinn. Das waren ganz tolle Momente. Und ich muss auch sagen, Flensburg ist eine schöne, sehr schöne Stadt. Und gerade so als Marinesoldat waren das, also auch die Frauenwelt, muss ich sagen, sehr sympathisch, also sehr sympathisch, wenn ich mich daran noch erinnere.

Markus: Allein die Tatsache, dass du dich noch daran erinnern kannst, heißt, es ist schon andere Bierkultur als vielleicht im Ruhrgebiet. Nein, also Quatsch!

Regine Marxen: Oh je! Jetzt tun mir die Leute im Ruhrgebiet fast ein bisschen leid.

Holger: Wir halten das aus. Wir halten das aus.

Markus: Sagen wir mal so, das ist ja einer meiner Hauptsätze eigentlich, die ich gerne auch in der Ausbildung immer sage, es gibt halt nicht diese Bierkultur in Deutschland, sondern es gibt ja wirklich in jedem Landstrich eine andere eigene gewachsene Bierkultur in all den Teilen, die jetzt zu Deutschland gehören. Aber vorher waren das ja alles eigenständige Länder und die haben eben auch alle ihre eigenen Biere und Traditionen und eben Bierkulturen. Und bei uns in Franken ist es halt schon so, dass ja, also Muttermilch vielleicht nicht, aber es ist einfach was, was integraler Bestandteil ist, dass die Familien halt zum Beispiel im Sommer fast jeden Nachmittag auf irgendeinen anderen Bierkeller gehen, so heißen bei uns die Biergärten, und dort halt die Nachmittage verbringen und glücklicherweise doch nicht vorm Fernseher. Und dass zumindest in meiner Zeit das noch so war, dass die Kinder natürlich das Bier dann auch geholt haben und dass man halt sein Essen mitgebracht hat, und dann haben die Hausfrauen sozusagen jeweils die Bierbank verwandelt in ein wunderschönes Buffet. Und das eben jeden Tag wieder aufs Neue, das ist schon sehr, sehr schön gelebte Bierkultur. Und da ging‘s eben relativ wenig um das Thema Wirkungstrinken, sondern wirklich um Gemütlichkeit, um Geselligkeit und um das, was man halt so damit verbindet. Also vielleicht ist das jetzt auch ein bisschen verklärt, das kann natürlich sein, aber trotzdem muss ich sagen, es ist schon schön in Franken die Bierkultur kennen zu lernen. Und insofern …

Stefan Endrigkeit: Auf jeden Fall! Also wir waren diesen Sommer auch da, also wir waren zweimal in Bamberg, einmal Winter Anfang 2019 und jetzt diesen Sommer noch mal, und waren da auch, haben Radtouren gemacht, waren oft in Kellern. Es haut einen als Norddeutschen dann wirklich um, dass man ein Dorf weiterfährt und da ist der nächste Keller mit eigener Brauerei. Und dann landet man auf einmal in Mönchsambach und kann irgendwelche Weltbiere trinken, die nichts kosten. Muss man ja auch mal sagen, das haut uns Norddeutsche oder gerade Hamburger ja auch um. Die Preise da sind ja der Hammer. Also so ein halber Liter Bier für, ich glaube, 2,40 war das günstigste, was wir hatten bei dieser Radtour.

Holger: Da macht trinken Freude.

Stefan Endrigkeit: Ja.

Holger: Und das ist ein besonders schönes Stichwort. Markus, magst du beginnen? Das wäre doch mal was, wenn der Oberfranke …

Markus: Ich?

Holger: Oder Ladies first, also das ist vielleicht noch besser, …

Markus: Mir ist egal.

Holger: … noch besser als Herr Raupach.

Markus: Na schön.

Holger: Regine, leg los!

Regine Marxen: Das ist so einfach in dieser Runde sozusagen, wer dann den Anfang macht, wenn das Motto Ladies first ist.

Holger: Habe ich ja gerade noch die Kurve gekriegt. Jetzt habe ich noch einen Moment über Werner nachgesonnen. Da gibt es ja einen ganz berühmten Protagonisten, nämlich den Porsche-Fahrer. Und das ist ja der Holgi.

Stefan Endrigkeit: Genau!

Regine Marxen: Ja.

Stefan Endrigkeit: Stimmt!

Regine Marxen: Ja, ja, ja.

Holger: Ich habe aber keinen Porsche.

Stefan Endrigkeit: Noch nicht.

Holger: Nein, nein.

Stefan Endrigkeit: Wie heißt denn, das Motorrad heißt Red Porsche Killer von Werner, ne?

Holger: Ja genau.

Stefan Endrigkeit: Ja, ja, genau!

Regine Marxen: Mit dem berühmten Rennen, mit dem Werner-Rennen.

Holger: Regine, so, jetzt … sonst ist die Zunge wieder so trocken.

Regine Marxen: Ja, ich habe (unv. #00:08:04.2#), was trinkt man in dieser Sendung? Und ich habe mir gedacht, wir gehen mal nach Frankfurt, und zwar zur Brauerei Flügge. Und ich finde, die machen ganz hervorragende Bier-Wein-Hybride. Und ich finde das superspannend, also ich finde Bier-Wein-Hybride ein spannendes Experiment. Und die machen das zusammen mit Daniel Mattern. Und das ist der Georg I., die 2020er Edition. Und ich finde es sehr spannend, weil das ein Imperial Stout ist mit Rotwein. Das hat auch nur 10 %, also insofern, sollte ich mich früher verabschieden, dann … Das ist auch nicht das erste Bier, das wir heute trinken, insofern ist es für mich eine gesunde Reihenfolge jetzt zu diesem Bier überzugehen.

Holger: Die haben doch so megacoole Etiketten.

Stefan Endrigkeit: Ja.

Regine Marxen: Mhm (bejahend).

Holger: Diese schönen Vögel in Öl gemalt, oder?

Stefan Endrigkeit: Ja.

Regine Marxen: Und die kann man jetzt, das ist das Tolle, die kann man sogar als Kunstdruck bestellen, habe ich gesehen.

Holger: So ein bisschen ist es ja in der Craftbier-Welt, also wenn man jetzt dann in so einen Craftbier-Laden reingeht und nicht so richtig absoluter Experte ist, ist es ja so ein bisschen wie beim Weinkauf auch. Also ich gehe in einen Laden, weiß dann so, lieber Rot als Weiß oder umgekehrt und kann dann vielleicht noch sagen, ein Chardonnay oder ein Merlot oder so, aber dann kaufe ich oft nach Etikett. Und dann so, ah nee, so 69,90 die Flasche ist jetzt doch zu teuer, aber 2,99 finde ich jetzt auch nicht okay, also bewegt man sich dann irgendwie so bei 10 Euro und greift ins Regal nach dem Etikett und ist dann irgendwie zufrieden oder nicht zufrieden. Ich glaube, das ist in der Craftbier-Welt auch so oder so ein bisschen so und da sind die Flügge-Etiketten, finde ich, sind echte Eyecatcher.

Regine Marxen: Ja, das machen die super. Und vor allen Dingen eine schöne Wiedererkennbarkeit. Also die findet man auch sehr schnell in diesem Regal, ist ein Riesenvorteil. Das Bier jetzt im Glas ist tatsächlich von der Farbe, würde ich mal sagen, es ist weder rot noch schwarz, es ist erstmal so ein bisschen, ich sag mal, wässrig braun. Die Farbe ist jetzt nicht sexy.

Stefan Endrigkeit: Brackwasser, ich würde sagen, Brackwasser, wenn wir schon …

Regine Marxen: Die Farbe ist nicht sexy, der Geruch ist total sexy.

Stefan Endrigkeit: Ja.

Regine Marxen: Da kommt so rote Frucht durch, so ein bisschen Kaffee.

Stefan Endrigkeit: Ja. Kaffee ist da auch auf jeden Fall.

Regine Marxen: Kaffee ist da auch. Der Malz, dieser Malz kommt auch so ein bisschen durch. Riecht auf jeden Fall sehr spannend und wesentlich besser als es aussieht, muss man sagen. Und es schmeckt toll.

Stefan Endrigkeit: Ja?

Regine Marxen: Ja, es ist schön trocken. Trotzdem so eine leichte Fruchtsüße dabei. Also schönes Bier. Was sagt ihr denn zu Bier-Wein-Hybriden?

Holger: Finde ich super. Gibt’s ja den David Hertl, den ihr vielleicht sogar kennt und schon besucht habt, ich weiß es nicht. Der David, der ist uns wohlbekannt. Das ist ja so ein Familienunternehmen und der Vater ist Winzer. Der David hat auch noch seinen Weinsommelier gemacht in Koblenz.

Stefan Endrigkeit: Mhm (bejahend).

Holger: Ist ja gerade noch so Oberfranken, aber an der Grenze zu Unterfranken. Und Unterfranken ist ja eine Weinregion und Oberfranken ist eine Bierregion. Und der David denkt da immer wieder darüber nach, auch Bier-Hybriden zu machen, eben Wein und Bier zu kombinieren, auch im Zusammenspiel eben mit seinem Vater und so. Finde ich, ist eine ganz, ganz spannende Sache. Hätte ich jetzt auch mir aussuchen können, habe ich sogar noch im Keller, vom David erste Versuche, die jetzt schon wieder einige Zeit alt sind. Aber müsste man mal testen. Markus, was sagst du denn zu Bier-Wein-Hybriden?

Markus: Generell bin ich davon absolut begeistert, also wirklich absolut begeistert. Ich habe so zwei unterschiedliche Zugangswege zu dem Thema gefunden. Das eine ist tatsächlich auch hier in Franken, also der David war ja ein bisschen später dran an dem Thema, hat aber jetzt witzigerweise gerade so ziemlich dasselbe Bier gebastelt, nämlich auch einen Imperial Stout mit Rotwein. Aber davor eigentlich war in Franken auch schon die Brauerei Bayer in Theinheim dran. Der experimentiert bestimmt jetzt schon vier Jahre, fünf Jahre. Der war auch bei uns im Biersommelier-Kurs und war da eben dann so ein bisschen angefixt.

Holger: Gasthaus „Grüner Baum“ übrigens.

Markus: Genau, „Grüner Baum“. Und der war dann ein bisschen angefixt von dem ganzen Thema und hat seitdem rumexperimentiert. Und macht sowohl einen Weißwein-Bier-Hybrid als auch einen Rotwein-Bier-Hybrid. Den habe ich auch schon öfters in Verkostungen so parallel gestellt. Das ist sehr spannend. Und dann ist es ja so, dass ich in Italien in mehreren Wettbewerben in der Jury bin. Und dort ist ja diese Idee des Italian Grape Ale, na ja, sagen wir mal, in gewisser Weise entstanden. Die experimentieren da auch schon lang und haben da ja ganz viele verschiedene Zugänge. Also davon, dass sie Saft verwenden oder den Trester oder rötlichen Wein oder wie auch immer. Da kann man ja alle möglichen Kombinationen fahren. Und dementsprechend gibt’s dann eben auch völlig unterschiedliche Ergebnisse, die im Glas sein können wie ein Prosecco bis hin zu richtig ganz schweren Gebräuen sozusagen. Und das ist wirklich, wenn man so die ganze Palette hat, echt eine ganz, ganhz spannende Geschichte. Also insofern tut’s mir jetzt fast leid, so ein Bier hätte ich jetzt auch gerne im Glas. Aber (unv. #00:12:34.4#), es sei dir gegönnt, Regine. Übrigens vielleicht noch eines …

Regine Marxen: Ich mache hier schon den Feiertag sozusagen.

Stefan Endrigkeit: Genau.

Markus: Vielleicht noch ganz kurz zu dem Thema Flügge, die kenne ich auch ganz gut. Und vor allem diese junge Malerin, die die Etiketten designt, das ist ja auch spannend. Das ist ja wirklich eine sehr imposante, kreative Person, die das eben tut, und die einfach dieses Hobby der beiden, die Ornithologie in Etiketten verwandelt. Und das ja wirklich sehr kreativ und immer wieder anders. Und interessant ist ja, dass die auch diese Kveik-Hefen aus Norwegen in allermöglicher Art und Weise rauf und runter fahren in ihrer, also die sind ja in der Bäckerei, wo die da brauen. Also ganz spannende Geschichte und kann man auch allen Hörern nur empfehlen. Also die Flügge Biere sind immer das Ganze, ja, eigentlich ein Testen wert. Und mein Lieblingsbier, ehrlich gesagt, ist das mit Maracuja. Das heißt, glaube ich, Frank. Das ist mit Maracuja Püree und auch gigantisch. Ich habe noch nichts getrunken von den Jungs, was mir nicht geschmeckt hätte. Insofern toll! Also freue ich mich jetzt ganz drauf und werde mit dir mitfiebern, wenn du das uns (unv. #00:13:28.9# vorstellst?).

Regine Marxen: Das Pflaumen Saison von denen ist auch sehr gut.

Markus: Das Mija, oder?

Regine Marxen: Ja genau!

Markus: Das habe ich nächste Woche in der Verkostung, das kenne ich noch nicht.

Regine Marxen: Du wirst es mögen, glaube ich.

Holger: Im Übrigen, wenn man jetzt bei euch auf der Internetseite ist und das Titelbild sieht, dann sieht man eines meiner absoluten Lieblingsbiere auch nur so halb, aber St. Bernardus Abt 12 …

Stefan Endrigkeit: Ja.

Regine Marxen: Mhm (bejahend).

Holger: … kann ich da erkennen. Und wisst ihr eigentlich, was das Besondere an jedem 1000. Etikett ist bei diesem Bier?

Stefan Endrigkeit: Nein, das weiß ich tatsächlich nicht. Also ich weiß, dass im Prinzip die Leute von Westvleteren sich da selbstständig gemacht haben und eine kommerzielle Brauerei aufgezogen haben, wenn ich das richtig verstanden habe.

Holger: Ja, die Arbeiten mit der Hefe, die man da auch verwendet. Aber was ist das Besondere bei jedem 1000. Etikett? Regine, weißt du es?

Regine Marxen: Nein.

Holger: Der Mönch zwinkert ein Auge zu.

Stefan Endrigkeit: Ach was?

Holger: Ja. Der Mönch hat immer die beiden Augen geöffnet, aber bei jedem 1000. Etikett kneift er ein Äuglein zu.

Stefan Endrigkeit: Da muss ich mal drauf achten, ob ich mal eine erwische.

Holger: Ja. Da kann man Ehrgeiz entwickeln und mindestens 1000 Abt 12 trinken, bis man es einmal sieht. Das wäre ein Ziel.

Stefan Endrigkeit: Auf jeden Fall! Ich habe dann irgendwann, das war eine Zeit lang mein Favorit in der Ecke, ich habe jetzt ein bisschen geswitcht auf Trappistes Rochefort 10.

Holger: Ja, das ist auch natürlich ein absolutes Klassiker-Bierchen, was wir oft auch in den Verkostungen verwenden. Sich unglaublich kombinieren lässt, auch im Food Pairing zu Käse oder Schokolade.

Stefan Endrigkeit: Ganz toll!

Holger: Aber mein Freund Markus, der wartet wahrscheinlich schon.

Markus: Ja, ja. Ich habe die Flasche in der Hand und lasse (unv. #00:15:10.3#)

Regine Marxen: Ich habe hier schon getrunken wahrscheinlich.

Markus: Aber vielleicht noch ein kurzer Nachtrag zu dem Westvleteren-Thema. Das ist tatsächlich eine spannende Nummer. Also es war so, dass die Leute von Westvleteren weggegangen sind, um das Bier in St. Bernardus brauen zu lassen dort. Und die haben das eine Zeit lang gemacht, und dann haben die Westvleteren Mönche gesagt, wir machen unser Bier wieder selber. Und dann hat St. Bernardus die Hefe …

Stefan Endrigkeit: Ah!

Markus: … behalten. Und die Hefe, die Westvleteren jetzt nutzt, ist eigentlich die Westmalle Hefe. Also dementsprechend sind es zwei unterschiedliche Hefen, aber die ursprüngliche Westvleteren Hefe ist jetzt eigentlich die im St. Bernardus.

Stefan Endrigkeit: Ach guck!

Markus: Aber es hat auch sehr viel damit zu tun, wie die Gärung gemacht wird, wie die Lagerung gemacht wird. Deswegen gibt’s schon deutliche Unterschiede auch zwischen Westvleteren, Westmalle und natürlich St. Bernardus. Da wird ja auch viel drüber diskutiert und viel Story drum gemacht, aber ist auch irgendwie interessant. So! Jetzt aber zu meinem Bier. Ich mache es mal auf. Mal gucken, ob ihr euch da wiederfindet.

Holger: Also ein Flens ist es hundertprozentig nicht.

Stefan Endrigkeit: (unv. #00:16:04.2#)

Markus: Ein Flens ist es nicht, aber es ist natürlich so, also natürlich hat Flensburger jetzt den Bügelverschluss wieder. Ich schenke hier mal noch ein. Aber ursprünglich war das natürlich etwas, was insgesamt in Deutschland verwendet worden ist, bevor man dann den Kronkorken benutzt hat.

Stefan Endrigkeit: Ah!

Regine Marxen: Aber den Bügelverschluss haben sie, glaube ich, nie abgeschafft, weil der Besitzer damals zu faul war, umzustellen. Was heißt zu faul, der hatte keinen Bock auf die Investition, er war schon ein bisschen älter und hatte jetzt nicht mehr die große Lust, gen Ende das Ganze umbauen zu lassen und hat dann einfach diese Flasche behalten mit dem Verschluss.

Stefan Endrigkeit: Und irgendwann haben sie dann ja angefangen, diese Gummis nämlich festzumachen, und dann klangen die Flaschen aber nicht mehr so. Weil dieser Plopp entsteht wohl auch dadurch, dass wahrscheinlich irgendwie Luft, ein bisschen Luft zwischen dem Gummi und dem Porzellanverschluss ist. Dann haben sie lange daran geforscht wohl, das Plopp hinzukriegen mit den neuen Flaschen.

Regine Marxen: Was aber auch wiederum auf den Werner-Comic oder das Werner-Comic vielmehr zurückgeht, weil da nämlich dieses Plopp immer so visualisiert worden ist mit diesem lauten Plopp in der Blase. Und das haben die Menschen dann irgendwie auch mit dieser Marke verbunden. Insofern kam da eins zum anderen.

Markus: Das ist ja das Schöne, dass man über Brauereien so viele schöne Geschichten erzählen kann.

Holger: Also (unv. #00:17:09.9#) Bier oder was?

Markus: Ja, ja, ja, ja. Also was ich hier im Glas habe, ist leicht trüb, es ist von der Farbe her, na, was würde man sagen, so ein Orangebraun. Also ein relativ helles Braun mit einem schönen Rotstich. Der Schaum ist so leicht getönt, etwas bräunlich. Wenn man reinriecht, hat man Karamell, viel Getreide, so eine leichte, frische Hefenote, die dann auch noch kommt. Jetzt probieren wir das Ganze mal. Ja, fängt schön süß an, hat auch wieder einiges an Karamell. Dann kommt eine brotige Note und hinten raus dann tatsächlich schön Hopfen, der das Ganze wieder ein bisschen abräumt. Also natürlich habe ich mir ein fränkisches Bier ausgesucht, um da ein bisschen anzustinken. Das mit dem Plopp-Verschluss ist tatsächlich eher Zufall, aber war natürlich jetzt witzig. Und zwar gibt’s eben eine kleine Brauerei, ein Brauhaus in Altenkunstadt, die heißen Leikeim. Und die gibt’s schon relativ lange und machen auch schon relativ lange in der Bügelflasche. Und haben vor einigen Jahren einen alten Bierstil neu aufgelegt, nämlich das Steinbier. Und das ist eine ganz coole Geschichte, das ist eigentlich noch eine mittelalterliche Idee des Brauens, dass man eben einen Eisenkorb mit Steinen gefüllt in einem Feuer erhitzt, bis der glüht, und dann diesen glühenden Korb mit einem Kran ins Brauhaus in den Sudkessel befördert, um die Maische oder den Sud zu erwärmen. Und bei dieser Geschichte hat man halt den Vorteil, dass man im Brauhaus selber kein Feuer machen muss. Deswegen war das schon mittelalterlich eine Idee, weil man dann eben praktisch das Feuerrisiko gesenkt hat. Und auf der anderen Seite hat man halt das Thema, dass der Zucker und die Stärke, die dann noch in dem Sud drin sind, natürlich karamellisieren an den glühenden Steinen. Und dadurch ergibt sich eben dieses schöne Karamellaroma, was sich dann wieder noch ein bisschen abwäscht. Ich war da mal als Fotograf dabei vor einigen Jahren, als die das zum ersten Mal gemacht haben. Und das war auch extrem spektakulär, weil natürlich dadurch, dass da diese 1000 Grad heißen Steine da reingehen, innerhalb von Null-Komma-Nix das ganze Sudhaus voll mit Dampf ist. Das war extrem spektakulär, ist es immer noch, machen die immer ab und zu mal kann man auch zuschauen. Habe ich mir gedacht, gönne ich mir heute mal wieder. Das ist eines der Biere, die ich wirklich sehr gerne mag, weil es eben mit diesen karamelligen Süßen für mich eben jetzt auch so einen Weihnachtscharakter hat. Und letztes Jahr hat man daraus auch ein Feuerzangenbier gemacht. Das war auch schön. Also insofern ein sehr vielseitiges, schönes Bier, das Leikeim Steinbier.

Stefan Endrigkeit: Klingt ja so ein bisschen so, als wenn gestachelt wird während des Brauprozesses sozusagen.

Markus: Mhm (bejahend). So ungefähr, ja. Monsterstachel.

Regine Marxen: Spannende Geschichte.

Holger: Ich kann‘s nur sehr empfehlen und auch von Gusswerk in Österreich, das war mein erstes Steinbier, was ich getrunken habe damals in Salzburg. Das ist wirklich super. Also dieser Restzucker, wenn der dann so karamellisiert, das hat auch sowas Weihnachtliches.

Markus: Holger, was hast du dir denn eingepackt?

Holger: Mein Bölkstoff sozusagen kommt aus Belgien.

Stefan Endrigkeit: Oh!

Holger: Und ich habe auf der einen Seite eine ganz normale Geuze mir ausgesucht für heute Abend. Und auf der anderen Seite dann doch ein besonderes Bier, wo ich jetzt hoffe, dass das niemand von euch so richtig gut kennt. Die Brauerei heißt De Ranke, also der Schlanke. Und das Bier heißt Mirakel.

Regine Marxen: Ja.

Holger: Das mache ich jetzt mal auf.

Regine Marxen: Das klingt ja verheißungsvoll.

Stefan Endrigkeit: De Ranke haben wir auf jeden Fall schon mal gesehen. Das sagt was, aber …

Regine Marxen: Die Brauerei, von der haben wir immerhin schon mal gehört.

Stefan Endrigkeit: Ja.

Regine Marxen: Weil wir ja auch in Belgien waren, als man noch reiste so mit gutem Gefühl.

Markus: Ja, also die Brauerei kenne ich auch, aber dieses Bier kenne ich in der Tat auch nicht.

Regine Marxen: Das Bier kenne ich nicht.

Holger: Ja, das ist nicht immer verfügbar. Das ist was Besonderes. Und da habe ich dann gedacht, also wenn ich doch da mit den Hamburger Kollegen, und ich habe ja selber auch mal in Hamburg gelebt und ich habe drei Kinder und eine Tochter, und die Tochter ist sogar in Hamburg geboren.

Stefan Endrigkeit: Ach was? Guck!

Holger: Bolzenweg habe ich gewohnt, Eppendorfer Landstraße, Ecke Eppendorfer Landstraße am Kellinghusenpark.

Stefan Endrigkeit: Ah okay!

Holger: Ja, sehr schön da, sehr schön, so ungefähr viereinhalb Jahre, würde ich sagen. Aber jetzt zu De Ranke. Also De Ranke ist eine klassische belgische Brauerei, die haben verschiedenste Sachen im Angebot. Eigentlich nicht spezialisiert auf Geuze, also ganz im Gegenteil. Ist so ein bisschen südlich von Kortrijk, also so Lille die Ecke, also westlich von Brüssel. Die haben das dann einfach irgendwann mal ausprobiert und haben eben drei verschiedene Geuzen miteinander vermischt und sind selber, sagen sie, total überrascht über das Ergebnis, dass es dann doch so gut geworden ist. Es ist so ein, sag ich mal, so ein dunkles Goldgelb, geht so ein bisschen auch in so eine Messing-Richtung. Ich habe kaum Schaum im Glas. Es riecht genauso wie eine Geuze halt auch zu riechen hat. Ist so unglaublich in der Balance, dass man an eurer Stelle wirklich neidisch sein kann. Also das ist wirklich großes Kino. Hat 5,5 % Alkohol, hat eine schöne 0,75-Liter-Flasche, so Champagner-Optik. Das bier ist von 2019. Das sagt mir wirklich zu. Und da habe ich halt gedacht, also sowas Besonderes mache ich heute mal auf. Und ein ganz besonderer Bölkstoff halt.

Stefan Endrigkeit: Das ist ordentlich. Wir haben nachher noch ein Online-Treffen mit unserer Craftbier-Truppe mit …

Regine Marxen: Die Bier-Bezugsgruppe.

Stefan Endrigkeit: Die Bier-Bezugsgruppe sozusagen. Das sind die Menschen, mit denen wir uns sonst immer eigentlich in irgendwelchen Bars getroffen haben. Und das haben wir jetzt natürlich auch, ziehen wir jetzt online weiter durch, wo wir es nicht dürfen. Wir haben neulich so ein (unv. #00:22:25.0# Drei?) Themen-Package bestellt. Und da sind wir, wollen wir auf jeden Fall nachher noch mal eins verkosten, das Platinum Blend. Und insofern haben wir auch schon große Lust auf Geuze heute.

Holger: Unbedingt! Also Geuze ist immer gut. Apropos Lieblingsbar und so, also meine absolute Lieblingslocation in Hamburg in Richtung Bar ist die Dripbar in Altona. Kennt ihr die?

Stefan Endrigkeit: Ist ja St. Pauli.

Regine Marxen: St. Pauli, ne?

Holger: Oder St. Pauli.

Stefan Endrigkeit: Ist direkt bei der St. Pauli Kirche. Die kennen wir. Ja, das ist auch ganz spannend. Die Sachen, die sie da haben, die sie hauptsächlich selber herstellen, ganz, ganz tolle Drinks.

Regine Marxen: Spirituosen über Gemüse tröpfeln lassen.

Stefan Endrigkeit: Über Gemüse.

Holger: Nein, absolut. Also die haben mehrere, wirklich, weiß ich nicht, 40 oder 50 Cold Dripper und machen außergewöhnliche Cocktails. Ist eine außergewöhnliche Location. Und ich habe die ganz zu Anfang mal kennengelernt, wo die gestartet haben. Und wir hatten da so eine Wette am Laufen, ich habe dann einfach gesagt, bei euch, dieser ganze Schicki, den ihr da macht, also das ist eigentlich alles total egal, ihr könnt irgendeinen Cocktail machen und ich präsentiere euch ein entsprechendes Bier dazu, was genauso schmeckt wie euer Cocktail, ist nur nicht so viel Aufwand dann in der Zubereitung am Gast. Und das haben die mir dann nicht geglaubt und dann haben wir da richtig rumexperimentiert und ich habe dann da aus dem Vollen schöpfen dürfen. Und die waren also absolut beeindruckt damals. Und seitdem haben Markus und ich auch ein Cold Dripper so und lassen halt ab und zu mal ein Imperial Stout über Bratapfelscheiben tröpfeln. Und das ist dann auch was richtig Schönes.

Stefan Endrigkeit: Das glaube ich. Auf so eine Idee sind wir noch gar nicht gekommen. Ich fand das damals wirklich sehr beeindruckend, weil sie ja auch dann eben so mal eben zum Verkosten ein Cold Drip Kaffee und sowas mal einem präsentieren, einfach damit man so einen Eindruck bekommt. Und das fand ich alles super. Also wirklich echt eine tolle Bar. Und dadurch, dass sie ja auch nur eine begrenzte Zahl von Leuten reinlassen und man muss ja klingeln, um reinzukommen, …

Holger: Stimmt.

Stefan Endrigkeit: … ist es auch jetzt einfach nicht zu voll. Also auch eben für St. Pauli Verhältnisse wirklich eine Bar, wenn man dann reinkommt am Samstagabend auch noch, die angenehm gefüllt ist.

Holger: Und auch die Getränkekarte dann in so alten Büchern und überhaupt, diese ganze Atmosphäre und so ist genial.

Stefan Endrigkeit: Ja, finde ich auch.

Holger: So, Stefan, jetzt bist du dran. Also was …

Stefan Endrigkeit: Ich bin dran. Genau.

Holger: … hast du dir denn ausgesucht?

Stefan Endrigkeit: Mich führt es im Prinzip fast in die Gegend von Markus, und zwar habe ich einen Gutmann Weizenbock.

Markus: Sehr fein.

Holger: Sehr fein. Da bin ich jetzt auch neidisch.

Stefan Endrigkeit: Das ist ja auch ein Bier, was jetzt auch in Norddeutschland gar nicht so einfach zu bekommen ist. Die sind ja auch eine Brauerei, die dann doch tendenziell eher um den eigenen Schornstein rum verkaufen. Aber der Craftbier Store in Hamburg hat glücklicherweise jetzt zweimal eine Rutsche bekommen und ich habe ein bisschen vorgesorgt, dass ein bisschen was zu Hause ist. Also wirklich ein sehr, sehr schönes Bier. Es ist ein bisschen wärmer, dann ist es auch gleich bananiger. Es steht jetzt schon seit einer halben Stunde. Beim ersten Mal war es nämlich gar nicht so wahnsinnig bananig.

Regine Marxen: Mhm (bejahend). Stimmt.

Holger: Ah ja, Kälte raubt Aromatik. Das ist so.

Stefan Endrigkeit: Ja, auf jeden Fall. Letzte Woche hatte ich von Weihenstephan den Vitus. Da war es wirklich so, den habe ich aufgemacht und habe die Gläser geholt und in der Zeit allein war die Küche eine Bananenplantage geworden. Also das war beeindruckend.

Markus: Der Vitus ist auch so ein, na, kein Geheimtipp, aber für jemanden, der halt wirklich Weizenbock liebt, ist das eigentlich das Bier. Gutmann natürlich auch, und Gutmann ist ja eigentlich eine fränkische Brauerei. Das wurde uns erst 1972 erzählt. Also …

Holger: Ist aber jetzt im Landkreis Eichstätt und gehört absolut zu Oberbayern. Jawohl! Aus Hamburger Sicht ist es vielleicht ganz in deiner Nähe. Nein, das gehört zu meinem Regierungsbezirk, zu meinem Regierungsbezirk. Und ich lebe in der Hauptstadt dieses Regierungsbezirks. Jawohl!

Markus: Bierbeute sozusagen. Aber die Brauerei zu besuchen, macht auch Sinn. Also das sind ja Brüder, die das Ganze führen, und der Ort heißt Titting. Und die Brauerei ist in so einem Rundgebäude und genau in der Mitte ist dann der Gärkeller. Und das haben die auch sehr schön zelebriert und so. Und einmal im Jahr ist da ein großes Fest und dann um diesen Rundbau rum natürlich jede Menge Bänke aufgestellt werden und so, und das ist echt ein tolles Erlebnis. Also kann ich euch nur empfehlen, wenn euch das schmeckt, unbedingt mal vorbeischauen zum Brauereifest bei Gutmann.

Stefan Endrigkeit: Ja, es gibt da ja bei euch so wahnsinnig viel zu sehen. Also wir waren jetzt diesmal ja wirklich eine Woche in Bamberg und sind so ein bisschen rumgefahren, also bis Nürnberg waren wir gekommen.

Regine Marxen: Ja genau.

Stefan Endrigkeit: Haben den Felix vom Endt noch besucht.

Regine Marxen: Und zudem muss man sagen, war es ja auch ein Corona-Jahr. Das heißt, man konnte nicht in jede Brauerei einfach mal so reinschauen.

Stefan Endrigkeit: Genau! Und nicht einfach so. Aber das ist alles auf jeden Fall auf dem Zettel. Wir sind, wie gesagt, immer wieder beeindruckt, was es da unten alles gibt, was für ein Wahnsinn.

Holger: Eigentlich ist es ja da oben, ihr seid da unten, …

Regine Marxen: (unv. #00:26:47.0#)

Holger: … wenn ich das sagen darf.

Stefan Endrigkeit: Das ist ja total süß, weil wir haben ja auch immer, nämlich Regine sagt das nämlich auch immer so, die sagt immer, wenn nach Flensburg, wir fahren runter nach Flensburg. Ich immer: Nein, wir fahren rauf nach Flensburg.

Regine Marxen: Wir fahren runter.

Markus: Das ist alles immer eine Frage der Sichtweise. Aber ich muss sagen, Hamburg ist für mich schon auch immer eine Reise wert und war auch so eine der ersten nichtfränkischen Städte, in die ich mich absolut verliebt habe. Das war schon zu Schulzeiten. Damals gab‘s ja dann dieses Bahnticket für 15 Mark oder so, wo man dann, wenn man nur Regionalzug gefahren ist, praktisch den ganzen Tag durch Deutschland gurken konnte. Und da sind wir dann immer sechs, sieben Stunden nach Hamburg gegurkt, endlos mit dem Zug. Aber natürlich mit entsprechend Essen und Spiele und so weiter ausgestattet war das auch immer sehr witzig. Und haben dann wirklich immer eine Woche oder auch mal nur ein Wochenende oder sowas in Hamburg verbracht. Und das ist schon eine Stadt, wo ich mich immer wieder freue, wenn ich hinkomme und wo ich mich auch sehr wohlfühle. Und wo es ja mittlerweile auch viele Freunde gibt, nicht zuletzt den Dennis in der Elbphilharmonie zum Beispiel, oder den Danny eben, der jetzt ja gerade erst gewechselt ist. Also auf jeden Fall superspannend und kann man euch auch nur beglückwünschen. Also natürlich bin ich froh, hier in Franken zu sein, aber Hamburg ist bestimmt keine allzu schlechte Alternative.

Regine Marxen: Ich finde auch, dass man uns beglückwünschen kann.

Stefan Endrigkeit: Es ist biermäßig wahnsinnig viel passiert. Also seitdem wir das jetzt hier machen, seit Ende 2017, hat sich so wahnsinnig viel getan. Und klar, abgesehen davon, sowieso Hamburg als Stadt, ich fahre manchmal auch irgendwo lang und denke immer, mein Gott, Touristen bezahlen wahnsinnig viel, um hierher zu kommen, sich das anzusehen, und ich kann da jeden Tag langfahren.

Holger: Stefan, was hast du dir denn ausgesucht? Den hellen oder den dunklen Weißen?

Stefan Endrigkeit: Den dunklen gibt’s gerade gar nicht, der kommt ja erst im Januar, soweit ich weiß. Wir haben gerade die Zeit mit dem hellen Weizenbock.

Holger: Es gibt hier Menschen in diesem Podcast, die haben Bock-Jahrgangs-Läger. Und da gibt’s dann auch einen dunklen Bock.

Stefan Endrigkeit: Ja, das glaube ich tatsächlich, aber auf den sind wir jetzt auch schon ganz gespannt. Ich habe den hellen und ich bin gerade total happy. Also ich mag auch die Cremigkeit, die er im Mund entwickelt. Das finde ich auch ganz toll.

Holger: Also ein schönes Mundgefühl, …

Stefan Endrigkeit: ja.

Holger: … was zu einem richtig schönen Weißbier natürlich auch gehört.

Markus: Den geilsten dunklen Bock, den sie je gemacht haben, das war mal das Hochzeitsbier. Da hat einer von den Jungs geheiratet vor jetzt, glaube ich, vier Jahren oder fünf, und da haben sie eben einen speziellen dunklen Bock eingebraut und das war dann das Hochzeitsbier. Da habe ich auch noch vier Flaschen in meinem Keller. Wenn wir uns mal in Hamburg treffen, bringe ich da einen mit.

Stefan Endrigkeit: Sie haben ja auch einen Bock, der in Whiskyfässern ausgebaut wird. Den gibt’s ja auch noch.

Markus: Superkreativ, finde ich schön. Und die sind ja eben so auch gefangen so in diesem Thema, einerseits wirklich extrem traditionell, weil diese Brauerei natürlich auch eben seit Jahrhunderten für das Thema steht, aber auf der anderen Seite sind es natürlich auch junge Männer, die sich ein bisschen ausprobieren wollen und die einfach auch Spaß und Bock haben auf Experimentierfreudigkeit. Und das kriegen sie jetzt, glaube ich, mittlerweile richtig gut hin, so beide Welten auszuleben.

Stefan Endrigkeit: Finde ich auch, also wirklich ganz toll.

Holger: Aber das ist doch jetzt ein wunderbares Schlusswort auch. Auf jeden Fall noch mal 1000 Dank, dass ihr euch die Zeit genommen habt, mit uns zu plaudern.

Stefan Endrigkeit: Sehr gerne!

Holger: Und macht weiter so. Vielleicht begegnen wir uns auch mal, das fände ich sehr schön, egal wo, ob jetzt in Hamburg oder in Franken oder in Oberbayern oder in Berlin oder sonst wo, ganz egal, auch gerne vielleicht gemeinsame Bierreise. Ihr habt ja vieles auch im Programm, wo ihr in verschiedenen Orten dann auch in Europa wart. So ist es bei uns ja auch. Also vielleicht laufen wir uns über den Weg. Mich würde es wahnsinnig freuen. Ich wünsche euch eine gute Zeit, eine schöne Weihnachtszeit, ganz tolle Rauhnächte und ein besonders erfolgreiches und gesundes 2021.

Stefan Endrigkeit: Absolut! Vielen Dank! Ganz genauso.

Regine Marxen: Vielen Dank! Euch dasselbe! Hat Spaß gemacht.

Stefan Endrigkeit: Ja.

Markus: Überhaupt danke schön. Ciao!

Regine Marxen: Kommt gesund ins neue Jahr. Ciao!

Stefan Endrigkeit: Ciao! Schönen Abend!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 48 – Interview mit Hans-Peter Drexler von Schneider Weisse aus Kelheim

Seit 39 Jahren ist Hans-Peter Drexler Braumeister bei der Schneider Weisse G. Schneider & Sohn Brauerei in Kelheim. Natürlich ist er dort inzwischen eine Institution, aber nicht nur dort, sondern auch in der internationalen Brauwelt. Gemeinsam mit Garret Oliver zeichnete er verantwortlich für eines der ersten und wohl einflussreichsten deutschen Craft-Biere, die Hopfenweisse. Aber bereits zuvor entwickelte er mit seinem Chef, Georg Schneider VI., die Festweisse, die an die ruhmreichen Zeiten anknüpft, als das Schneider-Bier noch auf dem Oktoberfest ausgeschenkt wurde. Außerdem kreierte Hans-Peter Drexler die Tap X-Serie, die wie kaum ein anderes Spezialbier-Label für innovative und hochkarätige Bierspezialitäten steht. Im Podcast verkosten er, Holger und Markus sechs wunderbare Biere aus seiner Feder, natürlich nicht ohne die passenden Geschichten und Hintergründe. Ein BierTalk der Superlative!

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Markus: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres BierTalks. Wir sind bei der Nummer 48 angelangt. Dabei wie immer ich, der Markus und …

Holger: … der Holger.

Markus: Genau! Und unsere Reise heute führt uns in ganz viele interessante Ecken. Also einmal historisch gesehen zum wahrscheinlich ältesten Bierstil Bayerns, zu einer Brauerei, die mit der Geschichte dieses Bierstils sehr eng verbunden ist, und zu auch einer Person, die wiederum mit der Geschichte dieses Bierstils an und für sich sehr eng verbunden ist und da auch für sehr viel spannende Innovationen steht und eben weltweit eigentlich ein großer Name in diesem Bereich ist. Deswegen jetzt also unser BierTalk mit Hans-Peter Drexler, der gerade in Kelheim sitzt. Hans-Peter, wenn du dich vielleicht selber ganz kurz vorstellst.

Hans-Peter Drexler: Hallo zusammen! Ich bin der Hans-Peter Drexler, Braumeister bei der Schneider Weissen jetzt im 39. Jahr. Hatte in diesen 39 Jahren viel Gelegenheit über Weißbier nachzudenken und auch viele Möglichkeiten Weißbier-Innovation zu betreiben.

Markus: Das klingt ja schon mal sehr spannend. Du hast uns auch sechs tolle Biere geschickt, also die Palette zum Teil, die man so kennt, aber eben auch einiges, was so ein bisschen darüber hinausgeht. Das werden wir uns gleich zusammen verkosten. Vielleicht zum Einstieg noch kurz die Frage: 39 Jahre, ich weiß ja, dass die Georg Schneiders so durchwechseln mit ihren Nummerierungen. Wie viele von denen hast du denn erlebt? Und wie war vielleicht dein erstes Zusammentreffen mit dem ersten aus der Reihe?

Hans-Peter Drexler: Mein erstes Zusammentreffen, das war mit Georg Schneider, dem 5., der Vater vom jetzigen Georg Schneider. Der hat mich damals eingestellt in Kelheim in die Brauerei. Ich wusste damals nicht, dass aus diesem Start gleich 39 Jahre oder fast 39 Jahre werden würden. Ich habe mir gedacht: Ja, schauen wir mal, wie es sich entwickelt. Und wie es halt so ist, kommt eines zum anderen. Und hatte dann auch noch Gelegenheit, den Großvater vom jetzigen Inhaber kennen zulernen, Georg, den 4.. Ich arbeite jetzt seit vielen Jahren mit Georg, dem 6. und kenne auch sehr gut natürlich mittlerweile auch Georg, den 7., also vier Generationen Schneider sind mir sehr präsent immer noch.

Markus: Das ist ja schon spannend. Und allerletzte Fragen, bevor wir mit dem ersten Bier einsteigen: Was hast du denn vorher gemacht?

Hans-Peter Drexler: Ich habe vorher einige Zeit im Ausland verbracht. Also ich hatte Gelegenheit, in Griechenland Bier zu brauen, war sehr spannende Zeit, habe sehr viel lernen können. Griechenland ist ja durchaus eine Bleibe wert, zumindest eine Zeit lang. Das hat mir sehr viel gegeben, hat mich auch sehr geprägt für mein weiteres nicht nur Brauerdasein, sondern auch persönliche Entwicklung.

Markus: Ja, das kann ich mir vorstellen. Also Griechenland ist ein wunderschönes Land, das auch das bayerische Reinheitsgebot kennt und hat. Ist ja auch spannend. Und mit welchem Bier wollen wir denn anfangen?

Hans-Peter Drexler: Ich würde einfach mit dem Klassiker anfangen, Schneider Weisse Original. Das Bier des Gründers, das ist immer noch so, wie es halt vor fast 150 Jahren zum ersten Mal gebraut wurde. Die Rezeptur, die gibt’s ja auch noch, sie liegt bei uns in einem Tresor original. Machen wir es zuerst auf, dann schauen wir es uns an. Verkosten wir es mal gemeinsam, oder?

Markus: Yo! So machen wir das. Holger, auf geht’s!

Holger: Ja, wunderbar! Für die Hörer, es ist sozusagen Tap 7. Also wir sprechen jetzt vom Original, aber oben auf den Kronkorken steht ja immer eine Nummer, und quasi unser erstes ist das Tap 7. Und man kann, wenn man jetzt in so eine gemischte Schneider-Kiste reinschaut, muss man kein Bier rausziehen, sondern kann am Kronkorken direkt erkennen, was einen erwartet. Wunderbar! Ihr habt ja jetzt auch neue Etiketten, Hans-Peter, die mir ausgesprochen gut gefallen. So seit Mitte des Jahres, würde ich behaupten, oder? So seit Mai oder ich weiß nicht genau?

Hans-Peter Drexler: Ja, seit Frühjahr. Ja, richtig.

Holger: Wunderschön sind die. Was mir besonders daran gefällt an den neuen Etiketten, wenn ich das sagen darf, ist, die sind so modern und trotzdem strahlen die auch eine gewisse Tradition aus. Also mit 148 Jahren Brauereigeschichte muss man ja ein bisschen innovativ auch nach außen signalisieren, aber die Tradition muss auch eine Rolle spielen. Und ich bin der Meinung, das habt ihr mit den neuen Etiketten unglaublich gut umgesetzt. Die grenzen sich voneinander ab und machen Lust aufs Trinken. Aber ich will gar nicht so viel reden, sonst schimpft der Markus wieder mit mir. Allen ein Prost!

Hans-Peter Drexler: Ja, Prost!

Markus: Prost! Ich schimpfe gar nicht, du darfst doch reden.

Hans-Peter Drexler: Vielen Dank fürs Kompliment! Ich werde es weitergeben an unsere Leute, die sich dafür richtig ins Zeug gelegt haben.

Holger: Ich hoffe, dir gefallen die auch die neuen Etiketten.

Hans-Peter Drexler: Ja, ja. Also wirklich, mir gefallen die richtig gut. Ich meine, es ist ja immer diese große Kunst, auf der einen Seite die Tradition rüberzubringen, auf der anderen Seite aber sich auch ein bisschen zeitgemäß darzustellen und trotzdem nicht den Kern halt zu vergessen. Also das ist, sagen immer, respektlos dieses blaue Ei. Das kommt da recht schön raus, dass man also von der Weite schon sieht, um was es geht.

Markus: Das stimmt. Ja. Das ist wahr. Das wird richtig schön präsentiert, hat aber eben noch richtig schönes Beiwerk drum rum. Werden wir dann spätestens bei der Nummer 4 auch drüber reden, weil da sind dann auch noch Menschen mit drauf. Dann lasst uns doch mal dieses Bier angehen.

Hans-Peter Drexler: Ja.

Markus: Holger, magst du, soll ich oder soll der Hans-Peter ehrenhalber das erste Bier eröffnen?

Holger: Wie ihr wollt.

Markus: Dann mache ich mal. Also wir haben ein wunderschönes Bier, wo sich für mich eigentlich schon die erste Gretchenfrage stellt, wenn wir uns das Ganze von der Farbe her anschauen. Weil da sind wir jetzt eigentlich bei so einem hellbräunlichen, dunklen Bernstein, wie auch immer, also schon einer relativ kräftigen Farbe. Und immer wieder, wenn ich gerade bei Wettbewerben bin und wir Weizenbiere verkosten oder Weißbiere, dann ist immer die große Frage: Wo ist denn die Grenze zwischen dem hellen und dem dunklen Weizen? Und da gibt’s dann manchmal noch ein Bernstein-Weizen dazwischen. Und das immer genau festzulegen, ist ganz schwierig. Oder vielleicht auch noch eine kleine Anekdote. Als ich mal in Berlin war vor vielen Jahren dort bei einem chinesischen Restaurant und habe dann ein dunkles Weizen bestellt, dann wurde mir auch ein Schneider Original hingestellt. Das ist ganz interessant. Vielleicht ganz kurz, bevor wir weiter verkosten, Hans-Peter, was sagst du denn zu dem Thema?

Hans-Peter Drexler: Zur Zeit der Gründung der Schneider Weisse, 1870, 1872 ja genau, das war ja in München, und in München war die Bierfarbe in der Regel ja dunkel aufgrund des Wassers und die Malze waren auch etwas dunkler. Und so hat sich eigentlich damals diese Farbe ganz selbstverständlich eingestellt und wir haben eigentlich da nichts dran geändert. Ich kann mich erinnern, wie ich vor 40 Jahren angefangen habe mit der Schneider Weissen zusammen zu sein. Da war das ganz was Normales, da hat man halt, grad in Südbayern, eine Schneider Weisse gekannt, und das war halt so, wie es ist. Da hat man zwischen dunklen und hellen Weißbieren nicht so unterschieden. Und das hat sich dann im Laufe der Jahre so entwickelt, sodass wir immer mehr in das vermeintlich dunkle Eck gewandert sind, obwohl die Farbe immer die gleiche geblieben ist. Ich denke mir einfach aus dem Grund, weil die Leute halt irgendwie einen Namen gebraucht haben. Und wir haben uns dann darauf verständigt, dass es ein bernsteinfarbenes ist, irgendwo so zwischendrin.

Markus: Ich denke, ein dunkles Weizen fängt dann an, wenn ich auch wirklich Röstaromen rieche und schmecke. Also wenn da noch Schokolade, Kaffee irgend sowas dazukommt, dann ist es, glaube ich, wirklich dieser bewusst dunkle Charakter. So ist es halt einfach ein uriges, klassisches, ehrliches Weizen. Und das riecht man auch schon, also da hat man diesen klassischen frischen Hefegeruch, der so einerseits das Bananige hat, andererseits eben diese Gewürzaromen, leichte Nelke, was sich schön verbindet. Wobei hier die Nelke vielleicht sogar ein bisschen überwiegt, also sehr intensiv auf jeden Fall, sehr frisch. Probieren wir mal ein Schlückchen. Ein unheimlich schönes Mundgefühl, richtig cremig, das schmeichelt richtig, während man es trinkt, umspielt die Zunge. Geht so frisch los, hat dann so ein bisschen brotig, leicht süß, und hintenraus wird es dann aber wieder trockener, da merkt man, dass dann doch auch ein bisschen Hopfen da mitspielt. Und dann so im Nachhall kommt noch mal dieses vor allem nelkige Aroma, was dann auch lange bleibt und einem so richtig nochmal anfüllt. Und dann wird es trockener und man hat wieder Lust weiter zu trinken. Also richtig schön ausbalanciert und nicht so wuchtig, wie viele Weizen oft sind, die einen dann richtig sattmachen, sondern da kann man schon das eine oder andere davon trinken. Holger, was sagst du denn?

Holger: Bei mir ist die Nelke auch im Vordergrund, natürlich auch noch die Banane. Aber dann hinten, wenn man dann schluckt, dann kommt schon so eine Bittere zustande, die tritt dann so ein. Und dann habe ich so eine Muskatnuss ein bisschen und auch ein bisschen so eine röstige Nuss-Aromatik. Und beiße jetzt gerade hier herzhaft in mein bayerisches Leberkäs-Brötchen rein, oder Semmel muss ich ja sagen, Semmel. Um Gottes Willen, was war das jetzt für ein Fehler. Schneide es bloß raus! Dann weiß man, wozu es auch passt. Aber ich möchte noch mal ganz kurz aufs Original zurückblicken, also quasi auf die Zeit um 1872. Man muss sich das ja mal vorstellen, also ich stelle mir das vor, so in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts kamen die untergärigen Bierstile so richtig auf. Also dann ja 1842 in Pilsen mit Josef Groll eben das erste Pils. Und das wurde ja wahnsinnig modern. Und zu der Zeit gründet dann Georg Schneider, der 1., eine Weißbier-Brauerei. Ich meine, fast schon ein bisschen rückständig. Und gleichzeitig erhält er damit natürlich diesen urbayerischen Bierstil. Das war bestimmt eine unheimlich spannende Zeit, wo viele zu ihm gesagt haben: Mensch Georg, meinst du, das ist es wirklich? Also soll man nicht auch untergärige Biere machen? Und da einfach zu sagen, nein, meine Passion sind diese obergärigen Biere und ich ziehe durch. Und so ein Original gibt’s dann nach 148 Jahren. Und wenn man jetzt dem Hans-Peter Glauben schenken darf, unverändert immer noch. Das ist doch sehr beeindruckend, finde ich.

Hans-Peter Drexler: Es war ja sicherlich auch eine Chance für den Georg, den 1., durch das, dass eben die Weißbiere nicht mehr ganz so up to date waren zu dem Zeitpunkt. Der hat ja doch dieses Recht Weißbier zu brauen, das war ja damals ein Staatsmonopol in den Händen der Wittelsbacher in Bayern, und die haben halt genau aus dem Grund, weil dieses untergärige Bier immer moderner geworden ist und die Nachfrage größer wurde, haben die Wittelsbacher kein Interesse mehr gehabt an dem Weißbier-Brauen und an diesem Geschäft mit Weißbier und haben das eben abgegeben. Und da denke ich, hat dieser Georg, der ja Braumeister war in München, der hat seine Chance gewittert und hat sich gesagt, ja, jetzt habe ich die Gelegenheit, wenn es die anderen nicht mehr wollen, nutze ich die Chance und schaue, dass ich was draus mache. Und das, glaube ich, ist schon eine Pioniertat gewesen damals.

Holger: Es ist bemerkenswert, wenn man sich das noch mal so vor Augen führt, was damals so alles eine Rolle gespielt hat. So Markus, dann zum zweiten Bierchen. Oder gibt’s noch eine weitere Frage an unseren lieben Gast?

Markus: Vielleicht noch eine Anmerkung oder auch eine Frage, je nachdem. Jedenfalls haben ja dann dieser 1. Georg Schneider und dann auch seine ersten Nachfolger ja durchaus Erfolg damit gehabt und haben ja dann weitere Brauereien dazugekauft, wie zum Beispiel auch die in Kelheim. Ich weiß gar nicht, war da auch irgendeine dabei, die untergärig gebraut hat, oder waren die alle weiß?

Hans-Peter Drexler: Ich weiß jetzt nicht, welcher Georg das war, aber es ist damals in der Familie die Idee entstanden, so eine Art Weißbier-Imperium über ganz Bayern zu gründen. Die Idee war einfach, dass man diese ganzen ehemaligen weißen Brauhäuser von den Wittelsbachern übernimmt und wieder aktiviert. Das größte davon war das in Kelheim, das wurde 1928 gekauft. Und dann hat man noch in Straubing eine Brauerei gekauft im Bräuhaus. Und dann ist das wieder eingeschlafen, aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland. Aber zum Thema Helles oder untergäriges Bier: Wie ich 1982 anfangen habe in Kelheim Bier zu brauen, da hat man untergäriges Bier auch gemacht.

K: Okay. Also irgendwann dann bewusst davon verabschiedet?

Hans-Peter Drexler: Ja genau. Also drei oder vier Jahre, ich denke, das war so 85, 86, da haben wir uns davon verabschiedet, einfach mit dem Hintergedanken die Familie konnte damals eine Brauerei in Straubing kaufen, die Karmeliten Brauerei, die gehört mit zur Familie seit der Zeit. Und hat eben die ganzen Aktivitäten untergärig dann in dieser Karmeliten Brauerei weiterverfolgt und wir haben uns in Kelheim dann auf dieses Thema Weißbier gestürzt, ausschließlich Weißbier zu brauen und den Betrieb zu spezialisieren auf dieses Bier. Das war ja auch die Zeit in den 80er Jahren noch, wo der Weißbier-Konsum ja massiv sich entwickelt hat. Die ganzen Weißbierbrauereien, die es damals gegeben hat, das war ja nicht so sehr viele, die sind gewachsen ohne Ende. Und wir haben halt auch einfach Platz gebraucht. Darum war das für mich schon die richtige Entscheidung, dass wir uns eben dann ausschließlich mit diesem Thema beschäftigt haben, mit Weißbier.

Markus: Das verbindet sich auch so ein bisschen, weil ich denk mal, wir werden jetzt dann die bereits von mir angesprochene Festweisse verkosten. Und vielleicht auch für die Hörer, die mit der Geschichte nicht so ganz vertraut sind, das war jetzt vielleicht ein bisschen verwirrend. München Kelheim hin und her, es ist einfach so, dass das Münchner Brauhaus im 2. Weltkrieg zerstört worden ist und man dann eben die Produktion nach Kelheim komplett verlegt hat und deswegen die heute auch dort ist. Aber wegen dieser Münchner Geschichte eigentlich ja Schneider auch auf dem Oktoberfest vertreten war früher. Und die Festweisse geht da ein bisschen drauf zurück, oder? #00:12:48.3#

Hans-Peter Drexler: Ganz genau. Das ist eigentlich so eine Erinnerung an diese Oktoberfestzeit von der Schneider Weissen. Entstanden ist das Bier eigentlich bei einer Reise nach USA. Ich habe gemeinsam mit Georg, dem 6., in den 90er Jahren Kunden besucht. Das war damals so der Beginn, wo man halt das Exportgeschäft ausgeweitet hat. Es hat ja damals schon Craftbiere gegeben in den USA, das war der Beginn dieser Bewegung. War eigentlich schon mittendrin. Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich das erste Mal so ein Pale Ale trinken durfte. Und das war also wirklich eine Offenbarung. Mich hat diese Hopfensorte Cascade damals so fasziniert. Sierra Nevada ist ja nun der Name schlechthin, der damals schon sehr bekannt war auch in den Staaten. Mich hat der Gedanke an diesen Cascade Hopfen nicht mehr losgelassen, sodass ich dann einfach mal gesagt habe, wir probieren das zuhause, wir besorgen uns da einen Hopfen, der ja doch so eine zitronige oder grapefruitartige Note mitbringt. Wir probieren das einfach mal. Das müsste wunderbar fürs Weißbier passen. Gesagt, getan, wir waren zu Hause, ich habe dann einfach mal so einen Sud mir ausgedacht, habe Cascade besorgt. Das war eigentlich so die Gründung der Festweissen. Und dann hat eben der Georg gesagt damals: Ja, ihn erinnert das eigentlich schon so ein bisschen an das, was ihm sein Großvater ihm erzählt hat von dem Wiesnbier. Das war auch ein bisschen stärker gehopft. Und der könnte sich gut das einfach vorstellen, dass man in Erinnerung an dieses Oktoberfestbier das jetzt als Festweisse unter die Leute bringt. Und so ist das auch gemacht worden. Und ja, uns gibt’s immer noch.

Markus: Ja, dann machen wir es doch mal auf.

Hans-Peter Drexler: Ja. In den ersten zwei, drei Jahren haben wir ganz konventionelles Bier gebraut, haben dann aber auf Wunsch der Amerikaner, die unser Bier ja auch vermarktet haben, dort das auf ein Biobier umgestellt. Also das ist ein Naturland-zertifiziertes Bier dann geworden.

Holger: Warum habt ihr euch bewusst für Naturland entschieden? Da gibt’s ja viele Labels im Bioumfeld, die man hernehmen könnte und warum ist es Naturland geworden?

Hans-Peter Drexler: Ich habe mir damals gedacht, dieses EU-Bio, das ist zwar gut, aber Naturland hat das Ganze ein bisschen wertiger gemacht. Passt eigentlich.

Markus: Magst du vielleicht, Hans-Peter, mal selber das Bier verkosten?

Hans-Peter Drexler: Ja.

Markus: Oder sollen wir es dem Holger aufs Auge drücken?

Hans-Peter Drexler: Ja, ich kann euch schon ein bisschen was erzählen, so meine Eindrücke zu diesem Bier. Ich meine, ich habe ja gesagt, Cascade ist so das Dominante eigentlich, auch vom Geruch her, wenn wir mal die Nase hineinhalten. Zunächst einmal die Farbe vielleicht, ganz wichtig die Farbe. Das ist ein sehr kräftiges Goldgelb, wie es eigentlich ein Festbier ja auszeichnet. Wenn wir einfach mal die erste Nase uns so mitnehmen, das sind eben eigentlich die ganz schönen, so sanft hopfigen Aromen. Für mich ist das Spiel zwischen dem Citrusartigen und auf der anderen Seite aber auch so eigentlich schon ein bisschen würzig fast, fast ein bisschen Vanille, das lässt eigentlich recht erfrischendes Bier erwarten, rein vom Geruch her. Also will ich es dann mal verkosten. Da spüre ich schon mal ganz deutlich das Grapefruit- oder Citrusartige mit ein bisschen einer Bittere dann im Gaumen ummantelt. Was mich selber immer wieder so fasziniert bei dem Bier, es wirkt recht erfrischend. Man darf ja nicht vergessen, das hat 6,2 % Alkohol, das ist also kein leichtes Bier von der Stammwürze her. Aber vom Geschmack her kann man es eigentlich nicht ableiten, dass das doch einiges mitbringt. Sehr gefährlich, aber schon spannend.

Holger: So gehört es sich ja eigentlich auch für ein Festbier.

Hans-Peter Drexler: Das gehört sich für ein Festbier. Genau, richtig! Absolut!

Markus: Ja. Ist es denn dann Doldenhopfen, wenn das Naturland ist?

Hans-Peter Drexler: Ist kein Doldenhopfen, das sind Pellets. Die erste Gabe, das sind Hallertauer Tradition Pellets aus Naturland-Anbau. Und dann haben wir eine zweite und eine dritte Gabe, also sehr späte Gabe auch. Cascade, US-Cascade. Wir hatten über viele Jahre mit einer neuseeländischen Cascade gearbeitet, weil früher war der US-Cascade aus Bio-Anbau qualitativ nicht wirklich gut. Es hat nur eine Pflanze gegeben zu der Zeit, war einfach eine Katastrophe, was ich da in Deutschland noch bekommen habe. Ich habe dann mal jemand getroffen aus Australien, der hat mir dann erzählt: Mensch, schau doch mal in Neuseeland, die haben so viel Bio-Hopfen, aufgrund der Insellage tun sich die relativ leicht mit Bio-Anbau. Und hatte dann den Kontakt zu den neuseeländischen Hopfenpflanzer-Verband und habe dann eben neuseeländischen Bio-Cascade selber importiert, auch als Pellets. So haben wir den über viele Jahre verwendet. Mittlerweile, also seit zwei, drei Jahren dort mit dieser Hopfensorte schwierig geworden als Bio-Anbau zu bekommen. Und wir sind jetzt eben dabei oder haben jetzt die letzten Monate wieder auf US-Bio-Cascade umgestellt, nachdem mittlerweile dort der Bio-Markt auch sich ausgeweitet hat. Und es gibt halt mittlerweile relativ viel Bio-Cascade-Hopfen und auf die Art und Weise bin ich jetzt eigentlich zufrieden mit der Situation.

Holger: Ich fände noch mal ganz toll, auch noch mal hinzugucken, wie ihr die Biere macht. Und soviel ich ja weiß, habt ihr offene Gärbehälter und dann reifen die ja noch in der Flasche. Und ich fände total schön, wenn wir richtig mal erklären würden hier im BierTalk: Was ist eigentlich eine echte Flaschengärung? Wie macht man das eigentlich? Wie berechnet man das vorher, dass das auch richtig gut hinkommt und so? Wenn du das mal vielleicht in ein paar Sätzen erklären könntest, damit es ab jetzt alle wissen.

Hans-Peter Drexler: Gutes Stichwort, mache ich gerne. Zunächst einmal muss man sagen, ich meine, das ist eigentlich die ursprünglichste Art, Bier zu brauen, man braut ein Bier im Sudhaus, lässt es dann vergären im offenen Gärbottich, bis es durchgegoren ist. Und dann füllt man dieses Gemisch aus vergorenem Bier mit dem Rest an Hefe, der dann noch drin ist, in Flaschen ab, muss aber unmittelbar vor der Abfüllung in die Flasche noch eine Speise dazugeben. In Belgien zum Beispiel, die machen das ja auch so traditionell, da ist es Zucker. Nachdem in Deutschland ja der Zucker nicht erlaubt ist gemäß dem Reinheitsgebot, nimmt man in Deutschland traditionell unvergorene Würze, die man eben zu einem bestimmten Anteil noch mal diesem Bier vor dem Abfüllen beimischt. Einfach damit die Hilfe noch mal eine frische Nahrung bekommt, damit sie dann in der Flasche, in der verschlossenen Flasche, den Restextrakt vergären kann, damit die Kohlensäure entsteht in der Flasche, damit der Druck entsteht und damit dieses tolle Moussieren eines Weißbieres im Glaserl dann sich entwickeln kann. Eigentlich eine einfache Methode. Es gibt halt ein paar Fallstricke, die muss man einfach wissen, gerade wenn man es im größeren Stil macht. Das eine ist sicherlich der Anteil dieser Speise. Nimmst du ein bisschen zu viel, dann zerreißt es die Flaschen, mal ganz trivial gesagt. Und nimmst du ein bisschen zu wenig, dann wird das Bier furchtbar fad. Also man muss es sehr, sehr genau abstimmen. Das ist für mich einer der Schlüsselprozesse bei der Weißbier-, bei der traditionellen Weißbierherstellung. Und das Zweite ist natürlich ganz wichtig. Wir haben zu keinem Zeitpunkt der Herstellung von dem Bier die Möglichkeit, dass wir das pasteurisieren oder kurzzeit-erhitzen. Das heißt, dass wir in der ganzen Brauerei ohne dieses Auffangnetz einer thermischen Haltbarmachung arbeiten müssen und auch wollen. War früher unkritisch, weil die Biere ja relativ schnell getrunken wurden, die haben ein sehr kleines Einzugsgebiet gehabt von der Distribution her. Und mittlerweile, also wir distribuieren weltweit, und das macht‘s natürlich schon zu einer Herausforderung.

Markus: Gerade auch für die Festweisse glaube ich, ist es genau die richtige Vorgehensweise, um dieses schöne Mundgefühl auch wieder zu produzieren, das mir echt immer wieder gut gefällt. Was ich interessant finde, ist, dass man auch wirklich so diesen klassischen Hopfencharakter, der ja einfach immer ein bisschen kräutrig, so an Hanf auch angelehnt, ist ja eine Hanfpflanze. Ich finde, das kommt da auch schön rüber. Also man merkt wirklich den Hopfen so in seiner Gänze. Deswegen haben wir auch gefragt, ob da Dolden drin sind, weil es mir fast ein bisschen so rüberkommt, fast wie ein Grünhopfenbier. Also wirklich sehr fein.

Hans-Peter Drexler: Ja, ist kein typisches Weißbier. Es ist halt durch diesen relativ hohen Hopfenanteil, Mandarin drüber, 25 bis 28 Bittereinheiten im Vergleich zu unserem Original, das haben wir bei 14. Da ist schon der Hopfen das, was eine große Rolle spielt beim Geschmack. Ganz klar!

Markus: Und da sind wir auch schon beim Stichwort: zum nächsten Bier. Du musst mir sagen, wenn ich die Reihenfolge falsch interpretiere, aber ich würde, wenn ich die Leiter jetzt weitergehe, zur Hopfenweissen gehen. Ist das in deinem Sinne?

Hans-Peter Drexler: Ja ganz genau. Wir haben über die Reihenfolge ja nicht geredet gehabt eingangs. Aber absolut genauso habe ich mir es aufgestellt und so habe ich mir das jetzt gedacht. Passt!

Markus: Sehr schön! Wunderbar!

Holger: Und das Allerbeste ist: Ich bin dran mit Beschreiben.

Hans-Peter Drexler: Ja.

Markus: Ja, extra für dich.

Holger: Ich habe es jetzt schon aufgemacht und der Kronkorken geht ab und sofort, sofort kommt eben so eine schöne, tropische, würzige Note, so ein Aromen-Feuerwerk eigentlich in meine Nase. Und wenn ich jetzt in das Glas rieche, ha, dann ist das also immer noch da, dann kommen eben diese tropischen Aromen. Also ich habe Mango und Ananas so im Vordergrund. Wunderbar auch von der Farbe her. Ich würde fast sagen, also natürlich auch so dunkles Bernstein, aber es schimmert so rötlich ein bisschen. Hier haben wir ja einen echten Bier-Hybriden vor uns, eine Kooperation zwischen, also ich bin ja auch so ein kleiner Hobbybrauer, schon immer seltener, aber früher sehr aktiv. Ich habe ja meine Götter und Hans-Peter, du bist ja einer meiner Braugötter.

Hans-Peter Drexler: (unv. #00:21:43.0#)

Holger: Wenn ich das also nun gesagt habe, dann muss es jetzt mal gesagt werden. Und der andere Braumeister, der also hier beteiligt ist, ist eben der Garret Oliver von der Brooklyn Brewery aus New York. Und soviel ich weiß, in 2007 ist es dann entstanden. War lange nur auf dem US-Markt erhältlich und kam dann irgendwann nach Deutschland. Ich weiß nicht, 2012, ich bin mir aber nicht sicher. Und da stelle ich mir so vor, haben sich meine Braugötter quasi unterhalten. Und der eine hat dann gesagt: Mensch, Hans-Peter, was ist eigentlich das Geilste bei dir? Und dann hast du gesagt: Ja, bei mir ist das Geilste natürlich ein Doppelbock-Weißbier so. Und bei dir, Garret? Und dann hat der gesagt: Ja, bei mir ist es eigentlich ein IPA. Und dann habt ihr beiden beschlossen: Komm, wir machen es einfach so. Wir vereinen das Beste von beiden in einem Bier. Und rausgekommen ist dann das Tap 5. Also so aromatisch und so ein süßer Malzgeschmack und dann so eine dominante Bittere, die da ist, aber von dieser Aromatik umarmt wird. Also ich kann nicht besser schwärmen. Herrlich!

Hans-Peter Drexler: Schön beschrieben, Holger! Du hast das eigentlich sehr auf den Punkt gebracht. Das Ganze war, ich kenne den Garret ja schon seit vielen Jahren, wir haben uns immer wieder mal getroffen irgendwo auf der Welt, waren wir zufällig ja geplant. Er hat immer gesagt: Du, lass uns doch mal was miteinander machen. In den USA war das in den 90er Jahren eigentlich auch schon ein Thema, dass man eben so Collaborations gemacht hat. In Deutschland vollkommen undenkbar. Und er immer wieder: Ja, jetzt machen wir einmal. Und ich habe gesagt: Ja, ja. Ja, ja. Jetzt machen wir einmal. Aber und irgendwann war es halt so weit. Es gibt dann einfach Tage und Zeiten, da ist es reif. Und dann gesagt: Jetzt packen wir es und jetzt gehen wir es an. Und dann ist es eben, genau wie du grad beschrieben hast, Holger, gesagt hast, so dieses kräftige Doppelbock in Deutschland. Und er mit seinem Hopfenstopfen, was bei uns damals, man hat das schon gekannt früher, Hopfenstopfen, aber es war jetzt nicht so wirklich in aller Munde. Und ich kann mich noch erinnern, ich habe damals, wie die Idee aufgekommen ist, da habe ich zuerst einmal beim Brauerbund nachgefragt: Wie ist denn das beim Hopfenstopfen? Was machen wir denn da mit dem Reinheitsgebot? Ist das überhaupt zulässig? Das war damals tatsächlich so, dass das irgendwo so in der Grauzone drin war. Es war einfach nicht beschrieben. Und ich habe ja keine wirklich vernünftige, also handfeste Auskunft bekommen, hat sich da keiner so richtig getraut, was zu sagen. Ich habe mir dann gedacht, und jetzt machen wir es, weil wir machen ja nichts wirklich Schlimmes. Wir verwenden ganz normalen Naturhopfen und wir tun den ins Bier hinein, bloß halt zu einem späteren Zeitpunkt, nachdem das Bier schon mal abgekühlt ist und vergoren. Das waren so die ersten Gehversuche in Deutschland mit diesen Craftbier-Themen. Der Name Craftbier war damals auch noch nicht bekannt. Also kein Mensch hat hier gewusst, was das ist. Wir haben uns damals für ziemlich verrückt gehalten und das hat uns richtig Spaß gemacht. Wir haben dann auch so ein Konzept entwickelt, das war ein Sud in Kelheim und ein zweiter Sud in New York, in Brooklyn. Die Idee war eigentlich, dass wir so dieses Thema (unv. #00:24:42.0#) so ein bisschen mit auch spielen. Heißt, wir hatten eben in Bayern die bayerischen Rohstoffe und aus dem Grund hat die Hopfenweisse auch als dominierende Hopfensorte den Saphir bis heute. Fürs Hopfenstopfen verwenden wir mehr als 1 Kilo Saphir pro Hektoliter. Zur Freude aller Hopfenbauern in der Hallertau. Ja, in den USA haben wir dann amerikanischen Hopfen hergenommen, amerikanisches Malz. Ich kann mich erinnern, das war damals Palisade in erster Linie. Und den anderen weiß ich gar nicht mehr. Wir haben dann eigentlich das Bier so weiter gebraut über die Jahre. Und wie du gesagt hast, Holger, zunächst nur für den US-Markt. Und circa fünf Jahre später, da haben wir es dann so ganz, ganz langsam in Deutschland eingeführt. Das war damals wirklich was für Spezialisten, das war absolut ungewöhnlich, ein Weißbier mit solchen Mengen an Hopfen nicht nur zu brauen, sondern auch zu trinken. Auf einmal hat da so eine Entwicklung eingesetzt, sodass wir da richtig tolle Rückmeldungen bekommen haben, grad von jungen Leuten. Es war natürlich auch die Zeit, wo diese Craftbier-Bewegung auch in Deutschland so ein bisschen Fuß gefasst hat. Und so hat sich da was entwickelt, was dann mittlerweile zu einem eigenen Bierstil geworden ist. Aus heutiger Sicht sage ich natürlich, das war eine geniale Idee, geniale Geschichte. Wenn mir das damals jemand gesagt hätte, ich hätte es ihm nicht geglaubt.

Markus: Ich muss auch sagen, es ist das Bier, bei dem ich dich damals so richtig kennengelernt habe. Das war 2007 in Bamberg beim ersten Bier-Querdenker-Workshop.

Hans-Peter Drexler: Genau!

Markus: Und da hattest du das Bier präsentiert und da war ich auch völlig geflasht. Und ich weiß noch, dass ich da ganz stolz war, dass ich dich persönlich davon überzeugt habe, dass es eine gute Idee ist, mir noch mal sechs Flaschen nach Hause zu schicken. Was du auch gemacht hast, also was ich dir auch nach wie vor ganz hoch anrechne. Und das war wirklich ein Bier, was ich allen Leuten gezeigt habe, die ich damals gekannt habe, und gesagt habe: Schaut mal, das kann Bier auch sein. Und ich glaube, so ging‘s wirklich vielen, und deswegen wird, glaube ich, auch von vielen dieses Bier oder diese Idee auch als eine der Zündungen sozusagen in Deutschland gesehen, wo dann diese Craftbier-Idee oder diese Idee, Biere einfach aromatisch extremer zu interpretieren, Fuß gefasst hat. Und wo man gesagt hat: Es gibt bei uns jetzt auch so gewisse Veränderungen im Denken in der Brauwelt, dass man sich für andere Bierstile und für so Crossover-Biere öffnet. Hattest du denn auch negative Rückmeldungen aus dieser Zeit?

Hans-Peter Drexler: Ja. Gut, ich habe natürlich von ein paar Kollegen damals schon, mit großen Fragezeichen haben die das verfolgt, was wir da treiben. Ich meine, ein traditioneller Weißbierbrauer schüttet plötzlich da Unmengen von Hopfen ins Weißbier hinein. Verrückt, wie kann man nur? Aber ja, war damals die Zeit halt entsprechend. Ich habe es verstanden, dass die das ziemlich für strange gehalten haben, aber mei, habe mich nicht beirren lassen.

Markus: Hast du dich als Rebell gefühlt so ein bisschen?

Hans-Peter Drexler: Ein bisschen, ja, ja. Das kommt mir schon entgegen. So ein bisschen Revolution mag ich schon. Ja.

Markus: Also sehr, sehr schön! Faszinierend! Wirklich für mich nach wie vor eines der prägenden Biere in meinem Leben auf jeden Fall. Und das Einzige, wo ich sagen muss, weil ich mir vorstellen kann, dass ihr euch vielleicht ein bisschen ärgert, ist, dass ihr euch diesen Namen Hopfenweisse nicht irgendwie habt schützen lassen. Oder ging das vielleicht auch gar nicht?

Hans-Peter Drexler: Das ist richtig. Aber wir waren damals gar nicht auf die Idee gekommen, dass man sowas schützen lassen könnte. Ein paar Jahre später habe ich, glaube ich, von einer holländischen oder belgischen Brauerei, die haben dann ein Bier kreiert, das hat Hopfenweisse geheißen. Da habe ich mir gedacht: Oh! Na ja! Aber auf der anderen Seite muss ich sagen, es ehrt einen ja, wenn jemand was nachmacht, was man als erster (unv. #00:28:07.0#) hat.

Markus: Das stimmt, das stimmt! Und es ist auf jeden Fall ein Benchmark, also das ist überhaupt gar keine Frage, bis heute. Und vielleicht als Letztes dazu von meiner Seite. Ich habe letzte Woche am Montag ein virtuelles Bier-Kulinarium gehabt. Was ich an sich schon eine sehr witzige Sache finde. Also wo dann wirklich eine Caterer das Essen so fertig kocht, dass die Leute das zu Hause im Wasserbad aufwärmen. Das wird dann mit einem Kurier früh geliefert und abends haben wir dann die Verkostung dazu gehabt mit Leuten wirklich aus ganz Europa. Und die hatten mich eben gebeten, wirklich ganz besondere Biere zusammenzustellen. Und dann habe ich Hopfenweisse unter anderem damit eingebaut, und zwar aus dem Jahr 2012. Und das war dann in Kombination mit einer Schoko-Mousse mit Minz-Blättchen. Und es war fantastisch. Das ist für mich auch ein Wahnsinnszeichen, weil normalerweise ja so hopfenbetonte Biere Lagerung nicht gut überstehen. Aber bei der Hopfenweissen ist das anders, die kann man wirklich bewusst lagern. Und die wird immer spannender, kriegt immer mehr so diese Ananas-Charakteristik und eben gar keine unangenehmen Bitteren oder so. Also faszinierend! Da bin ich zuletzt mal so richtig damit wieder in Berührung gekommen. Ganz toll!

Holger: Es gab ja mal des Aventinus Vintage, Hans-Peter. Jetzt könnt ihr halt Tap 5 Vintage auch machen.

Hans-Peter Drexler: Ja, das ist auch was, was wir damals lernen mussten oder durften. Also die Lehrmeinung war ja auch natürlich, so hopfenbetonte Biere, grad hopfengestopfte Biere, verändern sich sehr schnell dann in der Flasche bei der Lagerung. Aber wir haben ein bisschen einen langen Abstand gehabt zwischen dem Kelheimer Sud und dem Sud in Brooklyn, weil es halt irgendwie von der Zeit her so nicht anders hinausgegangen ist. Und dann haben wir halt uns wirklich einen Kopf gemacht, wie wird sich diese Kelheimer Version wohl verändern, bis dann diese Brooklyner Version endlich am Markt ist. (unv. #00:29:42.9#) die ist wahrscheinlich schon gar nicht mehr frisch und das Hopfen rum ist komplett weg oder hat sich verändert. Aber ist alles nicht eingetreten. Wie ihr es grad gesagt habt, kann es da selbst als Vintage Variante eigentlich noch zu Schoko-Mousse reichen. Das funktioniert.

Markus: Von dem Aventinus Vintage habe ich sogar auch noch was im Keller. Ich glaube, zwei Kisten oder so.

Hans-Peter Drexler: Ja (unv. #00:29:59.8#)

Markus: Bin ich auch mal gespannt. Ja, Holger, was sagst du? Wollen wir zur klaren Aussage kommen, zum Doppelbock?

Holger: Unbedingt! Ich meine, auch da wieder, also ein Klassiker jagt ja den nächsten. Und jetzt, wenn wir dann zum Tap 6 gehen, dem Aventinus, dieses Bier schon Weltmeister in seinem Stil, man kann wirklich, wenn man jetzt Verkostungen macht, so wie ich das ja auch immer sehr oft mache und sehr gerne mache, man möchte ja immer den Teilnehmern eigentlich vermitteln: Was kann Bier alles sein? Und beim Schneider Portfolio muss man einfach sagen, man muss es nicht verlassen. Also man kann wirklich durch die Biere gehen und den Leuten mit Schneider Weißbieren absolut transportieren, was Bier sein kann. Und gerade das Aventinus ist für mich ein Evergreen, immer zuhause, immer griffbereit und jetzt zu dieser Jahreszeit immer auch gerne genommen. Also Prost!

Markus: Also! So, wer möchte denn gerne unseren Hörern erzählen, wie es ist?

Holger: Hans-Peter, das musst du doch machen.

Hans-Peter Drexler: Ja, also schon mal so mein erster Eindruck jetzt, wo ich es eingeschenkt habe, was ich wirklich sehr bemerkenswert finde, grad nach der Hopfenweissen mit diesem intensiven Hopfenaroma ist ja zunächst einmal die Erwartung da, dass da die Zunge so belegt ist, dass die Nase voll ist von diesen intensiven Hopfenaromen, dass eigentlich nichts anderes mehr geht und Platz hat. Das stimmt nicht, der Aventinus, der hat das Volumen und hat das Potenzial, dass es eigentlich, also nicht ganz von null losgeht, aber schon sehr nachhaltig und sehr eigenständig im Raum steht. Also diese Hopfennoten, die sind jetzt fast alle weg.

Markus: Ja, der geht da einfach durch so wie ein heißes Messer durch Butter geht der drüber und macht sich breit und sagt, hier bin ich und hier bleibe ich.

Hans-Peter Drexler: Genau! Und das ist eigentlich schon, denke ich, ein Ausdruck von Klasse von so einem Bier, dass es halt so für sich im Raum steht, dass es alles ausfüllt. Gleich beim Öffnen der Flasche ist mir der Geruch schon in die Nase gestiegen, dieser tolle würzige Geruch. Das ist so für mich immer so weihnachtlich, viel Nelke, ein bisschen Banane, aber es dominieren halt auch diese würzigen Aromen wie Nelke, Muskat. Was mir persönlich eben auch sehr viel Spaß macht, ich mag sehr gern fruchtiges Bier, aber im Zusammenhang mit diesen malzigen Röstaromen, die er auch mitbringt, sehe ich aber die Balance ein bisschen besser dann mit diesen Phenolen, also mit diesen würzigen Nelkenaromen. Wobei ganz wichtig denke ich ist, dass man eine leichte Ester, also diese bananenartigen Aromen mitführt und mitzieht. Bloß ich möchte es halt nicht gern dominant haben. Mir sind diese Gewürze, die da drin nachvollziehbar sind, die haben für mich da immer ein bisschen Priorität.

Markus: Ich finde auch sehr schön, wie das immer in dieses Rosinige mit reingeht, in so Dörrobst oder so. Und je länger man das lagert, umso schöner verbindet sich das dann eben auch noch mal mit diesen Gewürzaromen. Ich habe mit dem Bier insofern, in Anführungsstrichen, immer ein „Problem“, ich bin da so drauf geeicht, dass mir das bei Wettbewerben immer passiert, wenn wir dann eben zum Beispiel im Finale vom Weizen-Doppelbock sind, es mir dann relativ leichtfällt, mir vorzustellen, welches Bier das wahrscheinlich sein kann. Da muss ich mich dann immer extrem zurückhalten, manche Biere sind einfach so markant, dass sie einen hohen Wiedererkennungswert haben, auch wenn man sie jetzt nicht täglich trinkt. Und da gehört das für mich absolut dazu. Und mit dem habe ich auch schon ganz viel gemacht, also vom Stacheln übers Eisbock machen, übers Kochen. Also da gibt’s tausend Möglichkeiten, was man mit dem Bier alles anstellen kann und es ist eigentlich nie verkehrt. Also das ist schon schön.

Hans-Peter Drexler: Ja, wir haben uns ja auch mal sehr viel Gedanken gemacht zu dem Thema Aventinus eben. Es gibt halt eine ganze Range an Aventinus-Abkömmlingen, der Eisbock sicherlich, den wir ja dann noch haben. Dann haben wir ja die Cuvée Barrique, die fassgelagerte oder fassgereifte Variante des Aventinus. Dann haben wir den Vintage Aventinus, das ist die kellergereifte Variante, über drei Jahre gereifte Variante. Ich habe grad jetzt in München bei der Braukunst Live!, da habe ich ab und zu mal so einen Workshop halten dürfen. Also mir hat das immer ein Riesen-Vergnügen gemacht, wenn ich da fünf Biere alles aus dem Aventinus raus präsentieren konnte. Und die Leute staunen dann immer, dass das eigentlich ein Bier ist in mehreren Varianten umgebaut oder gereift, entwickelt.

Markus: Ja, sehr spannend war ja auch das holzfassgereifte, das Aventinus Barrique. Was kann man denn dazu sagen? Läuft das noch?

Hans-Peter Drexler: Ja, das gibt’s noch. Wir haben es von der Menge her ein bisschen reduziert. Das Meiste ist im internationalen Markt gelaufen, das läuft jetzt nicht mehr so. Aber wir haben es noch zur Verfügung. Wir füllen einmal im Jahr so eine kleinere Menge ab. Also ich habe jetzt noch vier Fässer im Keller stehen. Ursprünglich habe ich mit Whiskyfässern experimentiert und habe dann aber bei diesen ersten Versuchen ständig den Eindruck gehabt, der Whisky ist so dominant und der erschlägt mir das ganze tolle Aroma vom Aventinus. Also mir hat er einfach leidgetan. Dann habe ich mir gedacht, probieren wir es mit Rotweinfässern. Und das war halt dann eigentlich von der Aromaentwicklung her so interessant, dass wir das dann weiteraufgebaut haben. Es hat halt dann den Effekt, wenn man es nicht thermisch behandelt, dass es halt säuert, dann wird es sauer, wird ein Sauerbier. Und dann sagen ganz viele Leute, oh je, oh je, saures Bier, das können wir gar nicht gebrauchen, und dazu von einer bayerischen Weißbier-Brauerei. Nach einem Jahr Holzfassreifung in verschiedenen Rotweinfässern, also aus verschiedener Herkunft, haben wir es dann noch mal ein Jahr in der Flasche oder auch länger in der Flasche vergären lassen, und so hat das schon seinen sehr starken eigenen Charakter entwickelt. Und das ist wirklich was für Spezialisten.

Markus: Und besonders spannend ist ja auch, die verschiedenen Jahrgänge quer zu verkosten. Also Holger, da kannst du dich auch noch dran erinnern, oder? Wir haben ja mal die 13, 14, 15 von sehr sauer bis fast gar nicht sauer und dann wieder sauer und so. Wahnsinn, oder!

Holger: Ja, das stimmt. Damals habe ich am Ammersee gearbeitet in Dießen und dann in Schorndorf bei so einem Getränkeladen, der war ganz gut sortiert. Und der hatte dann auch irgendwann Tap X. Und der wusste, dass ich mich da so ein bisschen auskenne und so, und der sagte dann zu mir: Mensch, Herr Hahn, also die Kunden reklamieren das die ganze Zeit. Ich werde da nicht glücklich mit. Ich weiß gar nicht, was ich machen soll. Und dann sag ich: Wahrscheinlich verstehen die Kunden das Bier nicht. Ich glaube nicht, dass das einen Fehler hat. Die Kunden haben was ganz anderes erwartet. Und Enttäuschung kommt dann ja von Erwartung und damit müsste man jetzt umgehen. Aber der ist dauerhaft dann damit nicht glücklich geworden. Ich weiß nicht, ist das auch bei dir angekommen, dass die Leute das irgendwie nicht verstanden haben damals?

Hans-Peter Drexler: Wir haben Fälle, da hat der Enkel dem Opa auf Weihnachten so ein Cuvée Barrique geschenkt, weil er gesagt hat, Mensch, gereiften Aventinus und toll. Und ja, hm, das hat die Erwartung komplett verfehlt eigentlich. Und die haben sich halt dann bei uns gemeldet und haben gesagt: Ja, kann das denn sein? Ihr habt so ein tolles Bier, aber das ist ja total sauer und das geht ja gar nicht. Es ist ein sehr hochspezialisierter Markt, den wir da bedienen. Das funktioniert gut. Also ich war mal in München, bei dem Biervana.

Holger: Beim Matthias Thieme, Hohenzollern Straße?

Hans-Peter Drexler: Ja genau, genau!

Holger: Das ist der Biertempel in München, also sehr empfehlenswert.

Hans-Peter Drexler: Genau! Mit dem habe ich mal geredet. Sagt er: Ja, das ist ein Cuvée Barrique, das ist ganz was Tolles. Der hat halt die Möglichkeit, dass er das den Leuten erklärt, was das ist, was da dahintersteckt und was da die Erwartung dann letztendlich ist. Und dann funktioniert das. Aber einfach das irgendwo hinzustellen und darauf warten, dass die Leute das kaufen für viel Geld, also in Deutschland geht das nicht. Haben wir lernen müssen.

Markus: Kann ich mich genau noch erinnern, weil ich war 2014 unterwegs und habe recherchiert für meinen damals ersten gesamtbayerischen Brauereiführer, war also durch das ganze oberbayerische, niederbayerische, überall von einer Brauerei zur nächsten über mehrere Monate unterwegs. Und es war gerade die Zeit, wo dieses erste Cuvée Barrique unterwegs war, und da war ich natürlich auch in sehr, sehr vielen kleinen Getränkemärkten, die da in irgendwelchen Dörfern im tiefsten Bayern waren. Ich habe mehr oder weniger überall immer dieselbe Geschichte gehört, da ist dieses seltsame Schneider Bier in der großen Flasche, das irgendwie sauer ist, und sie wissen nicht, was sie damit machen sollen.

Hans-Peter Drexler: Genau!

Markus: Ich habe dann davon profitiert und habe das überall aufgekauft und habe dadurch einen schönen Fundus gehabt, von dem ich noch viele Jahre in meinen Verkostungen profitiert habe.

Holger: Es ist halt einfach so, das Bier sollte möglichst selbsterklärend sein, dann funktioniert das gut. In dem Moment, wo es schon sehr, sehr anspruchsvoll ist, dann braucht‘s halt jemand, der einfach da die Erklärung mitliefert, was dahintersteht.

Markus: Da würde ich sagen, schauen wir doch jetzt mal, wie selbsterklärend der Eisbock ist, oder?

Hans-Peter Drexler: Ja genau!

Markus: Machen wir den mal auf. Was eine Überleitung. Die kleinste Flasche der Range heute. Wie so oft sind die kleinen Flaschen ganz groß, also alkoholmäßig haben wir jetzt hier 12 %. Das ist schon eine ordentliche Ansage. Sieht man auch schon, wenn das hier im Glas, wenn man das ein bisschen dreht, wie das da so richtig schön einen Film am Glas hinterlässt. Die Farbe ist gar nicht so unähnlich dem Mutterbier, dem Aventinus, also auch wieder so ein haselnussbrauner Ton. Der Schaum auch schön getönt. Und in der Nase haben wir jetzt noch mehr von diesen Trockenbeer-Aromen, finde ich. Also natürlich das, was wir vorhin im Aventinus schon hatten, aber noch mal intensiver und noch mal, ja, da kommen noch vielleicht so Kirscharomen dazu, rote Beeren, ein bisschen Vanille, ein bisschen Karamell.

Holger: Ich find auch Marzipan, so Bittermandel ist voll dabei.

Hans-Peter Drexler: Ja.

Holger: Und auch so Pflaumen, so würzige Pflaumen.

Markus: Und im Mund sagt‘s dann ordentlich Hallo, also da sind dann die 12 % voll da. Aber auch wieder mit dieser schönen Cremigkeit. Also das finde ich wirklich ganz grandios. Da musst du uns vielleicht auch ein bisschen aufklären, weil wenn wir Eisbock machen, der Holger und ich, dann nehmen wir ja diese Glasgefäße, die es ja unter anderem von Bukanter gibt. Da gebe ich dann immer so 3 Liter Aventinus zum Beispiel rein und dann friert man das aus über, na ja, 3, 4, 5 Tage bei minus 20 Grad. Am Ende stürzt man das und dann laufen so in den ersten 20 Minuten vielleicht 0,1, 0,2 daraus und das ist dann natürlich hochkonzentrierter Alkohol, der wahrscheinlich 30 % hat in dem Dreh oder so, aber eben auch so gut wie gar keine Kohlensäure mehr. Was macht den Eisbock zum Eisbock und wie schafft ihr das dann, den wieder auf ein Alkoholmaß zu bringen, das dann doch für den normalen Menschen einigermaßen kompatibel ist? Und wie schafft man es, dass es dann auch wieder Kohlensäure hat?

Hans-Peter Drexler: Also zunächst einmal, Aventinus ist das Ausgangsprodukt. Wir gehen einfach her, machen auch nichts anderes als wie der Bukanter, bloß eben in einem großen Behälter. Wir nehmen zum Beispiel 100 Hektoliter Aventinus, wir haben dann so einen Kühlmantel außen an dem Behälter mit sehr tiefer Temperatur. Das Ergebnis ist dann, dass im Tank drin an der Wandung ein Eispanzer sich bildet im Lauf der Tage und im Zentrum des Behälters, da bleibt halt das Konzentrat flüssig. Wir lassen das dann, das Konzentrat, ablaufen und übrigbleibt eben dieser Eispanzer im Behälter, der dann einfach abtaut. Das Ganze dauert relativ lange. Wir machen das sehr vorsichtig. Das glaube ich ist das Wichtigste, dass man da nicht brachial hingeht, sondern der Prozess dauert circa drei Wochen. Dann haben wir diesen Eismantel im Innern des Behälters so weit anwachsen lassen, dass es gut ist. Das resultierende Konzentrat, das hat eben dann, so wie wir den Prozess eingestellt haben, hat eben dann diese 12 % Alkohol. Und dann haben wir ja zunächst einmal keine Kohlensäure mehr, wir lagern das dann anschließend in einem zweiten Behälter, in dem Kohlensäuredruck herrscht bei 0 Grad oder minus 1 Grad. Und bei diesen tiefen Temperaturen nimmt die Flüssigkeit auch wieder relativ schnell Kohlensäure auf, sodass wir dann auf dieses leichte (unv. #00:40:47.2#) und auf diese Cremigkeit dann kommen. Ganz ein wichtiges Schlagwort beim Biermundgefühl, wird glaube ich oft unterschätzt, aber es ist enorm wichtig, dass das Mundgefühl in einem guten Verhältnis mit den Aromen steht, dann wird es balanciert.

Markus: Das finde ich jetzt schon interessant, weil es ja trotzdem noch mal ein anderer Ansatz ist. Also weil bei dem Bukanter-Thema oder so wie wir das auch machen, das kann man ja theoretisch auch mit anderen Gefäßen tun, da ist es ja mehr oder weniger schon so, dass das Bier komplett durchfriert.

Hans-Peter Drexler: Ja.

Markus: Und man dann letzten Endes halt nur den Alkohol, der einfach einen höheren oder tieferen Gefrierpunkt hat, der nicht gefriert, der sucht sich dann seinen Weg und kommt dann eben da so raus. Und was ich dann immer machen muss, in Anführungsstrichen, wenn ich Veranstaltungen habe, ich mache dann eben im Vorfeld schon einige Eisblöcke sozusagen und mische das dann vor Ort wieder mit dem Ursprungsbier, sodass man das dann einigermaßen wieder einpendeln kann eben so bei 15 % vielleicht und dadurch kriegt‘s natürlich auch wieder Kohlensäure durch das Aufkräusen. Aber (unv. #00:41:37.7#) ist natürlich auch eine geschmeidige Idee, das Wasser so ein bisschen von außen wegzufrieren und das heißt, man kommt dann gleich auf diesen Zielprozentsatz hin. Finde ich auch eine sehr, sehr spannende Geschichte. Muss ich mal gucken, ich habe ja auch immer mehrere Eisböcke bei mir in der Gefriertruhe, weil normalerweise ja Veranstaltungen sind. Jetzt hatte ich seit März keine mehr. Das heißt, da liegen jetzt dreieinhalb Eisböcke rum, die jetzt dann bald ein Jahr hinter sich haben. Da bin ich mal gespannt, was da wird, wenn ich die mal stürze.

Hans-Peter Drexler: Ja, man muss ein bisschen aufpassen mit dem Einfrieren. Das ist halt einfach so, ich meine, wenn man über Mundgefühl, über Cremigkeit, über Schaum spricht, das hängt halt sehr stark mit diesen Eiweißen zusammen, also mit den Eiweißmolekülen, die ja irgendwie im Bier mitkommen. Und die sind natürlich sehr temperaturempfindlich. Jetzt, wenn ich halt da so einen ganzen Eisklotz habe, der dann langsam wieder auftaut, dann habe ich ganz andere Verhältnisse in diesem Resultat als wie, wenn ich es langsam oder teilweise halt zusammenfriere oder schaue, dass ich das Wasser rausziehe durch dieses Ausfrieren. Von dem Ergebnis her kann ich mir schon gut vorstellen, dass das einen großen Unterschied da macht.

Markus: Ja, Holger, wir hatten ja unser Aventinus Eisbock-Erlebnis vor zwei Jahren ungefähr, als wir eine Reisegruppe von Chilenen betreut haben. Deren erste Station war natürlich München, und da waren wir auch einen Abend im Brauhaus bei euch im Weißen Brauhaus und haben dann mit denen die ganze Palette durch verkostet und am Ende natürlich den Eisbock. Einerseits war das erstaunlich, mit welcher Inbrunst die das getrunken haben, und die meisten haben nicht nur eins getrunken, sondern mindestens zwei oder drei, und das, nachdem sie die ganze Palette vorher schon verkostet haben. Und sie haben extrem dieses Glas bewundert. Ich weiß nicht, Holger, du bist ja auch ein großer Fan von diesem Glas. Vielleicht magst du es mal beschreiben und dann können wir den Hans-Peter ja mal fragen, wie es dazu kam, das irgendwie zu haben.

Holger: Ich meine, die Chilenen haben ja ganz rechtgetan, weil keiner von denen weiß ja, wann er das nächste Mal wieder hinkommt. Und dann lohnt sich das auch, vielleicht ein ganz kleines bisschen zu übertreiben. Aber es war eine Freude die anzuschauen, wie sehr die sich da reingestürzt haben, so wie du es schon gesagt hast. Ja, wie sieht das Glas aus? Das Eisbock-Glas hat quasi so einen schönen Fuß und hat dann quasi einen breiten Stiel, der von innen hohl ist, da kann dann auch Bier reinfließen. Und dann entsteht eben aus diesem breiten Fuß so ein schöner Kelch dann noch. Ich weiß nicht, ob man sich das vorstellen kann, wie ich es jetzt beschrieben habe. Es sieht schon aus wie so ein Bierverkostungsglas, aber der Stiel ist eben richtig dick und breit und da kommt auch Bier rein. Das ist dann auch genau so gemacht, dass eben der Inhalt der Flasche auch reingeht. Also das ist kein 0,5er Glas, sondern ein 0,3er Glas. Ganz besonders schön ist es, wenn es unten so ansatiniert ist, das ist auch ganz toll. Eigentlich trinkt man das Bier ja nicht zu kalt, weil die Kälte raubt ja die Aromatik. Aber so habt ihr es jetzt auf dem neuen Etikett auch so ein bisschen gestaltet, also aus dem Violetten. Und das Violette ist ja auch die geistliche Farbe, also die christliche, geistliche Farbe. Für jeden Adventskranz gehört ja eigentlich auch eine violette Schleife. Und da habt ihr jetzt so das Silber noch miteingefügt. Das meine ich eben mit diesem satinierten Fuß, das dann eben noch suggeriert, dass eben dieser Eisbock, also diese Eiskristalle dann noch eine Rolle spielen. Aber von der Trinktemperatur-Empfehlung, glaube ich, ist es wichtig, dass wir es noch mal sagen: Es ist sicher schön, dieses Bier so bei 10 Grad zu trinken oder vielleicht auch bei 12 Grad, dann kommen eben so diese Rosinen- und Pflaumen-Noten und auch die Waldhonig-Noten. Und wenn man dann dazu eine Schokolade auch gerne noch mit Frucht genießt, dann hat man einen schönen Abend. Und wahrscheinlich sogar auch mit der Partnerin, wenn ich das so sagen darf.

Hans-Peter Drexler: Das ist eigentlich das klassische Bier zur Nachspeise.

Holger: Ja genau!

Hans-Peter Drexler: Also zumindest sehe ich es so. Und egal, ob man da sowas Schokoladiges hat mit Früchten oder was für mich sensationell ist, das ist so ein kleines Stück Blauschimmelkäse, das ist einfach der Wahnsinn.

Markus: Man kann ein dunkles Schokomousse machen, mit Schokolade, und kann dann so ein Gorgonzola im Eisfach einfrieren und den mit einem Käsehobel drüber raspeln.

Hans-Peter Drexler: Oh! Aha!

Markus: Und wenn du das dann kombinierst, dann noch mit dem Bier zusammen, das ist eine Explosion im Mund.

Holger: Eine Offenbarung ist das. Ja.

Markus: Apropos Offenbarung. Wir haben noch ein letztes Bier, wir haben natürlich jetzt schon heillos überzogen, weil wir ja ursprünglich mal gesagt haben, so ein BierTalk dauert eine halbe Stunde. Aber ein Bier haben wir noch und das müssen wir natürlich auch verkosten, auch wenn das heute Abend uns noch mal entsprechend fordern wird, weil es ist eine 0,75er Flasche. Und wenn wir die jetzt anfangen, dann werden wir die heute Abend natürlich austrinken müssen mit den ganzen anderen. Das wird heute noch eine lustige Veranstaltung. Aber egal. Also insofern machen wir die doch auf, oder?

Hans-Peter Drexler: Wir hatten damals eine Anfrage aus den Niederlanden, da gibt’s ja auch diese Bier-Cafés und die haben sich auch zu so einem Verband zusammengetan und die haben ein Jubiläum gehabt. Und dann haben sie angefragt, haben gesagt: Könnt ihr was Besonderes machen für uns? Ihr macht so tolle Biere, macht mal irgendwas Spezielles. Und ich hatte damals gerade rumexperimentiert gemeinsam mit meinen Freunden Eric Toft und Markus Lohner, haben wir einfach so ein bisschen dahin fantasiert und haben damals über Nelson Sauvin, über diese neuseeländische Hopfensorte so dahin gesponnen und über belgische Hefen. Dann haben wir gedacht, das wäre doch was, das ist die Gelegenheit das einmal umzusetzen. Und hatte damals auch zeitgleich einen Besuch von einem amerikanischen Kollegen, der wollte bei uns die Brauerei anschauen und hat mir als Gastgeschenk eine belgische Trappisten-Hefe mitgebracht, eine Kultur, aus USA, belgische Trappisten-Hefe aus USA. Und so ist eigentlich damals das erste Nelson Sauvin entstanden, in 2011 so um die Zeit rum. Das war der Startschuss für diese Tap X Geschichte. Die Idee war eben, dass wir jedes Jahr dann irgendwas spezifisches Anderes machen unter diesem Dach Tap X. Und da war eben auch eines dann in 2014, die Porter Weisse. Die Idee war eben, dass man diesen richtig tollen Bierstil Porter neu interpretiert oder anders interpretiert aus der Weißbier-Perspektive raus. Ich habe mir dann eben verschiedene Porters auch angeschaut, es gibt ja nicht nur ein Porter, es gibt ja alles Mögliche, verschiedene Porter-Stile. Also ich habe gedacht, ich mache jetzt mein Ding. Das Ergebnis haben wir jetzt hier in Form einer 0,75-Liter-Flasche. Aus dem Jahr 2014, ist mittlerweile 6 Jahre, 6 Jahre alt natürlich. Zumindest im Fundus der Brauerei hat es noch einen Karton gegeben und da habe ich jetzt jeweils eine Flasche an euch geschickt und eine steht bei mir. Jetzt haben wir noch drei.

Markus: Boah! Da fühlen wir uns jetzt aber echt geehrt. Wahnsinn!

Holger: Ja, Wahnsinn! Mhm (bejahend). Ich sag mal, so diese Bananennote von einem Weißbier und dann die Schokoladennoten eines Porters klingt ja total verlockend. Und da weiß man ja sofort irgendwie, das muss doch passen.

Hans-Peter Drexler: Ja klar!

Holger: Wenn man jetzt sich das also anschaut, also dieses unglaublich schöne dunkle Braun im Glas, also man könnte es fast als Mahagoni beschreiben, wo dann nur noch so Licht so am Rand hineinfällt. Und dann eben hat man hier ja wirklich auch diese süßen Bananennoten, Nelke, ein bisschen Rosine auch, finde ich. Und dann der Schaum, also wunderbar, der ist ja richtig schön stabil, also zumindest bei mir im Glas, ich hoffe, bei euch auch. Und dann kommt ja schon so diese verspielte Süße mit der Banane und mit der Zitrone, so das Typische, was auch so ein Hefeweizen hat, so ein dunkles Hefeweizen. Auch hier wieder dieses unglaubliche Mundgefühl, aber auch so eine leichte Bitterkeit, die mitschwingt. Und dann eben dieses wohlige Gefühl, eben einfach dann auch bei 7 % Alkohol zu sein, was ich, glaube ich, auch wahrnehme. Meine Schwiegermutter hat uns extra selbstgemachten Butter-Spekulatius geschickt, der dazu ist eine Offenbarung, sage ich euch. Also da kann ich euch jetzt leider nicht dran teilnehmen, das passt hervorragend.

Hans-Peter Drexler: Das ist eine schöne Charakterisierung. Ich meine, das eigentliche Vorbild war das London Porter damals, kann ich mich erinnern, und ein ganz wichtiger Beitrag von diesem Porter generell ist ja der Hopfen. Also es soll ja den Hopfen nicht (unv. #00:49:29.5# verneinen?) oder verleugnen. Darum finde ich das jetzt ganz toll, dass du auch die Hopfen ziemlich zielsicher erkannt hast. Freut mich, diese Charakterisierung.

Holger: Mich freut, dass dich das freut.

Markus: Also von deinem Brau-Gott geadelt, das ist doch mal was ganz Schönes.

Holger: Nein, nein, unbedingt! Nein, das ist wirklich so. Also das sage ich so oft immer wieder und bringe dich da auch ins Spiel. Und finde das auch beeindruckend, einfach 39 Jahre so diese Geschicke eines Unternehmens zu leiten. Da machen wir uns ja nichts vor, also ein Braumeister in einer Brauerei ist schon eine zentrale Stelle, und der hat maßgeblichen Anteil am Erfolg oder Misserfolg. Und das ist ja schon unglaublich, also was du da auch entwickelt hast in diesen 39 Jahren, natürlich auch entwickeln durftest, auch die Internationalität, die Craftbier-Bewegung, die das dann sicher auch noch mal richtig spannend gemacht hat. Und du hast sie angesprochen, also Markus Lohner oder Garret Oliver oder auch Eric Toft, also all diese Menschen, das ist ja auch eine tolle Sache, dann in so einem Berufsleben mit so tollen Kerlen da zusammen zu arbeiten.

Hans-Peter Drexler: Ja, absolut! Absolut! Ist ein Geschenk, wirklich.

Markus: Und ich finde, was man auch toll merkt, ist, wie schön dieses Alterungspotenzial dieses Bieres ist, weil es sich ja wirklich, ich glaube, immer weiter harmonisiert hat. Ich habe damals, als es frisch rauskam, habe ich welche gehabt und auch relativ schnell verkostet, die haben leider nicht so lange überdauert wie bei euch in der Brauerei, weil ich einfach zu wenig davon hatte. Aber ich finde jetzt einfach, es ist wirklich, es ist super-harmonisch, es ist perfekt in diesem Zusammenklang mit so schokoladig, nussig, dann eben dieses bananig, nelkige, dieses unheimlich schöne Mundgefühl, hinten raus der Hopfen, der das dann schön aufnimmt und wieder so ein bisschen aufräumt. Also wirklich, viel besser geht’s eigentlich nicht. Ich sage in den Verkostungen auch immer, so ein dunkles Weizen ist eigentlich so die eierlegende Wollmilchsau, gerade in Bezug auf Food Pairing oder so, weil das halt überall andocken kann. Also egal was, du kriegst eigentlich ein dunkles Weizen immer irgendwo dazu verbotschaftet. Was würdest du denn sagen, wenn ich frage, was ist der Unterschied zwischen einem normalen dunklen Weizen und dieser Porter Weisse?

Hans-Peter Drexler: Was bei der Porter Weissen, also jetzt in diesem Zustand, ich meine, das ist jetzt 6 Jahre gereift in der Flasche, schon sehr stark auffällt, ist dieses Fruchtige, Kirschenartige, rote Früchte, rote Beeren.

Markus: Ja.

Hans-Peter Drexler: Das habe ich jetzt im dunklen Weizenbier zunächst einmal nicht so. Da überwiegen doch ganz oft so ein bisschen mehr bananenartige und eben Röstaromen. Das charakterisiert eigentlich schon ganz deutlich, denke ich, ein dunkles Weißbier, dass man halt diese Röstaromen so ein bisschen mehr noch im Vordergrund hat.

Markus: Schade, dass ihr nicht noch 10 Kisten habt.

Hans-Peter Drexler: Gell!

Markus: Also jetzt …

Hans-Peter Drexler: Habe ich mir auch gedacht.

Holger: … auch Aufruf an alle Hörer, also vielleicht ist ja jemand zufällig Getränkemarkt-Besitzer und hat irgendwo in den Tiefen seines Lagers noch ein paar von diesen Kartons stehen. Dann bitte unbedingt melden, wir nehmen sie auf jeden Fall ab. Der Preis spielt eigentlich keine Rolle. Vielleicht noch eine letzte Frage von mir: Jetzt hast du ja die Familie eben auch fast 40 Jahre begleitet. Wie ist das denn so? Ich kann mir vorstellen, damals am Anfang, da war ja das Verhältnis zwischen dir und dem Georg, dem 6., wahrscheinlich schon eher so, dass du der Meister quasi bist, der ihm auch so ein bisschen Sachen erklärt und beibringt und so, und dann wird er ja langsam der Chef. Und über seine verschiedenen Stadien in seinem Leben ist er jetzt eben immer mehr gefestigt in dieser Rolle. Und jetzt gehst du irgendwann von Bord. Wie verändert sich denn da das Verhältnis und wie schafft man das, das gut aufrecht zu erhalten, sodass man auch 39 Jahre dort bleibt?

Hans-Peter Drexler: Ich denke, ich bin schon so ein bisschen Wegbegleiter von ihm, er kennt die Brauerei eigentlich nur mit mir als Braumeister. Er ist ja für mich auch eigentlich ein Sparringspartner, der eben auch stützt. Im Grunde in so einem Familienbetrieb und in einer Privatbrauerei braucht’s da jemand, der diese Dinge, die wir da entwickelt haben, der das auch mit nach draußen trägt. Und da, glaube ich, waren wir gemeinsam sehr viel unterwegs und auch schon sehr erfolgreich. Umso spannender wird jetzt der nächste Schritt, nachdem wir jetzt vor einigen Wochen so ein Auswahlverfahren für meinen Nachfolger abgeschlossen haben. Und unsere neue Ära, die da eingeläutet wird, hängt natürlich auch ein bisschen für ihn damit zusammen, dass er in circa 5 Jahren seinen Sohn, den Georg, den 7., dann mit reinholt und damit eigentlich den Generationswechsel dann abschließen kann.

Markus: Das ist überhaupt ein Phänomen dieses Thema Familienunternehmen, Familienbrauerei, mit dieser ganz besonderen Art von Bürde, die man eben hat, wenn man in sowas hineingeboren wird. Die auch nicht alle meistern, also viele, aber nicht alle. Und das überlege ich mir manchmal, also ob ich mir wünschen würde, so ein Brauerei-Sohn zu sein oder ob ich eher froh bin, dass ich es nicht bin. Das war bei mir einfach, als Polizistensohn muss man nicht unbedingt Polizist werden. Aber nichtsdestotrotz also spannende Geschichte. Ja, Holger, deine letzte Frage.

Holger: Hans-Peter, für mich ist spannend einfach zu beobachten, wie entwickelt sich es überhaupt in Deutschland mit dem Thema Weißbier, Weizenbier? Das ist noch mal so ein Thema. Und die Dose, also wann kommt Schneider in der Dose?

Hans-Peter Drexler: Schneider in der Dose ist vor einem guten Jahr gekommen.

Holger: Aber nur das Normale, also …

Hans-Peter Drexler: Aventinus.

Holger: Ah ja!

Hans-Peter Drexler: Wir haben es allerdings nicht in Deutschland am Markt, sondern für den Exportmarkt haben wir das geschaffen, weil wir eben auch gesehen haben, dass grad in den, sage ich mal, gut entwickelten Exportmärkten hochwertige Biere auch in der Dosis sehr geschätzt werden. Mussten wir auch erst lernen, dass in der hochwertigen Gastronomie in verschiedenen Ländern die Dose am Tisch mit steht zum Essen, wird halt dort ins Glas eingeschenkt und nicht aus der Dose getrunken, um Gottes Willen, sondern wird ins Glas eingeschenkt. Und da haben wir eben dann reagiert und haben gesagt, der Aventinus in der Dose, das wäre doch was. War natürlich wiederum für mich eine Herausforderung, weil ich gesagt habe, ja, spannendes Thema, aber wenn, dann möchte ich auch in der Dose dieses Thema Flaschengärung umsetzen. Wird genauso hergestellt wie der Aventinus in der Flasche und der Aventinus im Fass, und so ist er halt in der Dose und macht sozusagen eine Dosengärung und eine Reifung dann durch.

Markus: Das ist ja ein geiler Name, eine Dosengärung. Cool!

Hans-Peter Drexler: Gell! Das ist super.

Markus: Ist das so ein bisschen auch euer Weg jetzt auch, also weil ja das Weißbier jetzt da mal so seit anderthalb, zwei Jahren anfängt zu schwächeln und wohl abzusehen ist, dass dieser fast ewige Boom, der war, jetzt mal gebrochen ist? Ist das so euer Weg, da in andere Märkte auch auszuweichen?

Hans-Peter Drexler: Ja klar! Wir sind natürlich auf der Suche nach anderen Märkten, nach neuen Märkten. Klar, müssen wir uns dem Gesetz des Marktes auch beugen und schauen, wo wir noch Möglichkeiten haben für Alternativen. Klar!

Markus: Spannend auf jeden Fall so ein Insight in eine über 40-jährige Braumeister-Geschichte und eine fast 150-jährige Brauerei-Geschichte. Also sehr, sehr spannend und interessant. Und tolle Biere, also liebe Hörer, ihr könnt das gern nachmachen, das ist fast ein bisschen zu spät, am Ende diesen Aufruf zu starten, aber man kann ja noch mal von vorne hören und kauft euch die entsprechenden Biere und testet das mit uns. Dir Hans-Peter, auf jeden Fall ganz, ganz vielen Dank für deine Zeit, für die vielen Infos und natürlich für die Biere und die vorletzten 3 Flaschen dieser Porter Weissen. Ich glaube, es hat uns echt eine unglaubliche Menge Spaß und Freude bereitet, aber auch, wie der Holger schon sagte, es war uns eine ganz, ganz große Ehre, mit dir diese Zeit verbringen zu dürfen. Also auf jeden Fall noch mal Dankeschön und ein schönes weiteres Jahr. Wir werden uns dann sicherlich bei dem einen oder anderen Wettbewerb nächstes Jahr hoffentlich dann auch in Person wiedersehen. Bis dahin erst mal frohe Weihnachten und einen guten Start ins neue Jahr.

Hans-Peter Drexler: Danke, dass ich dabei sein durfte und schöne Weihnachten.

Holger: Ich war entzückt und ich glaube, ich muss jetzt den Hörern dann auch versprechen oder wir müssen es machen, Markus, nicht immer zu überziehen. Also wir sind jetzt schon ein paar Mal abgedriftet. Aber es ist einfach auch so spannend und so toll, gerade wenn man so exzellente Gesprächspartner hat wie den Hans-Peter Drexler. Und wir geloben Besserung. Und frohe Weihnachten!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 47 – Interview mit Ulrike Genz von Schneeeule aus Berlin

Lange Zeit galten Frauen in der Brauerszene eher als exotische Randerscheinung, doch das hat sich relativiert. Gerade bei den historischen Bierstilen sind es Damen, die den vergessenen edlen Tropfen wieder neues Leben einhauchen. Eine der Protagonistinnen dieser Idee ist Ulrike Genz, die als „Schneeeule“ erst die ursprüngliche Berliner Weisse wiedergeboren und mittlerweile zusätzlich eine ganze Palette spannender Spielereien damit vor gestellt hat. Dieser Bierstil gehört zu den vielfältigsten, die die deutsche Bierwelt zu bieten hat, nicht zuletzt, weil ein geheimnisumwobener Cocktail aus Mikroorganismen für die ganz besondere Aromatik sorgt. Im BierTalk verkostet Ulrike sechs Köstlichkeiten aus ihrem Portfolie mit Markus und Holger – und gibt viele interessante Einblicke in das Leben einer Berliner Schneeeule…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Herzlich willkommen zum 47. BierTalk! Wir gehen wieder in die Hauptstadt nach Berlin. So kurz vor Weihnachten immer was Besonderes natürlich. Am Mikrofon ist der Holger und der …

Markus: Markus.

Holger: Wer die Berliner Weisse, und zwar die echte Berliner Weisse, so richtig schätzt, freut sich jetzt mit uns zusammen auf Ulrike Genz. Ulrike, guten Abend und herzlichen Dank, dass du für uns Zeit findest!

Ulrike Genz: Hallo! Vielen Dank, dass ich dabei sein darf.

Holger: Wenn du einfach mal was zu dir sagst und dich kurz vorstellst, damit die Hörer, die dich noch nicht kennen, ganz genau wissen, wer du erst mal bist und alles weitere kommt dann.

Ulrike Genz: Mein Name ist Ulrike Genz. Ich betreibe seit vier Jahren ungefähr die Brauerei Schneeeule. Die macht ausschließlich saure, wilde Biere, und vor allen Dingen Berliner Weisse. Das ist auf jeden Fall mein Lieblingsbierstil. Und ich bin der Meinung, der muss auch so, wie er mal, auch erhalten bleiben.

Holger: Du lebst in Berlin und hast da sogar einen tollen Biersalon für die Berliner Bierkultur, oder?

Ulrike Genz: Jetzt ganz neu in Corona-Zeiten aufgemacht. Sehr verrückt natürlich, aber ja, es gibt einen kleinen Showroom sozusagen für die Schneeeule, in dem man alle Biere kriegt und auch spezielle Biere und alte Biere natürlich. Weil das ist ja die Spezialität von Berliner Weisse, dass man die auch gut mal hinlegen kann und nicht ganz frisch trinken muss.

Holger: Also richtig gereifte Biere. Und du bietest ja auch Bierspezialitäten aus Franken.

Ulrike Genz: Das kommt daher, da mein Mann auch Franke ist und ich, na ja, Wahlfranke würde ich nicht sagen, aber halt ein Franken-Freund bin, mussten wir das natürlich machen.

Holger: Markus, also damit ist klar, du hast mindestens eine Freundin in Berlin.

Markus: Auf jeden Fall!

Ulrike Genz: In Berlin.

Markus: Wenn ich jetzt sehr auf die Kacke hauen wollen würde, würde ich sagen, es sind schon ein paar mehr, aber die Ulrike ist auf jeden Fall die, die mir am meisten ans Herz gewachsen ist. Wir können uns jetzt auch schon lange und ich begleite sie auch schon lange und finde das total spannend, was sie auf die Beine stellt, wie sie es auf die Beine stellt, wie sie es konsequent weiterentwickelt. Und natürlich, dass sie auch regelmäßig bei mir in Bamberg Station macht und wir dann mal so ein bisschen austauschen aus meinem Bierkeller und das, was sie so dabeihat und sie mich eben immer schön mit ihren Spezialitäten versorgt. Also insofern freue ich mich riesig. Und wir haben auch schon mal gemeinsam Fässer durch Berlin mit dem Auto transportiert. Das war auch sehr lustig. Also insofern immer witzig, wenn wir uns treffen.

Ulrike Genz: Das stimmt.

Holger: Das kenne ich auch, wenn man dann Beifahrer ist und der MX5 irgendwie zu klein ist und du hast dann noch vier Fässer auf dem Schoß. Aber wir haben heute viel vor, ein großes Bierpaket steht vor uns. Da dürfen wir vielleicht auch schon verraten, dass das jetzt noch zur Weihnachtszeit auch bestellt werden kann. Und wir schenken dann ein Online-Tasting dazu.

Ulrike Genz: Für alle, die betreutes Trinken wollen, können sie kriegen, von der besten Sorte.

Holger: Da ist das dann einfach so, dass man auf deine Seite geht und das Bierpaket bestellt.

Ulrike Genz: Genau!

Holger: Heißt dann auch BierTalk Paket. Ein ganz genauer Termin steht noch nicht fest, aber das werden wir noch auf die Reihe bekommen, dass wir dann, sage ich mal, so im frühen Februar, Mitte Februar, ein schönes Online-Tasting dazu kombinieren, so würde ich sagen. Jetzt lass uns doch mal eine gewisse Reihenfolge festlegen, weil aus der Erfahrung heraus, wenn man jetzt mehr als drei Biere hat, dann müssen wir einen Plan haben.

Ulrike Genz: Ich würde auf jeden Fall das saure und scharfe heute irgendwie an den Schluss setzen.

Holger: Hot Irmi kommt an den Schluss.

Ulrike Genz: Ja, weil danach ist man meistens so begeistert, dass man gar nichts mehr anderes schmeckt.

Markus: Es ist einfach sehr geil.

Ulrike Genz: Ja, sowieso!

Holger: Wir werden auf jeden Fall sensibel darauf reagieren, aber wahrscheinlich auch noch was schmecken. Dann sind wir doch entweder bei der Marlene oder bei der Yasmin so zum Start.

Ulrike Genz: Marlene ist immer schön mit anfangen, weil dann weiß man, warum man das will. Das ist immer so ein guter Auftakt. Viele kennen Berliner Weisse noch nicht so gut und da wissen sie erst mal: Aha, okay! Das soll jetzt also Berliner Weisse sein, so wie ich Ulrike Genz, Schneeeule das meint.

Markus: Na dann! Auf, auf!

Holger: Das wird doch jetzt ein BierTalk, der mir gefällt. Auf, auf! Genau! Richtiges Stichwort, Markus. Wir machen jetzt die Flaschen auf. Zack!

Markus: Yo!

Holger: Und dann rein damit ins Glas. Ach, wunderbar! Endlich kann ich mal von Anfang an alles genießen, was auf dem Tisch steht. Ulrike, Prost!

Ulrike Genz: Muss ich mal gucken. Moment! Irgendwo habe ich doch, wo habe ich sie denn hingestellt. Hier sind sie. Genau!

Markus: Hast du dein Bier vergessen?

Ulrike Genz: Ja, tatsächlich!

Markus: Nein! Also sowas.

Ulrike Genz: Na ja! Es steht noch draußen, weil hier drin ist es ja eher wärmer.

Markus: Solange können ja wir schon uns ein bisschen damit beschäftigen.

Ulrike Genz: Richtig!

Markus: Holger, was sagst du denn? Wie gefällt‘s dir denn von der Farbe her?

Holger: Ich kenne natürlich nicht alle Schneeeulen, die jetzt hier vor mir stehen, aber die Marlene kenne ich schon ganz lang und ist mein absolutes Aperitif-Bier ganz häufig. Mehr im Sommer, aber ich habe mich da jetzt richtig drauf gefreut. Und das Tolle ist, meine liebe Frau Claudia, die hat dann gestern noch gesagt: Mensch, Holger! Was machen wir eigentlich morgen Abend? Und dann sage ich: Ich kann eigentlich nicht, ich habe einen BierTalk. Und dann sagt sie: Ach, Mist! Dann sage ich: Ja, aber eigentlich auch wieder gut, weil wir verkosten die Schneeeule. Und wenn wir fertig sind, dann trinken wir alles aus. Sagt die Claudia: Oh, Schneeeule, super! Da freue ich mich schon drauf. Das ist doch gut, oder nicht?

Ulrike Genz: Super! Absolut!

Markus: Du bist ja auch ein netter Mann. Ich muss sagen, ich lasse hier nichts übrig.

Holger: Nein, nein, ich lass ihr auf jeden Fall was über. Ich bin auf jeden Fall ein netter Mann. Jetzt hast du dein Bier im Glas, oder?

Ulrike Genz: Yo!

Holger: Wunderbar! Du bist ja eine Diplom-Brauerin und hast dich dann irgendwann entschieden, die Berliner Weisse so richtig wieder zu beleben, und zwar so, wie sie früher war. Und vorm Ersten Weltkrieg war das ja das Getränk in Berlin. Jetzt erzähl doch mal, wie kommt jetzt eine Frau wie du erst mal zum Brauen, Diplom-Brauerin und wie kommt man dann dazu, aus irgendwelchen alten Flaschen irgendwelche Hefen zusammenzukratzen, um geile Berliner Weisse zu machen?

Ulrike Genz: Eigentlich bin ich so wie die Jungfrau zum Kind gekommen, zum Brauwesen, und sowie auch zur Berliner Weissen. Ich habe Biotechnologie studiert, habe noch nie vorher gebraut gehabt und dachte so: Hm! Was willst du denn da jetzt vertiefen? Und da gab’s an der TU medizinische Biotechnologie, allgemeine Biotechnologie und Brauwesen. Da habe ich mir das alles mal genau angeguckt und dachte so: Medizinische Biotechnologie, dann endest du am Ende bei der Pharmaindustrie. Eigentlich findest du das nicht so toll. Allgemeine Biotechnologie wäre auch interessant gewesen, war mir allerdings zu allgemein. Und Brauwesen hat mich im Prinzip deshalb interessiert, weil ich schon immer gerne Bier getrunken habe. Und weil ich gesehen habe: Hey! Das ist ja jetzt nicht nur Mikrobiologie, es ist keine Gentechnik, es ist auch Maschinenbau und Brautechnologie und Qualitätsmanagement. Also das ist ein bisschen so ein Tausendsassa-Studiengang, von jedem ein bisschen was. Da habe ich mich dafür entschieden. Weil es halt auch so ein bisschen bodenständig ist und das mir interessant vorkam. Da habe ich lange Zeit eigentlich nicht so ganz gewusst, was mache ich denn jetzt damit? Weil es war natürlich hauptsächlich Industriebrauerei, was man dort gelernt kriegt. Und die Craftbier-Brauerei war noch gar nicht irgendwie up to date. Ich wusste zwar, dass man auch zu Hause brauen kann, hatte es aber noch nicht gemacht. Das kam dann erst, als ich das erste Mal richtig hopfige Biere mal probiert hatte, weil es die noch nicht in Deutschland zu kaufen gab. Berliner Weisse kannte ich eigentlich auch nur von Kindl. Und eines Tages hat der Braumeister vom VLB ein Fass Berliner Weisse mal auf ein Fest mitgebracht. Ich habe das probiert und fand das eigentlich total gut. Ich hatte das so nicht erwartet. Wie manche, viele Leute eigentlich auch auf meine Biere reagieren, sagen: Ach so ist Berliner Weisse? Das kenne ich so nicht. Auch wenn heutzutage öfter mal saure Biere in Brauereien stehen, eigentlich fast in jeder kleinen Craft-Brauerei, die müssen irgendwelche sauren Sachen haben, meistens irgendwelche Fruchtkettesäuren, irgendwas Biere. Trotzdem kennen sie oft so eine Berliner Weisse mit Brettanomyces und so eigentlich nicht. So habe ich eigentlich auch sehr positiv darauf reagiert, auf dieses Bier, und wollte das eigentlich gerne haben, weil es war nicht so stark, es war säuerlich, es war interessant. Aber woher kriegen? Der Braumeister vom VLB, der verkauft das natürlich nicht, der macht das nur mal aus Spaß für sich selber. Ansonsten hat es keiner mehr gebraut. Und Kindl habe ich dann probiert, fand ich dann nicht so toll. Also was machst du als Braustudent? Man fängt an, das selber zu entwickeln und selber zu brauen. Das war ein langer Weg, weil ich mir alles irgendwie selbst anlesen und aneignen musste und heranziehen, also: Woher kriegt man Lactobacillus? Woher kriegt man Brettanomyces? Wie füttert man die, wie zieht man die hoch? Eigentlich habe ich immer nur Papers gefunden, wo drinstand, wie ich die wieder loswerde, aber nie, wie ich die eigentlich kultiviere. Und so hat das aber ein bisschen gedauert, und dann habe ich ganz brauchbare Getränke fabriziert. Und hatte die dann meinem Bier-Dealer des Vertrauens mal vorgestellt vor lauter Stolz, dem Ludger vom Hopfen & Malz. Und der hat gesagt: Ja hier, musst du mehr machen. Ich habe einige Leute, denen ich das verkaufen kann. Und dann nahm das so seinen Anfang.

Holger: Die Marlene, war das dann dein erstes oder kann man das so nicht sagen?

Ulrike Genz: Na ja! Man fängt erst mal auch mit einem Grundbier an natürlich. Bevor man da irgendwelche Sachen reinmischt, muss man ja erst mal wissen: Was willst du eigentlich? Wie soll das Bier denn sein? Dann war im Prinzip Marlene, klar, mein erstes Bier. Natürlich hieß das damals noch nicht Marlene, sondern Berliner Weisse von Ulrike. Weil das kam ja dann erst mit der Schneeeule auf. Da war ich ja noch nicht Schneeeule, da war ich ja noch Ulrike.

Markus: Von der VLB, das war der Kurt Marshall, oder?

Ulrike Genz: Genau! Das war und ist er immer noch nämlich.

Markus: Der hat ja früher auch immer diese großen Flaschen Berliner Weisse gemacht, die man dann so unter der Hand irgendwie mal bekommen hat. Und wenn man dann welche bekommen hat, war man ganz froh. Und der hat sich da wirklich sehr intensiv damit beschäftigt, fand ich total spannend. Was man vielleicht auch noch dazu sagen muss, was du ja auch noch machst, ist ja so, dass die klassischen Weisse-Brauer auch gesagt haben, so ähnlich wie in Belgien die Geuze-Brauer, sie machen die Bierwürze gar nicht selber, sondern holen die sich bei einer Brauerei und veredeln die sozusagen dann mit ihrer Berliner-Weissen-Kunst. Das war bei dir am Anfang sicherlich auch schon so, oder?

Ulrike Genz: Das musste sich auch alles erst mal entwickeln. Das ist ja winzig, wie ich angefangen habe. Ich habe dann, weil ich ja nicht wusste, hm, wie machst du das, irgendwo Kuckucks-Brauen, wie es da jetzt und auch damals schon so ein bisschen angelaufen ist, das geht ja gar nicht. Weil alle sagen so: Wat willst du? Brettanomyces, Lactobacillus? Na, geh mal weg! Und da brauchte ich irgendwas, um Würze herzustellen. Erst mal wusste ich ja auch noch gar nicht, was machen wir denn so. Hm! Da habe ich Herrn Bogk angequatscht. Der Herr Bogk, der hatte ja damals 2013 eine Crowdfunding-Aktion gemacht für Berliner Weisse. Also hat im Prinzip mit einer Berliner Weissen, mit seiner Berliner Weissen, die er da selber gebraut hat, hat er Crowdfunding-Geld eingesammelt und hatte damit echt viel Erfolg. Also viel mehr Erfolg, als er sich gedacht hatte. Und hatte sich davon eine 50 Liter Hobbybrauer-Anlage gekauft. Hat dann damals, seine ganzen Crowdfunding-Leute da gebraut. Und dann stand sie im Keller rum, weil er aus seiner alten Location rausgeflogen ist. Er hatte aber schon mit dem Organisator des alten Willner-Brauerei-Geländes abgemacht, dass er da einen kleinen Raum sich aufarbeiten darf, also hinterm Sudhaus 14 Quadratmeter. Als wir angefangen hatten, hatte das noch ein Fenster nach draußen. Als wir fertig waren, war das Fenster verschlossen, weil da war dann eine Tischlerei davor. Aber wir hatten es dann gefliest und Wasser und Strom dahingelegt und konnten dann da brauen. Und da haben wir auf 50 Liter und 100 Liter Plastik Containern die erste Weisse für den Berliner Weisse Gipfel gebraut. Der war im März 2016. Da haben wir unser erstes Bier und auch die Schneeeule das erste Mal vorgestellt mit auf 50 Liter Hobbybrau-Anlage gebrauter Berliner Weissen.

Markus: Das war auch eine sehr spannende Location. Also das war praktisch dieser Innenhof von der alten Willner Brauerei. Da war dann ein Biergarten drin, so richtig Urban Style, wie man sich Berlin eben so um die Zeit vorgestellt hat, sehr rudimentär, sagen wir mal so. Und da eben dann um die Ecke ging’s dann rein in diesen Raum, wo die Berliner Weisse Brauerei war. Im Sommer hat man dann draußen auch mal ein Bierchen trinken können, so ein bisschen under-cover-mäßig. Und das war schon echt superspannend und wirklich so sehr auch Berlin Style, finde ich, wie das damals angefangen hat.

Ulrike Genz: Berlin Style ist ja mehr so rumpelige Location mit abgefallenem Putz an der Wand und irgendwie zusammengeklauten Stühlen und Tischen und olle Sofas, die einer loswerden wollte. Und so sah das auch aus. Also da im Sudhaus, da hat eine Künstlergruppe Lesung gemacht und so Gedichte und Geschichten und so. Die hat da getagt und hat das so ein bisschen als eine Art Bar benutzt. Und da im Hinterzimmer hatten wir dann am Ende diese kleine Brauerei. Und unter der Bühne war sozusagen unser Lagerplatz. Ja, das war sehr abenteuerlich. Auf jeden Fall!

Holger: Wir können ja noch mal sozusagen ins Berlin der 20er Jahre zurückkehren. Wahrscheinlich hat ja Marlene was mit Marlene zu tun. Auf jeden Fall, wenn ich jetzt mir die Farbe anschaue, dieses Strohblonde passt ja zu der Frau, die man so kennt.

Ulrike Genz: Stimmt! Das mit der Farbe ist mir noch gar nicht aufgefallen. Siehst du!

Holger: Wir sind ja sowieso den Hörern auch noch schuldig, einfach das Bier auch noch so ein bisschen zu beschreiben. Ich habe ja gerade schon gesagt, so strohgelb und naturtrüb. Was mir so entgegenspringt, ist so eine schöne Holundernote.

Ulrike Genz: Holunder.

Holger: So richtig schön erfrischend, fruchtig und so angenehm säuerlich spritzig. Und deshalb habe ich auch vorhin gesagt, das ist für mich ein ganz tolles Aperitif-Bier. Und hat auch noch nicht ganz so viel Alkohol wie jetzt andere Biere, mit denen wir manchmal hier starten, nur 3,5 % Alkohol. Also ich finde, das ist ideal. Was sagst du denn, Markus?

Markus: Ein wunderbares Bier. Ich mag das total gerne. Und auch gerade so als Aperitif, als habe auch nächste Woche zum Beispiel ein Online-Tasting, wo ich die Marlene als Aperitif gesetzt habe oder auch ganz bewusst in Präsenzveranstaltungen, weil das so ein Augenöffner ist. Also den Leuten einfach zu zeigen, was Bier alles sein kann, was für faszinierende Eigenschaften da auch drinstecken und wie harmonisch und schön rund auch so ein eher säuerliches Bier sein kann. Holunder habe ich auch und so ein bisschen Apfel, Apfelmost, ein bisschen Birne vielleicht auch. Also ein sehr komplexes Bier in seiner Aromatik. Und von der Säure eben sehr ausgewogen, und aber auch nicht so platt. Also du hast ja gerade gesagt, Ulrike, es gibt ja noch die kommerziellen Berliner Kindl Weissen zum Beispiel, die werden ja eigentlich mehr oder weniger nur hergestellt, damit man sie dann mit den Sirups mischt, also zu einer Roten oder zu einer Grünen Weissen zu machen. Und da kippe ich dann eben diesen Zuckersirup rein und dadurch neutralisiere ich die Säure und brauche sie andererseits auch wieder in dem Bier, damit das überhaupt funktioniert. Und das ist gar nicht dafür gemacht, solo getrunken zu werden. Und wird auch nur noch mit Milchsäure hergestellt und eben gar nicht mehr mit diesem spannenden Cocktail, der eben in der Berliner Weissen eigentlich früher immer drin war, und jetzt dank dir auch wieder drin ist. Das finde ich, hinterlässt eben in dem Bier auch seine Spuren in ganz, ganz viele verschiedene Ecken und Richtungen. Und bei der Marlene eben sehr, sehr geschmeidig, auch ein schönes Einsteiger Berliner Weisse Bier und auch eins, was man schön aufheben kann. Also wenn das dann älter wird und reift, dann wird es natürlich immer spannender. Lasst uns das nächste Bier probieren, oder Holger, was meinst du?

Holger: Du hast vollkommen recht, wir müssen das nächste Bier entern. Ulrike, jetzt kommst du wieder ins Spiel. Was sollen wir nehmen?

Ulrike Genz: Yasmin, würde ich sagen.

Holger: Nehmen wir Yasmin. Sehr gut!

Ulrike Genz: Fangen wir mit den Blümchen an.

Markus: Oh ja!

Ulrike Genz: Ich bin ja eine Blümchentante, mache am liebsten Blümchen in mein Bier, weil Früchte kann ja jeder.

Markus: Kein Blümchensex, sondern Blümchenbier sozusagen.

Ulrike Genz: Genau! Und auch kein Blümchenkaffee.

Markus: So, jetzt haben wir aber alles Klischees abgefrühstückt, und trotzdem nur bei 3,5 %, liebe Leute.

Ulrike Genz: Ja, klar! Das ist ja das Schöne. Man kann davon auch mehrere trinken, auch am Morgen. Okay, eigentlich ist meine Berliner Weisse schon relativ stark mit den 3,5 %. Wenn man sich jetzt so historische Flaschen mal vornimmt, da haben die meistens nur so 2 %.

Holger: Da hast du ja dann richtig reingehauen. Ich meine, von 2 auf 3, …

Ulrike Genz: Aber ja!

Holger: … das ist ja der Wahnsinn.

U: Es ist natürlich so heutzutage, die meisten Leute kaufen, wenn sie Bier kaufen oder überhaupt Getränke mit Alkohol, kaufen sie am liebsten den Alkohol, also sprich, das Verhältnis zwischen Geld und Alkohol muss stimmen. Und da ist mein Bier immer so ein bisschen im Hintertreffen, weil das ja an sich nicht so stark ist und trotzdem ganz schön teuer. Und wenn das jetzt noch dünner wäre, hatte ich befürchtet, dass es am Ende nicht mehr schmeckt. Vielleicht muss ich mal eine Diät Weisse machen. Obwohl Diät darf man nicht sagen. Mal so eine dünne, weil ich bin mir auch sicher, dass sie auch mit 2 % noch gut schmecken kann.

Markus: Ist auch die Frage, ob das jemals so ganz genau gemessen worden ist. Und überhaupt, es ist ja auch ein Bier, was lebt, also was sich ja noch entwickelt und wo der Alkoholgehalt ja auch nicht unbedingt in Stein gemeißelt ist.

Ulrike Genz: Im Prinzip ja. Ich glaube auch, genau aus diesem Grund haben sie das früher dann ein bisschen dünner gemacht, gerade weil es sich da halt noch weiterentwickelt hat. Dann haben sie da vielleicht ein bisschen zu viel noch Restextrakt drin gehabt und dann hat es sich so extrem entwickelt, dass dann die Flaschen geborsten sind oder so. Irgendwann mal gab‘s ein Jahr, weiß ich gar nicht mehr, welches Jahr das war, das war aber legendär für seine Atom Weisse. Da hatten sie irgendwas umgestellt, glaube ich, und da sind die ganzen Flaschen hochgegangen und haben sich dann so hübsche Schaum- und Bierpilze über der Flasche gebildet. Kann sein, dass sie deshalb ein bisschen vorsichtiger waren, oder dass es auch historisch möglichst dünn war, weil die Leute haben es ja statt Wasser getrunken. Natürlich wollte der Brauer auch möglichst viel Bier ausholen aus seinem Sud.

Holger: Ich habe jetzt nicht so eine ganz vorrangig so eine Yasmin-Thematik, wie ich jetzt bei einem Yasmin-Tee bei einem Chinesen oder so habe. Schon so eine blumige Note, so eine Hopfennote, ist ein bisschen deutlicher als bei der Marlene.

Ulrike Genz: Ich finde, Yasmin, es schmeckt eher so ein bisschen süßlicher, weil man mit Blüten eher sowas Süßliches verbindet. Interessant, dass du das als Hopfennote bezeichnest.

Holger: Nicht so plump bitter, sondern wenn ich jetzt mit Aromahopfen arbeite, dann ist es oft so, dass es dann von den Bittereinheiten vielleicht schon auch deutlich ist, aber diese Fruchtigkeit, die man auch in der Nase hat und so, die bindet die Bittere so ein. Ich glaube, das ist das, was mich so daran erinnert. Also ich denke da jetzt nicht an Hallertauer Mittelfrüh, sondern dann schon an so Flavour Hopfen.

Ulrike Genz: Die haben ja auch so Blümchennoten. Das stimmt.

Holger: Ja genau!

Markus: Ich finde auch, es hat mehr Säure, also für mich jedenfalls. Es ist intensiver von der Säurenote und das macht das auch spannend. Also ist ein bisschen länger irgendwie, bleibt auch länger im Mund, dann kommt für mich so dieses Florale, das blüht dann so richtig auf.

Ulrike Genz: Mhm (bejahend). Ja.

Markus: Warum heißt das Ganze eigentlich Schneeeule? Jetzt reden wir da die ganze Zeit drüber, du hast ja jetzt nicht unbedingt Flügel und schaust eigentlich normalerweise auch nicht aus wie eine Eule. Wie kommst du denn auf so einen Namen?

Ulrike Genz: Erstmal war es eine Schnapsidee. So, ah, wie nennen wir das Ding? Ah, guck mal, geil, neue Rechtschreibung, drei E in der Mitte. Super! Das sieht gut aus. Und dann ist das tatsächlich aber so eine künstlerische Entscheidung, wo man dann hinterher merkt: Ey! Eigentlich passt es wie Arsch auf Eimer, weil es gibt eigentlich einige Begründungen mehr für die Schneeeule. Als erstes ist natürlich die Eule als Vogel fast ausgestorben, weil der Lebensraum fehlte oder fehlt oder immer kleiner wird. Das war ja Berliner Weisse auch fast, ausgestorben. Dann ist der Vogel auf dem Etikett eigentlich auch so ein bisschen, wie ich mir das Bier eigentlich vorstelle. Die Flügel sollen den Schaum symbolisieren und nur das Gelbe in den Augen ist das Bier. Weil a) ist es gelb und b) ist es nicht so stark. Dann ist es natürlich auch ein bisschen Zusammensammeln und Bewahren von altem Wissen, was ich damit betreibe. Meine Oma hat gesagt: Wat den een sien Uhl, is den annern sien Nachtigall. Was so viel heißt wie: Na ja! Es schmeckt halt auch nicht jedem. Mir ist jetzt auch aufgefallen, wenn man nach dem E die 3 Buchstaben sieht, dann ist das fast mein Vorname, Ulli. Und so gibt’s immer wieder ein paar Ansätze, das auch ein bisschen zu erklären und zu sagen, warum das jetzt Schneeeule heißt.

Holger: Das hat jetzt gar nichts mit dem Bier zu tun und ich kriege auch keine Verbindung hin, aber was mich total absolut begeistert an Eulen, ich weiß gar nicht, ob ihr das wisst, die fliegen ja lautlos. Also die haben Federn, die quasi die Luft schneiden. Und dann gibt es kein Windgeräusch. Wenn eine Eule im Anflug ist auf Beute, dann hört die Beute die Eule nicht. Also ich weiß jetzt nicht, wie man das jetzt verbindet mit dem Bier. Markus, das musst du jetzt machen.

Markus: Du, überhaupt gar kein Problem, weil ich merke gerade bei mir, wie lautlos im Anflug die Lust auf das nächste Bier ist. Weil mein Glas ist nämlich leer und jetzt im Hintergrund kommt da schon die nächste Eule angeflogen und sagt: Hey! Mach mich auf!

Ulrike Genz: Hallo!

Markus: Aber jetzt müsste ich noch wissen, welche?

Ulrike Genz: Wir nehmen zwischendurch mal ein dunkles, der August‘schen Eule Bock.

Markus: Also Bock auf Bock haben wir immer. Gar kein Thema! Jetzt in der Bockbierzeit sowieso, dann gerne auch mal Bock sauer.

Ulrike Genz: Dann lass uns doch August mal aufmachen.

Holger: Nein, unbedingt! Ich glaube auch, das ist gut jetzt.

Markus: Ihr müsst euch einfach überlegen: Seit wir diesen BierTalk machen, würde ich gerne die Schneeeule Biere probieren. Das sind jetzt fast neun Monate und da hat sich ein bisschen was aufgestaut. Und jetzt stehen die alle vor mir rum und lächeln mich alle so an mit ihren Äuglein zwischen den Flügeln. Und dann will ich einfach auch.

Holger: Dann kommt der August dran, oder? Der August.

Markus: Eben!

Ulrike Genz: Machen wir mal August. Genau!

Holger: Also August.

Ulrike Genz: August, August. Während ich die Berliner Weissen eigentlich ganz gerne auch in einem großen Glas sehe, kann ich für August auch sagen, den kann man auch in so einem Teku reingießen. Weil a) ist er nicht so arg karbonisiert und b) hat er auch schöne Nase. In so diesen großen Berliner Weisse Gläsern sammelt sich ja die Nase nicht so gut.

Markus: Herrlich! Herrlich!

Ulrike Genz: Dafür sind sie ja auch gemacht.

Markus: Das muss man vielleicht den Hörern auch beschreiben. Das klassische Berliner Weisse Glas, von dem die Ulrike spricht, das ist mehr oder weniger ein Kelch. Also so ein bisschen der heilige Gral des Bieres, das ist dann das Gefäß für die Berliner Weisse, nach oben offen, wie man das eben so kennt. Hat aber eben auch den Nachteil, dass dadurch die Aromen eben relativ schnell verfliegen können. Und wenn wir jetzt so ein aromatisches Bier haben, da ist es natürlich schön, wenn man ein Glas hat, was oben ein bisschen zusammengeht, so ein bisschen Kamin hat, der die Aromen zusammenhält, dass wir die jetzt auch riechen können. Da freue ich mich jetzt schon drauf.

Holger: Dann beschreib doch mal ein Bier.

Markus: Ich? Okay! Dann fange ich da mal ein bisschen an. Es ist schon mal allein von der Farbe her natürlich sehr, sehr schön. Es ist jetzt ein Orangebraun, würde ich sagen, ein schöner Holzton fast. Auch der Schaum hat eine schöne leichte Tönung. Wenn man das Ganze im Glas hat und das Glas ein bisschen dreht, dann haftet das richtig an. Also da merken wir schon, gut, da ist jetzt ein bisschen mehr Alkohol im Spiel. Wenn man reinriecht, dann kommt auch so ein bisschen eine Holznote raus, ein Karamellton. Natürlich auch diese typischen Brettanomyces-Aromen, also ein bisschen schweißig, Pferdedecke sagt man ja auch so dazu. Wilde Aromen, dann kann man auch in die Beeren gehen, so Pflaumen Trockenpflaumen, alte Pflaume, sowas in diese Richtung. Und man merkt diese säuerlichen Noten auch, also Essig wäre jetzt das falsche Wort, aber so ein bisschen in die Richtung geht das. Probieren wir das mal. Und da haben wir jetzt ein schönes Spiel aus der Süße, die das Bier mitbringt. Dann eben so weinigen, rosinige Noten. Geht dann über in das leicht Holzige. Ist insgesamt relativ trocken und hat dann so einen Abgang wie so ein Dry Cherry. Und der bleibt dann auch relativ lang und wird immer mehr beerig, also immer mehr in dieses Weintraubige. Und bleibt ganz, ganz lange da. Ein ganz spannender Trunk. Wenn ich Zigarre rauchen würde, dann würde ich dazu wahrscheinlich eine Zigarre anstecken.

Ulrike Genz: Das Typische von diesen Brettanomyces-Bieren, dass die so lange auf der Zunge bleiben.

Markus: Ein bisschen Apfel auch für mich, also so richtig sehr reifen Apfel, lange gelagerten, auch Apfelmost, in diese Richtung. Also sehr komplexe Aromatik.

Holger: Jetzt fragt man sich natürlich so: Wer ist August? Ich kenne eigentlich nur einen, der Begründer der Borsig Werke. Ist das der August?

Ulrike Genz: Ja, das soll nach August Borsig benannt worden sein.

Holger: Echt?

Ulrike Genz: Jawoll! Ich habe dort meine Fermentationsräume und demnächst auch Brauräume.

Holger: Da ist ja so ein altes Industrieareal.

Ulrike Genz: Riesengroß.

Holger: Ich habe ja übrigens neun Jahre in Berlin gewohnt.

Ulrike Genz: Alte Gebäude.

Holger: Das muss man vielleicht erwähnen, wenn man so lange miteinander spricht, Ulli. Also neun Jahre habe ich in Berlin gewohnt.

Ulrike Genz: Wo denn?

Holger: Mittenwalder Straße, direkt an der Marheineke Markthalle.

Ulrike Genz: Aha!

Holger: Aber da war das noch nicht so hip, wie das jetzt ist. Da war das noch normal Kreuzberg, 61er Kiez.

Markus: Also 1935 oder so, ne?

Holger: So ist es, Markus. So ist es. Du hast es wieder ganz genau auf den Punkt gebracht.

Ulrike Genz: Aber viele Berliner kennen ja auch die Borsig-Werke gar nicht, auch wenn sie länger in Berlin wohnen.

Holger: Ja, ja, aber das ist ja typisch Berlin, also jeder ist in seinem Kiez. Ich habe mal eine Mitarbeiterin in Berlin gehabt, die liebe Frau Lohmann, da ging’s irgendwie um die Charité. Da hat dann irgendjemand gefragt, wo die Charité ist, und sie konnte es nicht erklären. Ich hab‘s dann erklärt und habe dann gesagt, das kann doch nicht wahr sein. Sie leben jetzt 55 Jahre in Berlin und können nicht erklären, wo die Charité ist. Und dann hat die zu mir gesagt: Wenn ich Berlin verlasse, fahre ich nach Tegel.

Markus: Ich hätte ja beim August ehrlich gesagt auf August den Starken getippt, auf den Sachsen-Herrscher.

Ulrike Genz: Ja, aber der hat ja keinen Bezug zu Berlin.

Markus: Aber für Bockbier.

Ulrike Genz: Nein, als ich das gebraut hatte und fermentiert hatte, da hatte ich mal ein Interview vom Tegler Kurier. Und der hat gesagt, ich müsste mal was machen, was ein bisschen Lokal-Bezug hat. Da dachte ich: Hm! Eigentlich ja. Und August Borsig, dadurch dass ich ja da in Borsig-Werken bin, ist ja dann so sehr lokal Tegel. Und der ist ja auch ein interessanter Typ eigentlich. Der hatte damals Maschinenbau gelernt und war dort keine besonders große Leuchte. Ist eigentlich fast durchgefallen in seiner Lehre. Und Herr Egells, nach dem die Egellsstraße, die Zufahrt zu den Borsig-Werken benannt ist, der hatte ihn dann aber aufgenommen. Und dann hatten die irgendwie die Idee zu diesem Lokomotivbau. Und damit sind die dann richtig groß geworden. Und auch das ganze Ding ist riesengroß. Das ist nicht nur das, wo da jetzt MAN und Borsig arbeitet, sondern ist ja noch ein Riesen-Einkaufszentrum, was damals noch mit dazugehörte, und ein Riesenareal noch, wo Amazon jetzt seine Lager hat. Und auf der anderen Seite habe ich jetzt so einen kleinen Keller mit den Vagabunden, das war auch alles Borsig-Werke. Und dann gibt’s ja auch noch die Wohngebiete dazu, weil der Herr Borsig, der hat nämlich für seine Arbeiter auch Wohnungen gebaut und der hat für die eine Krankenversicherung gemacht und eine Sterbeversicherung und sowas. Also der war, glaube ich, kein schlechter Chef und auch erfolgreich.

Holger: Ich denke, das war auch so die Zeit von den ganz großen Industriellen, die damals losgelegt haben.

Ulrike Genz: Ja.

Holger: So ähnlich wie Krupp auch, der ja auch sehr viel für seine Arbeiter getan hat. Und außerdem, Markus, ich meine, jetzt steht hier Marlene und August und Kennedy, und wie kommst du dann auf August den Starken? Also jetzt geht’s wieder mit dir durch…

Ulrike Genz: Na, weil es das stärkste Bier ist von Schneeeule.

Holger: Wie kommt man jetzt dazu, irgendwie aus 50 Jahre alten Berliner Weisse Flaschen sich irgendwelche alten Hefestämme zurecht zu kratzen und die versuchen wieder zu beleben? Erzähl doch mal, wie war das?

Ulrike Genz: Das ist ja erst mal nicht hundertprozentig als erstes meine Idee gewesen, sondern die von Herrn Bogk. Der hat sich damals im Internet so eine Flasche ersteigert und hat das dann ins Labor gebracht, weil er gelesen hat, dass die Hefen da noch so lange überleben. Und hat das dann da sich wieder lebendig machen lassen, also isolieren und wachsen und so. Als er mir die in die Hand gedrückt hat, waren die allerdings auch schon leicht ein Malat, weil er die schon im Kühlschrank in so einem kleinen Röhrchen gehalten hatte. Aber sind gut wieder angewachsen. Nach seinem Vorbild habe ich das dann im Prinzip auch gemacht. Ich habe zwischendurch noch eine Studienarbeit für Herrn Lemke gemacht über Berliner Weisse. Der hatte das Glück, jemanden zu kennen, der die Kulturen noch in seinem Kühlschrank hatte, weil das war früher der Brauchef oder der Laborchef vom VLB. Die hatten ja damals auch eine Brauerei. Und der hat die auch so ein bisschen erhalten, diese alten Stämme. Und da hatte ich auch die Möglichkeit, mal auch andere zu probieren. Das war auch sehr interessant. Dann habe ich Brettanomyces aus jüngeren Bieren gefunden. Die hatte mir der Braumeister vom Bayerischen Bahnhof mal in die Hand gedrückt, mit den Kulturen vom Bogk. Und diese vom Bayerischen Bahnhof habe ich dann angefangen zu brauen. Also das waren meine ersten eigenen Berliner Weisse Kulturen.

Markus: Da haben wir ja eigentlich schon die interessanten Personen alle beieinander, finde ich. Also einmal der Andreas Bogk, der ja eigentlich aus der Computer IT Nerd-Szene kommt. Das finde ich ganz spannend. Also ich habe mit dem mal ein langes Interview geführt und da hat er mir eben erzählt, dass er eigentlich bei so einem IT-Kongress war, wo sie eigentlich versucht haben, so rum zu hacken und sich in Systeme rein zu graben. Und dann haben sie da eben gesagt: Mensch, so ein bisschen Rahmenprogramm müssen wir auch machen. Und dann war damals eben Rahmenprogramm Bierbrauen. Und über dieses Bierbrau-Rahmenprogramm kam er überhaupt erst auf den Trichter, da jetzt irgendwie Bier zu machen, und kam dann eben heim nach Berlin und hat erst mal ausprobiert ohne Ende. Und wie das bei uns Männer so ist, erst mal die Küche seiner Freundin komplett zerstört mit Bier-Equipment und den Dingen, die da so übrigbleiben, und sich dann eben so reingewurschtelt. Und ich meine, dann bist du da, die sich eben sehr intensiv um das Thema kümmert und der Oli Lemke, den wir ja auch schon im BierTalk hatten, der das ein bisschen erzählt. Und natürlich auch der Matthias Richter dann aus Leipzig, der dann in Sachen Gose da sehr viel experimentiert. Das finde ich, ist einfach spannend, wie so eine Community zu haben, die sich gegenseitig auch befruchtet und einfach schaut, wie kann man diese Mikroorganismen quasi so ein bisschen unter Kontrolle halten, austauschen, so Hefebanken haben, wo man sich auch gegenseitig unterstützt. Weil es ja auch immer gut ist, wenn die Kulturen noch irgendwo anders existieren, falls mal irgendeine über den Jordan geht. Also das ist wirklich eine ganz, ganz interessante Sache und kannte man so in Deutschland ja gar nicht. Man war ja eher auf die schöne, saubere, klare untergärige Gärung aus und alles andere war ja potenziell eher so ein Risikoherd. Und das finde ich schon toll, dass das jetzt gebrochen ist und die Leute auch wieder Spaß daran finden und du eben auch deine Biere verkaufen kannst. Das war ja auch ein Thema, dass am Anfang Leute überhaupt nicht verstanden haben, was da in ihrem Glas landet, und mit großen Augen einen erst mal angucken und fragen: Dit is Bier?

Ulrike Genz: Nach wie vor, Markus. Du glaubst es nicht.

Markus: Und das ist immer Aufklärungsarbeit, die da auch zu leisten ist. Aber das Schöne ist, man kann sich das halt auch antrinken. Also wenn man da mal so ein paar hatte, dann gewöhnen sich die Leute dran, dann finden die das auch schön und dann merken die auch, was das Besondere an so einem Getränk ist.

Holger: Und das Schöne ist ja, wir haben jetzt auch noch drei Flaschen vor uns und könnten jetzt zur nächsten übergehen.

Markus: Mhm (bejahend).

Ulrike Genz: Hm!

Holger: Da würde ich doch fast vorschlagen, also entweder Sandy oder Kennedy.

Ulrike Genz: Nach diesem starken Bier, August, das hat ja auch eigentlich eine gute Hopfennote, der Kennedy passt da ganz gut dazu.

Holger: Machen wir den auf.

Ulrike Genz: Genau!

Holger: Aber vielleicht zwischendurch, du hast ja irgendwas mit Atomflaschen, die dann explodiert sind?

Ulrike Genz: Ja.

Holger: Da vielleicht noch mal so eine Hörerquiz-Frage: Was bezeichnet man denn in der Verbindung mit Bier sozusagen als U-Boot? Das wisst ihr beiden doch bestimmt.

Ulrike Genz: Als U-Boot?

Holger: Als U-Boot, ja.

Markus: Du hast es mir schon zu oft erzählt. Ich weiß es.

Holger: Du weißt doch, was ein Pinneken ist, oder?

Ulrike Genz: Nee.

Holger: Das ist ein kleines Schnapsglas. Das ist ein Pinneken. Und ein Pinneken versenkst du einfach in ein Bierglas. Also natürlich mit Schnaps gefüllt. Und das trinkst du da.

Ulrike Genz: Ja. Kannst du bei Berliner Weisse auch machen.

Holger: Das könnte man auch machen. Und jetzt ist halt die große Frage: Was ist ein Atom-U-Boot? Also was jetzt ein U-Boot ist, ist ja klar. Und was ein Atom-U-Boot ist, das hat also jetzt nicht mit irgendwelchen Nachgärungshefen zu tun, könntest du vielleicht jetzt gerade so in die falsche Richtung denken, sondern das ist einfach umgekehrt.

Ulrike Genz: Ein Bier im Schnaps versenkt?

Holger: So ist es. Wenn man aus dem Ruhrgebiet kommt, dann kennt man solche Spielchen.

Ulrike Genz: Alter!

Holger: Jetzt haben wir Kennedy im Glas.

Markus: Jetzt wissen wir auch, warum der bayerische Horizont in der Regel nördlich des Mains aufhört.

Holger: Na ja! Jetzt beschäftigen wir uns mit dem Kennedy.

Ulrike Genz: Alles klar!

Holger: Der Kennedy ist jetzt auch ein Vorbild für dich? Also so als Thematik „Ick bin ein Berliner“? Oder wie kommst du da drauf? Weil es gibt ja noch viele andere Berliner Helden.

Ulrike Genz: Ja, das stimmt!

Holger: Willy Brandt zum Beispiel. Du könntest auch mal ein Willy-Bier machen.

Ulrike Genz: Das stimmt. Oder eigentlich muss ich mal ein starkes Bier machen, was so nach, na, wie heißt er, Juhnke.

Holger: Ja, Harald Juhnke.

Ulrike Genz: Sowas müsste ich eigentlich machen. Der Kennedy, den habe ich eigentlich als Kennedy bezeichnet, weil er halt kalt gehopft war. Als ich damit angefangen hatte, habe ich hauptsächlich amerikanischen Hopfen benutzt, weil wir das so in der Zunft so ein bisschen geübt haben mit amerikanischem Hopfen. Und da hatten wir etliche zum Üben zur Verfügung. Da dachte ich: Außerdem ist es eigentlich von meinem Standpunkt aus eher so eine amerikanische Technik auch, weil ja ganz am Anfang gab’s ja auch Diskussionen, ob das überhaupt nach deutschem Reinheitsgebot erlaubt wäre, das kalt zu hopfen. Und das war so ein bisschen amerikanisch halt, und da dachte ich, passt eigentlich dann Kennedy ganz gut dazu. Außerdem: Ick bin ein Berliner, weißt du.

Holger: Ja, unbedingt!

Ulrike Genz: Passt ja auch gut.

Markus: Auf jeden Fall! Wobei ich mir wünschen würde, du könntest auch mal ein David Bowie Bier machen. Das fände ich auch schön.

Ulrike Genz: Das stimmt! Können wir auch mal machen.

Markus: „Major Tom“-mäßig.

Ulrike Genz: Ja, es gibt einige. Also wie gesagt, da gibt’s ja auch noch Billy Wilder oder Wilder Billy heißt der bei mir. Der Billy Wilder hat ja seine Karriere auch in Berlin eingefangen. Oder Otto, wie Otto Lilienthal. Da gibt’s doch einige. Also es ist noch Luft nach oben.

Markus: Ja, also wenn du mal einen Namen brauchst, sag Bescheid.

Ulrike Genz: Kein Problem! Nur das Yasmin, das hat noch keine richtige berühmte Entsprechung. Ist halt Yasmin drin.

Markus: Da setzt eben das Bier mal den Trend. Ist ja auch schön.

Ulrike Genz: Genau! Ist auch nicht schlecht.

Holger: Was ist denn jetzt das Besondere am Kennedy?

Ulrike Genz: An dem Bier meinst du?

Holger: In dem Getränk, was so schön mild und fruchtig nach Zitrone und Grapefruit und grüner Apfel und Orange und so ein bisschen Toastbrot und Zitronenschale in unserem Glas verweilt. Deshalb trinke ich es jetzt mal. Prost!

Ulrike Genz: Mach mal! Es ist kaltgehopft. Ich hatte angefangen mit amerikanischem Hopfen. Mittlerweile bin ich zu deutschem Hopfen übergegangen, weil es natürlich schwierig ist, in diesen kleinen Mengen, wie ich sie brauche, amerikanische Hopfen frisch zu kriegen. Und außerdem denke ich, dass deutscher Hopfen zu einem europäischen deutschen Bierstil auch besser passt. Und hier sind Callista und Monroe reingebraut. Ich finde ja auch, Monroe hat einen tollen Namen da für das Bier.

Markus: Und passt perfekt zu Kennedy wieder.

Ulrike Genz: Ja, perfekt! Denke ich auch, ja. Die geben denen halt eher so europäische Früchte und ein bisschen Melisse eventuell sowas. Wenn es ganz frisch ist, dann kommt‘s …

Markus: Wo du es sagst.

Ulrike Genz: Ja, ne. So ein bisschen.

Markus: Wenn du es sagst, kommt’s rüber. Auf jeden Fall! Mhm (bejahend).

Ulrike Genz: Ach, siehst du! Gucke. Muss man nur sagen, kann ich alles erzählen.

Markus: Ja, das ist der Trick daran.

Ulrike Genz: Nein, aber tatsächlich.

Markus: Bei Verkostungen, zur Not musst du einfach Dinge vorgeben. Ich meine, wir sind ja jetzt schon etwas erfahrener und da traue ich mir das zu, deinen Worten jetzt auch Sensorik folgen zu lassen. Und das stimmt schon. Also das hat einfach so was Kräutriges, was man nicht identifiziert. Aber wenn du es jetzt sagst, vor allem so im Nachgeschmack, hat man dieses Melissige. Auf jeden Fall!

Ulrike Genz: Ist halt auch schon ein bisschen älter. Wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist bei den Bieren, dann wird es eigentlich erst richtig gut.

Markus: Wie bei deutschem Käse übrigens.

Ulrike Genz: Wie bei jeglichem Käse. Aber …

Markus: Die Franzosen schreiben gar kein MHD drauf. Das ist der Unterschied.

Ulrike Genz: Ja. Früher haben sie auch kein MHD draufgeschrieben auf das Bier. Nämlich nach einem Jahr wird aus diesem säuerlichen, eher ein Cidre-ähnlichem Getränk, ein süßlicheres, weinähnliches. Und das finde ich ziemlich spannend.

Markus: Ich habe ja damals das erste Buch geschrieben über die Berliner Brauereien und alle porträtiert. Und als das rauskam, haben wir dann alle Berliner Brauer auch eingeladen ins Meisterstück. Die waren auch tatsächlich alle da. Und ich habe dann zur Feier des Tages bei Ebay, über eine Woche, glaube ich, mir alte Berliner Weisse Flaschen ersteigert. Die waren dann alle so aus den 60ern und 70ern, ungeöffnet, sahen teilweise echt krass aus, also mit Rost auf dem Deckel und so. Dann haben wir auf der Pressekonferenz diese alten Weisse Flaschen aufgemacht und verkostet. Und sie waren wirklich durch die Bank hervorragend. Also war kein einziges dabei, wo man gesagt hätte, das ist irgendwie schwierig. Waren alle spannend, sehr intensiv in diese weinigen Noten, aber wirklich alle gut trinkbar und alle echt gut. Und das war für mich auch so ein Augenöffner, also dass das durchaus geht.

Ulrike Genz: Ich treffe manchmal auch so Leute, die halt keine Ahnung haben von Bier, und die sagen dann so: Was? Drei Jahre alt? Oh Gott! Das würde ich nie trinken. Da kann ich immer sagen: Hm! Ja schade, selber schuld. Probieren kann man es ja, solange da kein Schimmel obendrauf wächst, weil halt der Deckel kaputt war. Da ist das unbedenklich. Der limitierende Faktor dabei ist halt tatsächlich immer der Deckel.

Markus: Na, dann lass uns doch jetzt mal zur Sandy weitergehen. Da ist jetzt ja Sanddorn in der Weissen.

Ulrike Genz: Kirschen und Himbeeren gibt’s ganz viel. Das finde ich jetzt persönlich so ein bisschen zu langweilig für mich. Und Sanddorn ist aber auch interessant, das wächst in Brandenburg so wild. Das ist auch so ein Ding, das nimmst du dir nicht vom Busch und steckst dir das einfach in den Mund so. Das machen nur die Vögel. Das ist halt interessant, weil warum sollst du den Leuten das Essen wegnehmen, um das zu vergären? Das ist ja eigentlich Verschwendung.

Holger: Ich weiß nicht, ob dir das bewusst ist und ob du das ganz absichtlich so gemacht hast, aber das Weißbier ist ja der Champagner des Nordens, und der Sanddorn ist die Zitrone des Nordens.

Ulrike Genz: Ach so! Kann sein.

Holger: Wäre ne schöne Kombi…

Ulrike Genz: Wobei bei dem Sandy, jetzt nicht auf dieser Säure der Fokus liegt, sondern eher auf dieser herben Bittere. Weil der Sanddorn ist sehr sauer. Also wenn du da so …

Holger: Das stimmt. Ja.

Ulrike Genz: … Sanddorn Juice trinkst ohne Zucker, ohne Apfelsaft, kann man gar nicht trinken.

Holger: Sehr gesund aber.

Markus: Bevor wir weiterreden, lasst uns das doch aufmachen, oder?

Holger: Ich hab‘s schon längst aufgemacht und hab’s auch schon getrunken. Ich weiß auch nicht, warum du immer so langsam bist.

Markus: Also, auf geht’s!

Ulrike Genz: Jetzt kann ich die erst mal runterschlucken. Mir gehen die Gläser aus hier. So schnell kann ich gar nicht trinken. Sanddorn hängt ganz fest an den Stängeln, hat zwei, drei Zentimeter lange Dornen, die sich auch ordentlich ins Fleisch reinpieken, wenn man da nicht aufpasst. Deshalb habe ich die mit den Stängeln vergoren. Deshalb kommt dieses Holzige, Herbe da mit raus.

Markus: Wollte grad sagen, das hat fast so ein bisschen Holzton da drin. Wahnsinn!

Ulrike Genz: Ja.

Markus: Toll finde ich im Mund diese Säure, wie die eingebunden ist. Das ist echt großartig.

Ulrike Genz: Ja gut, zugegeben, ist auch Holz mit dabei, Middle Toast. Weil ich finde, das rundet diese Biere so ein bisschen ab. Es ist halt ein alter Bierstil und da macht so ein bissel Holz eigentlich immer gutes dabei. Die waren ja früher eigentlich auf dem Holz gelagert und so. Habe ich leider nicht so viel Möglichkeit das zu tun, werde ich auf jeden Fall wieder noch mal ein bisschen ausbauen. Weil ich finde Barrel Aging total interessant.

Markus: Du hast ja da jetzt auch mit den Jungs von Brewer‘s Tribute zusammengearbeitet. Wie kam’s denn da dazu?

Ulrike Genz: Richtig! Deshalb heißt es Sandy aus Marzahn. Ja, man kennt sich in der Szene. Und ich habe da auch schon Würze gebraut. Ach ja, ich habe ja noch gar nicht erzählt, wie es eigentlich dazu kam, dass ich gar kein eigener Brauer mehr bin. Weil mit 50 Liter kommt man natürlich nicht groß weit, kann man keine großen Sprünge machen. Da kannst du nicht leben und nicht sterben von, wenn du da dann mit 50 Liter brauen willst. Und da habe ich mir überlegt, ich könnte ja woanders brauen, wie alle anderen das auch machen. Alle haben gesagt, nee, um Gottes Willen. Und da bin ich dann draufgekommen, dann aber wenigstens die Würze holen. Und Brewer’s Tribute ist nämlich auch eine der Brauereien, bei denen ich am Anfang auch mal Würze gekauft habe. Das war gar nicht so einfach, denen das zu verklickern, dass ich nur die Würze will und gar nicht das Bier so. Und dass das einfach nur einen Tag brauen ist und dann ist das vom Hof und geht die nichts mehr an. Eigentlich ist das ganz cool. Das ist natürlich doof, wenn man die Würze dann so durch die ganze Stadt schippern muss. Deshalb macht ich das nicht mehr so häufig bei Brewer’s Tribute, sondern eher im nahegelegenen Craft Zentrum. Da habe ich im ersten Jahr tatsächlich zwei 5-Hektoliter-Sude in Willner gemacht? Das war echt ein Aufwand.

Markus: Bei den Brewer’s Tribute muss man auch sagen, was ja auch spannend ist, das sind ja drei Jungs, die eigentlich so quasi eine Außenstelle sind von einem chinesischen Braumaschinenhersteller. Und haben da so ein bisschen den Showroom sich in Berlin hingestellt, um dann eben Kunden zeigen zu können, dass es durchaus auch chinesische Brauanlagen sind, die man zum Brauen verwenden kann. Da ist die Naht dann vielleicht manchmal ein bisschen schlangenförmig, aber das Ergebnis ist trotzdem wunderbar. Und das sieht man hier auch toll, also toll. Und ich finde die auch sehr nett. Also kann man im Sommer auch vorbeischauen.

Ulrike Genz: Ja.

Markus: Und direkt nebenan ist ja auch noch die Außenstelle vom …

Ulrike Genz: Philipp.

Markus: … Philipp.

Ulrike Genz: Von Hops and Barley.

Markus: Genau! Von Hops and Barley. Und das ist immer …

Ulrike Genz: Aus der Bierfabrik ist jetzt Straßenbräu geworden. Die haben das jetzt, …

Markus: Ach, da, wo früher die Bierfabrik war?

Ulrike Genz: … das Objekt jetzt übernommen.

Markus: Interessant! Und die Ecke lohnt sich. So, der Holger ist eingeschlafen mit seiner Sandy.

Holger: Ja, also ich …

Ulrike Genz: Der ist total fasziniert.

Holger: Ich find‘s richtig gut. Ja.

Ulrike Genz: Ja?

Holger: Ja, das ist sowas Versöhnendes.

Ulrike Genz: Versöhnendes meinst du?

Holger: Ich weiß gar nicht, wie ich das beschreiben soll.

Ulrike Genz: Hat dich das vorher so ein bisschen aufgebracht?

Holger: Nein, nein. Nein, nein. Sondern eher so vom Aperitif jetzt doch zum Abend ausklingen.

Ulrike Genz: Ah okay!

Holger: So meine ich das eher. Auch jetzt mit den Holzchips, finde ich, passt unglaublich gut, wirklich unglaublich gut.

Ulrike Genz: Ich finde, das ist auch gut süßlich geworden jetzt wieder. Ist nicht mehr so krache-sauer. Wah?

Markus: Super!

Holger: Ja, total! Wirklich so richtig ausgeglichen. So umarmt mich gerade. Ehrlich gesagt habe ich ein bisschen Angst jetzt vor dieser heißen Irmi, die mich dann aus meinem schönen, gefühlten schönen abgeranzten Berliner Sessel so raushaut. Also wahrscheinlich passiert das gleich. Da habe ich ein bisschen Angst davor. Wir können hier einfach aufhören und mich jetzt hier so schön abhängen lassen.

Markus: Da müssen wir jetzt durch, Holger. Unbedingt!

Holger: Dann Markus, dann mach‘s auf halt, verdammt.

Markus: Ja, weil auch darauf freue ich mich ja seit neun Monaten. Ich muss ja sagen, die Ulrike hat mir damals, das ist schon ein bisschen länger her jetzt, glaube ich, da gab‘s ja praktisch eine Hot-Hot Irmi sozusagen. Also irgendwie ein Sud, wo die Schärfe noch mal kräftiger war. Und das war schon eine …

Ulrike Genz: Die erste wahrscheinlich.

Markus: … eine richtige Herausforderung. Und ich finde das wirklich eine tolle Kombination, mal durch die Kohlensäure und die Säure und diese Schärfe mit dem Ingwer noch dazu, das ist einfach eine ganz, ganz tolle Mischung und die fordert einen von vorn bis hinten. Und die ist auch länger da, die beschäftigt einen auch ein paar Minuten. Und man kann das auch schön mit Food Pairing kombinieren. Also ah!

Holger: Dann bleib doch dabei und hau direkt die Beschreibung hinten nach.

Markus: Sofort! Von der Farbe her ist es jetzt das hellste, würde ich mal sagen, von den ganzen Weissen, die wir jetzt verkostet haben. Also geht in so ein fast milchiges Gelb rein. Natürlich auch wieder sehr trüb, weil ja die ganzen Organismen schön noch in der Flasche drin sind. Obendrauf ein weißer schöner dichter Schaum, und dem entströmt dann schon so das typische Ingweraroma. Also viel Citrus, dann so ein bisschen Gewürzaromen auch schon, Orange. Ah! Kumquats und sowas. Und geht dann in eine Gewürzrichtung. Jetzt probiere ich das mal schnell. Mmh! Und im Mund ist dann dieses schöne Spiel. Das fängt sauer an, geht dann so nach und nach über in eine Orange, in sowas fast Süßes. Und wenn man denkt, jetzt ist es süß, dann fängt die Schärfe an und geht dann richtig los. Und wo sonst die Bittere beim Bier ist, kommt die Schärfe. Und die geht dann praktisch vom Gaumen runter durch die ganze Speiseröhre, alles wird von dieser Schärfe erfasst. Es brennt ein bisschen, nicht unangenehm, aber merklich. Und dann wird‘s auch ein bisschen warm. Und ist ein ganz langes tolles Erlebnis. Also ich kenne das eigentlich nur von diesem Bier in dieser schönen Ausgewogenheit. Also danke, das macht mich jetzt wieder richtig wach und fit. Und jetzt könnten wir eigentlich wieder von vorne anfangen.

Ulrike Genz: Genau! Deshalb empfehle ich das immer zum Schluss. Auf Bierfesten empfehle ich das immer zum Schluss, weil die Säure öffnet dir die Augen und die Schärfe macht dich wieder warm und wach für den Nachhauseweg.

Markus: Na, Holger, wie heiß ist deine Irmi?

Holger: Ich finde, deine Beschreibung ist ziemlich gut. Es ist krass! Also es ist voller Komplexität. Und da muss man richtig lange drüber nachdenken. Ich habe das noch nie getrunken. Das ist jetzt das erste Mal für mich. Da muss ich erst mal drüber nachdenken. Ich kann das gar nicht so richtig beschreiben. Das ist auf jeden Fall ein heftiges Bier. Und ich glaube, bei langen Bierwettbewerben, also wenn man dann das 70. oder 75. schon verkostet hat, dann macht man sich damit wieder neutral und offen für alles sozusagen. Es ist fast schon ein schönes Schlusswort, wenn ich ehrlich bin.

Markus: Das Schöne ist wirklich, dass es ja auf der ganzen Zunge bleibt und prickelt und sich bemerkbar macht. Und damit möchte ich jetzt eigentlich auch den Abend noch ein bisschen spielen. Und deswegen fände ich es tatsächlich schön, wenn wir langsam zum Ende kommen, den Hörern vielleicht noch Lust machen. Wie schon gesagt, dieses Paket, was wir jetzt so blitzverkostet haben, so turbomäßig, das werden wir ganz gemütlich natürlich in anderthalb, zwei Stunden gemeinsam in unserem BierTalk Live verkosten, dann irgendwann so im Februar. Ihr könnt das Paket bei der Ulrike direkt erwerben, kaufen im Shop, euch nach Hause schicken lassen. Und dann auch, wenn die Versuchung groß ist, erst mal ein bisschen beiseitestellen oder ihr kauft dann einfach zwei oder drei oder vier oder fünf Pakete. Das ist auch kein Thema. Aber ansonsten stellt es eben schön kühl und dunkel, bis wir dann den Tasting-Termin haben, und dann genießen wir das zusammen und die Ulli kann dann auch ein bisschen noch erzählen, was so dahintersteckt. Und vielleicht fallen mir bis dahin noch ein paar Anekdoten ein, die man drumherum bauen kann. Also auf jeden Fall, danke schön für dieses tolle Insight in deine Welt der Biere, die eben noch mal eine ganz eigene ist und die mir absolut am Herzen liegt und mir auch ganz, ganz viel bedeutet. Dann treffen wir uns alle in Berlin wieder bei Ulrike, mit Ulrike, kann ich mir endlich den Salon anschauen und gemütlich Bierchen kosten.

Holger: Ich auch. Ich will auch unbedingt den Salon anschauen. Ich bin ja so ein Kneipenkind.

Ulrike Genz: Wann der Salon aufhaben wird, wissen wir nicht genau. Im Moment hat er nicht offen, weil wir ja nicht offenhaben dürfen. Es gibt noch mal einen kleinen Notgeschenke-Verkauf am Mittwochnachmittag und ansonsten hatten wir bisher immer auf von Donnerstag bis Sonntag. Es war geplant, dass wir an den anderen Tagen so ein bisschen Tastings machen und Food Pairings. Das ist aber jetzt durch diese ganze Corona-Geschichte noch nicht großartig gediehen und vorangeschritten. Alles wird man aber erfahren können auf der Webseite und auf Facebook.

Markus: Wunderbar! Dann noch mal vielen Dank für die Biere, für deine Zeit, für die Geschichten und bis ganz, ganz bald!

Ulrike Genz: Ich danke euch, dass ich Gast sein durfte. Hat mich gefreut.

Holger: Es war uns ein Vergnügen.

Markus: Eine Ehre. Ja, danke!

Ulrike Genz: Weil sauer macht lustig.

Markus: Das sind wir jetzt, trotz 3,5 %. Also!

Ulrike Genz: Sag ich doch!

BierTalk – der Podcast rund ums Bier. Alle Folgen unter www.biertalk.de

BierTalk 46 – Interview mit Stefan Stretz vom Schanzenbräu in Nürnberg

Stefan Stretz ist ein echter Glücksfall für die fränkische Bierwelt. Als Nürnberger Bub ging er gegenüber der Lederer-Brauerei zur Schule und entschloss sich dann folgerichtig auch für eine Lehre bei Tucher in der Frankenmetropole. Das Studium in Berlin schloss sich an und danach viele Jahre in der ganzen Welt. Zurück in Nürnberg stachelten ihn seine Kumpels an, selbst Hand an den Braukessel zu legen, und das Schanzenbräu war geboren. Nun hat Nürnberg eine echte Bierwirtschaft mehr und auch neue Interpretationen seines klassischen Bierstiles, des Rotbieres. Stefan Stretz nimmt hier nicht nur ganz besondere Hopfen für seine Rezeptur, er braut auch eine Weizen-Variante, die es dank Corona mittlerweile sogar in der Flasche zu kaufen gibt. Im BierTalk erzählt der sympathische Brauer die ganze Geschichte und verkostet nicht zuletzt vier seiner Köstlichkeiten mit Markus und Holger – also nichts wie ran an die Lautsprecher, aufdrehen und nach Bierfranken reisen…

Link für Apple/iTunes: https://podcasts.apple.com/de/podcast/biertalk/id1505720750

Link für Spotify: https://open.spotify.com/show/7FWgPXstFr1zR9Fm2G0UJS

 

Holger: Herzlich willkommen zu einem erneuten BierTalk und das ist schon die Nummer 46, jetzt könntet ihr glauben irgendwie sind die ja beim BierTalk irgendwie frankenlastig. Man könnte es vermuten, wenn man jetzt alle durchgehört hätte, das Frankenland hat schon so eine kleine Betonung, aber man muss ja auch zugeben, es ist aber auch Qualität vorhanden. Und bevor wir jetzt verraten, wer unser Gast ist, ist am Mikrofon der Holger und wie immer …

Markus: … der Markus.

Holger: So! Und es geht jetzt also nach Mittelfranken, und zwar nach Nürnberg zum Schanzenbräu. Stefan, grüß dich, wenn du vielleicht was zu dir und deiner Brauerei sagst, wie ist es dazu gekommen, dass da so coole Biere herauspurzeln? Wie machst du das eigentlich? Leg mal los.

Stefan Stretz: Ja hallo zusammen! Ja, ich bedank mich recht herzlich für die Einladung. Freut mich riesig, dass ich da dabei sein kann. Ja zu meiner Person, ich bin der Stefan Stretz, ich bin dieses Jahr 50 Jahre alt geworden, bin schon seit 1991 in dem ganzen Bierzirkus drin. Habe damals in der Schule, das Dürer-Gymnasium in Nürnberg, da ist auf der einen Seite der Knast und auf der anderen Seite war die Lederer Brauerei, und ich habe mich dann zum Glück auf die Brauereiseite da geschlagen, obwohl es vielleicht manchmal die andere Seite auch gestreift hätte. Aber ich habe dann eine Lehre gemacht bei Tucher 1991 und bin danach nach Berlin, habe dort Diplom-Ingenieur studiert. 2003, in Berlin gearbeitet dort und dann bin ich wieder zurückgekommen 2003 nach Nürnberg, habe damals für eine ganz große Reinigungsmittelfirma gearbeitet, habe dort Wassermanagement durchgeführt. Das heißt, ich war also im In- und Ausland und habe da große Brauereien, Molkereien, Softdrink-Betriebe hinsichtlich des Wasserverbrauchs analysiert, optimiert, Aquacheck hieß dieses Programm damals, war in USA und Kanada und ach, weiß ich, Holland und überall, also es war echt höchst interessant und dann kam ich 2003 wieder nach Nürnberg in meine Heimatstadt und dann nahm das Schicksal seinen Lauf, weil dann hatten nämlich meine ganzen Kumpels haben dann zu mir gesagt: „Stefan, so jetzt zeigst du mal was du kannst“ und dann musste ich anfangen Bier zu brauen, weil ich mich immer über irgendwelche Biere, immer wenn ich ein Bier in der Hand hatte, dachte ich, ach das kann man nicht trinken, hach das ist hier, das ist oxidiert, immer so klugscheißermäßig und dann haben meine Kumpels gemeint: „Jetzt zeig mal was du kannst“, und na ja, dann habe ich eben in dem Keller in der Bärenschanzstraße, da haben wir oben Amischlitten geschraubt und unten im Keller haben wir dann bisschen Bier gebraut in alten Fässern und alten Kühltruhen und so weiter haben wir da rumgebraut. Na ja! Und so ging das dann eben, so ging das dann los.

Holger: Ja, das ist eine spannende Geschichte also so ein bisschen hört es sich ja an wie Giesinger, wann machst du Crowdfunding?

Stefan Stretz: Ich habe schon immer neidisch zum Giesinger runtergeblickt, was der da alles macht mit dem Crowdfunding. Wir haben alles bisher selber finanziert, Idee dahinter war einfach, dass wir halt uns woanders einmieten, haben Gypsy Brewing gemacht, haben uns bei der Brauerei Sauer in Roßdorf am Forst haben wir uns eingemietet. In der Nähe von Bamberg, alter Kumpel von uns, der Christian und der meinte ja, er hat noch Platz, er hat noch Kapazität frei, dann haben wir erst in Fässern das ganze Ding gemacht. 2006 haben wir die Wort-Marke angemeldet, 2009 haben Flaschen angefangen, 2008 dann unsere eigene Wirtschaft aufgemacht, also eine eigene Schankwirtschaft, Schankwirtschaft Schanzenbräu in Gostenhof wieder und so ging das weiter. Wir haben dann über dieses Gypsy Brauen die Marke aufgebaut. Und als wir dann so 5.000 Hektoliter hatten, war dann eben, der Christian hat dann gesagt okay Freunde, entweder ich bau jetzt an oder es muss sich was ändern und dann haben wir gesagt okay, dann bauen wir. 2012 sind wir schon in die Planung so ein bisschen eingestiegen, mein Bruder ist dann mit eingestiegen in die Brauerei, von da an ging es dann bergauf, 2014 das Grundstück gekauft, am 15. Juni 2015, weiß ich noch ganz genau, den ersten Baggerschurf gemacht und am 13. Januar 2016 dann den ersten Sud.

Holger: Ja Wahnsinn, also Markus, ich weiß gar nicht ganz genau wie das ist mit den Oberfranken und mit den Mittelfranken, aber da kann man schon voller Neid und Anerkennung nach Nürnberg blicken, oder?

Markus: Auf jeden Fall, also ich kann mich noch erinnern, ich war an den ersten Tagen vom Schanzenbräu, als die Schankwirtschaft dann eben gerade auf war, schon unten, weil ich da recherchiert hatte für ein Buch und da haben wir uns getroffen und es war schon total faszinierend, ich habe das erste Rotbier meines Lebens getrunken und war auch gleich hin und weg, verliebt in diesen Bierstil, fand natürlich auch die Lokation ziemlich cool, wie man heutzutage sagen würde und dementsprechend, ich meine, Nürnberg ist die fränkische Hauptstadt und Rotbier ist der fränkische Bierstil und deswegen finde ich das wirklich ganz, ganz großartig, was der Stefan da so macht und natürlich auch die Entwicklung ist toll also, weil man einfach sagen kann okay, das war eine sehr, sehr gute Idee, die sich auch immer weiter entwickelt hat, die er auch als Person vorangebracht hat und mittlerweile ist er ja als Botschafter auch wieder international unterwegs in Sachen Bier und das insgesamt als Gesamtpaket macht mir echt Spaß. Wobei ich sagen muss Holger, du bist ja sonst immer derjenige, der mich drängelt was zu trinken. Ich habe jetzt echt Durst, vor mir stehen diese schönen Fläschchen, die sind alle noch zu also vielleicht sollten wir das mal ändern.

Holger: Also das will ich mir auf jeden Fall nicht zweimal sagen lassen. Stefan, du kannst bestimmen was wir zuerst nehmen, Rotbier war jetzt ein Stichwort aber wir haben ja einiges an Auswahl, also womit sollen wir starten?

Stefan Stretz: Ja, dann starten wir doch gleich mit dem Roten.

Holger: Das wird doch was hier, also wenn ihr schon so anfangt.

Markus: Ein Mann, ein Wort oder ein Mann, ein Rot, je nachdem, ich mach mal auf.

Holger: Ich mach mal auf hier. Ach ja, herrlich.

Stefan Stretz: Das ist ein schönes Bier, also es gefällt mir auch sehr gut, das haben wir halt immer weiterentwickelt, da gibt es so ein schönes Buch, „Bier und blaue Zipfel“ – also ein Klassiker in Nürnberg. Ich muss natürlich auch ein bisschen sagen, es gibt eine andere Brauerei, die Altstadthof-Brauerei, die haben das Rotbier damals schon publik gemacht, aber ich möchte schon auch irgendwie für mich ein bisschen behaupten, dass wir es dann eben weiterentwickelt haben und weiter nach draußen gebracht haben und wieder publik gemacht haben und aus der Versenkung geholt haben.

Holger: Markus, du musst es ja eigentlich beschreiben, also wenn du schon sagst jetzt hier, das ist der fränkische Bierstil und ich jetzt diese unglaubliche Farbe schon sehe im Glas, komm, hau doch mal dein Sommelierdeutsch da raus, damit die da draußen auch wissen, was man alles so labern kann über so ein leckeres Bier.

Markus: Okay also ich versuch das mal in einigermaßen schnelle Worte zu fassen aber nichtsdestotrotz, das ist eben ein besonderes Bier, das auch wirklich viel Beachtung verdient. Der fränkische Bierstil sage ich deswegen, weil im Grunde ist ja der fränkische Bierstil das Kellerbier aber eben so der Urtyp des Kellerbiers ist eben dieses Rotbier. Warum? Weil eben durch die Malze das Bier so eine wunderschöne leichte rötliche Färbung bekommt, sieht man hier auch, wenn man das so im Glas hat, es ist so ein bisschen leicht trüb, es ist ein unfiltriertes Bier und dann hat man eben, so würd man sagen, also Grundton ist vielleicht so Kastanienbraun oder ein bisschen heller und dann scheint eben dieser schöne Rotstich dadurch und das ist schon mal was, was mich optisch natürlich sehr reizt und der Schaum obendrauf hat auch eine schöne Tönung. Passt wunderbar dazu, ist schon mal ein Gesamtkunstwerk und dann ist es eben so, im Gegensatz zu einem normalen Dunklen, wo ich doch ziemlich viele intensive Röstaromen hab, die dann manchmal Richtung Kaffee oder Schokolade gehen, ist das hier einfach geschmeidiger. Es ist ein bisschen mehr Karamell, es sind auch so ein bisschen rote Beeren mit dabei also durchaus auch ein bisschen was Fruchtiges, es ist insgesamt total weich also ich mag dieses Mundgefühl sehr, sehr gerne, das trinkt sich einfach schön, so ein richtiger Gaumenschmeichler und auch schon in der Nase habe ich eben diese schöne Mischung aus so Karamelltönen, bisschen Beerennoten, bisschen Röstaromen gehört natürlich auch dazu, ein bisschen Brotrinde ist auch da, natürlich die Getreidetöne aber also ein ganz schönes Bier und dazu sagt der Franke dann halt „Brauch ich mein Bratwurst“, sozusagen, ne? Schöne Nürnberger Bratwurst zum Beispiel passt perfekt dazu, dann hat man natürlich noch das Foodpairing, wo dann einfach der Franke sagt: „Das passt scho“, und der mehr Lob geht eigentlich net und dementsprechend, also ein wirklich wunderbares, schönes Bier, dass ich immer wieder gerne trinke.

Holger: Ne, also mir schmeckt es auch, würde ich sagen. Es gab ja schon Gold 2019 beim International Craft Beer Award, aber jetzt sag mal, wie kommt man jetzt auf die Idee in so ein klassisches Rotbier so Mandarina Bavaria reinzutun?

Stefan Stretz: Die Biere, die wir brauen, passen nicht immer so in das klassische Muster also wir wollen schon bisschen Brot, bisschen diese Karamellnote hier haben aber, wenn man manch andere dunkle oder rote Biere trinkt, die werden immer, nach dem zweiten, dritten werden die dann so schwer und dann kann man sie nicht mehr, finde ich, nicht mehr weiter trinken also es soll ja auch zum weiter trinken anregen. Wir haben ein bisschen rumexperimentiert mit den Hopfensorten und haben dann rausgefunden, dass wir den Mandarina Bavaria wunderbar als ein bisschen Ersatz für den Traditionen einsetzen kann und deswegen geben wir am Anfang etwas Mandarina mit dazu. Und das gibt dann auch noch mal ab und zu so eine leichte, schöne, fruchtige Note und ich habe es ganz gern gutgehopft.

Holger: Ich auch auf jeden Fall, Herr Raupach ja eher nicht aber da können wir mal ein ander mal drüber reden.

Markus: Das find ich eben hier sehr schön gelöst also ich finde mich wieder in den malzigen Noten, ich habe das Karamellige und ich habe so die klassischen Aromen, die mir eben bei so einem Rotbier Spaß machen, aber ich habe hintenraus schon natürlich den Hopfen und vor allem das, was ja für den Brauer auch gut ist, den Hopfen so, dass er meine Kehle schön austrocknet und ich richtig wieder Durst bekomme und das eben auf eine sehr angenehme Art und Weise. Wenn ich mir jetzt vorstell so was habe ich dann im Bierkeller, wenn ich schön im Sommer draußen sitze und dann geht halt eins und noch eins und noch eins und so und das ist genauso wie es sein sollte.

Holger: Ja absolut. Also ne, ich find auch, also es, wenn man jetzt sagt. „Pass auf, was würdest du noch ergänzen?“ und man kann ja fast nix mehr ergänzen, aber es ist total absolut wahnsinnig gut ausbalanciert, ne? Also es hat wirklich so eine Harmonie auch zwischen dem Hopfen und zwischen dem Malz und es ist echt mega, also ihr da draußen, bitte probieren, ne? Also Schanzenbräu Rotbier Nürnberg, kann ich dazu nur sagen.

Stefan Stretz: Ja vielen Dank für die Blumen also.

Holger: Ja, jetzt sind wir erst beim ersten Bier, ich weiß gar nicht wie das noch werden soll, aber ist ja egal, wir haben ja noch einiges vor uns. Was, was nehmen wir denn als Nächstes?

Stefan Stretz: Wenn wir jetzt diese Karamellnoten und so weiter schon drin haben, dann würde ich jetzt lieber mal das Festbier probieren.

Holger: Ja okay nehmen wir das Festbier. Also die Stammhörer, die werden es jetzt wissen, normalerweise, wenn ich jetzt einfach so überleite auf das nächste Bier, kommt ja der Herr Raupach um die Ecke und sagt: „Ne, ne Holgi, also Moment, ich, ich will noch mal was sagen, ne?“ Das hat er jetzt grade nicht gemacht also. Was für ein Tag, was für ein Tag und da passt das Festbier doch wie die Faust aufs Auge.

Markus: Ich wollt einfach nur in Ruhe mein Rotbier genießen also insofern, sei mir doch mal gegönnt, wir haben ja auch ein Feierabend, also insofern kann man das schön machen, aber ich mach natürlich gern das Festbier auf, gebe es jetzt auch mal ins Glas.

Stefan Stretz: Festbier haben wir zum Fest gemacht, wie der Name schon sagt und die Idee dahinter war, dass man sich zwei, drei Bier reinstellt und sich dann ganz langsam im Sessel so schön nach hinten runterfallen lässt und schön in den Sessel reinsinkt und dann hört man nach drei Bieren dann noch das Christkind klingeln und ja, dann hat man da sozusagen ein schönes Weihnachtsfest, also so war die Idee. Deswegen haben wir es eigentlich auch ein bisschen wieder in die Bernsteinfarben, in die Rotbierrichtung gemacht, ist aber allerdings nicht so richtig zu vergleichen mit dem Rotbier, es ist viel heller dafür aber fürs Festbier hat es 5,2 Prozent Alkohol, hochvergoren, endvergoren, na ja, lasst uns einfach probieren.

Holger: Ja, prost.

Markus: Prost.

Stefan Stretz: Prost.

Markus: Also ich muss ja sagen, mich erinnert auch sehr an ein typisches fränkisches Kellerbier von der kräftigeren Sorte, also schön, auch wieder schön ausbalanciert, eben jetzt ein bisschen mehr so die klassischen Malzaromen, auch sehr schön finde ich hier den Hopfen wieder, sehr gut eingebunden, hinten raus auch wieder schöne bittere, toller Schaum, also den muss man auch wirklich, liebe Hörer, wenn ihr die Biere probiert, schaut euch auch mal den Schaum an, das ist toll, wie der steht, wie der stabil ist. Das Festbier ist ja so ein Bierstil, der irgendwie so zwischen allen Welten ist und also ich finde das ist ein sehr, sehr angenehmes Bier, was auch zu vielen Dingen passt, die man beim Fest eben isst. Vom Braten über, was man da ebenso gerne mag, bis zum Nachtisch.

Holger: Also ich kann es nur bestätigen, auch die Rezenz, ne? Also mir, ich mag das jetzt ganz toll also das Rotbier war so ganz, vom Mundgefühl so samtig weich und das hat jetzt so eine schöne Rezenz, weckt einen so ein bisschen wieder auf auch also hat so einen eleganten Hopfen, so nach der Karamellnote. Man könnte ja meinen, wir sind eine Werbeveranstaltung, sind wir aber überhaupt nicht.

Stefan Stretz: Ja so langsam.

Holger: Sondern, sondern ja, also auch diesmal, das ist wirklich sehr lecker, wirklich sehr lecker.

Stefan Stretz: Freut mich, wenn es schmeckt. Also das ist halt, wie gesagt, wir sind schon echt sehr hopfenlastig auch, also wir haben ein Rotbier, da haben wir 25 Bittereinheiten drin. In unserem Hellen haben wir 23, im Festbier haben wir auch 23 Bittereinheiten, im Kehlengold 35. Also das ist immer schwierig dann bei irgendwelchen Wettbewerben mitzumachen, weil wir meistens immer an den Grenzen liegen also wir sind immer an den Obergrenzen, was dann irgendwie Farbe und Hopfen dann auch ausmacht, aber ich find halt diese Balance zwischen der bittere, der Malzbierton und der Vollmundigkeit also das Ganze ist ausbalanciert, es schmeckt mir sehr gut.

Markus: Ich denke, es ist auch eine Frage, wo man es eben einreicht, ne? Also ich denke bei einem Festbier, das würde ich wirklich bei dem Wettbewerb als Kennerbier einreichen, als Amber Lager, weil es da wirklich seine Stärken voll ausspielen kann. Ich glaube für viele ist ein Festbier ja eher so ein stärkeres Helles, so mehr als ein Export vielleicht und erwarten dann eben eher so ein klassisches filtriertes, klares, goldenes Ding und hier habe ich ja viel mehr, also da habe ich ja die ganze Hefe-Aromatik noch mit drin und viel mehr Körper und damit, glaub ich, kann man schon auch bei einem Wettbewerb was gewinnen.

Stefan Stretz: Wir waren jetzt erst mal damit beschäftigt unsere ganzen Biere wieder so einzustellen, wie wir das wollen in der Brauerei, nachdem wir da neu gebaut haben. Ist ja auch nicht ganz so einfach dann vom Gypsy Brauer dann hin zum eigenen Brauer, da die Brauerei einzufahren und dann die Hektoliter da rauszubekommen, sodass dann alles passt und immer eine gleichbleibende Qualität rauskommt. Jetzt schauen wir mal, wie es dann weitergeht.

Holger: Hör mal, ihr habt ja auch eine schöne Schank da im Gostenhof. Und erzähl doch da mal, also was ist das für eine Gaststätte? Was erwartet die Kunden, wie ist die Speisekarte aufgebaut? Kriegt man immer alle Biere frisch vom Zapfhahn oder wie ist es da? Erzähl mal.

Stefan Stretz: 2007 bin ich da dran vorbeigefahren, dachte ich mir, wieso ist denn diese Kneipe leer? Also warum steht die leer und hieß damals Deutscher Michel, dann habe ich mir das angeguckt und habe da reingeguckt, ich war sofort verliebt. Die Kneipe hat einen Garten hinten dran gehabt, wunderbar, dann haben wir das Ding gemietet, es ist eine alte holzvertäfelte Kneipe gewesen oder Wirtschaft, eine richtige Wirtschaft gewesen und da haben wir die wieder ein bisschen hergerichtet. Die Idee, deswegen heißt es ja auch Schanzenbräu Schankwirtschaft, war im Endeffekt, dass wir dort unser Bier ausschenken und es gibt kleine Speisen dazu. Also ein Brot, ein Käsebrot, Stadtwurst mit Musik, Brotzeiten und so weiter, hat sich gut entwickelt und dann wollten die Leute immer mehr und wollten dann einen Braten haben und Schäufele und Rollladen und was weiß ich und jetzt mittlerweile ist es eben echt eine Speisewirtschaft auch mit einer kleinen Karte, wir wechseln täglich die Karte. Wir haben keine Speisekarten in den Sinn, sondern wir haben eine Tafel, die hängt da über der Tür, da steht mit Kreide drauf geschrieben, was das gibt. Es sind ungefähr fünf Gerichte immer also warme Gerichte und Brotzeiten gibt es auch immer noch ein bisschen was, Bratwürste, Käsespätzle und so was gibt es immer, klassisch ist immer da aber, wenn aus ist, ist es aus und dann wird es durchgestrichen und am nächsten Tag dann wieder frisch gekocht und dann gibt es wieder was Neues.

Markus: Also das ist jetzt Folter Stefan, das ist echt gemein. Ich sitz hier daheim, die Gastro hat seit Wochen zu, ich weiß gar nicht mehr, wie eine Schäufele überhaupt ausschaut und du redest zwei Minuten von der Geschichte.

Stefan Stretz: Ich kann dir mal ein Bild schicken, wir haben letztens welche für die Website gemacht.

Markus: Das potenziert das ganze ja noch. Nein also unglaublich, aber das kann man auch allen nur sagen, also ob es jetzt oberfränkisch Schäufele oder mittelfränkisch Schäufele ist, das ist einfach auch das Nationalgericht und da sollte man unbedingt mal zuschlagen, wer das noch nicht kennt.

Stefan Stretz: Ja und da nimmt man halt auch Bier dazu, zum Kochen und so weiter und für uns ist es halt wichtig, also wir wollten eine Nachbarschaftskneipe sein, also Nachbarschaftswirtschaft. Wir nehmen nur 12 Plätze an, also wenn da jemand anruft und sagt: „Ja, ich will jetzt für 20:00 Uhr für 2 Personen irgendwie einen Platz“, dann sagen wir: „Ja, alles schön aber komm einfach vorbei, weil wir sind schon ausreserviert, wir haben nur 12 Plätze, weil wir wollen eben auch für die Nachbarn da sein“, also die, die uns immer, die immer zu uns kommen, unsere Stammgäste. Dann ist die ganze Kneipe ausreserviert und dann kriegen die kein Platz, das ist natürlich dann auch Blödsinn und deswegen sagen wir: „Ey, warte kurz, es ist kein Platz, dahinten gehen gleich 2, da kannst du dich da mit dazu setzen“, deswegen ist es in der Corona-Zeit natürlich mit dem Abstand immer schwierig, weil ja die Leute lieber gern zu zweit an den Sechsertisch sitzen oder an dem Vierertisch aber wir pferchen die zusammen da herein und sagen: „Nein, du setzt dich jetzt da mit hin und unterhältst dich mit denen“. Bei uns gibt es auch keine Musik, also wir haben keine Musik, das einzige, die einzige Musik soll das Stimmengewirr der Leute sein, die sich da unterhalten also der Gäste, ja? Vielleicht, wenn der Koch mal einen guten Tag hat, dann spielt er mal Motörhead hinten in der Küche und dann hört man das ein bisschen. Aber ansonsten ist eigentlich vorne keine Musik. Also die Unterhaltung der Gäste soll die Musik sein und wir legen sehr viel Wert auf Kommunikation, Trinken, Spaß haben, sich wohlfühlen in dieser holzvertäfelten Kneipe oder Wirtschaft also ich nenne es echt Wirtschaft, das ist für uns eine Wirtschaft, so wie man es sich vorstellt. Man kann Karten spielen, man kann da machen, was man will im Endeffekt, das ist einfach ein schöner Platz, um sich zu treffen dort.

Holger: Es gibt immer alle Biere oder, oder ist es nicht so?

Markus: Also Holger jetzt muss ich mal reingrätschen.

Holger: Ja.

Markus: Wir haben doch Durst. Wir können doch zu deiner nächsten Frage wieder ein Bierchen aufmachen, oder?

Holger: Ne unbedingt also dann sag doch mal was es da alles gibt und leg gleichzeitig das nächste Bierchen fest.

Markus: Wir haben hier noch ein Kehlengold, was ja schon ein sehr schöner Name ist und ein rotes Weizen, was ich auch spannend finde also insofern, bin hin- und hergerissen, also für mich klassischerweise.

Stefan Stretz: Wenn wir das Weizen probieren und dann das Kehlengold irgendwie, das Kehlengold ist ein schönes fruchtiges, eigentlich IPA, also ein Lager mit einer schönen, fruchtigen Note, nicht kaltgehopft, also ein höchst interessantes Bier, aber wir können vorher vielleicht das Weizen nehmen.

Markus: Na gut, dann nehmen wir vorher das rote Weizen und dann darf der Holger auch seine Frage noch wieder stellen und dann kommen wir zur Verkostung. Heute drehen wir mal alles um.

Holger: Heute drehen wir wirklich alles um also unglaublich.

Markus: Unglaublich, ich mach mal auf.

Holger: Ne und ich bin auch ganz zufrieden jetzt also mit der Reihenfolge, weil das Kehlengold ist ja, also neben dem Rotbier fast mein absolutes Lieblingsbier von dir, aber da können wir ja nachher noch drüber sprechen. Jetzt erst mal zum Weizen, zum roten Weizen. Auch wieder unfiltriert.

Stefan Stretz: Ja klar. Wir waren am Altstadtfest, das war eigentlich ganz witzig und beim Altstadtfest haben wir ja da so eine oder ein Wirt von uns, der hat ne, ne Hütte dort und gegenüber war der Fritz Gutmann von der Gutmann Brauerei, die hatten da auch eine Hütte und dann haben die da abgebaut und dann stand der Fritz da und dann hat er gesagt: „Na Fritz, wie ist es gelaufen?“ Fritz sagt: „Ja super, net schlecht und bei euch?“ habe ich gesagt: „Ja auch super, kann man nix sagen aber“, habe ich gemeint: „Nächstes Jahr kannst du zusperren, weil da bringen wir auch ein Weizen auf den Markt, ein rotes Weizen.“ Ich mal wieder ganz große Fresse gehabt sozusagen auf Deutsch gesagt und zwei Monate vor dem, vor dem Altstadtfest im Jahr drauf, dann der Wirt bei mir angerufen und hat gesagt: „Was ist denn jetzt mit deinem roten Weizen?“ Na ja! Und dann kam ich in Zugzwang und dann musste ich ein rotes Weizen brauen und bin damals dann zum Jörg Binkert gefahren, zum Mainseidla, und habe gesagt: „Jörg, wir müssen schnell was entwickeln“. habe dann dem ein Rezept gegeben und dann haben wir es bei ihm gebraut, abgefüllt auf Fässer und dann haben wir es auf das Altstadtfest gebracht und dann war es auf einmal ein Riesen, Riesenerfolg und seit dem gibt es das Bier normalerweise nur im Fass, nur auf dem Altstadtfest und auf der, vor der Kelchweih und dann ist es vorbei aber jetzt hier in der herausfordernden Situation haben wir uns dazu entschlossen, das das erste Mal in Flaschen zu füllen und es gibt es jetzt erst seit ja, September in Flaschen.

Holger: Ah ja, wunderbar. Also jetzt trinken wir es auch, wenn ihr es nicht schon sowieso getan habt. Prost.

Markus: Ein wirklich sehr, sehr schönes Bier und vereint so ein bisschen die Dinge, die mir an den beiden Bierstilen gefallen also einerseits das schöne fruchtige, was man eben vom Weizen kennt und andererseits diese schönen Karamellnoten, die wir aus dem Rotbier haben und für mich ist so ein Bier immer das perfekte Food Pairing Bier, weil man damit überall andocken kann, so schön cremig und weich also ganz angenehmes Bier. Holger, was sagst denn du?

Holger: Kann ich wieder nur bestätigen, also das ist auch so ein schönes Ding finde ich, also ganz typisch eigentlich, auch natürlich die Banane, die man sofort hat, aber auch so eine schöne Gewürznelke nehme ich wahr. Es ist eine schöne Hefetrübung im Glas, ich kann dir nur recht geben also und da fällt mir auch alles Mögliche zu ein also bis zum Nachtisch kann man da alles kombinieren, also sehr lecker, wirklich sehr lecker. Ich weiß jetzt gar nicht, ist jetzt meine Frage schon beantwortet worden, welche Biere in der Schankwirtschaft ausgeschenkt wird und ob du vielleicht auch noch, sage ich mal, so spannende andere Dinge da präsentierst oder, oder, oder habe ich jetzt wieder nicht richtig aufgepasst? Weil der Herr Raupach mich so abgelenkt hat.

Stefan Stretz: Ne, ich darf da drüber nicht reden eigentlich also. Es gibt immer alle unsere Biere in der Schankwirtschaft, wir haben natürlich auch früher immer mal so, so Geschichten gemacht wie einem Rum Bock oder einen blonden Baron, den haben wir im Whiskyfass ausgelagert und solche Sachen, haben dann aber festgestellt, dass sich diese Sachen nicht so sehr, nicht so gut verkaufen bei uns also das war echt schwierig, also hier in Nürnberg, hier in Franken, die Leute wollen halt dann ihr rot, ihr Hell, ihr Festbier, und dann war es das auch schon. Also so für große Experimente waren da die Kunden nicht ganz so zu haben, hat es immer einen kleinen Markt dafür gegeben, das haben wir auch schon 2013 Mal so ein bisschen ausgetestet mit Neoos Biersalon, da hat dann der Berti Zeltner hier aus Nürnberg und ich, wir haben dann zusammen gesagt, wir machen jetzt so mit dem Craft Bier, also diese Craft Bier Welle kam, lass uns mal das ausprobieren, was hier, was hier abgeht und haben dann uns so ein Popup Bier Shop da aufgemacht, da kam dann auch Braufactum vorbei, die bayerische Bierkönigin. Also mit Braufacturm haben wir dann die Biere da mit verkostet und ich bin rumgefahren und habe Biere eingekauft und haben wir versucht das Craft Bier so ein bisschen public zu machen, dachten Mensch, da ist ja echt ein Markt da aber haben dann festgestellt, bei uns in der Wirtschaft ist es eigentlich echt klassisch Rotbier, Festbier, Helles, Pils, Kehlengold, das sind so die, die, die Biere, die wir da am Hahn haben und die auch am meisten dort gehen und nachgefragt werden.

Holger: Versteh ich gut also ich mein, das ist ja so eine ganz klassische Schankwirtschaft und wenn du sagst, da kommen die Leute von der Nachbarschaft, die wollen halt einfach auch ihre Biere haben, die sie kennen und schön Karten spielen, Schnitzel mit Kartoffelsalat essen und dann wieder nach Hause gehen und einen schönen Abend gehabt zu haben.

Stefan Stretz: Wenn dann nicht Craft Brauerei, sondern wir sind einfach eine ganz normale, klassische Brauerei, die halt vielleicht alte Bierstile in das Neue interpretiert aber trotzdem auf den klassischen untergärigen Marken da oder Sorten eben da behagt.

Holger: Da gibt es ja den schönen Spruch, think global, drink local und das ist doch dann wirklich Programm, vor allen Dingen, wenn du sagst, du warst auf der ganzen Welt, lass uns da doch auch noch mal teilhaben, also was, was war die tollste Reise, die tollste Aufgabe? Was war das Tollste bisher?

Stefan Stretz: Was natürlich so immer super ist oder was echt so eins der Highlights war, das war natürlich immer der World Beer Cup, da als Juror dabei zu sein, das ist natürlich schon also das hat mich schon ja, sehr stolz gemacht, als ich da nominiert wurde, dass man da mit dabei ist so oder natürlich auch European Beer Star oder mal beim Great American Beer Festival, da als Juror mit dabei zu sein, das ist schon, schon cool. Oder dann hier zum Match zu Firestone Walker und so weiter, diese ganzen Sachen dann zu sehen, das hat mich schon, hat mich schon immer gefreut aber ja, da waren so, so, so im Biertechnischen so ein bisschen die Highlights gewesen, genau.

Holger: Dann würde ich doch sagen wir, wir gehen jetzt zum, zum Kehlengold, oder?

Stefan Stretz: Gehen wir zum Kehlengold.

Holger: Also da habe ich ja mich grad schon geoutet und was mir da so, weißte Stefan, ich bin ja, ich bin ja so ein klassischer Pilstrinker, ne?

Stefan Stretz: Ja.

Holger: Für mich muss ja so richtig, also da muss eine bittere drin sein und die muss auch im Nachtrunk so richtig noch mal rüberkommen, das Bier muss trocken sein, es muss richtig endvergoren sein und so und das hat alles dieses Kehlengold, das ist so genial.

Stefan Stretz: Da müssten wir unser Pils aber auch noch probieren irgendwann, das habe ich jetzt aber nicht dabei, aber das könnten wir auch mal trinken, weil das hat dann 45 Bittereinheiten und das ist eigentlich so wie ein Pils auch sein soll, mein ich.

Holger: Ja genauso ist es, also so ein, so ein, so ein Pils aus den 70ern, so wie die früher immer alle waren, ja? Bevor irgendwie alle nur noch gemeint haben sie, sie gehen irgendwie auf einen Mädchengeburtstag, obwohl das weiß ich gar nicht, ob ich das sagen darf also.

Stefan Stretz: Lassen wir es bleiben.

Holger: Markus trink doch mal ein Schluck und lass den Nachtrunk mal so schön wirken und dann sagst du mal was zur Bittere.

Markus: Ich bin jetzt nicht der absolute Megafreund von besonders bitteren Bieren aber trotzdem schätze ich es schon, wenn das einfach gut eingebunden ist und wenn eben nicht nur die bittere stattfindet, sondern was drum rum und das ist hier für mich auf jeden Fall der Fall, also man hat schon in der Nase so ein bisschen Citrus-Aromen, das geht so, so Grapefruit ja, es sind sehr, sehr spannende Citrus-Aromen, Bergamotte fast ein bisschen also sehr vielschichtig, dann hat man die Cremigkeit, das sieht man schon am Schaum, merkt man auch wieder auf der Zunge, da ist es auch gar nicht so bitter im Mund finde ich und wenn man dann getrunken hat, dann so hinten rausschleicht sich das ein und dann bleibt es auch selbstbewusst sehr lange da und sagt: „Okay, trink mich wieder“ und aber es ist jetzt keine unangenehme bittere, sondern eine die, die halt sehr selbstbewusst ist und die für mich auch okay ist, also ich würde jetzt vielleicht im Sommer im Biergarten nicht unbedingt 5 davon trinken, da würde ich lieber das Rotbier nehmen. Aber jetzt so als Beispiel für so einen Bierstil finde ich das sehr, sehr schön und auf jeden Fall deutlich prägnanter, als wenn man so, so ein verwaschenes Pseudopils hat, wo ich nicht weiß, wo die Reise hingehen soll, also das ist wirklich schön. Auch die Farbe ist schon schön, also weil, weil es ja auch Kehlengold heißt und man hat auch wirklich eine richtig schöne goldene Farbe also das gefällt mir auch gut.

Stefan Stretz: Ich wollte es ja schon Orange D’Amour nennen, weil es so ein bisschen Orangegold ist und so aber da können sich die Leute noch weniger vorstellen als unter Kehlengold. Ich find es halt einfach auch ein schönes goldfarbenes Bier und des eben in der Kehle schmeichelt und wieder diese Hopfennote wiedergibt. Das ist eigentlich genau der, der Hintergrund und entstanden ist es eigentlich dadurch, dass ich gesagt hab, ich möchte mal wissen, wie unser Rotbier mit etwas mehr Hopfen schmeckt und dann haben wir gerade Rotbier abgefüllt, habe ich Rotbier auf Fässer gezogen und steh an der Keganlage und nimm mir eine Probe aus dem Probehahn raus an der Keg und bin dann zum Pilstank gegangen und habe dann die beiden etwas verschnitten, weil das Pils eben auch so eine fruchtige Note hat und 45 Bittereinheiten hat und habe dann gemerkt oh, das ist ja cool, wenn man praktisch so eine helle mit diesen Rotbiernoten mischt und dann ist sozusagen das Kehlengold da draus entstanden.

Holger: Das klassische Mischbier, ne? Das haben wir schon mal gehabt in einem Bier.

Stefan Stretz: Ja klar, aber wir brauen es aber trotzdem ein, wir verschneiden es jetzt nicht, sondern wir brauen es klassisch ein, als Kehlengold haben wir eine eigene Rezeptur dafür, haben die natürlich auch etwas wieder angepasst und so. Aber das ist jetzt nicht irgendwie ein Verschnitt zwischen Rot und Pils, aber so ist es entstanden. also das war eigentlich sehr witzig halt.

Holger: Ja, ich komm ja auch aus so einer Wirtschaft, also ganz genau wie das bei euch ist, also so war das bei meinen Eltern und auch bei meinen Großeltern, wenn ich mich da so dran zurückerinnere, dann ist also kommen bei dem Bier echt absolut alle Bilder hoch also das ist so ein großartiges Getränk für mich, also das kann man sich gar nicht vorstellen, also es ist so richtig, also ich muss fast Danke sagen, was du mir hier für Momente bereitest mit diesem schönen Bier, also das ist Wahnsinn. Trocken und schlank und trotzdem eben dann auch so eine schöne Farbe und, und auch da der Schaum, der ist einfach hervorragend feinporig und also ich könnte ja nur noch schwärmen.

Stefan Stretz: Super freut mich. Aber das ist genau das Denken. Also ich meine, das ist so zum Beispiel auch das, was meiner Frau schmeckt, ist eine ganz gute Bierkennerin, die kommt aus dem hohen Norden auch, die kommt aus Bremen, ist die beste Kritikerin und die sagt uns: „Ja, da könnt ihr noch mal das und das noch mal ein bisschen machen und das noch mal verändern“, also das ist immer wunderbar, wenn Christiane immer ihren Kommentar dazu abgibt. Die hat eben auch genau das Gleiche gesagt, also echt schönes, trockenes und schönes Bier, das zum weiter trinken anregt.

Markus: Zeigt auch so ein bisschen die Range finde ich, also weil in Franken denken viele Leute immer, na ja, das ist so ein bisschen eindimensional, das geht halt irgendwie in Richtung Kennerbier aber es ist gar nicht so, es gibt eben diese große Bandbreite von den, sagen wir mal, eher malzbetonten Bieren wie jetzt bei dem Rotbier, bis eben hin zu so einem richtig schönen trockenen und schlanken quasi Pils und dem anderen Pils, das wir jetzt ja nicht haben aber das es bei dir eben auch noch gibt und ich denke mal, das ist vielleicht auch der Grund, warum du ja zum Beispiel zum Brau auch jedes Jahr so ein bisschen die Anlaufstelle bist und ja auch eine eigene Veranstaltung mittlerweile machst, wo sich dann abends so ein bisschen die Bierelite der Welt trifft. Die Karten sind ja immer schon Monate vorher ausverkauft, dieses Jahr ging es ja nun leider nicht, aber das hast du doch auch ins Leben gerufen, oder? Diese Veranstaltung?

Stefan Stretz: Schanzenbräu & Friends habe ich ins Leben gerufen, weil das kam von so einem Welt Bier Cup, da war ich auch, da war ich das erste Mal auf einem Welt Bier Cup und dann dachte ich mir Mensch, ey, das ist ja der Wahnsinn, was die Amis hier machen, die ganze Stadt ist beflaggt und Craft Brewers Konferenz und so weiter, also was ist denn da los? Und nach Nürnberg kommt auch die ganze Weltelite der Brauer und nix passiert und dann habe ich da die Andrea Kalrait von der Messe, den Marc Rauschmann angesprochen und den Thomas Raiser und so weiter, habe ich gesagt: „Mensch Freunde, wie schaut es denn aus, wollen wir da net irgendwie was machen?“ „Ja mach halt Stefan“, dann habe ich gesagt: „Okay, das werde ich machen“ und dann habe ich damals angefangen das einzufahren, Schanzenbräu &  Friends und die Idee war dabei, dass wir eben auch der ganzen Bierwelt Öffentlichkeit zeigen, dass wir in Franken auch gute Biere brauen können und das wir da eben eine große Range haben und deswegen habe ich da regionale Biere oder Brauereien eingeladen, also alle unsere Freunde, die wir so kennen aber auch internationale Freunde, dass man halt auch so ein also wie gesagt, so eine große Range hat und mittlerweile sind wir damit ungefähr 10,12 Brauereien, 30 verschiedene Sorten Bier, die es da gibt an dem Abend, das ist echt jetzt zu einem Highlight geworden, auch mit BarthHaas und der Messe zusammen ist das praktisch am 1. Messetag die Veranstaltung schlechthin. Ich mache immer noch die Bierauswahl bei der Dekoration und bei der Hallenauswahl lass ich dann BarthHaas nach vorne. Und die Messe unterstützt da immer auch super mit Werbung und ja, es ist der 1. offizielle Messetag und ja, hat sich als super Veranstaltung entwickelt.

Markus: Ich kann mich noch erinnern, beim allerersten Mal, da war das ja in irgend so einer Industriehalle.

Stefan Stretz: Wahnsinn, ja, ja.

Markus: Wo auch keiner so recht wusste, wo das war und das war eine ganze Pilgergeschichte, dass dann alle da irgendwie hin sind und jeder war glücklich, wenn er dann angekommen ist und also das war schon eine sehr, sehr coole Nummer und ist es jetzt einfach auch immer jedes Jahr und ist vielleicht, also ist vielleicht auch noch was, was die Hörer gar nicht so wissen, was in Nürnberg so alles abgeht also wir haben mit der Brau die größte oder wichtigste Branchenmesse der Welt, die eben drei Jahre stattfindet, dann ist immer ein Jahr die Veranstaltung in München, die drinktec, und dann ist wieder die Brau für drei Jahre, wo wirklich die ganze Welt zusammenkommt vom Hersteller bis zum Konsumenten, von allen Rohstoffen und was es eben so alles rund ums Thema Bier gibt. Dann gibt es jedes Jahr natürlich das Bierfest in Nürnberg, was auch eine Institution ist mit über 50 Brauereien aus ganz Franken, im Burggraben, viel besser geht es eigentlich nicht. Dann natürlich das Altstadtfest in Nürnberg und einer meiner Lieblingsveranstaltungen, die du auch schon erwähnt hast, ist die Kirchweih in Fürth, das ist so eine klassische Straßenkirchweih, die gegen Ende des Jahres ist, Michaelis-Kirchweih. Das ist immer so einer der letzten Termine im Kirchweihkalender und das ist eben ganz toll, weil Fürth kennt eigentlich so fast keiner, es ist aber eine Stadt mit unglaublich viel Denkmälern, mit ganz viel Geschichte auch und in diesen ganzen Straßen, wo eben die Denkmäler stehen, dort ist dann überall Kirchweih, das heißt, da stehen dann die Riesenräder rum und die Buden und die Autoscooter und natürlich auch die Brauereien und das ist wirklich ein ganz tolles Erlebnis hinzugehen, also das könnt ihr auch alle für nächstes Jahr in euren Kalender schreiben. Michaelis-Kirchweih in Fürth, das ist einfach ein tolles Erlebnis, einzigartig in Deutschland, für mich zumindest.

Stefan Stretz: Ja, das ist echt eine schöne Kirchweih, muss ich ehrlich sagen, gefällt mir sehr gut und auch wir haben dort einen schönen Stand zusammen mit der Familie Grauberger, eine Schaustellerfamilie und die präsentieren uns dort echt hervorragend und da haben wir einen sehr guten Platz und also da verkaufen wir gut Bier und da merkt man auch, dass wir da eben auch in Fürth gut angenommen werden. Wir verkaufen im Endeffekt nur um den Kirchturm rum also Nürnberg, Fürth, Erlangen ist unser großer Markt, wo wir dann in den ganzen Getränkemärkten drin sind, deswegen freut es uns umso mehr, wenn wir da in Fürth auf dieser Kirchweih sind und uns da auch präsentieren können, auf jeden Fall.

Holger: Ja siehst du mal wie, also da war ich noch nicht, das hast du mir schon wieder vorenthalten, aber ich habe es mir jetzt aufgeschrieben auf jeden Fall. Na ja.

Stefan Stretz: Das sind aber die ganzen Feste, die jetzt gerade der Markus gesagt hat, das ist echt genau das Ding, also und dann nicht zu vergessen ist auch immer noch unser Brauereifest, unser Brauereifest findet immer am 1. Wochenende also es kommt drauf an, wie der 1. Mai fällt, aber 1. oder 2. Wochenende im Mai statt und mittlerweile, wenn das Wetter eben nicht schlecht ist, dann kommen da bis zu 7.000 Leute zu uns in die Brauerei und feiern da mit uns. Das ist echt, da kommt jeder, vom 18-Jährigen bis zum 80-Jährigen und das ist echt so ein cooles Ding und da brauen wir extra immer ein Bier dafür und das ist eigentlich auch immer eine ganz coole Nummer.

Holger: Ja, ihr habt ja auch so ein leichtes Bier, das Sommerbier, ne?

Stefan Stretz: Sommerbier haben wir auch, ja genau, genau. Wir machen jetzt auch, wir haben eigentlich so viele, wir wollten eigentlich nie irgendwie so eine Sortimentsbrauerei werden aber wir sind halt auch Brauer und bei uns sind Mitarbeiter hier, der Dominik und der Marc, der Marc übrigens, muss ich auch mal sagen, ist der zweitbeste Geselle in Bayern geworden, also Lehrling, der zweitbeste Lehrling in Bayern und der Dominik, unser Braumeister, der bei uns jetzt als Braumeister angefangen hat wieder, das sind halt auch so Typen, die leben halt auch das Bier, die haben auch unseren Geschmack so und ja, da versuchen wir natürlich jedes Mal irgendwie ein neues Bier zu brauen, wollen nicht immer das gleiche machen und deswegen richten wir uns auch so ein Bierkalender ein und sagen, jetzt gibt es Anfang des Jahres gibt es das, dann gibts das, dann kommt das Sommerbier, dann kommt der rote Bock, dann kommt das rote Weizen, dann kommt das Festbier, dann also Sommerbier war auch so eine Idee von mir 2007 ist die auch entstanden, da haben wir gesagt: „Mensch, jetzt müssten wir doch mal so ein bisschen so ein Leichtbier machen, was man im Sommer, da war es auch so heiß und da können wir, wo man mittags schon mal zwei trinken kann“ und na ja, dann haben wir da eben so ein, so ein leichtes Bier entwickelt, dass eine schöne Hopfen-Aromatik trotzdem hat, trotz der schlanken Note, weil das finde ich, ist immer ultrawichtig, das Zusammenspiel der Vollmundigkeit und der Hopfennote, also wenn das Bier zu lasch ist und trotzdem zu viel Hopfen hat, dann passt es irgendwie nicht zusammen finde ich, also das muss echt gut ausgewogen sein und das ist uns da ganz gut gelungen mit der Malzmischung auch, die wir da gewählt haben und ja, da haben wir jetzt halt einfach dieses Sommerbier da am Start und das haben wir auch in die Flasche bekommen und das ist, ist auch ein ganz guter Renner geworden, Vorverkäufe sind gut gelaufen also rundum ein schönes Bier und das kann man auch mittags, wie gesagt, schon mal 2 Bier trinken, ohne Gefahr zu laufen ja, sich da leicht angeheitert in den weiteren Berufstag da rein zu schleppen.

Holger: Gib doch noch mal ein Ausblick also was dürfen wir noch erwarten von Schanzenbräu? Was ist im Köcher, was ist in Planung? Plaudere mal aus dem Nähkästchen.

Stefan Stretz: Ja, was ist in Planung? Also wenn es nach mir geht, ja dann müsst ihr mal, da müsst ihr mal meine Frau fragen und so weiter, die sagt: „Ey, keine neuen Projekte, das nicht, das nicht, das nicht“, also bei mir sprudelt es schon so ein bisschen raus aus meinem kleinen Bierbrauergehirn und alle sagen schon: „Ah Stefan, das jetzt wieder und das jetzt wieder“, aber was ich natürlich noch möchte ist, der alkoholfreie Markt ist sehr groß am Wachsen. Mit dem Sommerbier haben wir schon den ersten Anfang gemacht in die Richtung, dass wir sagen, wir wollen so ein alkoholärmeres Bier bringen, vielleicht wollen wir uns in die alkoholfreie Richtung noch ein bisschen, da noch ein bisschen experimentieren, das habe ich schon vor ein paar Jahren gesagt, dass wir ein gutes, alkoholfreies Bier rausbringen wollen, ja. Also wir wollen einfach das rote Weizen vielleicht noch ein bisschen besser auf den Markt bringen, ja das ist so die, die Sachen, wo wir dran arbeiten, dass wir die Sorten halt ein bisschen publik machen. Den Zirkel um den Kirchturm etwas erweitern, das ist eigentlich so unsere Idee und da müssen wir mal schauen wie wir da weiter, weiter vorankommen.

Holger: Also wir beide wünschen euch da alles Gute und viel Erfolg. Das war doch wirklich ein BierTalk der Superlative. Das kann man gar nicht anders sagen. Markus, mach doch mal ein schönes Schlusswort.

Markus: Ich bin auch begeistert und muss sagen, ich habe jetzt auch fast alle von den vier Flaschen schon ausgetrunken und ich freu mich Stefan, dass du da auch am Ball bleibst und gerade auch in Hinblick auf alkoholfrei denkst, ich glaube, das ist auf jeden Fall ein Baustein in der Zukunft, den jede Brauerei haben sollte. Auch, wenn es der eine oder andere noch nicht wahrhaben will. Insofern freue ich mich da auch schon drauf und wünsche dir natürlich auch alles Gute, auf das wir noch viele schöne Veranstaltungen zusammen haben, uns auf Festen sehen und überall ein bisschen das fränkische Leben vertreten, wo die Leute noch nicht wissen, was das ist und das ist schon sehr schön. Danke.

Stefan Stretz: Ich habe auch zu danken, also wir hatten ja auch schon mal 2014 eine Veranstaltung mit dem Karl-Ulrich Heyse, 6 Gänge, 10 Biere und so weiter da gemacht im Germanischen Nationalmuseum. Das war eigentlich auch eine coole Veranstaltung. Ja, da wollten wir auch schon immer das fränkische Bier nach vorne bringen, die Biervielfalt, die Aromatik, das Food Pairing, was passt zusammen, was geht? Und Bier ist halt so viel mehr als nur so ein Frühstücksgetränk, also man kann das echt zu allem trinken und selbst auch mal zum Erdbeerkuchen, da müssen wir weitermachen, da wollen wir auch weitermachen und das ist halt irgendwie aber auch so eine ganze Nummer, wenn man so eine Brauerei zum Beispiel baut, will ich einfach auch noch mal irgendwie sagen, muss das auch noch mal anmerken, dass man da natürlich auch nicht nur irgendwie alleine steht und nicht irgendwie nur allein der Stefan Stretz da ist, sondern das da viele Leute im Hintergrund sind, die da mithelfen, da ist natürlich als allererstes die Familie genannt, also auch meine Frau, die da viel mitmachen muss, die auch viel mitgemacht hat mit mir, um diese Ideen mit zu verwirklichen, aber die auch in schweren Zeiten zu mir gehalten hat und das ist irgendwie auch super. Auch die ganze Mannschaft, die da ist, die das alles mitgetragen hat, mein Bruder, die Julia, der Marc, der Dominik und so weiter, meine Mutter und ja, das ist einfach das ganze Ding. Wir sind alle auch so ein bisschen Bierverrückte und die, die tragen das mit, die tragen auch meine verrückten Ideen mit, das glaube ich, das bringt das ganze zum Erfolg und auch jetzt in dieser schwierigen herausfordernden Zeit dieser Zusammenhalt, den wir da gemacht haben und das alle auch ein bisschen mehr geleistet haben und Liquiditätsvorschau und hier und ja, Gespräche mit den Banken, mit den Lieferanten, mit den Kreditoren, Debitoren, ach das war echt eine harte, harte Zeit aber da haben alle zusammengehalten und allen hat die Idee, diese Bieridee da irgendwie zusammengehalten und weitergeführt und ja, wir haben dadurch auch diese schwere Zeit gemeistert und wir hoffen, dass wir in der nächsten Zeit so weitermachen können und vielleicht noch viele spannende Projekte rausbringen, spannende Biere und ja, würden uns freuen, auf ein gutes Feedback, auf jeden Fall.

Markus: So was hörst du nur aus dem Munde eines Franken. Bier ist mehr als ein Frühstücksgetränk. Das kannst du dir heute Abend unters Kopfkissen legen.

Holger: Unbedingt, das mach ich natürlich und ich bin ja auch so froh, dass ich so viele Franken kenne.

Stefan Stretz: Ich habe immer gesagt, Bier ist eigentlich flüssiges Sonnenlicht und alle so, was ist los? Aber das ist so, Bier ist flüssiges Sonnenlicht. Wenn ich dran denke also, wenn man echt so, wenn man jetzt zusammenhockt, hier Rohstoffe, Zeit, Temperatur, diese ganzen Parameter also ja, also ich weiß auch nicht. Bier ist halt irgendwie, für mich ist es das schönste Getränk der Welt.

Holger: Ja für mich auch. Also und das ist doch wirklich ein ganz tolles Schlusswort.

Markus: Absolut! Dann vielen Dank und euch beiden auch noch einen schönen Abend.

Holger: Tschüss!

Stefan Stretz: Servus! Tschau!

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